Super spannend und fesselnd!
Aus schwarzem WasserMEINE MEINUNG
Als Jugendbuch-Autorin hat Anne Freytag es schon längst auf meine Favoriten-Liste geschafft, ihre Bücher wurden bisher mit voller Hingabe von mir verschlungen. Als ich entdeckt habe, dass ...
MEINE MEINUNG
Als Jugendbuch-Autorin hat Anne Freytag es schon längst auf meine Favoriten-Liste geschafft, ihre Bücher wurden bisher mit voller Hingabe von mir verschlungen. Als ich entdeckt habe, dass sie nun auch einen Thriller veröffentlicht hat, war ich ganz gespannt auf die Handlung, an die ich recht hohe Erwartungen hatte. Ich lese sonst nicht viele Thriller, eigentlich nie, obwohl ich Thriller-Filme immer liebe, aber ich dachte ein Versuch mit Anne Freytag ist es auf jeden Fall wert.
Maja Kohlbeck sitzt mit ihrer Mutter, der Innenministerin Dr. Patricia Kohlbeck, im Auto, als diese ungebremst in die Spree fährt. Nach einer letzten Warnung stirbt Frau Kolhlbeck und Maja wird ohnmächtig - bis sie wenige Stunden später in einem Leichensack wieder aufwacht. Mit den letzten Worten ihrer Mutter "Du kannst niemandem trauen, sie stecken alle mit drin" im Hinterkopf flieht die junge Frau und gerät damit in eine Verstrickung politischer Lügen, Naturkatastrophen und Machtkämpfen.
Irgendwie weiß ich schon jetzt, dass diese Rezension anders wird, als meine anderen. Es fällt mir aus unbestimmten Gründen nämlich unglaublich schwer, das was ich sagen möchte, in die richtigen Worte zu fassen, wofür ich mich schon mal entschuldigen möchte.
Ausnahmsweise fange ich mal mit dem Schreibstil und der Aufmachung an. Schon von außen sieht man grobe Einteilungen der Kapitel, die durch schwarze Seiten besonders hervorgehoben werden. Insgesamt umfasst die Handlung eigentlich nur 5 Tage nach dem tödlichen Unfall, allerdings wird dieser Zeitstrahl häufig durch Rückblicke in die Vergangenheit, vor allem in das Jahr 2001, unterbrochen. Viele Kapitel, ich würde behaupten die meisten, sind in der Ich-Form aus Majas Perspektive geschrieben worden. Insgesamt kommen aber auch sehr viele andere Figuren zu Wort, indem Kapitel aus deren Perspektiven, aber jeweils in der Er- oder Sie-Form verfasst wurden. Ich fand den Wechsel sehr interessant, da so die Distanz und das Misstrauen anderer Charaktere gegenüber auch für den Leser immer größer wurde. Mit Maja habe ich mich durch die Ich-Form deutlich verbundener gefühlt, was vermutlich auch die Intention dabei war.
Dass ein weiterer Charakter die Ich-Form erhalten hat, ist mir tatsächlich erst in seinen letzten Kapiteln aufgefallen. Danach hat es mich allerdings ein wenig verwirrt.
Aber kommen wir mal zu den Charakteren, die hier eine Rolle spielen, es sind nämlich nicht wenige.
Angefangen mit Maja, die noch unsicher ist, was sie mit ihrem Leben machen soll und sich bisher mit immer wechselnden Jobs über Wasser hält. Irgendwie ist sie mit Daniel zusammen, aber wirklich lieben tut sie ihn auch nicht, dafür liebt sie aber ihre Stiefschwester über alles. Mit ihrer Mutter hingegen hat sie eine schwierige Beziehung, oft reden sie wochenlang nicht miteinander. Maja ist sehr distanziert und spricht eher weniger, was vermutlich an der kühlen Erziehung ihrer Mutter liegt. Sie versteckt stets ihre Gefühle und traut sich nie wirklich, sie zu zeigen und möchte niemals schwach oder verletzlich wirken.
Obwohl sie zwar nicht die Sympathie in Person und mein liebster Lieblingscharakter ist, habe ich mich beim Lesen sehr mit ihr verbunden gefühlt. Vermutlich weil ich sie auf ihren Fluchtsituationen begleite und mit ihr gemeinsam immer mehr über die Wahrheit erfahre. Obwohl sie vermutlich nie auf solche Situationen vorbereitet wurde, meistert sie das ganze ziemlich gut und gelassen.
Als nächstes hätten wir ihre Mutter, die zwar auf den ersten Seiten schon stirbt, uns aber durch die Rückblicke dennoch wieder begegnet. Sie ist ehrgeizig, lebt für ihre Arbeit und ist aufsteigende Wissenschaftlerin. Aber gleichzeitig macht sie am liebsten selbst sämtliche Arbeiten und sträubt sich stark Hilfe, es soll schließlich ihr Verdienst und ihr Ruhm sein. Gleichzeitig ist sie sehr schonungslos, "geht über Leichen", wenn es um ihre Arbeit geht und ist immer distanziert. Sie liebt ihre Tochter zwar, aber das wäre dann auch der einzige Mensch, dem sie Emotionen gegenüber fühlt.
Patricia war mir nie wirklich sympathisch, aber schrecklich fand ich sie irgendwie auch nicht. Sie handelt moralisch eigentlich dauerhaft falsch, was schon bei der Affäre mit ihrem verheirateten Vorgesetzten anfängt, aber irgendwie hat sie mich auch sehr fasziniert. Sie war auf jeden Fall schwer zu beurteilen und ich wusste auch am Ende nicht so ganz, was ich von ihr halten soll.
Ein weiterer Charakter wäre Dr. Stein, Patricias Vorgesetzter, dem Maja zu vertrauen scheint. Auch bei ihm wusste ich nie ganz, was ich von ihm halten soll. Einerseits hat er mir irgendwie leid getan, andererseits würde auch er über Leichen gehen und handelt moralisch absolut falsch. Dass Maja ihm so vertraut hat, hat mich ehrlich gesagt total überrascht, denn ich hätte es auf keinen Fall.
Natürlich gibt es noch zahlreiche Nebencharaktere, die mal mehr und mal weniger große Rollen für die Handlung spielen, doch auf die möchte ich gar nicht so genau eingehen. Außer auf Daniel, Majas Freund-oder-nicht-Freund, den ich sofort in mein Herz geschlossen habe. Er war glaube ich der einzige Charakter, dem ich mein Leben anvertraut hätte, ohne mit der Wimper zu zucken. Und deswegen musste ich ihn noch einmal kurz erwähnen.
Aber kommen wir endlich zur Handlung und meiner Meinung zu dieser.
Es ist ein Thriller, der aber auch zu gewissen Teilen in die Science-Fiction-Richtung geht und gleichzeitig eine Kritik an die Gesellschaft ist und somit auch politisch wird. Besonders die Kritik an die Umweltverschmutzung durch die Menschen wird hier sehr groß geschrieben.
Es wird also ziemlich viel aufgegriffen und am Anfang steht der Leser gemeinsam mit Maja absolut ahnungslos da. Ich konnte gar nicht einschätzen, was folgen würde und wurde dadurch immer wieder überrascht, wenn wir ein neues Stückchen des großen Geheimnisses gelüftet haben.
Maja verstrickt sich da nämlich in eine viel größere Sache, als sie es je hätte vermuten können, es wird ihr sozusagen eine ganz neue Welt offenbart.
Mehr kann ich dazu gar nicht sagen, ohne zu viel zu verraten, obwohl ich gerne viel weiter ausholen würde.
Es ist auf jeden Fall super spannend, die Handlung hat mich gar nicht mehr loslassen können. Es gibt viele Wendungen, viel Spannung, viele Überraschungen und an keiner Stelle war ich mir wirklich sicher, wem man hier vertrauen könnte. Die Handlung hat sich an keiner Stelle gezogen und ich war jedes Mal traurig, wenn ich keine Zeit mehr hatte, um weiterzulesen. Hätte ich die Zeit gehabt, hätte ich das Buch vermutlich in einem Rutsch gelesen.
Zudem muss ich aber auch noch mal sagen, dass es ganz klar kein Jugendthriller oder ähnliches ist, sondern definitiv für Erwachsene gedacht ist. Die Sprache ist deutlich anspruchsvoller, was vermutlich besonders dem wissenschaftlichen Teil zuzuschreiben ist, und zudem ist es sehr explizit. Tatsächlich spielt Sex in diesem Thriller eine große Rolle und wird immer wieder durch verschiedene Charaktere thematisiert. In anderen Rezensionen habe ich schon gelesen, dass es zu viel war und irgendwie seltsam, aber ich habe mich daran nicht wirklich gestört, es passte im Gesamtbild irgendwie.
Das Ende hat mich noch einmal aus der Bahn gerissen. Vor allem, weil ich die letzten Seiten voller Neugierde und Spannung umblätterte und bloß auf die Danksagung stoß, die ich voller Frust sogar auch noch gelesen habe, obwohl ich das sonst nie tue. Es passte zum Inhalt, zum Anfang und eigentlich war es gar nicht sooo überraschend, aber ich hätte gerne einfach noch mehr gelesen. Einen richtigen Abschluss gehabt.
Zudem waren mir einige Dinge noch zu offen, auch schon während des Lesens, weswegen ich mich an einigen Stellen über noch mehr Details, beziehungsweise andere Details erfreut hätte. An einigen Stellen waren es einfach zu viele Informationen auf einmal, wodurch ich eventuell nicht alles ganz aufschnappen konnte. Besonders in den Szenen, in denen zum Beispiel Akten gefunden wurden und die Figuren seitenlange Informationen lesen, ist glaube ich nicht alles bei mir hängen geblieben.
(view spoiler)
FAZIT
Ein super spannender Thriller, den ich kaum aus der Hand legen konnte. Die Thematik der Umweltverschmutzung ist super interessant und leider zu real und obwohl es hier ein wenig ins Übernatürliche driftet. Es ist definitiv nicht für Jugendliche, sondern an vielen Stellen sogar sehr explizit, was mir aber gut gefallen hat. Der Schreibstil ist wie gewohnt schön zu lesen, obwohl er sich ganz klar von den Jugendromanen unterscheidet, viel härter und ungeschönter ist. Die Charaktere waren allesamt sehr spannend, auch wenn zu vielen eine größere Distanz bestand.
An einigen Stellen hätte ich gerne noch mehr Infos gehabt und besonders das Ende lässt noch einiges offen, weswegen ich nicht vollends begeistert bin. Insgesamt aber sehr sehr gut und ich kann es nur jedem empfehlen!