Ein verschwundenes Kind und die lebenslange Suche nach der Wahrheit
Ricarda Raspe und ihr Verlobter freuen sich auf ihr erstes Kind. Doch dann geht bei der Geburt in der Dresdner Klinik etwas schief − und es heißt, Ricardas Baby sei tot. Laut Vorschrift darf sie es nicht einmal mehr sehen. DDR-Alltag im Jahr 1973. Aber Ricarda glaubt nicht an den Tod ihres Kindes. Sie glaubt vielmehr an eine staatlich angeordnete Kindesentführung. Auch der Polizist Thomas Rust, der zufällig Zeuge des dramatischen Vorfalls wurde, hegt diesen Verdacht und stellt Recherchen an, die ihn in höchste Gefahr bringen. Erst 17 Jahre später laufen die Fäden zusammen, als die junge Claudia Behling jene Frau sucht, die sie nach ihrer Geburt weggegeben haben soll – ihre Mutter.
„Ricarda Raspe und ihr Verlobter freuen sich auf ihr erstes Kind. Doch dann geht bei der Geburt in der Dresdner Klinik etwas schief − und es heißt, Ricardas Baby sei tot. Laut Vorschrift ...
Klappentext:
„Ricarda Raspe und ihr Verlobter freuen sich auf ihr erstes Kind. Doch dann geht bei der Geburt in der Dresdner Klinik etwas schief − und es heißt, Ricardas Baby sei tot. Laut Vorschrift darf sie es nicht einmal mehr sehen. DDR-Alltag im Jahr 1973. Aber Ricarda glaubt nicht an den Tod ihres Kindes. Sie glaubt vielmehr an eine staatlich angeordnete Kindesentführung. Auch der Polizist Thomas Rust, der zufällig Zeuge des dramatischen Vorfalls wurde, hegt diesen Verdacht und stellt Recherchen an, die ihn in höchste Gefahr bringen. Erst 17 Jahre später laufen die Fäden zusammen, als die junge Claudia Behling jene Frau sucht, die sie nach ihrer Geburt weggegeben haben soll – ihre Mutter.“
Frank Goldammer hat hiermit ein neues Terrain in seiner Autoren-Laufbahn eingeschlagen und dabei ein trübes und dunkles Kapitel der DDR-Geschichte direkt am Schopfe gepackt welches immer wieder gern ruhig und still geredet wird. Da ich selbst ein Kind aus der DDR-Zeit bin, kenne ich solche Geschichten auch aus der Realität nur zu gut.
Goldammer geht recht selbstbewusst und etwas kühl für meine Begriffe in diesem Roman vor aber es passt zur Situation und kann auch nicht anders gehandhabt werden. So eine Geschichte, die hier von Ricarda und ihrem Kind erzählt wird, geht unheimlich an die Lesersubstanz und hallt gewaltig nach.
Die Geschichte mutete in vielen Teilen recht unglaublich an, ist aber unheimlich fundiert von Goldammer recherchiert.
Dieses Buch hat mich gefesselt und stark beeindruckt! 5 von 5 Sterne
Als ich die Buchbeschreibung zu "Zwei fremde Leben" gelesen habe, war mir klar, dieses Buch muss ich lesen. Einerseits bin ich selbst in der DDR aufgewachsen, war aber zur Wiedervereinigung ...
Meine Meinung und Fazit:
Als ich die Buchbeschreibung zu "Zwei fremde Leben" gelesen habe, war mir klar, dieses Buch muss ich lesen. Einerseits bin ich selbst in der DDR aufgewachsen, war aber zur Wiedervereinigung 10 Jahre alt, habe also nicht wirklich viel mitbekommen. Und anderseits hat mich das Thema (Zwangs-) Adoption schon seit einiger Zeit beschäftigt.
Beim Lesen ist einiges aus meinen kindlichen Erinnerungen aufgetaucht bzw. aus Erzählungen von Familie und Bekannten. Für mich ein sehr erschütternder Bericht und ich weiß, dass darin viel Wahrheit steckt, nur die Namen werden andere sein. Wie konnte ein Staat auf soviel Angst bauen und darin noch Gutes sehen? Ich kann es nicht verstehen, ein Regime der Angst.
Das Buch spielt in drei verschiedenen Zeitebenen. 1973, die Wendezeit und Gegenwart 2018. Atmosphärisch gut geschrieben, durch die Wechsel sehr sehr spannend. Ich musste unbedingt wissen, wie es ausgeht und innerlich hat sich in mir eine enorme Wut aufgebaut. Vor der unfassbaren Ungerechtigkeit.
Beide Protagonisten Kommissar Thomas Rust und Ricarda Raspe sind identisch dargestellt, so greifbar. Rust ist nikotinsüchtig, er möchte den Kindstod aufklären, man spürt seinen Ermittlerinstikt. Beim Lesen war ich ihm sehr nah. Folgende Buchzitate haben mich beeindruckt:
Zitat Seite 37 "Er konnte jetzt entscheiden, sich entweder nicht in Dinge einzumischen, die vielleicht zu groß für ihn waren, vin denen er nichts verstand, oder seiner Neugier und einem dumpfen Gefühl zu folgen, das ihm sagte, dass hier ein Unrecht geschehen war."
Seite 254 "Was war das für ein Leben? Wenn man hinter jedem Fremden und jedem Bekannten einem Spitzel vermutete? Wenn man sich niemandem mehr anvertrauen konnte? Wenn sie jederzeit in deine Wohnung kommen konnten, deine Briefe lasen, deine Gespräche belauschten? Heute war er noch einer der ihren in der Stasizentrale empfangen worden. Doch man hatte ihm deutlich gemacht, was ihn erwartete, wenn er die Seiten wechseln würde. Eine deutliche Aussage/Sicht zur damaligen traurigen Zeit, einer Zeit der Angst.
Und Ricarda ist eine starke Persönlichkeit, so stark und tapfer. Was ihr für Steine in den Weg gelegt werden, unfassbar. Sie hat nie aufgegeben und war stellenweise allein, niemand wollte mit der "Verrückten" etwas zu tun haben. Auch ein Weg der damaligen Verantwortlichen. Einfach unfassbar.
"Zwei fremde Leben" spiegelt sehr gute die erst junge Vergangenheit wieder. Ein e klare und eindeutige Leseempfehlung.
Mein Dank geht an das Team von kriminetz.de, den dtv Verlag für das bereitgestellte Rezi-Exemplar. Und natürlich an Frank Goldammer für dieses gelungene Stück Zeitgeschichte.
Frank Goldammer, Autor aus Dresden, greift mit diesem Roman ein Thema auf, das nach wie vor durch die Gazetten geistert: staatlich sanktionierter Kindesraub durch die Behörden der DDR. Diese, den leiblichen ...
Frank Goldammer, Autor aus Dresden, greift mit diesem Roman ein Thema auf, das nach wie vor durch die Gazetten geistert: staatlich sanktionierter Kindesraub durch die Behörden der DDR. Diese, den leiblichen Eltern entzogenen Kinder, werden in Heimen oder regimetreuen Familien zu „ordentlichen“ Bürgern erzogen. Solche und ähnliche Geschichten sind aus Nazi-Deutschland belegt.
Doch zurück zum vorliegenden Buch, das die Leser durch mehrere Handlungsstränge und Zeitebenen führt:
Ricarda Raspe unverheiratete Tochter eines angesehen Gynäkologen, bringt 1973 in der Dresdner Universitätsklinik ihr Kind zur Welt. Der Vater ist zwar bei der Entbindung dabei, kann aber das Neugeborene nicht retten. Den damaligen Gepflogenheiten entsprechend wird das tote Baby sofort entfernt. Die ohnehin geschwächten Mütter dürfen sich von ihren toten Kindern nicht verabschieden. Das sorgt natürlich für Verunsicherung, ob hier alles mit rechten Dingen zugegangen sein mag.
Thomas Rust junger Volkspolizist, dessen Frau Heike wegen vorzeitiger Wehen, in derselben Klinik liegt, beobachtet just an diesem Tag ein Auto mit Berliner Kennzeichen. Nach einem Gespräch mit Ricardas Freund, hat es seine eigenen Gedanken. Er kennt die Gerüchte, die unter der Hand, von politisch motivierten Kindesentzug, von Zwangsadoptionen und von Babyhandel, wispern. Rust lassen seine Beobachtungen keine Ruhe und beginnt heimlich zu ermitteln. Dabei stößt er auf eine Menge Ungereimtheiten und gerät selbst in den Fokus des Ministeriums für Staatssicherheit.
Jahre ziehen ins Land, Ricarda hat den Verlust ihres erstgeborenen Kindes nach wie vor nicht verarbeitet. Die Suche nach der Wahrheit ist zu einer Obsession geworden, die nicht nur ihre Ehe und Freundschaften zerstört hat. Der Fall der Berliner Mauer und die anschließende Wende lassen Ricarda neuen Mut fassen und ihre Akte der Stasi einsehen.
Gleichzeitig wird in einem anderen Handlungsstrang das Schicksal von Claudia Behling erzählt, die knapp vor dem Mauerfall 1989 beim illegalen Grenzübertritt zwischen Österreich und Ungarn erwischt wird. Aus Wut über möglich Repressalien schleudert ihr die Mutter „Du bist nicht unser Kind, du bist adoptiert!“ entgegen.
Claudia macht sich auf die Suche nach ihrer leiblichen Mutter, die erst 2018 mit einer Überraschung enden wird.
Meine Meinung:
Frank Goldammer gelingt es hervorragend die beklemmende Stimmung in der DDR heraufzubeschwören. Niemand kann sich sicher sein, von einem Nachbarn, einem Freund oder Arbeitskollegen nicht dich bespitzelt zu werden. Die IMs, also die Informanten der Stasi sind allgegenwärtig. Die Gründe, warum hinter einem hergeschnüffelt wird, sind vielfältig. Sei es um eine Vergünstigung wie eine neue Wohnung oder ein Auto oder ein paar Lebensmittel mehr zu bekommen oder, weil man selbst durch irgendetwas erpressbar ist.
Doch auch nach 1989 ist nicht alles Liebe-Wonne-Waschtrog. Investoren aus dem Westen kaufen die maroden Staatsbetriebe auf, die ehemaligen DDR-Bürger werden zu Hilfsarbeitern und Menschen zweiter Klasse degradiert. Natürlich schaffen es einige Wendehälse wieder zu Vermögen und Ansehen zu kommen.
Frank Goldammer beschreibt diese Zeit so:
„Die DDR war verschwunden und mit ihr auch alles Vertraute und Bekannte. Sie waren jetzt frei. Doch das Wort Freiheit hatte schnell einen faden Beigeschmack bekommen. Unter all den neuen Düften lag ein fauliger Geruch.“
Als Österreicherin kann ich natürlich nicht aus eignem Erleben berichten, aber diese Sätze klingen plausibel.
Sehr gut kommt der Spießrutenlauf, dem Ricarda ausgesetzt ist, heraus. Niemand hat Geduld mit ihr. Im Gegenteil, sie muss auf der Hut sein, nicht als psychische Kranke in eine Klinik gesteckt zu werden. Sie gilt als Querulantin, verliert Arbeit und Freunde. Sie hat aber keine handfesten Beweise und wird von einem windigen Reporter ausgenützt.
Die Lebensgeschichte von Claudia ist leider nicht ganz so ausführlich erzählt. Sie steht einfach 2018 vor Ricardas Tür. Gemeinsam gelingt es den beiden, auch unter Mithilfe des damaligen Vopos Rust, ihre Vergangenheit aufzurollen.
Der Roman ist ein beredtes Zeugnis einer Ära, der man im Nachhinein alles mögliche Schlechte andichtet. Ob es diesen staatlichen Kindesentzug und damit einhergehende Zwangsadoptionen in der DDR wirklich gegeben hat, ist nach wie vor nicht beweisen oder widerlegt. Während der Nazi-Zeit gab es tausende solcher Fälle. (siehe u.a. „Raubkind“ oder „L364“ von Dorothee Schmitz-Köster).
Allein die Möglichkeit, dass der allumfassende DDR-Staat hier so in Familien eingegriffen haben könnte, macht betroffen.
Fazit:
Ein sehr emotionales Thema, fesselnd erzählt. Gerne gebe ich hierfür 5 Sterne.
Wenn ich das Buch mit einem Wort beschreiben müsste, dann fällt mir nur ein Wort ein: „brillant“. Ich habe es geradezu verschlungen und konnte nicht aufhören zu lesen, ich war sowas von vertieft in dieses ...
Wenn ich das Buch mit einem Wort beschreiben müsste, dann fällt mir nur ein Wort ein: „brillant“. Ich habe es geradezu verschlungen und konnte nicht aufhören zu lesen, ich war sowas von vertieft in dieses Buch, dass ich rings um mich herum alles vergessen habe. Bislang kannte ich den Autor nicht, sein Schreibstil ist beindruckend, leicht und flüssig und er versteht es einfach einen mitzureißen. Die Spannung ist manchmal nicht auszuhalten. Frank Goldmann hat sich sehr mit dem Thema Zwangsadoption und Kindesentzug in der DDR auseinandergesetzt und die Zustände in der damaligen Zeit sehr gut recherchiert.
Die Geschichte spielt in zwei Zeitebenen, so lernt man die Hintergründe und Personen noch näher kennen.
Ricarda freut sich mit ihrem Mann auf die Geburt ihres ersten Kindes. In der Dresdner Frauenklinik soll sie entbinden. Doch das Kind kommt angeblich tot auf die Welt. Sie glaubt zweifelt daran. Verzweifelt versucht sie die Wahrheit herauszufinden. Der Autor schafft es hier so viel Emotionen aufzubauen. Man spürt fast selbst die Manipulationen, Machenschaften und Spitzeleien. Beim Lesen hat man manchmal selbst das Gefühl, sich umdrehen zu müssen, ob man nicht beobachtet wird.
Der Polizist Rust, dessen Frau auch in der Klinik liegt, bekommt aus Zufall mit, dass Ricardas Kind tot auf die Welt gekommen ist. Auf eigene Faust beginnt er den Fall zu untersuchen und begibt sich dabei selbst in Gefahr.
Dann gibt es da noch parallel Claudia, die erfährt, dass sie adoptiert ist und sich auf die Suche nach ihren leiblichen Eltern macht. Allerdings hätte ich mir gewünscht, der Autor hätte Claudia mehr Raum in der Geschichte gegeben.
Die Verzweiflung und die Hilflosigkeit der einzelnen Personen sind deutlich zu spüren. Man fiebert und leidet mit ihnen mit.
Mit Spannung wartet man auf das Ende der Geschichte, denn man glaubt das Ende zu kennen. Aber hier überrascht der Autor den Leser.
Eine Geschichte, die beindruckt, aber auch bedrückend ist. Dieses Buch muss ich erst mal sacken lassen.
Eine ganz große Leseempfehlung. Ich hoffe, dass noch viele Leser dieses Buch lesen werden.
1973 will Ricarda in der Dresdner Frauenklinik ihr Kind entbinden. Da es bei der Geburt Probleme gibt, spritzt ihr der Arzt etwas und sie dämmert weg. Als sie wieder aufwacht wird ihr gesagt, dass das ...
1973 will Ricarda in der Dresdner Frauenklinik ihr Kind entbinden. Da es bei der Geburt Probleme gibt, spritzt ihr der Arzt etwas und sie dämmert weg. Als sie wieder aufwacht wird ihr gesagt, dass das Kind eine Totgeburt war. Das Brisante dabei ist, dass der Arzt ihr Vater und schon die ganze Zeit gegen das Kind gewesen ist. Ricarda bekommt den Leichnam ihres Babys nicht zu sehen und kann darum nicht an dessen Tod glauben. Sie ist überzeugt, dass ihr Vater ihr das Baby weggenommen hat und will das beweisen.
Zufällig erfährt der junge Kriminalpolizist Thomas Rust davon, dessen Frau wegen Schwangerschaftsproblemen auf der gleichen Station liegt. Ihm ist in der bewussten Nacht ein Auto mit Berliner Kennzeichen aufgefallen, das am Hinterausgang der Klinik wartete. Rust ist sehr ambitioniert und hat das Gefühl, dass da irgendetwas nicht stimmt. In Absprache mit seinem Vorgesetzten und dem seines Stasi-Führungsoffiziers beginnt er nachzuforschen und bringt damit sich, seine Frau und sein ungeborenes Kind in Lebensgefahr.
1989 versucht die 16jährige Claudia Behling mit einer Gruppe Gleichaltriger aus einer Laune und erster Verliebtheit heraus über die tschechische Grenze und Ungarn nach Österreich zu kommen. Sie wird erwischt und zu ihren Eltern zurückgebracht, danach erfährt sie, dass sie adoptiert wurde. „Es kam ihr vor, als wäre ihr bisheriges Leben nur eine Projektion, als wäre sie nur eine Statistin in einem Film. … Und sie war gefangen in dieser Familie, in diesem Haus, in dieser Welt.“ (S. 66) Als im Herbst die Grenze öffnet, packt sie ihre Sachen und verschwindet.
Frank Goldammer zeigt das schwierige Leben der Menschen in der DDR, das oft einem Balanceakt oder Versteckspiel gleicht, und wie es ihnen nach dem Mauerfall und der Wiedervereinigung ergeht. Sie werden abgewickelt, genau wie ihre ehemaligen Betriebe, und fühlen sich oft als Menschen 2. Klasse.
Man spürt den Schmerz, die Aussichtlosigkeit und Hoffnungslosigkeit seiner Figuren sehr direkt. Ich habe mit Ricarda, Claudia und Rust mit gefiebert und gelitten.
Vor allem die beiden Frauen taten mir unglaublich leid.
Obwohl Ricardas Eltern und ihr Mann ihr immer wieder versichern, dass es kein Kind gibt, verbringt sie die nächsten 20 Jahre mit der Suche nach ihm, zerstört damit ihre Ehe und verliert fast alle Freunde. „So eine Suche kann ganz schön einsam machen.“ (S. 317) Sie findet auch immer wieder Indizien, aber nie Beweise, nie das Kind, also glaubt ihr auch niemand. Im Gegenteil, man hält sie für verrückt und macht ihr das Leben schwer. Sie ist zu unbequem für den Staat und ihren Vorzeigevater, den berühmten Frauenarzt mit Veröffentlichungen und Reisen in den Westen.
Claudia geht es ähnlich. Sie hält den Leistungsdruck und die Enge zu Hause nicht mehr aus. Ihr Vater ist ein hoher Partei- und Stasifunktionär, die Anforderungen an sie sind extrem hoch. Vor allem ihre Mutter macht es ihr nie leicht. Um sie endgültig zu strafen, vernichteten ihre Eltern alle Adoptionsunterlagen, nachdem sie es ihr gesagt haben. Auch Claudia sucht jahrzehntelang erfolglos nach ihrer leiblichen Mutter und muss immer wieder Rückschläge einstecken. „Immer, wenn ich denke, ich bin einen Schritt weiter, laufe ich wieder nur ins Leere.“ (S. 329)
Thomas Rust ist eine sehr ambivalente Persönlichkeit, extrem wandelbar. Man ist sich nie sicher, auf welcher Seite er eigentlich steht und was er bezweckt. Zu Beginn ist er 100%ig von der DDR überzeugt, aber je tiefer er sich in den Nachforschungen verstrickt, desto mehr zweifelt er am System und an allem woran er bisher geglaubt hat. Trotzdem lässt er sich nie richtig in die Karten gucken – eine wirklich spannende Persönlichkeit.
Seit dem „Angstmann“ bin ich ein großer Fan von Frank Goldammer und auch bei „Zwei Fremde Leben“ hatte er mich von der ersten Seite an gepackt. Er beschäftigt sich mit dem Thema Kindesentzug und Zwangsadoption in der DDR, gesteuert von der Stasi und der Regierung. Geschickt wechselt er zwischen den Zeitsträngen und Personen, heizt die Neugier des Lesers immer mehr an, fesselt ihn ans Buch. Ich hatte lange keine so große Sogwirkung mehr bei einem Roman und habe ihn an nur einem Tag am Stück gelesen – er war spannender als mancher Krimi!
Auch das Setting des Buches übt einen ganz besonderen Reiz auf mich aus, da ich als gebürtige Dresdnerin die beschriebenen Orte ganz genau kenne.
5 Sterne und meine Leseempfehlung für dieses Highlight!