Rabenschatten zum Zweiten
Besonders gefreut habe ich mich über den Gewinn dieses Romans. Mit dem ersten Teil hatte es damals nicht geklappt, und leider war ich noch nicht dazu gekommen, ihn mir selbst zuzulegen. Aufgrund des Gewinns ...
Besonders gefreut habe ich mich über den Gewinn dieses Romans. Mit dem ersten Teil hatte es damals nicht geklappt, und leider war ich noch nicht dazu gekommen, ihn mir selbst zuzulegen. Aufgrund des Gewinns habe ich ihn mir aber sofort besorgt und hatte nun das Vergnügen, den ersten und den zweiten Teil hintereinander weg zu lesen. Das ist aufgrund der komplexen Handlung wirklich ein Vorteil. Meiner Meinung nach sollte man den ersten Teil jedenfalls auf jeden Fall gelesen haben, denn die Bücher sind nicht in sich abgeschlossen, sondern schließen unmittelbar aneinander an und bauen aufeinander auf. Sonst entgeht dem Leser einfach zu vieles, und das wäre schade.
Im zweiten Band bricht der Autor mit seiner bisherigen Erzählstruktur. Beim "Lied des Blutes" stand ausnahmslos Vaelin al Sorna im Vordergrund, seine Entwicklung vom adligen Kind zum kämpfenden Ordensbruder, in epischer Breite, nur eingebettet in eine kurze Rahmenhandlung um den Chronisten Verniers, dem Vaelin seine Geschichte erzählt.
Nun gibt es vier Handlungsstränge (wenn man die erneute Rahmenhandlung um Verniers nicht mitzählt): Vaelin selbst, sein Ordensbruder Frentis, Prinzessin Lyrna und ein neuer Charakter, Reva, die Tochter des ehemaligen cumbraelischen Herrschers. Diese geänderte Erzählweise hatte aus meiner Sicht Vorteile und Nachteile, wobei die Vorteile für mich stark überwiegen. Einerseits wirkte das Vorgehen für mich wie ein Bruch zum ersten Band und uneinheitlich. Außerdem erinnert das Ganze dadurch plötzlich an "Das Lied von Eis und Feuer" (Game of thrones), und so wunderbar Rabenschatten auch ist, "Das Lied von Eis und Feuer" ist für mich allseits unerreicht. Die Ähnlichkeit wurde größer, als dann auch noch die Eishorde auftauchte...
Andererseits ist die Vervielfältigung der Hauptpersonen ein Gewinn. Nun treten auch Frauen in den Vordergrund, und Vaelin empfand ich im ersten Teil oft einfach als zu gut um wahr zu sein, einfach zu aufopferungsvoll. Überrascht hat mich, wie gern ich nun über Frentis gelesen habe. Im ersten Teil war er noch ein Kind und hat mich oft eher genervt. Nun waren für mich seine Erlebnisse die interessantesten. Er gerät in die Gewalt einer mysteriösen, bis zum Schluss namenlosen Frau, die ihn einfach zu allem zwingen kann, sogar den König der Königslande zu ermorden! Mit dieser Zauberin ist dem Autor eine wirklich facettenreiche böse Person gelungen. Auch Lyrnas Handlungsstrang war für mich sehr spannend. Überhaupt enden viele Kapitel mit einem Cliffhanger, und die Geschichte springt zunächst zu einem weiteren Protagonisten. Überraschenderweise geriet der beinahe übermächtige Vaelin dabei zunehmend in den Hintergrund, seine Abenteuer waren einfach blasser trotz oder gerade wegen seiner Ernennung zum titelgebenden Herrn des Nordturmes. Reva hat mich auch nicht so gefesselt. Die plötzliche Einführung dieses Charakters als gleichwertige Hauptperson und ihre Suche nach dem Schwert ihres Vaters habe ich als ziemlich gezwungen erlebt. Aber ich denke, hier werden die Geschmäcker der Leser sehr verschieden sein. Sicher ist für jeden Fantasyfan etwas dabei. Der Anteil der dunklen Gaben im Buch nimmt auch deutlich zu, es wird magischer. Und man fragt sich schon jetzt: Womit wird uns der Autor im dritten Teil überraschen? Ich kann es kaum erwarten.