Chrona Elizabeth Josephine Hel Clark. Ein komplizierter Name, den aber trotzdem jeder kennt. Genauso wie das zugehörige Gesicht. Mit 21 Jahren gehört Chrona bereits zur Elite der Welt und wird als „Prinzessin der Börse“ betitelt. Sie ist der Inbegriff von Perfektion und wurde auch dahingehend erzogen. Doch als sie von einer Nacht auf die nächste anfängt in der Zeit zu springen und sich plötzlich im Böhmen des frühen 17. Jahrhunderts wiederfindet, droht nicht nur ihre Perfektion in sich zusammenzufallen.
Womit „Fünf Minuten vor Mitternacht“ mich direkt neugierig machen konnte, war der Aspekt der „etwas anderen“ Protagonistin. Chrona ist arrogant, nervtötend, herablassend und egozentrisch. Sie ist nicht nur der felsenfesten Überzeugung, dass sie über den meisten anderen Menschen steht, sie zeigt es auch – und bietet diesem Buch damit einen Grundstein, den zumindest ich so noch nicht kannte. Gerade zu Anfang fand ich es interessant, in ihre Welt und ihre Sicht der Dinge einzutauchen und eine Protagonistin zu begleiten, deren Handlungen und Gedankengänge mich durchaus zur Weißglut treiben konnten. Es machte den Einstieg in die Storyline noch spannender und unvorhersehbarer, als er sowieso schon war – doch ich muss leider sagen, dass dieses Gefühl nicht anhielt.
Für mich wurde „Fünf Minuten vor Mitternacht“ zu langsam erzählt. Mir kamen dreiviertel des Buchs vor wie eine ewige Einleitung. Der ungemein bildliche und ausholende Schreibstil war einzeln betrachtet zwar ein Fest, hemmte aber in Kombination mit der nur gemächlich wesentlich voranschreitenden Handlung und dem in meinen Augen fehlendem roten Faden den Spannungsbogen. Erst im letzten Viertel des Buchs hatte ich das Gefühl, dass die Geschichte wirklich voranging und verständlich wurde, worum es gehen sollte. Ab dem Moment hat mich das Buch auch wieder gepackt und ich konnte endlich die Wucht von Bildhaftigkeit sowie die aufkommende Emotionalität genießen. Auch das Ende war dann in meinen Augen ein gelungener Cliffhanger.
(Achtung, ab jetzt Spoiler möglich!) Was meine Freude am Lesen aber zusätzlich hemmte, war die Darstellung von Chrona im Verlauf des Buchs. Ich hätte von einer jungen klugen Frau, die bereits Geschäfte über Unsummen abgeschlossen hat, schlichtweg erwartet, dass sie mehr Fragen stellen würde – und allgemein mehr Interesse an dem zeigen würde, was ihr da neuerdings passiert. Mir hat Chronas Neugierde und Intelligenz an dieser Stelle wirklich gefehlt. Dadurch wurde die Arroganz für mich dann schlussendlich auch doch noch ziemlich nervig. Dass sie sich mit dem Phänomen nicht weiter beschäftigt hat und nicht versucht hat, sich auf diese Reisen, die nun mal auch sehr gefährlich werden können, vorzubereiten, war für mich unbegreiflich. Wenn ich des Nachts regelmäßig in einen Krieg der Vergangenheit springen würde, würde ich zum Beispiel, soweit es möglich ist, darauf verzichten, allzu frische oder knappe Kleidung zu tragen. Und vor allen Dingen versuchen, mich im Allgemeinen über die damaligen Umstände zu informieren. Dieser Handlungsstrang fehlte mir in der Geschichte gänzlich.
Im Böhmen des 17. Jahrhunderts stattdessen regelmäßig mit Anwalt und Bodyguard zu drohen, hat sich für mich nicht passend angefühlt. Chronas Verhalten im Böhmen des 17. Jahrhunderts war daher für mich maximal bei ihren ersten zwei Zeitsprüngen nachvollziehbar.
Ich muss leider sagen, dass mich das Buch nicht begeistern konnte. Hier und da bin ich auch noch über ein paar Schreib- oder Tippfehler gestolpert, die mir vermutlich sonst gar nicht so ins Auge gestochen wären.
Vielleicht hat mich die Geschichte zur falschen Zeit erwischt. Vielleicht war ich einfach die falsche Leserin. Vielleicht hatte ich etwas anderes erwartet – Lesen ist und bleibt sehr subjektiv. Aber für mich hat „Fünf Minuten vor Mitternacht“ das große Potenzial, das ich zunächst gespürt habe, nicht genutzt und konnte mich daher leider nicht begeistern. Zwei Sternchen gibt’s von mir.