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Veröffentlicht am 23.10.2020

Was planen die Frauen der Familie Esposito?

Malvita
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Christina reist nach Italien zur Familie der Schwester ihrer Mutter, um die Hochzeit ihrer Cousine Marietta Esposito als Fotografin zu begleiten. Sie hat diesen Teil der Familie nie kennengelernt, doch ...

Christina reist nach Italien zur Familie der Schwester ihrer Mutter, um die Hochzeit ihrer Cousine Marietta Esposito als Fotografin zu begleiten. Sie hat diesen Teil der Familie nie kennengelernt, doch ihre Mutter hat die Sache eingefädelt, um sie - chronisch pleite, nicht wirklich studierend und eine Trennung verarbeitend - auf andere Gedanken zu bringen. Mit dem, was sie vor Ort erwartet, hätte sie jedoch nicht gerechnet: Die riesige Villa Esposito thront in der Nähe des fast ausgestorbenen Dorfes Malvita, und seine Bewohner verhalten sich allesamt höchst merkwürdig. Christina fühlt sich fehl am Platz und beobachtet. Was geht hier vor sich?

Die Geschichte beginnt mit Christinas Ankunft in Malvita, wo sie von ihrer Cousine Elena, einem zugeknöpften, dürren Model, in Empfang genommen wird. Ein warmer Empfang sieht anders aus, und das ändert sich auch bei ihrer Ankunft in der Villa nicht. In einem kleinen Dachgeschoss-Zimmer wird sie geradezu abgestellt, bevor sie den Rest der Familie kennenlernen darf: Marietta, die Braut, die das Verschwinden ihrer Trauzeugin und ursprünglichen Fotografin hysterisch als Verrat bezeichnet; Ada, die Tante, die sich nett aber ohne besonderes Interesse gibt; Jodie, den Bruder, den alle wie ein kleines Kind behandeln und Tonio, den Vater, das schweigsame Familienoberhaupt.

Christina fühlt sich wie ein Fremdkörper im Kosmos der Villa Esposito und das Gebaren ihrer Verwandten gibt ihr Rätsel auf. Auch die Angestellten sind keine Hilfe dabei, Licht ins dunkel zu bringen. Als Christina nach 100 Seiten eine Leiche findet, die ermordet worden zu sein scheint, liegt der Verdacht nahe, dass hier gefährliche Dinge vor sich gehen. Gerade weil alle so bemüht sind, sie vom Geschehen abzuschirmen, möchte sie herausfinden, was hinter all dem steckt.

Nacheinander lernt man die Mitglieder der Familie Esposito besser kennen, und zwar zum einen durch Christinas Begegnungen mit ihnen und zum anderen durch weitere Informationen zu ihrem Leben und ihrer Vergangenheit, die man als Leser exklusiv erhält. Dabei wird deutlich, wie psychisch labil jeder einzelne von ihnen ist und wie dysfunktional ihre Beziehungen zueinander sind. Aber wer von ihnen ist harmlos, und wer gefährlich? Ich fand es interessant, in die Psyche der verschiedenen Charaktere einzutauchen.

Der schwarze Humor der Autorin zieht sich durch die Geschichte, die ich lockerem Ton erzählt wird, während das Geschehen immer absurder wird. Es gipfelt in einem finalen Showdown, der bei mir allerdings jede Menge Fragezeichen erzeugte. In Summe lässt die Geschichte viel Raum für Interpretation. Ein ungewöhnliches Leseerlebnis irgendwo zwischen Krimi, Familiendrama und Verschwörungsroman!

Veröffentlicht am 17.10.2020

Zeitreise ins Sardinien des Jahres 1922

Die sardische Hochzeit
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Der Ligurier und Kriegsveteran Leo Lanteri reist nach Sassari auf Sardinien mit dem Auftrag, dort als Erbe einer Olivenplantage nach der geheimnisvollen Olivensorte „pecora nera“ zu suchen. Vor allem aber ...

Der Ligurier und Kriegsveteran Leo Lanteri reist nach Sassari auf Sardinien mit dem Auftrag, dort als Erbe einer Olivenplantage nach der geheimnisvollen Olivensorte „pecora nera“ zu suchen. Vor allem aber musste er untertauchen, weil er im Streit einen Faschisten getötet hat. Die politischen Unruhen machen auch vor der Insel nicht halt, in Sassari Erstarken die Faschisten und gehen gegen die Kommunisten vor. Auch der Gutsherr des Landguts Soriga, der ihm bei der Suche nach der „pecora nera“ helfen könnte, erweist sich Unterstützer Mussolinis. Darüber hinaus verliebt sich Leo auf den ersten Blick in seine Tochter Gioia. Doch die soll in ein paar Tagen jedoch Gavino heiraten, dessen Familie ein Gestüt besitzt und königstreu ist.

Die Situation gleicht einem Pulverfass und ich bangte mit den Charakteren. Man erhält beim Lesen vielfältige Einblicke in die Zeit kurz vor Mussolinis Machtergreifung und dem Erstarken des Faschismus. Leo möchte eigentlich nur abwarten, bis sich die Wogen in seiner Heimat geglättet haben, und sich währenddessen nützlich machen, indem er die „pecora nera“ findet. Doch er trifft auf alte Kriegskameraden und macht neue Bekanntschaften, was ihn bald zwischen die Fronten bringt. Gioia träumt unterdessen davon, sich ein neues Leben aufzubauen und sieht ihren Verlobten Gavino als Mittel zum Zweck. Doch nach ihrer Begegnung mit Leo, der sich wie sie für Ragtime interessiert, geht ihr dieser nicht mehr aus dem Kopf. Den Kapiteln vorangestellt sind kurze Erläuterungen sardischer Bräuche und Überzeugungen, die sich in den Einstellungen und dem Handeln der Personen wiederspiegeln. Politische Einblicke, eine Liebesgeschichte und sardische Traditionen werden hier zu einer abwechslungsreichen Geschichte verwoben, die ich gerne an historisch interessierte Leser weiterempfehle!

Veröffentlicht am 16.10.2020

Eine bittersüße Geschichte über die erste große Liebe

Für einen Sommer unsterblich
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Für die achtzehnjährige Claude steht eine Zeit des Umbruchs an: In acht Tagen ist ihre Abschlussfeier und danach will sie mit ihrer besten Freundin Saz einen Roadtrip machen, bevor die beiden im Herbst ...

Für die achtzehnjährige Claude steht eine Zeit des Umbruchs an: In acht Tagen ist ihre Abschlussfeier und danach will sie mit ihrer besten Freundin Saz einen Roadtrip machen, bevor die beiden im Herbst Ohio verlassen und auf unterschiedliche Universitäten gehen. Doch dann kommt alles anders als gedacht: Claudes Eltern lassen sich scheiden und Claude soll den Sommer mit ihrer Mutter auf einer kleinen Insel vor der Küste Georgias verbringen, auf der einst ihre Urgroßmutter und Namensgeberin Claudine lebte. Die Insel hat nicht viel zu bieten, bis Claude dort Jeremiah Crew begegnet...

Das Buch beginnt acht Tage vor Claudes Abschlussfeier in Mary Grove, Ohio. Claude ist hin- und hergerissen zwischen der Begeisterung für den bald startenden neuen Lebensabschnitt und dem Bedauern, dass sie dann nicht mehr in derselben Stadt leben wird wie ihre beste Freundin Saz. Die beiden haben bislang alles gemeinsam gemacht und erlebt und sich auch vorgenommen, zur selben Zeit zum ersten Mal Sex zu haben. Claude ist zwar schon ein paarmal mit einem Jungen auf Tuchfühlung gegangen, aber weiterzugehen fühlte sich für sie bislang falsch an.

Mit der Ankündigung ihrer Eltern, sich scheiden zu lassen, bricht Claudes Welt zusammen. Weil ihre Mutter sie mit nach Georgia nimmt wird sie Saz nun früher als geplant nicht mehr regelmäßig sehen. Auf der Insel gibt es kaum Empfang und dann hat Saz plötzlich eine feste Freundin, die immer da ist, wenn Claude anruft. Mit all diesen Veränderungen muss sich Claude arrangieren.

Ihre Begegnung mit Jeremiah Crew sorgt für zusätzliches Gefühlschaos. Zwischen ihr und dem geheimnisvollen Einzelgänger funkt es schnell. Weil beide nur einige Wochen auf der Insel sind nehmen sie sich vor, sich nicht zu verlieben. Ob das gut gehen kann? Die Geschichte fokussiert sich ganz auf Claude und Jeremiah und nimmt den Leser mit durch eine emotionale Zeit.

Das Setting bietet noch weiteres Potenzial, das leider nicht ganz ausgeschöpft wird. Ich hätte zum Beispiel gerne noch mehr über die anderen Inselbewohner und das Verhältnis von Claude zu ihrer Mutter erfahren oder ein Familiengeheimnis im Hinblick auf Claudes Urgroßmutter aufgedeckt.

„Für einen Sommer unsterblich“ erzählt die Geschichte von Claudes Sommer nach dem Schulabschluss, den sie ungeplant mit ihrer Mutter auf einer Insel verbringt, weil ihre Eltern sich scheiden lassen. Doch mit Jeremiah Crew entdeckt sie nicht nur die Insel, sondern auch neue Gefühle. Wer nach einer bittersüßen Geschichte über einen unvergesslichen Sommer und die erste große Liebe sucht, der wird hier fündig!

Veröffentlicht am 18.09.2020

Liebe und Unsterblichkeit

Finale
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Nach dem Ende des letzten Caraval sind Donatella und ihre Schwester Scarlett in der Hauptstadt Valenda geblieben. Die Schicksalsmächte wurden ebenso wie ihre Mutter Paloma aus dem Schicksalsdeck befreit, ...

Nach dem Ende des letzten Caraval sind Donatella und ihre Schwester Scarlett in der Hauptstadt Valenda geblieben. Die Schicksalsmächte wurden ebenso wie ihre Mutter Paloma aus dem Schicksalsdeck befreit, befinden sich jedoch weiterhin in einem Schlafzustand. Während die Schwestern das Erwachen ihrer Mutter herbeiwünschen fürchten sie gleichzeitig, was die Schicksalsmächte in der Welt anstellen werden. Dante erscheint jede Nacht in Tellas Träumen erscheint und sie fragt, ob sie den Preis für den Sieg des letzten Caraval will. Julian hingegen hat sich bei Scarlett schon eine ganze Weile nicht gemeldet. Dafür will ihr Verlobter sie endlich kennenlernen. Die Krönungszeremonie rückt näher, doch dann überschlagen sich die Ereignisse.

Die Geschichte beginnt kurz nach den Ereignissen des zweiten Bandes und man sollte auch nur mit Vorkenntnissen in diesen letzten Teil starten. Nachdem der Fokus im ersten Band auf Scarlett und im zweiten auf Tella lag, wechseln die beiden Schwestern sich nun mit dem Erzählen der Geschichte ab. Sie sind aus dem Palast aus- und in eine kleine Wohnung an Standrand eingezogen, wo sie darauf warten, dass sich der Zustand ihrer Mutter verändert.

Im zweiten Band wurde das große Geheimnis um Legend endlich gelüftet. Aus den Ereignissen haben sich aber neue Fragen ergeben, die für Spannung sorgen. Mit Neugier wartete ich auf den Moment, in dem die Schicksalsmächte erwachen. Das Thema Liebe spielt eine noch größere Rolle als in den vorherigen Bänden. Beide Schwestern sehen sich mit jeweils zwei Männern konfrontiert, die um ihre Gunst werben. Aber können Unsterbliche wirklich lieben, oder ist das für sie nur ein weiteres Spiel?

Schon nach kurzer Zeit erwischte mich die temporeiche Geschichte eiskalt mit einem dramatischen Ereignis, mit dem ich wirklich nicht gerechnet habe. Neue Informationen lassen vieles in neuem Licht erscheinen und die Charaktere müssen sich einem Problem stellen, das größer ist als alles, was sie bislang kannten. An manchen Stellen hätte ich mir noch mehr Kontext und erklärende Worte gewünscht, denn vieles passiert so schnell, dass man gedanklich kaum hinterherkommt. Zum Ende hin gibt das Buch in Sachen Spannung und Dramatik noch mal alles. Ich bin mit dem Ende der Trilogie absolut zufrieden.

Wer „Caraval“ und „Legendary“ gelesen hat, den erwartet mit „Finale“ nun der im wahrsten Sinne des Wortes krönende Abschluss der Trilogie!

Veröffentlicht am 18.09.2020

Weiterleben nach einer schrecklichen Tragödie

Das Haus in der Claremont Street
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Der neunjährige Tom hat eine schreckliche Tragödie miterlebt: Sein Vater hat seine Mutter zu Tode geprügelt und sich anschließend selbst umgebracht. Seine Tante Sonya, die Toms gesetzlicher Vormund ist, ...

Der neunjährige Tom hat eine schreckliche Tragödie miterlebt: Sein Vater hat seine Mutter zu Tode geprügelt und sich anschließend selbst umgebracht. Seine Tante Sonya, die Toms gesetzlicher Vormund ist, nimmt den Jungen bei sich auf. Doch seit dem Vorfall spricht er nicht mehr, isst kaum, gibt sich abweisend und auch Psychologen dringen nicht zu ihm durch. Sonya, die sich immer eigene Kinder gewünscht hat, kapituliert schließlich und überlässt den Jungen ihrer chaotischen Schwester Rose. Ist ihr Haus in der Claremont Street in Toronto ein besseres Umfeld für Tom?

Gleich zu Beginn des Buches ereignet sich auf wenigen Seiten die Tragödie, die Tom seine Eltern nimmt und ihn verstummen lässt. Der Vorfall wird an dieser Stelle und auch später nicht explizit geschildert, und das Buch springt anschließend zur Trauerfeier für seine Eltern. Seine Mutter hatte zwei Schwestern und einen Bruder, deren Leben im weiteren Verlauf des Romans beleuchtet werden.

Tom hat sich ganz in sich selbst zurückgezogen, woran insbesondere seine Tante Sonya verzweifelt, die sich um ihn kümmern möchte. Das Buch ist aus den Perspektiven von Tom, Sonya und ihren Geschwistern Rose und Will geschrieben. Jeder von ihnen hat Schuldgefühle im Hinblick auf den Tod ihrer Schwester und geht die Trauerbewältigung anders an. Außerdem gibt es eine ganze Reihe weiterer Themen, mit denen die Charaktere sich auseinandersetzen müssen wie ein unerfüllter Kinderwunsch und Spielsucht.

Sonya, Rose und Will wollen für Tom eigentlich nur das Beste, doch ihre dysfunktionalen Verhaltensweisen sorgen immer wieder für neue Instabilität. Die Geschichte schlägt ein ruhiges Tempo an und erzeugt eine bedrückende Atmosphäre. Gelegentlich blitzt schwarzer Humor auf, etwa wenn die Geschwister darüber diskutieren, was sie mit der Urne ihres Schwagers machen sollen, die ebenso wie die ihrer Schwester zu ihnen gebracht wurde.

Ich fand die Geschichte berührend, hätte mir insgesamt aber noch mehr Nähe zu den Charakteren gewünscht, denn trotz der wechselnden Perspektiven blieben mir manche Aspekte ihres Verhaltens ein Rätsel. Das Geschehen stimmt nachdenklich und ich habe mitgebangt, ob es der Familie gelingen wird, sich um Toms willen zusammenzuraufen. Ein eindringlicher Roman über Familie und Trauerbewältigung.