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Veröffentlicht am 04.10.2020

Helle Aufregung um Hiob

Helle und der falsche Prophet
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Oktober in Südfrankreich, bei angenehmen 18 Grad Lufttemperatur, Pastis und Zigaretten sollte Helle Jespers ihren wohlverdienten Urlaub mit Mann und Hund genießen, aber sie sinniert über ein zu ruhiges ...

Oktober in Südfrankreich, bei angenehmen 18 Grad Lufttemperatur, Pastis und Zigaretten sollte Helle Jespers ihren wohlverdienten Urlaub mit Mann und Hund genießen, aber sie sinniert über ein zu ruhiges Leben. Die Dänin hat weder zur größeren Polizeibehörde in Fredrikshavn gewechselt, noch zur Mordkommission in Kopenhagen, nein, sie leitet eine kleine Polizeistation in Skagen, wo sie inmitten der Dünen ein idyllisches Häuschen bewohnt.

Da klingelt plötzlich Helles Handy: ihr Kollege Ole berichtet von einer Toten am Strand, eine gute Freundin von Helles Sohn Leif. Gleichzeitig befindet sich ein junges Paar mit einem gestohlenen Fahrzeug auf der Flucht. Spontan entscheidet sich Helle, den Fall persönlich zu übernehmen und bucht den nächsten Flug nach Dänemark.

Von Anfang an überzeugt Judith Arendt durch ihren angenehmen Schreibstil, der flüssig zu lesen ist und jede einzelne Szene sehr bildhaft und authentisch zum Leben erweckt. Verschiedene Handlungsstränge werden perfekt miteinander verknüpft, ein wenig Privates lockert die Ermittlungen auf. So entsteht ein wunderbarer Mix aus unterschiedlichsten Themen, die einander sehr gut ergänzen. Die Blickwinkel in den Kapiteln wechseln zwischen den einzelnen Figuren, sodass schnell Spannung aufgebaut und auch gut über den gesamten Krimi gehalten wird.

Ermittlerin Helle Jespers ist eine sympathische Frau Anfang Fünfzig und kommt ganz ohne irgendwelche Extravaganzen aus, eine ganz „normale“ Kriminalpolizistin, Ehefrau und Mutter, die wahrscheinlich gerade deshalb so liebenswert erscheint. Aber auch alle anderen Personen sind sehr treffend charakterisiert und lassen den gesamten Fall sehr lebendig erscheinen.

Rasch ist man als Leser mitten im Geschehen und auch die Tatsache, dass es sich hier bereits um Helles dritten Fall handelt, stellt keinerlei Verständnisproblem dar; im Gegenteil, man wird neugierig, was denn bisher passiert ist.

Mich hat Judith Arendts Dänemark-Krimi auf jeden Fall rundum überzeugt und bekommt eine klare Empfehlung.

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Veröffentlicht am 21.09.2020

Geheimnisvolle Isle of Wight

Spiegelinsel
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Aufgrund einer Haushaltsauflösung – Großmutter Sally zieht in eine nette Altersresidenz – stößt Tessa auf ein zerschlissenes Fotoalbum aus dem 19. Jahrhundert. Auch wenn die Aufnahmen teils verschwommen ...

Aufgrund einer Haushaltsauflösung – Großmutter Sally zieht in eine nette Altersresidenz – stößt Tessa auf ein zerschlissenes Fotoalbum aus dem 19. Jahrhundert. Auch wenn die Aufnahmen teils verschwommen erscheinen, so ist doch Tessas Neugierde geweckt. Wer war diese fortschrittliche Frau auf der Isle of Wight, die sich als eine Pionierin dem Fotografieren verschrieben hat? Gibt es etwa noch andere Bilder, die irgendwo verborgen sind?

Flüssig und sehr angenehm zu lesen, verpackt Margot S. Baumann mit „Spiegelinsel“ wieder viel Lesenswertes in ihren Roman: vergilbte Fotos legen eine Spur auf die Isle of Wight, ein etwas rastloser und kauziger Kurator lehnt jegliche Unterstützung ab und schließlich kommen noch atemberaubend gefährliche Szenen hinzu, während aber auch die Romantik nicht zu kurz kommen darf. Ein Schuss von allem, gut mit historisch belegten Details und lokaler Geschichte verknüpft, serviert die Autorin ein wunderbar stimmiges Bild einer jungen Dame, die einen turbulenten Sommerurlaub verbringt.

Sowohl die Figuren als auch das besondere Flair dieser Insel sind sehr bildhaft und eindrücklich gezeichnet. Stets hat man als Leser das Gefühl, nicht nur von Ferne alles zu beobachten, sondern Teil zu sein dieser aufregenden Tage. Hautnah spürt man Tessas Eifer, mehr über Margaret Sophie Clarke (für die es ein reales Vorbild gibt) herauszufinden, ihr Glücksgefühl auf der zauberhaften Insel, auf der ihr nicht nur eine bunt blühende üppige Vegetation begegnet, sondern auch altehrwürdige Burgen und Schlösser, raue Felsen und eine aufgewühlte See, sowie vom Leben gezeichnete Einwohner. Ob ihr jemand von ihnen weiterhelfen kann, ja vielleicht sogar den Namen der Fotografin kennt?

Spannend und emotional bietet sich dem Leser eine wunderschöne Geschichte mit vielfältigen Facetten, die ohne Kitsch und Peinlichkeiten auskommt, manchmal vielleicht ein wenig überzeichnet, aber im Gesamten doch glaubwürdig und ob der historischen Tatsachen auch noch durchwegs interessant ist. Dazu verrät die Autorin übrigens auch sehr informative Anmerkungen im Anhang.

Kurzum: Ein Buch für unterhaltsame Stunden, das mir ebenso wie „Das Erbe der Bretagne“ ausgesprochen gut gefallen hat.

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Veröffentlicht am 10.09.2020

Voller Energie

Madame Curie und die Kraft zu träumen (Ikonen ihrer Zeit 1)
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Schon als Kind hat Maria „Mania“ Skłodowska einen unbändigen Ehrgeiz, will immer die Beste sein und erfreut sich an polnischen Geschichten in der von Russland besetzten Heimat. Früh muss sie schwere Schicksalsschläge ...

Schon als Kind hat Maria „Mania“ Skłodowska einen unbändigen Ehrgeiz, will immer die Beste sein und erfreut sich an polnischen Geschichten in der von Russland besetzten Heimat. Früh muss sie schwere Schicksalsschläge hinnehmen und oft erst im Nachhinein über deren Hintergründe erfahren. Zeitlebens aber träumt sie vom Lernen, vom Studieren, vom Forschen – und obwohl die Zeichen mehr als schlecht dafür stehen, legt sie all ihre Kraft in eine positive Zukunft. [Geld hin oder her – wir dürfen unsere Träume nicht aufgeben. S.113]

Oktober 1926, auf dem Friedhof in Sceaux bei Paris spricht eine schwarz gekleidete Gestalt von einer Hochzeit. Zwischen Zypressen und Rhododendron, weißen Alpenveilchen und gelben Rosen teilt Marie Skłodowska Curie ihre Gedanken mit ihrem schon vor etlichen Jahren verstorbenen Mann Pierre. Wie der Zufall es will, trifft sie hier auf Menschen, die an ihrer Geschichte interessiert sind, und so verliert sich die erfolgreiche Wissenschaftlerin in Erinnerungen, erzählt in dieser und anderen Szenen aus ihrem Leben und lässt Lebenserfahrung mit früheren Träumen verschmelzen.

Auf diese wunderbare Art und Weise verwebt Susanna Leonard einzelne Lebensabschnitte aus Kindheit, Jugend und Studienzeit mit dem der erwachsenen Marie, beschreibt nicht nur Tatsachen, sondern verknüpft Wehmut und Freude aus dem Jetzt mit längst vergangenen Bildern. Immer schon wollte sie Rätsel lösen, erfahren, welche Krankheit die Mutter langsam hinwegraffte, wissen, wie genau der Strom aussieht. Vom Positivismus beeinflusst, möchte sie nicht nur für sich selbst forschen, sondern auch andere daran teilhaben lassen, das polnische Volk stärken gegen die russische Kontrolle. Und so kämpft sich Marie zeitlebens von einer Aufgabe zur nächsten, welche Stationen sie durchläuft, wird in dieser Romanbiografie wunderbar geschildert.

Einfühlsam und detailliert beschrieben, erlebt man als Leser hautnah mit, welch schwierige Zeiten Marie durchlebt, wie sie Rückschläge auf dem Land bei Verwandten meistert und immer ihrem Motto treu bleibt, dass man niemals aufgeben dürfe. So sieht man in Marie Curie nicht mehr alleine die herausragende Physikerin und Mathematikerin, sondern auch die starke Frau, die hinter dieser Figur steht, die sich kaum Schwächen zugesteht, obwohl sie sehr oft Grund dazu hätte. Als Rebellin, Forscherin, Ehefrau und Mutter füllt Curie verschiedenste Rollen aus, ihre Ziele verliert sie dabei niemals aus dem Blick.

Ein schönes und interessantes Buch über eine einzigartige Frau, das ich sehr gerne gelesen habe.

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Veröffentlicht am 09.09.2020

"Sommern" am Balaton

Sterben im Sommer
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Der heiße Sommer 2018, der Vater verbringt ihn in der alten Heimat, in Ungarn, am Balaton, sitzt unter der knorrigen Akazie, schwimmt, liest, versucht, seine Schmerzen vor der Familie zu verbergen. Aber ...

Der heiße Sommer 2018, der Vater verbringt ihn in der alten Heimat, in Ungarn, am Balaton, sitzt unter der knorrigen Akazie, schwimmt, liest, versucht, seine Schmerzen vor der Familie zu verbergen. Aber das Leben trickst ihn aus – oder ist es der Krebs, der nach fünf Jahren wieder zuschlägt, der Tod, der sich unbarmherzig nähert, gegen den auch die angesehene Klinik in Frankfurt am Main nichts mehr unternehmen kann? Die Tochter versucht Mögliches von Unmöglichem zu unterscheiden, wird mit Fragen konfrontiert, die bisher nur „die anderen“ betroffen haben, versucht, die letzte verbleibende Zeit zu nutzen mit dem Vater, der Familie, das Vergangene ins Jetzt zu holen, das Künftige zu meistern.

Der Tod ist Teil unseres Lebens, mit Wehmut, Dankbarkeit und viel Melancholie erzählt Autorin Zsuzsa Bánk vom Jahr des Sterbens der Väter und von der Zeit danach. Deutliche und klare Erinnerungen und Erzählungen von früher bis zurück ins schicksalhafte Jahr 1956 ziehen durch ihre Gedanken, die sie der Reihe nach zu Papier bringt, bunte Bilder vom Paradiesgarten, von der Familie, die zerstreut über die ganze Welt immer wieder zusammentrifft, vom Vater zusammengehalten wird, den Sommer im Dorf verbringt. Kleine Details halten die Zeit von damals lebendig, sorgen dafür, dass auch die Enkel noch teilhaben an Liedern, Spielen und spannenden Begebenheiten. Der Duft nach Gulyás und Sauerkraut hält Traditionen aufrecht.

Mit viel Gefühl und Liebe füllt Bánk dieses wunderbare Buch vom Leben und Sterben, zeigt auf, wie verwundbar wir sind und wie unvorbereitet wir mit dem Tod von nahen Angehörigen konfrontiert werden, auch wenn das der unaufhörliche Fluss unserer Existenz ist. Krankheit und Tod stellen uns vor völlig neue Aufgaben – warum ist nicht alles wie bisher, welche Entscheidung ist die richtige, wie soll es weitergehen, wann trocknen die Tränen? Auch wenn der Anlass ein unendlich trauriger ist, so zeigt die Autorin aber auch auf, wie man Kraft schöpfen kann aus der gemeinsamen Vergangenheit, aus Erinnerungen, Bildern im Kopf, aus gelebten Gewohnheiten und Ritualen, die mit Nichten, Neffen und Enkeln fortgeführt werden, die dem Toten immer einen Platz in ihrer Mitte gewähren.

Sterben im Sommer ist eine berührende Familiengeschichte, die Gänsehaut beschert, die uns vor Augen hält, dass der Tod allgegenwärtig ist und zu unserem Leben dazugehört, dass das Sterben zwar einen Schlussakkord spielt, aber gleichzeitig ermutigt, in die Zukunft zu sehen und der kommenden Generation Kraft und Stütze zu sein, wie es der Vater und zuvor der Großvater schon waren. Lesenswert.

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Veröffentlicht am 06.09.2020

Nacktes Überleben

Raum der Angst
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Prof. Andreas Zörgert, Psychologieexperte ersten Ranges, ersinnt ein ausgeklügeltes Experiment, ähnlich einem Escape-Room-Spiel. Sieben Teilnehmern, die einander nicht kennen, wird ein Geldbetrag dafür ...

Prof. Andreas Zörgert, Psychologieexperte ersten Ranges, ersinnt ein ausgeklügeltes Experiment, ähnlich einem Escape-Room-Spiel. Sieben Teilnehmern, die einander nicht kennen, wird ein Geldbetrag dafür in Aussicht gestellt, umso höher, je mehr bis zum Ende durchhalten. Allerdings sollte alles anders kommen als geplant. Aus Spiel wird Ernst, eine achte Person entführt, Entkommen scheint nicht möglich zu sein.

Anfangs lernen wir Studentin Hannah kennen, die in einer Bar jobbt, dann treten all jene Charaktere auf den Plan, die sich dem Experiment stellen und Erfahrung sammeln oder auch nur Geld verdienen wollen. Unterschiedlicher könnte die Gruppe kaum sein, aber genau das wird den Reiz ausmachen, wie die Zusammenarbeit funktionieren soll und ob jeder willens ist, seine speziellen Fähigkeiten den anderen zur Verfügung zu stellen. Sieben Mitspieler, sieben Räume, so lautet das Konzept, aber die Erwartungen werden von der Realität überholt, ein rasanter Wettlauf beginnt, Wissen gegen Zeit oder wogegen genau?

In flüssigem Schreibstil erschafft Marc Meller eine atemberaubende Atmosphäre, die rasch einen unwiderstehlichen Sog erzeugt, ein stetes Wechselspiel zwischen anfänglicher Ignoranz um Hannahs Verschwinden und späteren Ermittlungen, während das Experiment seinen unaufhörlichen Lauf nimmt. Was ist denn in den Psychologen gefahren, dass er mit solchen Vorgaben arbeitet? Oder steckt da noch etwas ganz anderes dahinter? Fragen über Fragen tauchen auf, den sieben – nun acht – Testpersonen hilft das aber alles nichts, sind sie doch irgendwo abgeschottet ganz auf sich allein gestellt. Gerade diese verschiedenen Persönlichkeiten haben jedoch auch einen beträchtlichen Anteil daran, dass die Geschichte konstant Spannung hält. Jeder hat eine andere Sichtweise, sieht eigene Problemlösungen und muss sich doch mit der Gruppe abstimmen – wie lange wird das gut gehen?

Mit sehr eindrücklichen Bildern aus dem Escape-Room, aber auch sympathischen Ermittlern und weniger angenehmen Zeitgenossen, die möglicherweise mit dem Ganzen zu tun haben, entstehen unterschiedliche Handlungsstränge, die flott von Kapitel zu Kapitel wechseln und ungeahnte Überraschungen bereithalten. Zum Schluss fließt alles stimmig ineinander und lässt unter Umständen sogar auf eine Fortsetzung hoffen? Wenn nicht, dann ist „Raum der Angst“ hier auf alle Fälle gut zu Ende geführt und ermöglicht grausame Einblicke in die Seele des Menschen.

Ein Buch, das man am besten ohne viele Pausen liest, das gut unterhält und von der ersten bis zur letzten Seite für Spannung und die eine oder andere Verblüffung sorgt. Ob ich selber auch einmal einen Escape-Room besuche – und vor allem, mit wem –, das muss ich mir noch gründlich überlegen. Eine klare Leseempfehlung kann ich jedoch ohne jegliches Zögern aussprechen!

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