Die mitreißende Spionage-Geschichte einer amerikanischen Angentin in Burkina Faso
Beschreibung
Die alleinerziehende Mutter Marie Mitchell wird eines Nachts von einem bewaffneten Mann in ihrem Haus angegriffen und entkommt ihm nur knapp. Ihre Vergangenheit als amerikanische Spionin ...
Beschreibung
Die alleinerziehende Mutter Marie Mitchell wird eines Nachts von einem bewaffneten Mann in ihrem Haus angegriffen und entkommt ihm nur knapp. Ihre Vergangenheit als amerikanische Spionin hat sie eingeholt. Um ihre Söhne in Sicherheit zu bringen, flieht sie mit ihnen außer Landes, zu ihrer Mutter in ein kleines Dorf auf Martinique.
In der ländlichen Abgeschiedenheit kommt Marie zur Ruhe und schreibt ihre Geschichte über die Arbeit als Geheimagentin beim FBI, den kalten Krieg und die Schwierigkeiten, als Frau und Afroamerikanerin in einer von Männern dominierten Welt zu bestehen, nieder. Zunächst werden Marie keine Aufträge zugeteilt und ihr beruflicher Alltag besteht aus Papierkram. Als sie dann ein Angebot erhält, sich an einer Spionage-Operation zu beteiligen, ahnt sie nicht, dass dieser Auftrag ihr Leben auf den Kopf stellen wird.
Meine Meinung
Der erste Roman der amerikanischen Schriftstellerin Lauren Wilkinson »American Spy« ist kürzlich in der deutschen Übersetzung im Tropen Verlag erschienen und weckte sofort meine Neugier, denn in der Geschichte geht es um Spionage und das aus Sicht einer afroamerikanischen Frau, die beim Geheimdienst tätig war.
Der Roman trägt die Bezeichnung Thriller, jedoch muss ich sagen, dass es für mich zu wenig nervenaufreibende Stellen gab, die diese Einordnung rechtfertigen würden. Dennoch ist »American Spy« ein unheimlich interessanter Roman, der in die Arbeit der Geheimdienste von Regierungen einführt, ein authentisches Abbild des Kalten Krieges liefert und dabei noch eine starke weibliche Hauptfigur mit schwarzer Hautfarbe in den Fokus stellt. Diese Mischung sorgt für genügend Unterhaltungswert und lässt es trotz ausbleibender Spitzen des Spannungsbogens keine Langweile aufkommen.
Der Aufbau der Geschichte ist geschickt gewählt und führt die Leser*innen Schritt für Schritt, in Zeitsprüngen zwischen der Gegenwart (Briefform) und der Vergangenheit (Tagebucheinträgen), durch Maries Leben. Begonnen beim mörderischen Angriff auf Marie und ihre Kinder in der Gegenwart, sieht sich diese veranlasst ihr Leben niederzuschreiben, dass ihre Kinder etwas über sie erfahren, sollte es ihr nicht gelingen bei dem Versuch ihren Verfolger auszuschalten, zu überleben.
Durch die Tagebucheinträge kann man sich recht schnell ein Bild der taffen Protagonistin machen, die über ihre Herkunft als karibische Einwanderin in Amerika ebenso reflektiert wie über ihre Familie sowie die bereits verstorbene Schwester. Eine große Rolle nimmt auch Maries Karrierelaufbahn über die Ausbildung beim FBI, ihre Tätigkeit beim CIA und ihren Einsatz für ein Spionageprojekt in Burkina Faso ein, für das sie aufgrund ihrer Hautfarbe prädestiniert ist. Die Auswirkungen des Kalten Krieges sind mit den Zeilen verwoben und auch die Diskriminierung von Schwarzen und Frauen ist ein Thema, das mitschwingt. Mich berührte ungemein die klare Darstellung der Nichtzugehörigkeit von Marie, die in Amerika als auch in Burkina Faso als Fremde wahrgenommen wird.
Die Spannung zieht mit den komplexen politischen Situationen in den Roman ein, und als besondere Zugabe habe ich vieles über den Kalten Krieg dazu gelernt, dass ich bis dahin nicht kannte.
Das Wissen über Burkina Faso und welche politischen Ränke im Geheimen geschmiedet wurden, um die Militärdiktatur von Thomas Sankara aufzulösen und das Land durch die Einführung eines Wahlsystems nach französischem Vorbild in die gewünschte Richtung zu lenken, habe ich neugierig aufgesogen. Lauren Wilkinson hat ein Gespür dafür, komprimierte Informationen über die Geschichte in ihren Text einfließen zu lassen, sodass man regelrecht Lust bekommt mehr darüber zu erfahren und damit indirekt zum Recherchieren angeregt wird.
Zumeist ist Lauren Wilkinsons Schreibstil angenehm flüssig zu lesen, doch es gibt gerade zu Beginn, und immer wenn die Handlung in die Gegenwart schwenkt, wie in Briefen üblich, eine direkte Anrede, mit der Sie ihre Söhne anspricht. Das störte meinen Lesefluss ungemein und hätte sicherlich auch besser gelöst werden können, indem man zum Beispiel die Briefform etwas offensichtlicher darlegt.
Fazit
Ein unglaublich mitreißend erzählter Spionage-Roman, der politische Weltgeschichte mit einer erfrischenden schwarzen Agentin und deren Wahrnehmung verknüpft.
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© Bellas Wonderworld; Rezension vom 03.08.2020