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Veröffentlicht am 06.11.2020

Schwächere Fortsetzung

Ada
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Christian Berkel knüpft mit "Ada" an sein Debüt "Der Apfelbaum" an, in welchem er sich von seiner eigenen Familiengeschichte inspirieren lies und eine ungewöhnliche Liebesgeschichte vor und während des ...

Christian Berkel knüpft mit "Ada" an sein Debüt "Der Apfelbaum" an, in welchem er sich von seiner eigenen Familiengeschichte inspirieren lies und eine ungewöhnliche Liebesgeschichte vor und während des Zweiten Weltkriegs erzählte. Die Geschichte von Sala und Otto wird jetzt weiter erzählt. Allerdings steht im neuen Buch ihre 1945 geborene Tochter Ada im Mittelpunkt. Die Geschichte wird von ihr erzählt, die Eltern sind nur Nebenfiguren. So wie auch der später geborene kleine Bruder, der nur Sputnik genannt wird. Die Nachkriegszeit bis Ende der sechziger Jahre ist wohl ganz gut (allerdings auch sehr verdichtet) getroffen: verdrängte Traumata, Schweigen der Elterngeneration, Wirtschaftswunder, Studentenrevolte, schließlich sogar Woodstock. Aber das habe ich alles schon mal irgendwo anders gelesen. Es war nichts neues und dazu eine eher durchwachsene Handlung – Ada erlebt viel, aber macht selbst wenig. Dadurch blieb sie mir fremd und etwas blass. Außerdem immer wieder schwafelige, lange Szenen. Das Buch vermochte mich nur selten zu packen – eigentlich nur bei der Beschreibung der Demo anlässlich des Besuches des Schahs in Berlin. Das fand ich intensiv beschrieben. Ansonsten dümpelt das Buch leider die meiste Zeit vor sich hin und endet dann auch noch recht offen. Was hat Ada zwischen Woodstock und heute erlebt? Was wird aus ihr? Erfahren wir das im nächsten Buch von Christian Berkel und dann aus Sputniks (= der Autor selbst?) Sicht? Mal sehen, ob mich nach diesem eher durchwachsenen Leseerlebnis dann doch noch mal die Neugier packt.

Veröffentlicht am 04.10.2020

Ganz anders als erwartet

Clausnitz
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Titel und Klappentext von "Clausnitz" versprachen für mich eine Handlung mit Flüchtlingen ggf. im Zusammenspiel/Konflikt mit der Bevölkerung. Das wurde eher kurz abgehandelt. Dabei wird durchaus deutlich, ...

Titel und Klappentext von "Clausnitz" versprachen für mich eine Handlung mit Flüchtlingen ggf. im Zusammenspiel/Konflikt mit der Bevölkerung. Das wurde eher kurz abgehandelt. Dabei wird durchaus deutlich, dass es ein komplexes Thema ist, bei dem es keine einfachen Antworten gibt. Dennoch hätte ich vom Roman eine eingehendere Beschäftigung mit dem Thema erwartet. Stattdessen stand für mich überraschend Svea im Mittelpunkt. Als Sozialarbeiterin in einem Flüchtlingsheim hat sie ihren ganz eigenen Blick auf die Thematik. Aber auch das ist eher ein Nebenschauplatz. Den meisten Raum nehmen Sveas psychische Probleme ein. Diese sind vielfältig: selbstverletzendes Verhalten, Essstörungen, krankhafte Verliebtheit ... Ob diese Probleme im Zusammenhang mit ihrer Arbeit stehen, bleibt offen; der Leser erfährt nur wenig über die Vergangenheit.

Es ist wohl nicht erfüllbar, dass ein Roman Antworten beim komplexen Thema Asyl und Migration findet, aber ich hatte etwas anderes erwartet und nicht die so extreme Schilderung einer Psychose.

Veröffentlicht am 26.09.2020

Identitätssuche einer Familie

Die zitternde Welt
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Tanja Paar hat die Geschichte einer ungewöhnlichen Familie aufgeschrieben. Offenbar ist es die Geschichte ihrer eigenen Familie – oder zumindest von dieser inspiriert –, denn die Familie trägt den gleichen ...

Tanja Paar hat die Geschichte einer ungewöhnlichen Familie aufgeschrieben. Offenbar ist es die Geschichte ihrer eigenen Familie – oder zumindest von dieser inspiriert –, denn die Familie trägt den gleichen Nachnamen wie die Autorin.

Das österreichische Paar Maria und Wilhelm lebt um die Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert in Anatolien. Dort erleben sie die Umbrüche rund um das Ende des Osmanischen Reiches. Das war durchaus interessant und spannend zu lesen. Anlässlich des Ausbruchs des Ersten Weltkrieges kehrt die Familie mit ihren drei Kindern nach Österreich zurück. Auch die Identitätssuche zwischen den Kulturen, die alle Familienmitglieder prägt, fand ich sehr interessant.

Insgesamt konnte mich das Buch dennoch nicht restlos überzeugen. Erzählt wird manchmal sehr sprunghaft, sodass ich das Gefühl hatte, dass manches auf der Strecke blieb.

Veröffentlicht am 17.09.2020

Aufbereitung einer Ehe

Unter uns das Meer
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Amity Gaige nimmt den Leser in "Unter uns das Meer" mit auf einen Segeltörn in die Karibik. Das Ehepaar Juliet und Michael steigt für ein Jahr aus vom gewohnten Alltag in Connecticut. Südsee, Unabhängigkeit, ...

Amity Gaige nimmt den Leser in "Unter uns das Meer" mit auf einen Segeltörn in die Karibik. Das Ehepaar Juliet und Michael steigt für ein Jahr aus vom gewohnten Alltag in Connecticut. Südsee, Unabhängigkeit, Zeit für die Familie – das klingt wie ein Traum, offenbart aber auch bald seine Schattenseiten in Gegenwart und Vergangenheit.
Die Autorin lässt die beiden Protagonisten Juliet und Michael die Geschichte im Wechsel erzählen und zwar so, dass sich trotzdem eine flüssige Story entwickelt. Während Juliet die Geschichte rückblickend erzählt, erfahren wir Michaels Sichtweise anhand des Logbuchs, das er während des Segeltörns geführt hat. Dieser Blick auf die Geschichte von zwei Seiten ist abwechslungsreich und durch die teils rasanten Perspektivwechsel baut sich ein richtiger Sog auf, der den Leser mitzieht. Auf diese Art und Weise bereiten Juliet und Michael jeder für sich ihre Ehe auf. Nach und nach wird einiges an gemeinsamen oder persönlichen Problemen aufgedeckt.

Zwischendurch etwas langatmige Beschreibungen der Segeltechnik und auch den "Anhang" nach dem eigentlichen Schluss hätte ich nicht gebraucht, ansonsten aber sehr gut erzählt.

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Veröffentlicht am 02.07.2020

Geldgierige Geschwister

Das Nest
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Dieses Buch über die Probleme einer privilegierten weißen US-amerikanischen oberen Mittelschicht las sich für mich größtenteils surreal, was durch die gegenwärtigen Umstände (BLM und Corona), die die USA ...

Dieses Buch über die Probleme einer privilegierten weißen US-amerikanischen oberen Mittelschicht las sich für mich größtenteils surreal, was durch die gegenwärtigen Umstände (BLM und Corona), die die USA und die Welt in Atem halten, noch verstärkt wurde. Tatsächlich kann man das Buch vielleicht auch als Abbild der gesellschaftlichen Parallelwelten in den USA sehen.

Bei allen vier Geschwistern schwankte ich zwischen Sympathie und (häufiger) Antipathie. Alle sind auf ihre Art unselbständig, leben finanziell auf Kosten anderer und warten auf das große Erbe. Eine Umkehrung des amerikanischen Traums? Das ganze Leben scheint sich hier nur um Geld zu drehen.

Ist es nun eine Satire oder nicht? Manchmal klang da schon satirisches an, aber die meiste Zeit habe ich es als nicht-satirisch gelesen.

Durch die vier ganz unterschiedlichen Geschwister ziemlich abwechslungsreich. Las sich gut und unterhaltsam – scheint halt nur aus einer ganz anderen Zeit/Realität zu stammen.