Profilbild von Archer

Archer

Lesejury Star
offline

Archer ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Archer über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 06.11.2020

Eiskalter Tod

Frostgrab
0

Milla Anderson hat ihre Snowboardfreunde seit zehn Jahren nicht mehr gesehen. Jetzt trifft sie sich wieder mit ihnen, um ein Wochenende auf einer einsamen französischen Lodge zu verbringen. Doch anstelle ...

Milla Anderson hat ihre Snowboardfreunde seit zehn Jahren nicht mehr gesehen. Jetzt trifft sie sich wieder mit ihnen, um ein Wochenende auf einer einsamen französischen Lodge zu verbringen. Doch anstelle der damaligen Wärme und Freundschaft herrschen Misstrauen und Distanz zwischen den fünf Freunden. Alles liegt daran, dass vor zehn Jahren die Schwester von Curtis, einem von ihnen, als vermisst gemeldet und jetzt für tot erklärt wurde. Was ist mir ihr passiert? Hat sie einer der fünf ermordet? Unheimliche Sachen gehen in der eigentlich geschlossenen Lodge vor sich und bald erkennen sie, dass sie nicht allein sind. Als ein Schneesturm verhindert, dass sie ins Tal kommen, erkennen sie, dass sie jemand nicht mehr lebend davonkommen lassen möchte.

Die Geschichte selbst ist ja weder neu noch originell. Abgeschiedene Gegend, aus irgendeinem Grund funktioniert die Kommunkation zur Außenwelt nicht mehr und jemand spielt zehn kleine Jägermeister mit dem vorhandenen Cast. Was dieses Buch jedoch abhebt, sind die Rückblicke in die Vergangenheit, zu den Snowboardwettkämpfen der jetzt Eingeschlossenen. Bisher kannte ich mich mit diesem Sport so gar nicht aus, fühle mich aber nach etwa zwei Stunden YT wie ein Profi. Spannung wird auch durch die kurzen Kapitel aufgebaut, in denen sich Vergangenheit und Gegenwart abwechseln und man der Sache immer näher auf die Spur kommt. Ich habe auch nur eine Kleinigkeit zu bemängeln - es wurde in der zweiten Hälfte ein bisschen zu lang gezogen, um das noch knackiger und unheimlicher zu gestalten, hätte man dort kürzen sollen, zumal es irgendwie schon klar war, dass es nur eine Person gibt, die dahinter stecken konnte. Ansonsten war das ein mega Debüt, das mir großen Spaß gemacht hat zu lesen.

Veröffentlicht am 03.11.2020

Hoffnung tötet

Der letzte Held von Sunder City
0

Fetch Phillips ist ein gebrochener Mann, ein Antiheld, ein Detektiv im Geiste eines Phillip Marlowe. Er lebt in Sunder City, einer sterbenden Stadt. Früher hat die Stadt gebrummt, gab es Magie, die alles ...

Fetch Phillips ist ein gebrochener Mann, ein Antiheld, ein Detektiv im Geiste eines Phillip Marlowe. Er lebt in Sunder City, einer sterbenden Stadt. Früher hat die Stadt gebrummt, gab es Magie, die alles am Laufen gehalten hat. Doch dann verschwand die Magie und alle magischen Wesen sterben einen langsamen Tod. Mehr recht als schlecht schlägt sich Fetch deshalb durch, immer kurz vorm Abgrund. Dann erhält er den Auftrag, nach einem verschwundenen Vampir zu suchen und dieser Fall bringt nicht nur ihn, sondern auch Sunder City an ihre Grenzen.

Dieser Fantasykrimi ist wirklich sehr noir. Alles ist verloren, niemand hat mehr Hoffnung, und trotzdem - oder vielleicht deshalb - sind alle geradezu gierig nach Leben, klammern sich an ihr Antidasein, beißen um sich wie tollwütige Hunde, morden, weil sie es können, und zerstören, weil es ihnen im Blut liegt. In dieser schwarzen Szenerie begleiten wir Fetch, der alles andere als ein ausgewiesener Sympathieträger ist. Man mag ihn schon irgendwie, er ist so furchtbar menschlich in all seinen Fehlentscheidungen und Fehltritten, aber wirklich gut ist er nicht. Aber er bemüht sich, wenigstens ab und zu das Richtige zu tun, was mehr ist, als man von den meisten anderen hier in Sunder City behaupten kann. Hier erhält man einen wirklich gut durchdachten, sehr schwarzen Krimi mit Fantasyanteilen, die einfach gut passen. Mir persönlich war es auf Dauer zu dark, zu hoffnungslos und deprimierend, um wirklich ein Top-Highlight zu sein, aber man erhält eine spannende Geschichte mit einer außergewöhnlichen Sprache, die sich weigert Klischees zu bedienen außer das der alten Crime Noir.

Veröffentlicht am 19.10.2020

Jack und der Zauberer Oz

Ministry of Souls – Das Schattentor
3

London 1850: Jack gehört zum Ministry of Souls, er ist einer der sogenannten Soulmen. Sie sind dafür verantwortlich, dass die Seelen Verstorbener richtig auf der anderen Seite ankommen und nicht im Diesseits ...

London 1850: Jack gehört zum Ministry of Souls, er ist einer der sogenannten Soulmen. Sie sind dafür verantwortlich, dass die Seelen Verstorbener richtig auf der anderen Seite ankommen und nicht im Diesseits Unsinn treiben (oder Schlimmeres). Als ausgerechnet im Buckingham Palace orientalische Staatsgäste unter ungeklärten Umständen ums Leben kommen, wird Jack geschickt, um sich darum zu kümmern. Dabei stellt er fest, dass die Prinzessin lebt - gerade so jedenfalls. Und er wird von einem unheimlichen Schatten angegriffen. Um die Prinzessin zu beschützen, bringt er sie in die Zwischenwelt und tritt damit eine Flut an Ereignissen los, denen er allein nicht gewachsen ist.

Die Idee ist super und man fühlt sich auch schnell in Jacks Welt versetzt. Das viktorianische London entsteht gut vor Augen und wofür der Autor ein wirkliches Händchen hat, sind die Nebencharaktere. Während ausgerechnet Jack ziemlich blass und vor allem hilflos daherkommt, brillieren Nebendarsteller wie der Geist Agatha, Oz, ein Archivar/Kater/Zauberer oder auch die Prinzessin selbst, die alles andere als eine Damsel in Distress ist und auf den Ritter wartet, der sie rettet. Und so sehr ich es zu schätzen weiß, wenn der Protagonist mal kein Superheld ist, der alles kann, so hätte ich mir für Jack trotzdem ein paar mehr Fähigkeiten gewünscht, die ihn nicht so abhängig von allen anderen machen. Um richtig großes Kino zu werden, müsste er im zweiten Band noch ein bisschen mehr in seine Rolle reinwachsen. Unterhaltsam war die Geschichte jedoch auf alle Fälle und so bin ich gespannt, wie sich der finale Band der Reihe entwickelt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Handlung
  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Fantasie
Veröffentlicht am 29.09.2020

Purgatorium

Westwind
1

Kurz vor der Fastenzeit im Jahre 1491: In Oakham, einer kleinen Gemeinde irgendwo in England, in der manche Ziegen reicher sind als die Bewohner, stirbt unvermittelt der wohlhabendste Bewohner. Tom Newman ...

Kurz vor der Fastenzeit im Jahre 1491: In Oakham, einer kleinen Gemeinde irgendwo in England, in der manche Ziegen reicher sind als die Bewohner, stirbt unvermittelt der wohlhabendste Bewohner. Tom Newman wurde leblos im reißenden Fluss treibend gesichtet, und da er sich in der Blüte seiner Jahre befand, stellt sich die Frage, wie er zu Tode kam. Ein Unfall? Nicht ausgeschlossen, das Wetter ist schlecht Mitte Februar, man hätte leicht ausrutschen können. Oder Selbstmord? Vielleicht gar Mord? Der nächsthöhere Kirchendiener, der Dekan, verlangt Aufklärung. Und so sieht sich John Reve, der ansässige Priester, gezwungen, aufmerksamer den Beichten seiner Schäfchen zu lauschen, um das Puzzle zusammenzusetzen.

Bei diesem Buch handelt es sich weder um einen klassischen Thriller noch einen Krimi. Stattdessen könnte man es eher als eine Milieustudie des ausgehenden 15. Jahrhunderts betrachten, und so findet sich der Leser zusammen mit dem Priester in einem deprimierend armen Dörfchen wieder, in dem die Bewohner kaum mehr besitzen als das, was sie am Leib tragen. Dazu kommt die Februarkälte, der Wind, der anstehende Hunger der Fastenzeit. Es ist ein entschleunigendes, fast schon gemächliches Buch, das sich Zeit dafür nimmt, die einzelnen Charaktere zu beleuchten, und es wird auf eine außergewöhnliche Art erzählt, nämlich rückwärts. Wir lernen John Reve am Tag 4 nach dem Tode Newmans kennen und begleiten ihn dann rückwärts bis zu dem Tag, an dem Newman umkam, wobei nur so nach und nach die Details des Geschehens aufgeklärt werden. Für reine Krimileser mag das vielleicht zu lange dauern, zu wenige echte Krimielemente enthalten, aber wer sich für das Entwickeln und langsame Aufklären einer Handlung sowie historische Hintergründe interessiert, ist mit diesem Buch gut bedient.

Veröffentlicht am 16.09.2020

Sprung in die Vergangenheit

Vortex – Das Mädchen, das die Zeit durchbrach
0

Achtung, hier handelt es sich um eine Rezension zu einem zweiten Band und es gibt mögliche Spoiler zum ersten. Wer den nicht kennt, schleicht sich bitte oder heult leise.

Elaine und Bale haben zwar Hawthorne ...

Achtung, hier handelt es sich um eine Rezension zu einem zweiten Band und es gibt mögliche Spoiler zum ersten. Wer den nicht kennt, schleicht sich bitte oder heult leise.

Elaine und Bale haben zwar Hawthorne einen Strich durch die Rechnung gemacht, aber aufgegeben hat der Leiter des Kuratoriums noch lange nicht - und genial wie er ist, hat er bereits neue Pläne geschmiedet. Die Rebellen vom Sanctum kommen dahinter, als sich ein Überläufer bei ihnen meldet, der ihnen auch neue Munition überlässt. Schnell stehen zwei Sachen fest: Erstens: Menschen und Vermengte stehen ganz knapp vor einem Krieg. Und zweitens: Hawthorne hat einen neuen Plan, seine Läufer zum Urvortex zu schicken und Elaine, Bale und ihre Freunde müssen alles daran setzen, diesen Plan zu durchkreuzen. Dabei durchbrechen sie nicht nur den Raum, sondern auch die Zeit und mit jedem Sprung in die Vergangenheit werden Fragen beantwortet, doch mehr noch aufgeworfen ...

Es handelt sich hier um einen guten und spannenden zweiten Teil, obwohl er in der Mitte einmal ein bisschen zäher wurde. Doch durch das, was passierte, bekam man endlich ein paar mehr Einblicke in das, was ursprünglich geschehen war und wie alles zusammenhängt. Was mir hier gut gefällt, ist, dass nicht von Anfang an klar ist, wer Freund oder Feind ist oder was die Agenda hinter jedem einzelnen ist, der hier die Fäden zieht. Einziger richtiger Wermutstropfen für mich ist die Unlogik am Schluss, die mit der Identität eines der wichtigsten Charaktere zusammenhängt, aber ansonsten bin ich sehr gespannt, wie das Ganze bei Band 3 alles aufgelöst wird. Ich hoffe, die Trilogie endet so stark und fesselnd, wie sie sich bisher gezeigt hat.