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Veröffentlicht am 17.02.2017

Was tust du, wenn du erfährst, dass dein Leben eine Lüge war? Ein starkes, spannendes Debüt. Bitte mehr davon.

Cruelty: Ab jetzt kämpfst du allein
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New York: Am 10. Todestag der ermordeten Mutter verabschieden sich Gwen und ihr Vater, da dieser am nächsten Tag geschäftlich nach Paris reist, während Gwen sich in der Schule quält, wo sie tief verletzendem ...

New York: Am 10. Todestag der ermordeten Mutter verabschieden sich Gwen und ihr Vater, da dieser am nächsten Tag geschäftlich nach Paris reist, während Gwen sich in der Schule quält, wo sie tief verletzendem Mobbing ausgesetzt ist, das sie irgendwie erträgt. Als am nächsten Tag zwei CIA-Agenten vor der Tür stehen und ihr von der mutmaßlichen Entführung ihres Vaters erzählen, bricht für Gwen eine Welt zusammen, denn ihr Vater hatte ihr stets erzählt, er würde im Auswärtigen Amt nur Papiere hin und her schieben und jetzt behaupten die geheimnisvollen Besucher er sei ein Agent der CIA.

Die CIA stellt die erfolglosen Ermittlungen bald ein und Gwen sieht sich gezwungen eigene Ermittlungen anzustellen. Sie folgt einer Spur nach Paris und steht bald im Zentrum eines gefährlichen Konstrukts aus Waffenschiebern, Drogendealern und Menschenhändlern. Sie weiß, sie kann nur gewinnen, wenn sie so kalt und grausam ist wie die Täter. Gwen wird erwachsen.

Der Autor:

Scott Bergstrom arbeitete jahrelang als Texter und Creative Director in einer der größten und renommiertesten Werbeagenturen in Manhattan und entwickelte Print-, Fernseh- und Onlinekampagnen für namhafte Firmen wie Ford, Boeing, Chase sowie für das Auswärtige Amt der USA. Bergstroms Essays und Artikel über Architektur und urbanes Leben wurden in den USA und Europa breit publiziert. Sein Interesse gilt besonders den vernachlässigten Gegenden beliebter Touristenmetropolen – die er in «Cruelty» düster und anschaulich beschreibt.

Reflektionen:

Anfangs hatte ich ein Gefühl von naiv angewandter Sprache, bis mir bewusst wurde, dass die in der Ich-Erzählweise beginnende Story, die Worte der siebzehnjährigen Gwendolyn Bloom waren. Gwendolyn ist ein Diplomatenkind, dass bereits den gesamten Globus mit ihrem Vater bereist hat, doch nirgends konnte sie Freunde finden, nirgends fühlte sie sich zu Hause und so lebt sie die Rolle einer Einzelgängerin. In der Privatschule, die nur von Kindern betuchter oder prominenter Eltern besucht wird, ist sie ein graues Entlein das gegen den Strom schwimmt und das gemobbt wird. Wie sehr Gwen darunter leidet hat Autor Scott Bergstrom emotional sehr berührend und sehr authentisch in seinem Debüt erzählt.

Als Gwen erfährt, dass ihr Vater verschwunden ist und die CIA bald darauf die Ermittlungen eingestellt, kriecht sie langsam aus der Haut eines Teenagers heraus. Während des Lesens entwickelt sich nicht nur die temporeiche Handlung weiter, sondern ganz besonders Gwendolyn selbst. Aus dem kleinen Mädchen wird eine junge Frau die erkennt, dass sie die Entführer ihres Vaters nur finden kann, wenn sie selbst ebenso skrupellos und gewaltbereit durchs Leben geht wie sie.

Die Entwicklung der Hauptfigur Gwendolyn ist Scott Bergstrom sehr gelungen. Er lässt ihre Entwicklung langsam in die Geschichte einfließen, obwohl sie mit äußerster Brutalität vorangetrieben wird, denn Gwen trifft auf die taffe Yeal, die sie körperlich und mental trainiert. Unter großen Schmerzen und unter scheinbarer emotionaler Kälte formt Yeal Gwen mit einer Härte, die mich manches Mal den Atem anhalten ließ.

Gwen bewegt sich in einer Umgebung die von Waffenhandel, Drogengeschäften und Menschenhandel geprägt ist. Die Figuren dieses Milieus sind düster und sie unterstreichen die dunkle Stimmung und knisternde Spannung. Scott Bergstrom gelingt es spielend Verbrechen zu inszenieren, die die Suche nach den Entführern für Gwen erschweren. Auch als Leser fällt es mir schwer zu erahnen, wer die Täter sein könnten, denn die intelligenten Verstrickungen von Verbrechen und Figuren lassen sich bis zu Letzt nicht einfach entschlüsseln.

Scott Bergstrom schreibt in einem hohen Tempo, das perfekt auf die rasanten Geschehnisse der Geschichte zugeschnitten ist. Sein Sprachstil ist klar und schnörkellos. Er lässt sich angenehm flüssig lesen. Besonders gut ist es ihm gelungen, die Sprache und den Ausdruck der Figur Gwen entsprechend ihrer Entwicklung glaubwürdig zu kreieren.

Die Figuren sind entsprechend ihrer Funktionalität in der Geschichte charakterstark und intensiv gezeichnet, sodass sie autark agieren. Scott Bergstrom scheut sich nicht Protagonisten und deren Verbrechen mit äußerster Brutalität darzustellen. Zart besaiteten Lesern, könnte die Gewalt und Grausamkeit von Cruelty deutlich too much sein.

Fazit:

Ein starkes, spannendes Debüt mit Tempo. Bitte mehr davon. Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 16.02.2017

Im Treibsand der Vergangenheit – Brillant, rasant und hoch spannend

Sie weiß von dir
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London: Die alleinerziehende Mutter Louise lernt den attraktiven Psychiater David in einer Bar kennen und sie kommen sich etwas näher. Ein paar Tage später dann der Schock. David ist Louises neuer Chef. ...


London: Die alleinerziehende Mutter Louise lernt den attraktiven Psychiater David in einer Bar kennen und sie kommen sich etwas näher. Ein paar Tage später dann der Schock. David ist Louises neuer Chef. Als wenn dieser Umstand nicht schon kompliziert genug wäre, prallt Louise zufällig vor dem Kindergarten mit der zarten Adele zusammen, Davids Frau. Die beiden Frauen werden sehr enge Freundinnen, ohne das David von dieser Freundschaft weiß. Was aber Louise nicht weiß ist, dass Adele den Zusammenstoß und die Freundschaft mit ihr minutiös geplant hat und Adeles bizarrer Plan geht weit über ein Eifersuchtsdrama hinaus und er endet in einem skurrilen und fulminanten Showdown, der alles Vorstellbare in einen dunklen Schatten stellt.

Die Autorin:

Sarah Pinborough, geboren 1972 in Buckinghamshire, hat sich in ihrer Heimat schon als Autorin von preisgekrönten Jugendromanen und von phantastischer Literatur einen Namen gemacht. «Sie weiß von dir», ihr erster Thriller, wurde sofort in fast zwanzig Länder verkauft. (Quelle: Rowohlt Verlag)

Reflektionen:

Sie weiß von dir ist in Großbritannien bereits zum Nummer 1 Beststeller gekürt. Behind her Eyes, der Titel der Originalausgabe, trifft die Handlung auf den Punkt.

Steven King twitterte am 11. Februar 2017:

„Anyway, you should read BEHIND HER EYES. Even if it's not a thumping good read, it's bloody brilliant.

Und ich kann diesem Tweet nur zustimmen. Sie weiß von dir ist brillant geschrieben und die Übersetzung scheint gelungen. Atmosphärisch unfassbar dicht an dicht reihen sich die Gedankengänge der beiden Hauptprotagonistinnen aneinander, sodass man als Leser tief in die Seelen der beiden weiblichen Figuren hineinblickt. Dadurch wird die Geschichte in einem hohen Tempo vorangetrieben, ohne das zahlreiche Ereignisse geschehen, aber die Spannung agiert dabei auf einem hohen Niveau. Die Inhaltszusammenfassung garantiert bereits, dass es letztendlich zu einem Showdown kommen wird, der es in sich hat, aber er verblüfft und übertrifft dann bei weitem meine Vorstellungskraft.

Die Geschichte wird abwechselnd in den zwei Erzählsträngen Adele und Louise präsentiert. Es folgen noch weitere kleinere, die überwiegend rückblickend von Adeles Vergangenheit erzählen.

Die Handlung dreht sich um die Freundschaft von Adele und Louise, wobei Adele ausschließlich nach einem verhängnisvoll inszenierten Plan vorgeht. Louise steckt in der Zwickmühle, da sie ihre Bekanntschaft mit David, die in einem Verhältnis mündet, Adele verheimlichen muss und gegenüber David muss sie die Freundschaft zu Adele verheimlichen, um von David nicht als irre Stalkerin dazustehen. Louise hat also dementsprechend ihren Kopf voller Gedanken, muss sich organisieren damit sie weder David noch Adele verliert. Sie geht gedanklich analytisch und spekulativ vor und quält sich mit dem Fluch ihres Lebens, ihren Nachtängsten.

Auch Adele muss ihre Gedanken sorgfältig abwägen und geht dabei genauso analytisch vor, um die Umsetzung ihres abtrünnigen Plans nicht zu gefährden. Louise wie auch Adele analysieren alles und jeden und so spannend und gut die niemals vorhersehbare Story auch geschrieben ist, zwischendurch geht mir dieses analysieren und spekulieren richtiggehend auf den Geist. An dieser Stelle hätte ich mir etwas mehr Abwechslung in der Entwicklung der Handlung gewünscht.

Unterschiedlicher können die beiden Frauen nicht sein. Louise ist Mutter und Teilzeitsekretärin in einer psychiatrischen Praxis, während die gutaussehende Adele kinderlos ist und nie gearbeitet hat. Beide schlüpfen situationsabhängig immer wieder in Rollen, die sie in Wirklichkeit nicht sind und teilweise auch nicht spielen wollen.

Ein Neuanfang für ihre Ehe führt das augenscheinliche Bilderbuchehepaar David und Adele in eine neue Stadt. David, Psychiater mit Fachgebiet Suchtkrankheiten und Zwangsstörungen, beginnt seinen Job in der gleichen psychiatrischen Praxis, in der auch Louise arbeitet. Anfangs erscheint David als Saubermann und Sonnyboy, doch schon bald lernt Louise auch seine cholerische Seite kennen die eine düstere Stimmung verbreitet und sie merkt, dass er immer wieder trinkt.

Louise gerät immer mehr zwischen die Fronten. Die labil erscheinende Adele scheint David hörig zu sein. David kontrolliert sie mit Anrufen und mit Medikamenten und Louise spekuliert.

Louise und Adele verbindet nicht nur ihre Freundschaft, sondern beide leiden auch unter Nachtängsten. Adele hat einen Weg gefunden Träume zu steuern, nachdem sie in ihrer Jugend ihre Eltern bei einem Feuer verlor und eine Zeitlang den Schlaf verweigerte und therapiert wurde. Als Adele Louise ein altes Notizbuch überlässt, beginnt Louise langsam Adeles Vergangenheit nachzuvollziehen.

Ich schreibe an dieser Stelle zusammenfassend etwas mehr über den Inhalt, ohne die eigentliche Geschichte zu spoilern, damit jeder etwas besser für sich entscheiden kann, ob dieser Psychothriller etwas für ihn ist. Ich bin mir sehr sicher, dass er die Geister scheiden wird.

Die Charakterzeichnungen von Adele und Louise sind ausführlich und dadurch sehr intensiv und auf die beiden Figuren konzentriert. Als Leser muss man sich darauf einlassen wollen und man muss unbedingt etwas Durchhaltevermögen für diesen Thriller aufbringen, da er sich immer wieder in Analysen und Spekulationen verliert. Irrsinn und Wahnsinn liegen hier eng beieinander und sie sind intelligent in diesem Psychothriller verwoben, der einige Wendungen bereithält.

Der Showdown ist fulminant und doch hat er mich enttäuscht. Ich habe mit einem realistischen Ende und authentischen Auflösungen gerechnet und nicht mit einem Ende das so wirklichkeitsfremd wie ein Fantasy Roman ist. Trotzdem hat mich der brillante Schreibstil der Autorin sehr fasziniert, sodass ich dieses Buch sehr gern gelesen habe und spannend unterhalten war.

Fazit und Bewertung:

Ein brillant geschriebener Psychothriller, der sich überwiegend in den Köpfen der beiden weiblichen Hauptfiguren entwickelt. Spannend und rasant geschrieben, mit einem fulminanten Showdown, der jedoch so wirklichkeitsfremd ist wie ein Fantasy Roman.

Veröffentlicht am 07.02.2017

Die Dosierung von Schmerz und Macht - Auftakt der Thriller-Trilogie um Oberkommissar Max Bischoff

Im Kopf des Mörders - Tiefe Narbe
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Barfuß und mit Blut besudelt betritt Enthüllungsjournalist Harry Passeck das Düsseldorfer Polizeipräsidium und bricht zusammen. Er besitzt kaum Erinnerungen an das was geschehen ist, doch er weiß noch, ...

Barfuß und mit Blut besudelt betritt Enthüllungsjournalist Harry Passeck das Düsseldorfer Polizeipräsidium und bricht zusammen. Er besitzt kaum Erinnerungen an das was geschehen ist, doch er weiß noch, dass er niedergeschlagen wurde, als er sich mit einem Informanten treffen wollte.

Oberkommissar Max Bischoff und sein Kollege Horst Böhmer ermitteln. Die Wohnung in der Passeck zusammengeschlagen wurde sieht aus, als sei dort ein Massaker verübt worden. Das viele Blut zeugt von einer unfassbaren Tat, doch es gibt dort keine Leiche. Ermittlungen zufolge stammt das Blut in der Wohnung und auf der Kleidung des investigativen Journalisten von einer attraktiven Schauspielerin, die bereits seit zwei Jahren vermisst und für tot gehalten wird.

Die beiden Kommissare stehen vor einem nervenaufreibenden und rätselhaften Fall, als kurze Zeit später eine Leiche am Rheinufer gefunden wird überschlagen sich die Ereignisse.

Der Autor:

Arno Strobel, 1962 in Saarlouis geboren, gehört zu den erfolgreichsten deutschen Thrillerautoren. Alle seine Romane sind Bestseller. Bevor er sich ganz auf das Schreiben konzentrierte, arbeitete er lange bei einer großen deutschen Bank in Luxemburg. Arno Strobel lebt mit seiner Familie in der Nähe von Trier. (Quelle: Fischer Taschenbuch)

Reflektionen:

Horst Böhmer, untersetzt und stets im Anzug, ein Kommissar des alten Schlages ermittelt mit dem jungen Oberkommissar Max Bischoff, der moderne Ermittlungsmethoden bevorzugt und eine Vorliebe fürs Profiling besitzt. Da geraten Zweie aneinander, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Horst Böhmer stichelt, denn er belächelt Max mit seinem kriminalistischen, theoretischen Wissen und schwört selbst hauptsächlich auf seine langjährige Ermittlererfahrung. Verbal tragen die beiden Gefechte aus, doch letztendlich werden sie sich gegenseitig zu schätzen lernen.

Wie sich die beiden Kommissare annähern und gegenseitig ausloten ist Arno Strobel authentisch gelungen. Ihre beiden Charaktere sind sympathisch, ansprechend gezeichnet und sie lassen auf interessante Lebensläufe schließen, die in dieser Thriller-Trilogie sicherlich noch mit einigem aufwarten werden.

Die Idee der Handlung ist spannend umgesetzt. Lange Zeit hat man als Leser zwar Vermutungen, wie die Geschehnisse zueinander passen könnten, doch die intelligent inszenierten Wendungen schmeißen diese dann auch wieder über den Haufen. Arno Strobel spielt mit dem Leser, denn er füttert die Perspektiven nur mit wagen Informationen, sodass ein klarer Überblick auf ansprechende Weise lange verwehrt bleibt. Genau dieser Umstand zieht das Lesetempo an, denn man will nur noch vorwärts, um die Hintergründe zu entschlüsseln.

Der Fall ist kriminalistisch lange Zeit nicht zuzuordnen. Auf der einen Seiten bereichert die Vermutung die Geschichte, dass der Journalist Passeck Skandale aufgedeckt hat und auf einer anderen Seite scheint der Fall mit Beihilfe zur Steuerhinterziehung im großen Stil sowie auf Schwarzgeld hinzudeuten.

Zwischenmenschliches unterstreicht die Authentizität vor allem der Figur und Charakterzeichnung von Max Bischoff. Er hat eine Schwester die Querschnittsgelähmt im Rollstuhl sitzt. Er kümmert sich rührend um sie und er erkennt an feinen Nuancen ihrer Mimik und Stimme ihre wahre Stimmung. Des Weiteren hat sich Max vorgenommen zunächst die Karriereleiter zu erklimmen und lehnt eine jetzige Beziehung ab. Aber wäre es nicht eine merkwürdige Geschichte, wenn gute Vorsätze einer Figur nicht umgeschrieben werden könnten?

Kurze Kapitel aus Sicht des Täters sorgen für eine düstere, fast mystische Stimmung. Der Täter spricht mit einer Person, die nicht in Erscheinung tritt. Seine Wortwahl ist geheimnisvoll, fast poetisch und anmutig. Er spricht von einem schweren Weg zur Vollendung, von tiefer Liebe und von dem Wissen um bedingungslose Lust und er fragt sich, ob er seine Empfindungen duplizieren kann.

Arno Strobeln Schreibstil hat mir gut gefallen. Sein Ausdruck und seine klare Sprache, ohne jeden Ansatz von blumigem Drumherum, liegt mir. Die Entwicklung der spannenden und rasanten Story hätte nach meinem Geschmack jedoch etwas schneller geschehen dürfen. Hier fehlte mir ein bisschen mehr Pfeffer und Anspruch. Doch insgesamt hat mir mein erster Strobel sehr gut gefallen, da die psychologischen Komponenten von einer schriftstellerischen Technik zeugen, die mir sehr liegt. Ich freue mich definitiv auf den zweiten Fall für Kommissar Max Bischoff.

Fazit und Bewertung:

Im Kopf des Mörders – Tiefe Narbe ist ein gelungener, spannender und rasanter Auftakt zu der Thriller-Trilogie um Oberkommissar Max Bischoff.

Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 06.02.2017

Gelungener Reihenauftakt - Der 1. Fall für Kommissarin Heidi Kamemba

Das Ende aller Geheimnisse
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Einen guten Start hat die junge Kriminalkommissarin Heidi Kamemba nicht, als sie ihren Dienst im Düsseldorfer Kriminaloberkommissariat antritt. Ihre neuen Kollegen sind zurückhaltend bis garstig und schüren ...

Einen guten Start hat die junge Kriminalkommissarin Heidi Kamemba nicht, als sie ihren Dienst im Düsseldorfer Kriminaloberkommissariat antritt. Ihre neuen Kollegen sind zurückhaltend bis garstig und schüren eine unangenehme Stimmung im Team. Alle scheinen etwas zu verbergen und geben sich äußerst wortkarg. Niemand von ihnen will über Heidi Kamembas Vorgänger sprechen, der sich Gerüchten zufolge mit seiner Dienstwaffe erschossen haben soll.

Unfreiwillig gerät Heidi Kamemba in einen Medienrummel um ihre Person, da sie die erste schwarze Kommissarin in Deutschland ist und das ist ein weiterer Punkt, den ihr die Kollegen verübeln.

An ihrem ersten Tag nimmt die Kommissarin die Ermittlungen zu einer in einem Waldstück aufgefundenen, verkohlten Leiche auf, doch Unterstützung findet sie im neuen Team kaum. Während man Heidi Kamemba genauestens auf die Finger schaut, lässt sie sich in ihren Ermittlungen nicht beirren und stößt bald auf hoch brisante Spuren.

Der Autor:

Stefan Keller, geb. 1967 in Aachen, ist Schriftsteller und Dozent. Nach seinem Studium der Germanistik und Betriebswirtschaft arbeitete er als freier Mitarbeiter für die Wirtschaftsredaktion der Deutschen Welle, als Dramaturg und als Autor und Lektor – vornehmlich für Filmproduktionen und TV-Sender. Daneben lehrt er an der Universität zu Köln kreatives Schreiben. Stefan Keller lebt in Düsseldorf. (Quelle: Rowohlt Verlag)

Reflektionen:

Der Kriminalroman Das Ende aller Geheimnisse wird, kaum auf dem Markt, schon als Geheimtipp gehandelt und ich kann dies nur bestätigen. In sehr angenehmer Sprache und mit einem klaren Ausdruck lässt Stefan Keller den Leser flüssig durch die Seiten gleiten. Sein Blick nach rechts und links rundet ein Kapitel nach dem anderen harmonisch ab und damit zaubert er ein interessantes Gesamtpaket und schreibt sich in mein Leserherz. Blumige Sprache oder Detailverliebtheit sucht man vergebens und dennoch ist das Geschriebene des Drumherums besonders ansehnlich.

Die Geschichte der dunkelhäutigen Heidi Kamemba berührt maßvoll das Thema ethnische Minderheit, Ausländerfeindlichkeit und Diskriminierung am Arbeitsplatz. Heidi besitzt kongolesische Wurzeln. Sie leidet zwar etwas unter diesen teils rassistischen Anfeindungen, doch glücklicherweise ist sie eine starke Persönlichkeit, die taff ihren Weg geht und dem Thema emotional nicht viel Beachtung schenkt.

Sie knuspert mehr daran, dass ihre neuen Kollegen nicht offen mit ihr über die Umstände des Todes ihres verstorbenen Vorgängers reden. Also beginnt Heidi auf eigene Faust zu ermitteln und das tut sie kompetent, obwohl sie noch eine blutige, wenn auch schon mit Auszeichnungen geehrte, Anfängerin ist.

Die Konflikte die hinsichtlich Heidis Hautfarbe in diesem Kriminalroman ausgetragen werden, hat Stefan Keller gut gezeichnet, ohne sie zum Aufhänger des Buchs zu machen. Als Leser wäre ich hier gern noch tiefer in die brennend aktuelle Thematik eingetaucht, doch Stefan Keller stellt die kriminalistische Handlung in den Vordergrund, dessen Spannung und Tempo sich immer mehr steigert. Des Weiteren widmet er sich deutlich der Entwicklung des Teams und der Integration von Heidi Kamemba. Überraschende Wendungen runden diesen facettenreichen Kriminalroman ab, doch nicht alle offenen Fragen werden aufgelöst.

Die Charaktere der Polizisten, die Heidi scheinbar nicht in ihrem Team akzeptieren wollen sind fein ausgearbeitet. Es präsentieren sich interessante, glaubhafte Lebensläufe, aber die Figuren geben zunächst viele geheimnisvolle Rätsel auf. Erst mit der Entwicklung der Handlung, erfährt der Leser, wer harmlos ist oder wer ein gefährliches Spiel spielt.

Ganz ohne Zwischenmenschliches kommt dieser Kriminalroman nicht aus, denn Heidi ist leiert, vorübergehend Strohwitwe und doch ergibt sich eine unerwartete Liaison.

Fazit und Bewertung:

Das Ende aller Geheimnisse ist ein gelungener Krimi-Reihenauftakt. Stefan Kellers schriftstellerisches Talent hat einiges an Potenzial zu bieten und lässt auf einen spannenden zweiten Teil um die Kommissarin Heidi Kamemba hoffen.

Veröffentlicht am 20.01.2017

Geboren zum Jagen und Töten - 4. Band der Reihe um den Serienkiller Francis Ackerman junior

Ich bin der Zorn
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USA/Arizona: Gefängniswärter Jerry Navarro wird von dem psychopathischen Serienkiller „Judas“ erpresst und erschießt mehrere Menschen und einen Gefängniswärter. Bundesermittler Special Agent Marcus Williams ...

USA/Arizona: Gefängniswärter Jerry Navarro wird von dem psychopathischen Serienkiller „Judas“ erpresst und erschießt mehrere Menschen und einen Gefängniswärter. Bundesermittler Special Agent Marcus Williams und sein Team nehmen die Ermittlungen auf. Marcus entschließt sich den gefährlichsten und unberechenbarsten Serienkiller Francis Ackerman junior, seinen eigenen Bruder, in die Ermittlungen einzubeziehen. Er soll undercover unter den Häftlingen recherchieren und Informationen sammeln. Doch bald ist gewiss, dass der Judaskiller nicht einfach nur mordet, sondern ein größeres Ziel verfolgt.

„Mein Zorn ist gewaltig. Er bringt den Tod. Auch dir.“

Der Autor:

Ethan Cross ist das Pseudonym des amerikanischen Thriller-Autors, der eigentlich Aaron Brown heißt.

Schon immer war er fasziniert von Geschichten und wusste bereits früh, dass er Schriftsteller sein will. Bereits zu Schulzeiten schreib er ein komplettes Drehbuch und versuchte auch in der Filmindustrie Fuß zu fassen. Doch seine Liebe zur Musik war damals stärker. Er lebte diesen Traum als Sänger und Gitarrist, doch das Schreiben ließ ihn nie los.

Seinen ersten Thriller „The Shepherd“ veröffentlicht er schließlich 2011. Zwei Jahre später erscheint das Buch in Deutschland unter dem Titel „Ich bin die Nacht“. Damit beginnt eine erfolgreiche Thriller-Reihe um die ungleichen Protagonisten Francis Ackerman junior und Marcus Williams.

Ethan Cross lebt mit seiner Frau und drei Kindern in Illinois, USA. (Quelle: Bastei Lübbe)

Reflektionen:

Mein erster Thriller von Ethan Cross hat mich nicht vollständig überzeugt. Nach zahlreichen überschwänglichen Rezensionen der Shepherd-Vorgänger, habe ich etwas Großartiges erwartet und nicht angetroffen. Die Grundidee der Story ist ansprechend, doch in der Umsetzung haperte es stellenweise, sodass Längen eine Herausforderung darstellten. Die Geschichte nahm kaum Fahrt auf und entwickelte sich nur langsam. Bei einigen Nebenschauplätzen stellte ich mir die Frage nach dem Sinn.

Trotz, dass mir die Vorgänger-Bände nicht bekannt sind, bin ich gut in der Geschichte zurechtgekommen, da Ethan Cross kurze, erläuternde Abstecher ins Zurück einbaute. Die Herausforderung vielen Handlungssträngen zahlreicher Protagonisten folgen zu können, nehme ich stets gern an und es gelang mir auch hier. Doch ich kann mir vorstellen, dass die zahlreichen Wechsel der Perspektiven nicht jedermanns Sache und Konzentration sind.

Gut gefallen hat mir die Zeichnung der faszinierenden und angenehm intelligenten Figur Ackerman junior. Ausgestattet mit allem was einen brutaleren Serienkiller ausmacht, der auf bestialischste und kaltblütigste Weise tötet, gab ihr Ethan Cross ein gesundes Maß an Humor und Witz mit. Einige Male musste ich sehr über den Mann schmunzeln, der keine Furcht kennt. Diese Figur gab dem Thriller ordentlich Pfeffer, sodass man aus dem stupiden Lese-Rhythmus stolperte, doch leider hat man nicht sehr viel von ihm gelesen.

Special Agent Marcus Williams, der seinen Bruder undercover einsetzt, befindet sich in einem inneren Konflikt bei der Frage, ob es richtig ist einen Serienkiller bei der Jagd nach einem Serienkiller einzusetzen. Diese Problematik und seine Konflikte, ob er ein guter Vater sei, fand ich gut umgesetzt.

Die Figuren dieses Thrillers sind schnörkellos. Durch die Darstellung von Stärken und Schwächen punkten sie in der Authentizität, doch einige von ihnen kamen viel zu kurz, obwohl sie interessante Persönlichkeiten waren. Besonders die Ermittler bzw. die Figuren der guten Seite waren zu blass und mit zu wenig charakterlicher Tiefe ausgestattet.

Der Schreibstil des Autors ist angenehm flüssig und trotz der bestialischen Verbrechen die geschehen wählt er eine Sprache die maßvoll und angemessen ist.

Der Showdown ist zwar fulminant, doch nach meinem Empfinden enttäuschend, da die Inszenierungen des Killers weit in der Vergangenheit liegen und nicht im Hier und Jetzt enden.

Den Hype um diese Reihe kann ich bei weitem nicht nachvollziehen, doch es könnte schließlich möglich sein, dass die Vorgänger in einer anderen literarischen Liga spielen.

Fazit und Bewertung:

Ich bin der Zorn ist ein lesenswerter und spannender Thriller, doch er kann sich mit dem inszenierten Hype nicht messen.