Wien 1873. Der Aufstieg und Fall des Wiener Bankhauses Strauch - eine Geschichte über Börsenspekulanten, Bauherren und Immobilienhaie. Und über die kleinen Leute, die davon träumen, rasant reich zu werden. Im Dreivierteltakt des Wiener Walzers dreht sich alles immer schneller und schneller und die Menschen stürzen sich in finanzielle und erotische Abenteuer.
Willkommen inmitten des Booms der Wiener Gründerzeit und dessen abruptem Ende, dem Börsenkrach am 9. Mai 1873.
Gerhard Loibelsberger hat mit diesem Buch ein großartiges Werk geschaffen, welches mich bereits auf den ersten Seiten nach Österreich entführt hat.
Ich mag historische Romane generell, aber dieses Buch, ...
Gerhard Loibelsberger hat mit diesem Buch ein großartiges Werk geschaffen, welches mich bereits auf den ersten Seiten nach Österreich entführt hat.
Ich mag historische Romane generell, aber dieses Buch, welches im 19, Jahrhundert spielt, ist für mich besonders, weil es gleichzeitig erschreckend und informativ ist. Gerade diese authentische Kombination hat mich begeistert.
Der Schreibstil gefällt mir sehr, weil er zu einem historischen Roman sowie dem Handlungsort in Österreich passt und durch die bildlichen Beschreibungen gleich ein Bild in meinen Kopf entstehen lässt, wodurch ich mich sehr gut in das Geschehen einfinden konnte. Auch finde ich es sehr gut, dass viele österreichische Begriffe, die mir nicht bekannt waren, mit Fußnoten erklärt werden, weil mir dies das Lesen verständlicher gemacht hat.
Auch habe ich sehr viel gelernt, weil mir viele Informationen über das Leben von damals und die Banken nicht bekannt waren. Dabei hat mich immer wieder erschreckt, dass ähnliche Szenarien auch heute noch vorkommen und sich in der ganzen Zeit wenig geändert hat.
Insgesamt hat mich das Buch rundum überzeugt und erhält 5 von 5 Sternen.
Gerhard Loibelsberger entführt seine Leser in das Wien von 1873. Es ist die Zeit des Großbürgertums, der Wissenschaft und Spekulanten. Armut und Reichtum stehen sich unversöhnlich gegenüber.
Heinrich ...
Gerhard Loibelsberger entführt seine Leser in das Wien von 1873. Es ist die Zeit des Großbürgertums, der Wissenschaft und Spekulanten. Armut und Reichtum stehen sich unversöhnlich gegenüber.
Heinrich von Strauch hat von seinem Vater, dem jüdischen Geldverleihers Aaron Rosenstrauch ein riesiges Vermögen geerbt. Wirklich glücklich ist er nicht, denn um von den jüdischen Vorfahren abzulenken ist er mit einer arischen Erbin verheiratet worden. Man lebt zwar im selben Haus, aber in getrennten Etagen und geht sich, bis auf die allernotwendigsten Begegnungen großräumig aus dem Weg.
Natürlich ist auch Heinrich in allerlei Spekulationen und windige Geschäfte verstrickt, bis er dieser überdrüssig wird und das Geld einfach ausgibt. Er überlässt die Geschäfte mehr und mehr Ernst Xaver Huber, seinem nicht minder windigen und skrupellosen Geschäftspartner und widmet sich vor allem den leiblichen Genüssen - Wein, Weib und gutes Essen.
Die Ausrichtung der Weltausstellung ist DAS Ereignis des Jahres und kostet Unsummen an Geld. Auch Heinrich hat hier ungewöhnlich viel investiert.
Es kommt wie es kommen muss: Am 9. Mai 1873 kommt es zum großen Börsencrash und Heinrich von Strauch ist mitten drin.
Meine Meinung:
Dieser historische Roman ist kein Krimi im herkömmlichen Sinn. Dennoch handelt er von Verbrechen. Die Täter sind diesmal in feinem Zwirn und mit der Aktentasche unterwegs. Sie versprechen den Anlegern das Blaue vom Himmel herunter und bringen auch die kleinen Gewerbetreibenden dazu, in windige Unternehmen zu investieren.
Trotzdem dürfen wir dem Johann Maria Nechyba, dem Kult-Kiberer aus der gleichnamige Reihe, ganz kurz begegnen. Nechyba ist da noch ein Kind, dessen Neugierde den vermeintlichen Mörder einer alten Frau entlastet (S. 295).
Heinrich von Strauch erscheint als gesättigter, des Reichtums und des Lebens überdrüssiger Mensch. Doch statt mit dem vielen, wenn auch häufig ergaunerten Geld, etwas Gutes zu tun, wie es etwas die Rothschilds mit dem Bau von Krankenhäusern getan haben, lässt er seinen Geschäftspartner schalten und walten wie es ihm gefällt. So bemerkt er die Intrigen, die hinter seinem Rücken gesponnen werden, gar nicht. Irgendwie ist er eine tragische Gestalt, mit der man fast schon Mitleid haben könnte.
Doch wie viele Menschen hat er mit seinen Luftgeschäften ins Elend gestürzt? Und wie steht es mit seiner Rechtschaffenheit seinen Dienstboten gegenüber? Die Selbstverständlichkeit mit der er die weiblichen Dienstboten sexuell ausbeutet, ist aus heutiger Sicht schwer zu ertragen. Gut gelungen und präzise eingeflochten sind die Gedanken des beinahe wie einen Sklaven gehaltenen Kammerdieners. Auch dies spiegelt das Abhängigkeitsverhältnis zwischen den Ständen drastisch wieder.
Gerhard Loibelsberger ist es wieder ausgezeichnet gelungen die Diskrepanz zwischen arm und reich plastisch darzustellen. Er zeigt die morbide, durch und durch faule Gesellschaft des 19. Jahrhundert. Seine Geschichte ist von Zeitungsberichten untermauert und, wie wir es von Gerhard Loibelsberger gewöhnt sind, spazieren wichtige historische Persönlichkeiten durch das Geschehen - Beginnend mit Eduard von Bauernfeld bis Josephine von Wertheimsetin. Ein sehr nette, persönliche Geste ist, dass er Karl Loibelsberger, Setzer in einer Druckerei und sein Urgroßvater erwähnt. So etwas gefällt mir immer wieder.
Passend zur Epoche und zur Nechyba-Reihe ist für das Cover wieder ein Motiv von Gustav Klimt gewählt - diesmal der „Kuss“. Das beschert diesem historischen Roman einen hohen Wiedererkennungswert.
Wer sich mit den Spekulanten und deren unsauberen Geschäften weiter beschäftigen möchte, findet im Anschluss an das ausführliche Glossar, das die typischen Wiener Ausdrücke erklärt, soweit diese nicht durch Fußnoten erläutert sind, einige Tipps und links zum Nachlesen.
Vielleicht auch als Vorbeugungsmaßnahme zu sehen, denn die Geldgier schläft nicht und die Spekulanten treiben sich nach wie vor herum, um den Menschen das Geld aus der Tasche zu ziehen. Die Geschichte wiederholt sich. Solche Zusammenbrüche der Börsen sind auch heute jederzeit möglich.
Fazit:
Ein grandioser Ausflug in Wien von 1873, dem ich gerne 5 Sterne und eine Leseempfehlung gebe.
In Wien geht es im Jahr 1873 ziemlich verrückt zu. Alle wollen das große Geld machen. Auch Heinrich von Strauch mischt da mit. Er hat einiges geerbt und kann gut leben. Doch er lebt auf sehr großem Fuß ...
In Wien geht es im Jahr 1873 ziemlich verrückt zu. Alle wollen das große Geld machen. Auch Heinrich von Strauch mischt da mit. Er hat einiges geerbt und kann gut leben. Doch er lebt auf sehr großem Fuß und ist dennoch nicht wirklich zufrieden. Die Familie bedeutet ihm nicht so viel, er vergnügt sich lieber mit unterschiedlichen Geliebten. Um seine Geschäfte kümmert er sich auch nicht selbst, sondern überlässt das seinem Kompagnon Ernst Xaver Huber. Von Storch hat vertrauen zu seinem Geschäftsfreund, doch das ist nicht wirklich gerechtfertigt. Aber Heinrich merkt nicht, was da hinter seinem Rücken gespielt wird.
Dies ist nicht das erste Buch, das ich vom Autor Gerhard Loibelsberger gelesen habe und er konnte mich wieder vollends überzeugen. Diese Geschichte über Spekulationen im damaligen Wien endet mit dem Börsenkrach am 9. Mai 1873. Selbst die kleinen Leute sind in das Wahnsinnsspiel eingestiegen und haben ihr Erspartes verspekuliert oder sogar Schulden gemacht, um auch ein Stück vom großen Kuchen zu ergattern. Wenn man sich die heutige Zeit betrachtet, hat sich wohl nicht so viel geändert.
Wenn man sich eingelesen hat, liest sich das Buch sehr schön flüssig. Die Wiener Handlungsorte und die Atmosphäre sind gut geschildert, so dass man die Bilder vor Augen hat.
Auch die Charaktere sind interessant und facettenreich dargestellt. Ich konnte mich zwar oft nicht in die Handlungsweisen hineinversetzen, aber trotzdem hat es Spaß gemacht zu verfolgen, wie alle langsam auf den Abgrund zusteuern.
Mir hat dieser unterhaltsame Roman viel Spaß bereitet.
Buchmeinung zu Gerhard Loibelsberger – Alles Geld der Welt
„Alles Geld der Welt“ ist ein historischer Roman von Gerhard Loibelsberger, der 2020 im Gmeiner Verlag erschienen ist.
Zum Autor:
Gerhard Loibelsberger, ...
Buchmeinung zu Gerhard Loibelsberger – Alles Geld der Welt
„Alles Geld der Welt“ ist ein historischer Roman von Gerhard Loibelsberger, der 2020 im Gmeiner Verlag erschienen ist.
Zum Autor:
Gerhard Loibelsberger, geboren 1957 in Wien, startete 2009 mit den »Naschmarkt-Morden« eine Serie historischer Kriminalromane rund um den schwergewichtigen Inspector Joseph Maria Nechyba. 2010 wurden »Die Naschmarkt-Morde« für den Leo-Perutz-Preis nominiert. Darüber hinaus wurden die Werke des Autors bereits mit dem silbernen sowie goldenen HOMER Literaturpreis ausgezeichnet.
Klappentext:
Wien 1873. Der Aufstieg und Fall des Wiener Bankhauses Strauch - eine Geschichte über Börsenspekulanten, Bauherren und Immobilienhaie. Und über die kleinen Leute, die davon träumen, rasant reich zu werden. Im Dreivierteltakt des Wiener Walzers dreht sich alles immer schneller und schneller und die Menschen stürzen sich in finanzielle und erotische Abenteuer.
Willkommen inmitten des Booms der Wiener Gründerzeit und dessen abruptem Ende, dem Börsenkrach am 9. Mai 1873.
Meine Meinung:
Dieses Buch ist weniger ein Kriminalroman als ein Sittengemälde der damaligen Zeit. Im Mittelpunkt stehen die Geschehnisse um das fiktive Bankhaus Strauch und dessen Eigentümer Heinrich von Strauch. Er ist ein Lebemann und den schönen Dingen des Lebens mehr zugetan als den öden Finanzgeschäften, die ihn nur noch langweilen. Er benennt einen Geschäftsführer, der ehrgeizig ist und dem es auch nach dem schnellen Geld dürstet. Die anstehende Weltausstellung führt zu einem Bauboom und der Gründung unzähliger Baufirmen, denen aber oft die finanziellen Grundlagen fehlen. Immer mehr Leute wollen an dem Börsenboom teilhaben und gehen dabei hohe Risiken ein. Der Schein ist es, der vorerst zählt. Eine Reihe bekannter Wiener Figuren haben einen Auftritt im Buch und sorgen für weltmännisches Flair. Die Sprache ist mit Wiener Dialekt durchsetzt und dem damaligen Stil nachempfunden. Es gelingt dem Autor vielen seiner Figuren Leben einzuhauchen. Gefühle spielen auch eine große Rolle und ab und zu findet ein spitzbübischer Humor ins Buch. Ein Verzeichnis der auftretenden historischen Figur, ein Glossar der Wiener Ausdrücke und eine umfangreiche Quellenliste runden das Buch ab.
Fazit:
Der Roman ist unterhaltsam und hat mich in die damaligen Geschehnisse eintauchen lassen. Die ausgewählten Figuren machen deutlich, wie es zu dem Börsenkrach kommen konnte und welche Auswirkungen er für die Menschen hatte. Gerne vergebe ich vier von fünf Sternen (80 von 100 Punkten) und spreche eine Leseempfehlung aus.
Der wenig sympathische Protagonist des vorliegenden Romans, Heinrich von Strauch, ist begeistert von Goethes Faust und liest immer wieder die Szenen, in denen Mephisto dem Faust "alles Geld der Welt" in ...
Der wenig sympathische Protagonist des vorliegenden Romans, Heinrich von Strauch, ist begeistert von Goethes Faust und liest immer wieder die Szenen, in denen Mephisto dem Faust "alles Geld der Welt" in Aussicht stellt. Vor allem im Faust II geht es ums Geld und seine allumfassende Wichtigkeit - insbesondere dann, wenn es nicht vorhanden ist. "Wo fehlt's nicht irgendwo auf dieser Welt? Dem dies, dem das, hier aber fehlt das Geld“ (Goethe: Faust II, Akt 1) sagt Mephisto dort.
Auch in Loibelsbergers "Roman aus Wien im Jahr 1873" ist das Geld und wie man es "machen" kann, in aller Munde und im Überfluss leider nur in den Taschen der Reichen, Neureichen, Immobilienhaie und Börsenspekulanten vorhanden. Zu diesem “Berufsstand” gehört der Privatbankier und Börsianer Heinrich von Strauch. Ihm ist das ererbte und erworbene Geld an sich eigentlich "wurscht". Solange er es hat und die Annehmlichkeiten, die damit verbunden sind (im Wesentlichen Wein, Weib und Gesang), interessiert es ihn nicht besonders. Dafür hat er seinen Freund, Kollegen und Handlanger Ernst Xaver Huber, der die Geschäfte für ihn erledigt.
Der historische Börsenkrach am 9. Mai 1873 ist der Dreh- und Angelpunkt dieses Romans. Die Handlung, beginnend im Januar 1873, steuert zielgerichtet auf dieses Ereignis zu, gruppiert sich um es herum. Überhaupt hat der Roman eine sehr dramatische Struktur. Der Held oder in unserem Fall, der Antiheld, prosperiert, steigt gesellschaftlich auf und wird schließlich zu Fall gebracht.
Die Gier nach dem schnöden Mammon ist das beherrschende Thema des Romans. Aber neben der Todsünde Gier, kombiniert mit Neid, kommen auch die Wollust und die Völlerei nicht zu kurz. Es wird beständig gegessen und oft auch "gepudert" (und damit meine ich nicht die Nase der Damen). Loibelsbergers Wien von 1873 ist ein Sündenpfuhl wie er im Buche steht.
Der Roman hat satirische Züge und entbehrt nicht einer gewissen unfreiwilligen oder auch intendierten Komik. Wie sich die gierigen neureichen Mannsbilder in diesem Roman verhalten, ist schon mehr als lächerlich. Da ist es kein Wunder, wenn der ungeliebten Frau Heinrichs von Strauch Gretchens berühmte Worte: "Heinrich, mir graut vor dir" durch den Kopf gehen. Sehr gefallen und zum Schmunzeln gebracht haben mich auch die intertextuellen Referenzen zum Autor Gerhard Loibelsberger. (Es folgt ein kleiner Spoiler!) Neben seinem Urgroßvater Karl, der eine kleine Szene als Schriftsetzer bekommt, kann sich der Leser von Loibelsbergers historischer Krimireihe auf einen “Cameo-Auftritt” des jugendlichen Kommissars Nechyba freuen.
Zur Lesbarkeit: Sehr oft werden fiktive (oder gelegentlich auch originale) Textpassagen aus Zeitungen, die die Figuren gerade lesen, in die Handlung eingeschoben. Diese Texte, in denen es im Altwiener Sprachduktus um die Börse, "Actien", "Actionäre" und "Effekten" sowie juristische Spitzfindigkeiten geht, sind sehr sperrig und für mich teilweise anstrengend zu lesen gewesen. Etwas weniger dieser Texte, mit denen meiner Meinung nach eher Wirtschaftshistoriker etwas anfangen können, wäre für mich mehr gewesen. Der Altwiener Dialekt wird sowohl in den Fußnoten als auch in einem Glossar im Anhang für den Leser aufgeschlüsselt. Dies unterbricht den Lesefluss, so man denn von den Fußnoten Gebrauch macht.
Alles in allem ist "Alles Geld der Welt" ein starker historischer Roman, der von der Vergleichbarkeit damaliger und heutiger Finanzgeschäfte lebt. Der Kapitalismus in seiner Reinform, der die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer macht, wird hier unverhohlen kritisiert. Durch seine historisierende Form erinnert der Roman oft an zeitgenössische Werke des 19. Jahrhunderts. Es ist daher kein Buch für Jederfrau & Jedermann, aber sicher für viele ein interessanter und erschreckend aktueller Roman.