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Veröffentlicht am 06.03.2017

Makabre, bedrückende Geschichte über zwei vernachlässigte Teenager

Bienensterben
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Zu Beginn des Romans wird der Leser unmittelbar mit dem Tod der Eltern von Marnie und Nelly konfrontiert. Der Vater liegt seit mehreren Tagen tot im Bett und die Mutter baumelt erhängt in der Gartenhütte. ...

Zu Beginn des Romans wird der Leser unmittelbar mit dem Tod der Eltern von Marnie und Nelly konfrontiert. Der Vater liegt seit mehreren Tagen tot im Bett und die Mutter baumelt erhängt in der Gartenhütte. Scheinbar ohne Skrupel und emotionslos verscharren die beiden Schwestern den Vater unter Lavendel, als der Verwesungsgeruch im Haus unerträglich wird.

Die beiden unterschiedlichen Mädchen - die hübsche, sensible, musikalisch begabte Nelly und die etwas burschikose, abgebrühte Marnie - vertuschen das Ableben ihrer Eltern und versuchen mit den übrig gebliebenen Ersparnissen über die Runden zu kommen. Um zumindest etwas zu Essen zu bekommen, freunden sie sich sogar mit dem als Perversling verschrienen Nachbarn Lennie an, dem die beiden schon fast verwahrlosten Mädchen Leid tun. Bald kommt es aber nicht nur der Schule, sondern auch ihm seltsam vor, dass die Eltern so lange verreist sein sollen und dann beginnt auch noch Hund Bobby damit, Leichenteile auszugraben...
Das Buch ist ähnlich wie ein Tagebuch aufgebaut und erzählt die Geschichte aus den drei Perspektiven der Protagonisten.

"Bienensterben" ist ein Roman voll von schwarzem Humor, das Schicksal der Mädchen allerdings traurig. Es ist eine makabre, zu tief bedrückende Geschichte über zwei vernachlässigte Teenager, die ihr Leben selbst in die Hand nehmen, obwohl es sie völlig überfordert.

Lisa O'Donnell schreibt sehr direkt, so dass der Roman nichts für Zartbesaitete sein dürfte, aber genau dieser Schreibstil macht die Geschichte so berührend authentisch. Bis zum Schluss ist man gebannt zu erfahren, ob es für Marnie und Nelly ein positives Ende geben wird und wie dies aussehen soll.

Veröffentlicht am 03.03.2017

Kein klassischer Liebesroman, sondern Teil einer Lebensgeschichte über Liebe, Familie, Freundschaft und Enttäuschungen

Über den Wolken scheint immer die Sonne
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Das Buch beginnt direkt mit dem Schockmoment für Tallulah, genannt Lulu, die am Morgen nach der Hochzeit von Annabelle und Joshua neben dem Bräutigam, ihrem Exfreund, aufwacht.

Anschließend folgt ein ...

Das Buch beginnt direkt mit dem Schockmoment für Tallulah, genannt Lulu, die am Morgen nach der Hochzeit von Annabelle und Joshua neben dem Bräutigam, ihrem Exfreund, aufwacht.

Anschließend folgt ein Rückblick und der Leser lernt Lulu als Schülerin kennen, die selbst ruhig und zurückhaltend ist und sich mit der sehr selbstbewussten neuen Mitschülerin Annabelle anfreundet. Annabelle steht gern im Mittelpunkt und legt nicht viel Wert auf das, was andere von ihr denken könnten. Einerseits setzt sie sich für Lulu ein, wenn diese von anderen Kindern wegen ihrer sonderbaren Mutter gehänselt wird, andererseits ist sie aber auch fordernd und duldet keine weiteren Freundinnen von Lulu neben sich. Auch als Lulu mit ihrem ersten Freund Josh zusammenkommt, ist Annabelle allgegenwärtig, Unternehmungen erfolgen stets zu dritt. Als Lulu Josh und Annabelle in flagranti erwischt, bricht eine Welt für sie zusammen: Auf einen Schlag verliert sie ihre große Liebe, ihre beste Freundin und auch deren Eltern, zu denen sie sich immer zurückziehen konnte, wenn es bei ihr zu Hause Probleme gab.

Jahrelang kommt Lulu nicht über den Betrug hinweg, kann sich selbst gegenüber keinem Mann öffnen und hat auch nicht das Bedürfnis dazu. Sie lebt ohne wirklich zu leben. Ein Anker in ihrem Leben wird der berühmte Moderator und Lebemann Duncan, bei dem sie als Assistentin eine Anstellung findet. Er ist das genaue Gegenteil von der sehr zurückgezogen lebenden Lulu und versucht ihr dabei zu helfen, mit der Vergangenheit abzuschließen, weshalb sie den Kontakt zu Annabelle und Josh erst sucht und auch zu ihrer Hochzeit eingeladen wird.

Nach ihrer "Revanche" an Annabelle wird sich öffentlich als "Hochzeitsvöglerin" angeprangert und zieht sich erneut in ihr Schneckenhaus zurück. Zudem hat sie im weiteren Verlauf des Romans noch mit ganz anderen, schwerwiegenden Schicksalsschlägen zu kämpfen.

Der Klappentext von "Über den Wolken scheint immer die Sonne" mutet eine Liebesgeschichte von Lulu und Josh an. Diese nimmt allerdings nur einen Teil der Jugend von Lulu ein. Weiterhin spielen die Freundschaft zwischen ihr und Annabelle eine große Rolle sowie die belastende Situation von Lulus Familie aufgrund der Erkrankung der Mutter.
Das Buch erstreckt sich über Schulzeit, Jugend und das Leben als junge Erwachsene von Lulu, das immer wieder Rückschläge für sie bereithält.

Lulu ist sehr passiv und fügt sich immer wieder ihrem Schicksal ohne für ihr persönliches Glück zu kämpfen. Der Roman ist sehr emotional und bewegend, weil der Leser einfach mit der sympathischen Lulu mitleiden muss. Sie ist immer für die anderen da - sei es Annabelle, ihre Eltern und jüngeren Zwillingsbrüder oder Duncan - und scheint dabei gar nicht darüber nachzudenken, was sie selbst eigentlich möchte.

Ich konnte mich gut in Lulu hineinversetzen, weshalb mir der Roman, der zwar sehr viele Themen umfasst und auch phasenweise kürzer hätte gefasst werden können, trotzdem sehr gut gefallen hat. Er ist kein klassischer Liebesroman für zwischendurch, sondern der Teil einer Lebensgeschichte über Liebe, Familie, Freundschaft und Enttäuschungen, die das Leben bereithält - ein vielschichtiger, tiefgehender und ganz besonderer Roman, der zu keinem Zeitpunkt vorhersehbar ist.

Veröffentlicht am 20.02.2017

Realistischen Darstellung eines utopischen Settings - Gelungener Auftakt der Ventura-Saga

Wir zwei in fremden Galaxien
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Das Jugendbuch "Wir zwei in fremden Galaxien" ist Band 1 der Ventura-Saga, einer Dystopie, die ich noch vor Veröffentlichung lesen durfte.

Die 17-jährige Seren lebt seit ihrer Geburt auf der Ventura, ...

Das Jugendbuch "Wir zwei in fremden Galaxien" ist Band 1 der Ventura-Saga, einer Dystopie, die ich noch vor Veröffentlichung lesen durfte.

Die 17-jährige Seren lebt seit ihrer Geburt auf der Ventura, einem Raumschiff, das sich im 84. Jahr auf der Reise von der Erde in Richtung des Planeten Epsilon Eridani befindet. Die Ventura wird noch weitere 662 Jahre unterwegs sein, bis sie ihr Ziel erreicht hat, weshalb die Zwischengenerationen weder den Planeten Erde noch einen anderen Planeten betreten werden, sondern sich auf einer lebenslänglichen Forschungsreise befinden werden.

Seren, die gerade ihren Schulabschluss gemacht hat und alsbald den ihr vom System vorgegebenen Lebenspartner zu ehelichen hat, um ihre Aufgabe im Zuchtprogramm zu erfüllen, empfindet diese Leben als hoffnungs- und sinnlos. Zu Dom, der wie Seren Probleme hat, die strengen Regeln auf der Ventura zu befolgen, entwickelt sie Gefühle, die auf dem Raumschiff, dessen Insassen allein die Aufgabe haben, sich bis zur Ankunft systemkonform fortzupflanzen, verboten sind. Als sie in die Umlaufbahn von Huxley-3 eintreten, auf dem angeblich kein Leben möglich ist, wird in Seren die Hoffnung auf einen Ausweg geweckt...

Auch wenn es sich bei dem Roman um eine Dystopie handelt, finde ich die Vorstellung gar nicht so abwegig, dass sich die Menschheit in Zukunft eine Alternative zum Planeten Erde suchen muss.

Wie Seren ihr Dasein auf der Ventura beschreibt, ist allerdings äußerst beklemmend. Die Menschen, die auf dieser Mission geboren werden, haben zu funktionieren, um den Erhalt der nachfolgenden Generationen zu garantieren und die Menschheit zu retten. Als Eigentum der NASA opfern sie ein natürliches, menschenwürdiges Leben für eine Mission, auf welcher Gefühle und echte Liebe nicht von Belang und eine kulturelle Weiterentwicklung verboten sind.

Kate Ling schafft es durch ihren berührenden Schreibstil, dass man sich als Leser sehr gut in Seren hineinversetzen und ihr Gefühl der Ausweg- und Hoffnungslosigkeit nachvollziehen kann. Sie ist eine mutige junge Frau, die vom Leben mehr erwartet, als ihre Leidensgenossen. Mit ihrer Entschlossenheit für ein anderes, besseres Leben zu kämpfen, das eigentlich nur ein Traum sein kann, eckt sie unermüdlich an und bringt sich und Dom aufgrund der drohenden Repressalien in Gefahr.
Die Liebesgeschichte zwischen ihr und Dom entwickelte sich für meinen Geschmack zu Beginn sehr abrupt, die tiefe Emotionalität, die die beiden sofort verband, war mir zu intensiv und hätte gemächlicher aufgebaut werden können.

Dennoch ist Band 1 der Ventura-Saga aufgrund der sehr realistischen Darstellung eines utopischen Settings und der flüssigen Erzählweise ein gelungenes Romandebüt, dass ich schon jetzt ungeduldig auf Band 2 der Saga warte, an der Kate Ling gerade erst noch schreibt.

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Veröffentlicht am 13.02.2017

Vier Wochen bis zur Hinrichtung: düsterer Krimi um ein wahres Schicksal Anfang des 19. Jahrhunderts in Island

Das Seelenhaus
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Agnes Magnúsdottir, von der Mutter als Kind verstoßen, fühlt sich Zeit ihres Lebens unerwünscht und ungeliebt. Als Magd arbeitet sie Anfang des 19. Jahrhunderts in Island bei dem als Wunderheiler bzw. ...

Agnes Magnúsdottir, von der Mutter als Kind verstoßen, fühlt sich Zeit ihres Lebens unerwünscht und ungeliebt. Als Magd arbeitet sie Anfang des 19. Jahrhunderts in Island bei dem als Wunderheiler bzw. Hexenmeister verschrienen Natan Ketilsson auf dem Hof von Illugastadir.
Als dieser 1828 tot auf seinem Hof aufgefunden wird, wird u.a. Agnes beschuldigt, ihn mittels eines Messers getötet und anschließend den Hof angezündet zu haben. Vom Landrat Björn Blöndal wird sie zum Tod durch Enthauptung verurteilt. Die vier Wochen bis zu ihrer Hinrichtung soll sie auf dem Bauernhof Kornsáhof bei einer Beamtenfamilie verbringen.

Das Ehepaar Jónsson hat zwei Töchter und ist entsetzt, dass sie eine Mörderin bei sich aufnehmen müssen. Zunächst haben sie Angst vor der verschlossenen jungen Frau, nehmen sie aber dennoch fast schon selbstverständlich in ihr Haus auf. Agnes ist überraschend intelligent und erledigt die Arbeiten im Haushalt und Hof trotz ihrer Perspektivlosigkeit sehr engagiert.

Zur Läuterung und Buße sowie zur Vorbereitung auf ihre Begegnung mit Gott soll Agnes Gespräche mit einem Priester führen. Der junge Pfarrvikar Tóti ist sichtlich berührt vom Schicksal der jungen Frau, Agnes vertraut sich jedoch als erster der Hausherrin Magrèt an, der sie ihre Lebensgeschichte erzählt und was sich am Tag des vermeintlichen Mordes zugetragen hat.

Der Roman beruht auf wahren Begebenheiten. Agnes Magnúsdottir war die letzte Person, die in Island im Jahr 1829 hingerichtet wurde. Zur damaligen Zeit gab es auf Island keine Gefängnisse, weshalb Verurteilte entweder in Dänemark inhaftiert wurden oder als Arbeitskräfte auf Höfe von so genannten Dienstmännern verteilt wurden.

"Das Seelenhaus" versetzt den Leser in eine düstere Stimmung nach Island, eine Insel, die vom rauen, kalten Klima geprägt ist. 1828/ 1829 sind die Unterschiede zwischen Arm und Reich deutlich: Armut, Elend, Krankheiten und Tod sowie die Ausweglosigkeit aller Protagonisten auf den Bauernhöfen, deren Leben so beschränkt ist, sind in dem Buch allgegenwärtig.
Es ist ein leicht deprimierender historischer Roman, der nicht nur durch den Bezug auf ein wahres Verbrechen sehr authentisch wirkt. Es ist kein spannender Krimi, da das Schicksal von Agnes Magnúsdottir besiegelt und das Ende vorgegeben ist.

"Das Seelenhaus" ist die fiktionale Nacherzählung des tragischen Schicksals einer jungen Frau, der im Leben weder Liebe noch Glück vergönnt war. Der Mord und seine Aufklärung treten in den Hintergrund, während das Innenleben der vermeintlichen Mörderin einfühlsam von allen Facetten beleuchtet wird.

Veröffentlicht am 08.02.2017

Zutiefst berührende Geschichte über zwei ungleiche Schwestern, die Fernweh weckt

Die Landkarte der Liebe
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Ein Jahr nach dem Krebstod der Mutter erfährt die 27-jährige Katie, dass ihre drei Jahre jüngere Schwester Mia auf Bali gestorben ist. Katie kann nicht glauben, dass sich Mia von den Klippen gestürzt haben ...

Ein Jahr nach dem Krebstod der Mutter erfährt die 27-jährige Katie, dass ihre drei Jahre jüngere Schwester Mia auf Bali gestorben ist. Katie kann nicht glauben, dass sich Mia von den Klippen gestürzt haben soll, um Selbstmord zu begehen. Was ihr von Mia geblieben ist, ist ihr Rucksack mit ihrem Reisetagebuch, anhand dessen sie Mias Reise nachvollziehen möchte, um ihren Tod zu begreifen und die ungleiche Schwester zumindest nach ihrem Tod besser zu verstehen. Bei ihrem letzten telefonischen Kontakt, als Katie Mia von ihrer Verlobung mit ihrem langjährigen Freund Ed erzählte, hatten sich die beiden gestritten.

Der Roman ist abwechselnd aus der Perspektive von Mia in der Vergangenheit und Katie in der Gegenwart geschrieben, wobei die Handlungen durch die gleichen Orte der Reise eng miteinander verknüpft sind. Mia, die immer ein wenig rastlos war und noch keine wirkliche Perspektive für ihr Leben hat, begibt sich zusammen mit ihrem besten Freund Finn bei der Reise in die USA, Hawaii, Neuseeland und Bali auf die Suche nach ihrer Identität, weshalb eine ihrer ersten Etappe der Besuch ihres Vaters in Maui ist, der die Familie vor über 20 Jahren abrupt verlassen hatte und sich nie wieder gemeldet hat. Da sie kaum Gemeinsamkeiten mit ihrer Mutter und ihrer großen Schwester hatte, hoffte sie, in ihrem Vater ihr Abbild zu finden, wird jedoch bitter enttäuscht.

Sie reist weiter und lernt in Neuseeland den Surfer Noah kennen, der stets auf der Suche nach dem nächsten Adrenalinkick zu sein scheint. Die beiden verleben verliebte Tage miteinander, wobei Noah unnahbar bleibt und dann sang- und klanglos nach Bali verschwindet. Nach einem Streit mit Finn, der mehr für Mia empfindet als nur Freundschaft, reist Mia Noah alleine hinterher.

Der Titel "Die Landkarte der Liebe" suggeriert einen leichten Liebesroman. Das Debüt von Lucy Clarke ist allerdings vielmehr als das. Es ist eine zutiefst berührende Geschichte über zwei ungleiche Schwestern. Es geht um Liebe und Tod, Vergangenheitsbewältigung und Verzeihen sowie um die Aufdeckung von wohl gehüteten Familiengeheimnissen.

Durch die anschauliche Beschreibung der Reiseroute wird der Leser an all die exotischen Orte versetzt, die Mia und Katie auf ihrer Reise besuchen. Den Duft von Frangipani in der Nase kommt spätestens auf Bali ein Gefühl von Fernweh auf. Zudem fühlt man mit beiden Schwestern während ihrer traurigen Begegnungen auf der Suche nach sich selbst bzw. der Wahrheit mit. Überraschende Wendungen machen den atmosphärischen Roman bis zum Schluss zu einem spannenden Drama.