Große Familiengeschichten, die ein ganzes Jahrzehnt überspannen
Und die Welt war jungZwischen Hamburg, Köln und San Remo beginnt 1950 eine neue Zeitrechnung: Das erste Jahrzehnt nach dem Ende des 2.Weltkrieges. Die Familien Borgfeldt, Aldenhoven und Canna sind sowohl familiär als auch ...
Zwischen Hamburg, Köln und San Remo beginnt 1950 eine neue Zeitrechnung: Das erste Jahrzehnt nach dem Ende des 2.Weltkrieges. Die Familien Borgfeldt, Aldenhoven und Canna sind sowohl familiär als auch freundschaftlich miteinander verbunden. Das Buch erzählt im Wechsel von Hamburg, Köln und San Remo und den jeweils dort lebenden Charakteren. Sie alle eint die Unwissenheit nach dem 2.Weltkrieg. Wie wird es wohl für sie alle weiter gehen? Was bringt die Zukunft? Während die einen eher privilegiert leben, wohnen und arbeiten, kommen die anderen mit Armut sowie Nöten und großen Ängsten und auch einigen Schicksalsschlägen in Kontakt.
Carmen Korn, deren Jahrhundert-Trilogie über Hamburg ich im Frühjahr dieses Jahres förmlich verschlungen haben, beginnt hier nun in einem neuen Buch das Leben in Nachkriegszeiten zu beleuchten. Als ich vom neuen Roman gelesen habe, war ich natürlich sehr gespannt auf eben jenen, da mir ihre Trilogie wirklich sehr gut gefallen hatte und ich ihre Art zu schreiben sehr mag.
Während die Jahrhundert-Trilogie tatsächlich in ihrer Erzählung über 100 Jahre angelegt ist, wird hier das Leben der verschiedenen Familien innerhalb eines Jahrzehnts, von 1950 bis 1959, beschrieben. Ihr Schreibstil ist dabei wieder sehr bildhaft. Klar und deutlich kann man sich die jeweiligen Charaktere vorstellen und möchte gern mehr über sie erfahren. Die Handlung des Romans wird sogar in den verschiedenen Abschnitten genau auf Jahr und Tag erzählt und springt wechselseitig zwischen Hamburg, Köln und San Remo hin und her. Das hat zum einen den Vorteil, dass die Kapitel nie zu lang werden, sondern kurz und knapp die Geschehnisse berichtet werden, zum anderen wird somit immer wieder auf die jeweilige Wahrnehmung in den unterschiedlichen Familien eingegangen sowie auch immer auf ihre Verbindungen untereinander verwiesen. Allerdings ist das Buch mit 635 Seiten auch sehr umfangreich und ich hatte anfangs große Mühe mich mit den vielen unterschiedlichen Charakteren und deren Hintergrund auseinanderzusetzen. Um dies etwas zu erleichtern stellt die Autorin die wichtigsten handelnden Personen vor und liefert auch einen kleinen Stammbaum hinsichtlich ihrer Verbundenheit mit dazu. Weiterhin gelingt es Carmen Korn wieder vortrefflich die jeweiligen persönlichen Schicksale in die Historie einzubetten und es gibt immer wieder Hinweise zu bedeutenden historischen Ereignissen. Sehr schön fand ich auch ihren Verweis zu ihren anderen Büchern mit der Finkenau in Hamburg. Auch das Cover des Buches gefällt mir als begeisterter Leser von historischen Romanen sehr gut. Damit ist es nicht nur gelungen die Aufbruchstimmung der Nachkriegszeit zu charakterisieren, sondern auch zu zeigen, dass die jungen Leute auf dem Bild in irgendeiner Weise freundschaftlich (oder familiär) miteinander verbunden sind.
Meine Kritik: Ich empfinde, dass manchmal insgesamt alles etwas zu viel ist und in viel zu kurzer Umlaufzeit dem Leser präsentiert werden soll und muss. Es erscheint mir wie „zu viel gewollt“. Das Ende des Buches bleibt offen, da sich hier ein neuer Handlungsstrang von einem Charakter auftut; allerdings sind im Wesentlichen die Geschichten zu den Hauptcharakteren zu Ende erzählt und trotz aller Ausführlichkeit, die ich vorher bemängelte, kam das Ende nun viel zu unvermittelt und abrupt. Ich hatte noch absolut nicht damit gerechnet. Man kann somit aber damit rechnen, dass die Geschichte oder zumindest ein gewisser Teil noch weitererzählt wird. An manchen Stellen hatte ich auch das Gefühl, dass die Spannung ein bisschen verloren geht. Ja, man möchte wissen, wie es den Hauptpersonen des Romans ergeht aber nein, man möchte dazu nicht die 10. Geschichte nebenbei hören. Das wiederum spricht aber auch für Carmen Korn – sie kann ihre Leser vollends in die Gefühlswelt ihrer Romane entführen. Man freut und leidet mit und denkt sich, dass könnte doch wohl jetzt mal schneller oder langsamer voran gehen.
Mein Fazit:
Insgesamt gibt es von mir für das neue Buch von Carmen Korn eine klare Leseempfehlung. Ein großer historischer Roman, mit vielen schönen und unschönen Begebenheiten, noch dazu verpackt in die turbulente Nachkriegszeit – es macht sehr viel Freude ihn zu lesen und sich in diese Zeit hinein zu versetzen. So wie eben das Leben tatsächlich spielen kann, so lebendig sind auch die Bücher von Carmen Korn.