Ein neuer, fortschrittlicher Blick auf unsere Kinder
Kindererziehung ist ein vielbesprochenes Thema und den einen oder anderen Ratgeber habe ich diesbezüglich schon gelesen, aber von keinem habe ich mich bisher so verstanden gefühlt, wie von dieser Lektüre.
Die ...
Kindererziehung ist ein vielbesprochenes Thema und den einen oder anderen Ratgeber habe ich diesbezüglich schon gelesen, aber von keinem habe ich mich bisher so verstanden gefühlt, wie von dieser Lektüre.
Die Autorin Nora Imlau ist eine erfahrene Mama von vier recht unterschiedlichen, zum Teil noch sehr kleinen, Kindern. In ihrem Buch nimmt sie kein Blatt vor den Mund und schreibt ganz offen und ehrlich darüber, was es heutzutage wirklich bedeutet, Mutter zu sein: Was von Müttern alles erwartet wird - ausgesprochen und unausgesprochen - und welchem Druck sie ausgesetzt sind. Hohe eigene Ansprüche kommen da noch hinzu. Man will es allen recht machen, man muss so viel leisten und dabei möglichst perfekt sein. Der gesellschaftliche Druck ist riesig, der Wunsch, eine 'gute' Mutter zu sein, ist noch viel größer.
»Sobald Erwachsene anfangen, Kinder erziehen zu wollen, sind Frust und Ärger darüber, dass die Kinder sich dieser Erziehung nicht einfach willenlos fügen, vorprogrammiert.«
(S. 44)
Die Autorin schreibt von Prägungen, die einem im Weg stehen, um immer geduldig und liebevoll mit seinen Kindern umgehen zu können. Und sie schreibt von Gewalt in der Kindererziehung. Nicht unbedingt von körperlicher Gewalt, vielmehr von gewaltvoller Kommunikation: dazu gehört schimpfen und schreien, aber auch die ganz subtile Gewalt in Form von Drohungen, emotionaler Erpressung, Manipulation, Lügen oder mit irgendwelchen beängstigenden Aussagen damit das Kind das tut, was man von ihm möchte. Oft fällt einem das noch nicht mal auf. Beispiele? Wenn du dir jetzt nicht die Zähne putzen lässt, gehe ich allein Frühstücken. Entweder du kommst sofort mit, oder heute Abend gibt's kein Buchanschauen. Oma ist ganz traurig, wenn du dir nicht die Jacke anziehst. Nachspeisen gibt's nur für brave Kinder.
Diese oder ähnliche Aussagen haben wir wahrscheinlich alle mehr oder weniger in unserer Kindheit gehört - und verinnerlicht.
»Mein Familienkompass« hilft einem dabei, sich solcher unbewusster, würdeloser Äußerungen bewusst zu werden. Die eigene Aufmerksamkeit wird geschärft. Und daraus kann man natürlich einen großen Nutzen ziehen, denn Kindern mehr Wertschätzung und Respekt entgegenzubringen, damit diese glückliche und selbstsichere Erwachsene werden können, ist (m)ein großes Ziel.
Nora Imlau gibt in ihrem Buch - und das gefällt mir sehr gut - keine großen Ratschläge. Sie erzählt lediglich ab und zu wie sie es bei ihren Kindern gemacht hat, aber ansonsten tut sie vor allem eines: all das bewusst machen, was normalerweise unbewusst abläuft. Anderen Eltern ein vorgefertigtes Konzept anzubieten, wie sie mit ihren Kindern am besten umgehen sollten, ist auch wenig sinnvoll, denn jede Mama, jeder Papa und jedes Kind ist anders und braucht etwas anderes. Ausgesprochen passend finde ich dazu folgendes Zitat auf Seite 66 des Buches: »Wer bin ich, und wer bist du? Und was brauchen wir, dass es uns miteinander gut gehen kann?«.
»Kinder, denen es gut geht, verhalten sich gut. Und Eltern, denen es gut geht, verhalten sich auch gut.«
(S. 335)
Aus meiner Sicht – einer Mama einer Zweijährigen und eines sechs Monate alten Babys – ist dieses Buch Gold wert. Mir hat es sehr geholfen, meine Einstellung und mein Verhalten meinen Kindern gegenüber zu reflektieren und zu verändern. Ich sorge gut für mich und wenn ich ausgeglichen bin, meistere ich den Mama-Alltag viel spielerischer und kann die Zeit mit meinen beiden Kleinen wirklich genießen. Dieses Buch hat mich ein großes Stück weitergebracht auf der gemeinsamen Reise mit meinen Kindern Richtung eines würde- und respektvollen Miteinanders. Und deswegen möchte ich es gerne jedem Elternteil weiterempfehlen, dem es ein Anliegen ist, WIE ihr Kind groß wird.