Eine erfrischend witzige und herzerwärmende Story, die man beim Lesen abwechselnd liebt und hasst!
Hate NotesIm März habe ich schon "Rebel Soul" vom Autorenduo Ward-Keeland gelesen und konnte nicht ganz überzeugt werden. Mit "Hate Notes" wollte ich den beiden Bestseller-Autorinnen noch eine Chance geben und wurde ...
Im März habe ich schon "Rebel Soul" vom Autorenduo Ward-Keeland gelesen und konnte nicht ganz überzeugt werden. Mit "Hate Notes" wollte ich den beiden Bestseller-Autorinnen noch eine Chance geben und wurde dafür belohnt. Zwar gibt es auch hier ein paar Punkte, die eindeutig ausbaubar sind, alles in allem präsentieren Vi Keeland und Penelope Ward hier aber runde New-Adult-Unterhaltung.
Das Cover... najaa... Auch wenn ich mir damit widerspreche, da ich es grundsätzlich super finde, wenn das Original-Cover und der Originaltitel übernommen werden: Ich mag keine Cover mit Menschen, vor allem nicht, wenn ein Model-Gesicht vorschreibt, wie man sich einen Hauptprotagonisten vorzustellen hat. Also landet diese Geschichte ganz am Ende des Regals, gut versteckt zwischen den ansonsten immer kreativ und bunt gestalteten anderen LYX-Covern. Auch den Titel, der ja dem Originaltitel entspricht, finde ich nur bedingt gelungen. Zwar passt er nach längerem Nachdenken zum Inhalt, es wäre jetzt aber nicht der erste Titel, der mir zu dieser Geschichte in den Sinn gekommen wäre.
Erster Satz: "Noch vor einem Jahr hätte ich keinen Fuß in dieses Geschäft gesetzt."
Eine vom Verlobten betrogene und am Rande der Existenz stehende Frau, die beim Verkauf ihres Designerbrautkleids eine romantische Notiz findet und daraufhin die vom alkoholbeflügelte Idee verfolgt, den Urheber dieser Notiz zu finden? Die dann durch einen weiteren Zufall genau der Dame auf der öffentlichen Toilette weinend ihr Leid klagt, die sie als Assistentin eben dieses Romantikers einstellt, in der Hoffnung, dass so beide aus ihrem emotionalen Schlamassel finden? Die Grundhandlung klingt eigentlich absurd, funktioniert aber als erfrischend witzige und herzerwärmende Story, die man beim Lesen abwechselnd liebt und hasst, mal genervt den Kopf schüttelt und dann wieder ein paar Tränchen verdrückt, es am liebsten zur Seite legen würde aber gleichzeitig vom Suchtpotential zu sehr gepackt ist.
Als mein Rezensionsexemplar mit der Post ankam, überrollte mich nach der ersten typischen Buchsendungs-Euphorie erstmals die Skepsis. Denn erst im gedruckten Zustand sieht man wirklich, wie dünn diese Geschichte ist. Meine Vorbehalte aufgrund der geringen Seitenzahl sollten sich aber nicht bewahrheiten. Es gibt hier zwar relativ wenig Rahmenhandlung, die Zeit reicht jedoch aus, die dünne Geschichte zu Ende zu erzählen. Bis auf ein bisschen Arbeit, ein paar Unternehmungen für die Bucket-List, eine Übernachtung in den Hamptons und eine unverhoffte Reise nach Texas gehen die beiden Autorinnen nämlich nach dem typischen "die beiden Love Interests treffen in verschiedenen Situationen aufeinander und versprühen Chemie"-Konzept vor. Die Konsequenz daraus, dass die Entwicklung der Beziehung durch relativ wenig konkrete Handlung begleitet wird, ist dass die komplette erste Hälfte der Geschichte fast ausschließlich aus Dialogen zwischen Reed und Charlotte besteht. Versteht mich nicht falsch, ich habe überhaupt nichts gegen fetzige Schlagabtausche, doch leider wirken einige der Szenen gezwungen, unnatürlich oder enthalten so viele sexuelle Anspielungen, dass ich einfach nur genervt mit den Augen rollen musste.
"Mein Enkel kämpft im Inneren damit, wer er wirklich ist und wer er glaubt, sein zu müssen. Damit, was er wirklich will und was er glaubt, verdient zu haben."
Nach dem wir das eher ungewöhnliche Kennenlernen der beiden, ihre ersten Flirts, Sticheleien und Wortgefechte hinter uns gebracht haben, werden in der zweiten Hälfte der Geschichte dann die Altlasten und Gefühle ausgepackt und es kommt eine ordentliche Portion Drama dazu. Hier ging mir leider einiges zu schnell, sodass manche Entwicklungen nur leicht angerissen wurden. Das Autorenduo bringt hier wie gewohnt auch einige ernsthafteren Themen wie Adoption, Krankheit, Verlust und Tod auf den Tisch. Als tiefgründig würde ich die Geschichte zwar trotzdem nicht bezeichnen, ab und zu ein wenig Emotionalität und Ernsthaftigkeit bietet aber einen angenehmen Gegenpol zum sonstigen Geplänkel. Leider kann man von New Adult mittlerweile keine wirklichen Auseinandersetzung mit solchen Themen mehr erwarten und wie so oft wurden die Thematiken nur genutzt um das Verhalten der Protagonisten zu erklären.
"Wenn Reed Sie vor den Kopf stößt und diese Frau in seine Nähe lässt, dann benutzt er sie als menschliches Schutzschild, um sich vor etwas abzuschotten, dem er sonst nicht widerstehen könnte."
Und das war auch bitter nötig, da sich beide im Lauf der Geschichte durch Komplexe, Ängste oder Hormone getrieben äußerst widersprüchlich verhalten. Wer das Buch gelesen hat, wird sich bestimmt auch an ein paar Szenen erinnern, die für den Unterhaltungswert etwas zu weit übers Ziel hinausschossen, in denen Reed und Charlotte Dinge sagten oder taten, die nicht ganz zu dem Bild zu passen scheinen, das wir uns bislang von ihnen gemacht haben und die scheinbar nur dazu dienen, uns zu die sexuelle Spannung zwischen den beiden zu verdeutlichen. Dass wir die beiden Protagonisten nur als Reaktion auf den jeweils anderen kennenlernen und beide schon nach wenigen Seiten dabei sind, sich zu verändern, sich widersprüchlich zu verhalten oder sich dem anderen anzupassen, trug leider nicht dazu bei, dass ich ein wirkliches Gefühl für die Charaktere erhielt. Hier hätte ich mehr gewollt und mehr gebraucht. Mehr Handlung, mehr Knistern, mehr von Charlotte und Reed, mehr Zeit, mehr Tiefe - einfach mehr von allem.
"In der Liebe ging es nicht um schöne Kleider, zärtliche Botschaften und ergreifende Worte. Es ging darum, miteinander durch dick und dünn zu gehen und nicht nur die besten Momente des Lebens miteinander zu teilen, sondern auch die schlechtesten. Es ging darum, füreinander da zu sein, wie ich für Reed da gewesen wäre, wenn er mich gelassen hätte. Ich dachte an meine leibliche Mutter. Wahre Liebe hatte auch mit Vergebung zu tun."
Das klingt jetzt aber erstmal viel negativer, als ich das beim Lesen empfunden habe. Denn trotz der kleinen Schwächen liest sich "Hate Notes" zu jedem Zeitpunkt leicht, flüssig und entwickelt mit den sexy, humorvollen, direkten Szenenbeschreibungen ein großes Suchtpotential. Auch die manchmal etwas derbe Sprache und die vielen sexualisierten Ankündigungen, Gedanken und Fantasien, die überall eingestreut sind, kann man den Autorinnen verzeihen, da sich ihre Protagonisten im letzten Drittel von Klischees frei machen und ihre schwankenden Persönlichkeiten mehr Profil erhalten, bevor der Leser gegen Ende durch weichgespülte, kitschige Dialoge an einem Zuckerschock stirbt. Denn auch wenn ich Schlussepiloge liebe, schießt dieser hier doch weeeeeiit über das Ziel hinaus
Fazit:
Vi Keeland und Penelope Ward erzählen eine erfrischend witzige und herzerwärmende Story, die man beim Lesen abwechselnd liebt und hasst, mal genervt den Kopf schüttelt und dann wieder ein paar Tränchen verdrückt, es am liebsten zur Seite legen würde aber gleichzeitig vom Suchtpotential zu sehr gepackt ist. Zwar gibt es einige Punkte, die eindeutig ausbaubar sind, alles in allem präsentiert das Autorenduo jedoch solide, runde New-Adult-Unterhaltung!