Geschichten aus dem Mittelalter
Der HalbbartDer Roman „Der Halbbart“ versetzt den Leser nach Schwyz im Jahre 1313. In einem kleinen Dorf wohnt Eusebius, mit seiner Mutter und zwei älteren Brüdern Geni und Poli. Eusebius, den alle Sebi nennen, ist ...
Der Roman „Der Halbbart“ versetzt den Leser nach Schwyz im Jahre 1313. In einem kleinen Dorf wohnt Eusebius, mit seiner Mutter und zwei älteren Brüdern Geni und Poli. Eusebius, den alle Sebi nennen, ist ein aufgeweckter Junge und sehr guter Beobachter.
Als eines Tages ein Fremder im Dorf erscheint, der man aufgrund seines Aussehens Halbbart nennt, sucht Sebi seine Gesellschaft und versucht so viel wie möglich von ihm zu lernen. Der Halbbart scheint ein Mann mit vielen praktischen Fähigkeiten zu sein und er hilft gerne den Menschen im Dorf. Nur über seine tragische Vergangenheit möchte er lieber nicht sprechen.
Dieses Buch hat mich sofort in seinen Bann gezogen. Im Mittelpunkt steht natürlich Sebi, der die ganze Geschichte erzählt. Er ist ein aufgeweckter Junge, der gut beobachten und noch besser erzählen kann. Er wächst in einer Welt, in der der Glaube und Aberglaube den Alltag beeinflussen und die prägen nachhaltig auch seine Gedanken und Geschichten.
Mit den Augen des 13-jährigen Buben konnte ich in diese mittelalterliche Welt eintauchen und das mühsame Leben der Dorfbewohner betrachten. Mit der Naivität eines Kindes erzählt Sebi über den Alltag der ungebildeten Menschen, über das scheinbar bessere Leben der Reicheren im Dorf und den enormen Einfluss der Kirche. Seine Erzählungen sind so offen, aufrichtig und unkritisch, dass man über seine kindliche Naivität oft schmunzeln muss.
Der geheimnisvolle Halbbart spielt eine große Rolle im Sebis Leben. Es ist offensichtlich, dass der Halbbart ein gebildeter Mensch ist und viel, nicht nur Gutes, in seinem Leben mitmachen müsste. Sein Wissen teilt er gern mit Sebi, der ihn von Anfang an als einen Freund und nicht als einen Fremden behandelt.
Natürlich kommen auch die geschichtlichen Ereignisse in diesem Roman vor. Sebi und seine Brüder wurden in diese Geschehnisse verwickelt. Dazu gibt der Autor zwar keine Quellennachweise, dafür aber erzählt viele interessante Geschichten. Wieviel sie der Wahrheit entsprechen, müsste man es selbst herausfinden. Denn in dem Interview für Literatur-Lounge sagt der Autor selbst:
Ein Roman soll keine Unterrichtsstunde sein. Es geht nicht um Geschichte, sondern um Geschichten.
FAZIT:
„Der Halbbart“ von Charles Lewinsky ist ein wunderbarer Roman voller Geschichten, Märchen und Weisheiten, die das Herz jedes Lesers berühren. Obwohl es eine Geschichte über das Mittelalter ist, ist sie in vielen Punkten aktueller denn je. Wunderschön erzählt, berührend, aufschlussreich – einfach lesenswert!