Smartes Home?
Die App – Sie kennen dich. Sie wissen, wo du wohnst.Hendrik ist Arzt und wohnt in einem sehr guten Hamburger Stadtteil. In wenigen Tagen möchte er seine große Liebe Linda heiraten. Alles ist perfekt – bis Linda spurlos verschwindet als Henrik nachts zu ...
Hendrik ist Arzt und wohnt in einem sehr guten Hamburger Stadtteil. In wenigen Tagen möchte er seine große Liebe Linda heiraten. Alles ist perfekt – bis Linda spurlos verschwindet als Henrik nachts zu einem Notfall gerufen wird. Doch die Polizei will den Ernst der Lage nicht erkennen: Das Haus wird durch allerhand Technik geschützt, Linda hat ihren Koffer mitgenommen – und außerdem ist vor kurzem in der Nachbarschaft ein Mann verschwunden. Warum sollten die beiden nicht gemeinsam aus ihren Beziehungen entflohen sein, weil sie sich ineinander verliebt haben?
„Die App“ war für mich von vornherein ein Page-Turner. Denn keine Frage, dem Leser ist klar, dass Linda auf keinen Fall mit Jonas verschwunden sein kann, wie die Polizei denkt. Dass hier ein Verbrechen vorliegt, ist klar. Vor allem auch, weil immer wieder Artikel aus Tätersicht eingestreut werden – und der geht äußerst brutal und sadistisch mit seinen Opfern um.
Ich flog nur so durch die Seiten dank der Kombination aus spannender Entführungsstory, neuartigen Details wie Adam, die Smart-Home-Technologie, die Hendrik und Linda in ihrem Haus eingebaut haben, kurzen Kapiteln und einer unfassbar leichtgängigen Schreibart.
Mit Hendrik hatten wir auch eine Figur, mit der man gut zusammen leiden, durchdrehen und schwanken kann. Ist Linda vielleicht doch mit Absicht verschwunden? Wie unsicher ist seine Haustechnik? Und wer will ihm etwas Schlechtes und wer etwas Gutes von all den Leuten, die plötzlich unerwartet auf seiner Matte stehen? Hendrik ist in dieser Situation eine recht analytische Person und stellt die richtigen Fragen. Ungereimtheiten fallen ihm ebenso wie dem Leser auf. Klug, sympathisch und hoch verzweifelt.
Doch sowohl Hendrik als auch all die anderen Figuren werden nur soweit näher beleuchtet, wie es für die Geschichte von Belang ist. Viel Tiefgang und Vielschichtigkeit gibt es daher nicht. Für mich minderte das aber nicht den Lesespaß.
Die Geschichte mit all ihren offenen Fragen und losen Enden stand definitiv im Fokus. Auch wenn eine (mögliche) Entführungsstory nichts Neues ist, schafft Arno Strobel es trotzdem, einige Features in die Geschichte einzubauen, die alle Spaß machten und der Story etwas Neuartiges verliehen.
Mit den „offenen Fragen“ bin ich bei der einzigen Sache, für die es Abzüge am Ende gibt. Und dabei geht es nicht um die schiere Masse an Fragen, die im Laufe der Geschichte so auftauchen – oder die Masse an Personen, deren Motive man stetig hinterfragt. Es geht eher darum, dass ich wahnsinnig viele dieser Frage im Laufe der Story richtig beantwortete. Ich bin normalerweise häufig nicht gut darin, die richtige Auflösung zu erraten. Doch hier konnte ich am Ende fast gar nicht mehr überrascht werden. Es gab einige Verknüpfungen, die am Ende mit dem ganzen Fall zu tun hatten und mindestens 80 Prozent davon hatte ich so oder so ähnlich erwartet und richtig getippt.
Das ist wirklich das Einzige, was ich dem Buch ankreiden kann und möchte. Viele Hinweise waren dann doch eine Spur zu deutlich, manche Personen wurden einmal zu oft erwähnt. Schade, ich hatte mich auf einen großen Aha-Moment gefreut, der wirklich ausblieb.
Nichtsdestotrotz hatte ich eine tolle Lesezeit, denn die Story, die Personen, die Schreibart und die Spannung schlagen ein dickes Plus auf der Positiv-Seite.