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Veröffentlicht am 10.02.2017

Ein Roman wie ein Orkan ...

Der Jahrhundertsturm (Jahrhundertsturm-Serie 1)
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Mit einem kleinen Seufzer - halb traurig, dass es vorbei ist und halb erleichtert, die Handgelenke mal wieder entspannen zu können, habe ich eben das über tausend Seiten umfassende Epos Richard Dübells ...

Mit einem kleinen Seufzer - halb traurig, dass es vorbei ist und halb erleichtert, die Handgelenke mal wieder entspannen zu können, habe ich eben das über tausend Seiten umfassende Epos Richard Dübells beendet. Hätte ich nicht vor kurzem die faszinierende Dokumentation „Die nervöse Großmacht“, basierend auf dem geschichtswissenschafllichen Werks Volker Ulrichs, gesehen, die genau den gleichen Zeitraum abdeckt, ich hätte das Buch nicht so genießen können. So war mir doch zumindest Otto von Bismarck stets präsent beim Lesen. Der Autor schaffte es spielerisch, mich als Leser direkt mit ins Geschehen einzubinden. Mit seiner ausdrucksvollen und sehr anschaulichen Sprache versetzte er mich, neben vielen anderen Schauplätzen, nach Ostpreußen, Berlin und Paris zwischen den Jahren 1840 und 1871. Es war in der Tat ein bewegendes Stück Verfassungsgeschichte. Durch die Augen von Alvin, Paul, Louise und Lily half mir Richard Dübell die Umstände und Umbrüche zu verstehen. Er nahm mich mit auf die großen Gutshöfe und führte mich in das Leben der Junker ein. Er ließ mich Pauls Begeisterung beim Bau der ersten Eisenbahnen erleben. Ja, er stellte mich unter anderem Alfred Nobel, dem Erfinder des Dynamits und dem späteren Stifter des Nobelpreises vor, um nur eine bekannte Person aus dem Roman aufzugreifen. Er schickte mich auf mehr als einen Kriegsschauplatz, auf dem mir der Pulverdampf in der Nase zu jucken und mir die Schreie der Verwundeten Albträume bescheren zu schienen. Aber auch die Liebe spielte eine große Rolle, die unerfüllte, als auch die wunderbare. Eine Frau, zwei Männer, ihre Geschichte zog sich wie ein roter Faden durch den Roman. Ihr gegenüber Pauls Schwester Lily, die abgelegte Geliebte, die sich ihr Leben lang für unverstanden und ungeliebt hielt, was ihren Hass und ihre Rachegelüste schürte und sie grausam und gnadenlos machte.

Es fällt mir schwer ein derartig opulentes Werk in wenigen Worten zusammen zu fassen. Geschichte hat mich schon immer fasziniert und diese dann in Form eines Romans, der auf wahren Tatsachen basiert, konsumieren zu dürfen, war schon ein besonderer Genuss. Ein großes Lob an dieser Stelle an den wunderbaren Autor Richard Dübell. Die Saga geht für mich schon bald mit dem Jahrhunderttraum weiter.

Veröffentlicht am 02.02.2017

Menschen wie du und ich ...

Die Reisen des Mr Leary
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Die Autorin Anne Tyler hat eine Art zu schreiben, die mir einfach sehr sympathisch ist. Zugegeben, in den meisten ihrer Bücher geht es nur um ganz normale Alltagsprobleme, aber auch die kleinen und großen ...

Die Autorin Anne Tyler hat eine Art zu schreiben, die mir einfach sehr sympathisch ist. Zugegeben, in den meisten ihrer Bücher geht es nur um ganz normale Alltagsprobleme, aber auch die kleinen und großen Freuden des Alltags werden nicht vernachlässigt. Die Charaktere könnten problemlos auch in meiner Nachbarschaft wohnen. In diesem schon etwas älteren Schätzchen ist es nicht anders. Die Geschichte um den zwar charmanten aber doch etwas verschrobenen Mr. Leary bezaubert. Nach seiner Trennung von Sarah, seiner Frau, kriegt sein Leben immer mehr Risse. Nach dem tragischen Verlust seines Sohnes ist dies ein herber Schlag für ihn. Er igelt sich ein, er vernachlässigt seine Arbeit, bis ihn ein unvorhersehbarer häuslicher Unfall bei seiner Schwester und seinen zwei Brüdern einziehen lässt. Auf einmal ist nichts mehr wie es war … den größten Stein jedoch bringt Murial, eine vermeintliche „Hundeflüsterin“, ins Rollen. Sie ist jung und verrückt und bringt wieder Schwung in sein Leben, das nun auf einmal doch noch nicht zu Ende zu sein scheint. Aber wie, wofür und vor allem für wen soll er sich entscheiden? Die letztendlich völlig unerwartete Wahl bereit dem Roman ein wunderbares Ende ganz im Stil von Anne Tyler. Ach, so ein, zwei Mal im Jahr brauche ich meinen Tyler Fix ;).

Veröffentlicht am 18.01.2017

Manchmal lohnt es sich zu kämpfen ...

Als wir unsterblich waren
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Wie der Klappentext schon ankündigt, spielt dieser Roman auf zwei Zeitebenen. Wer jedoch glaubt, eine Geschichte rund um den Mauerfall zu erleben, wird enttäuscht sein. Das Hauptaugenmerk liegt auf der ...

Wie der Klappentext schon ankündigt, spielt dieser Roman auf zwei Zeitebenen. Wer jedoch glaubt, eine Geschichte rund um den Mauerfall zu erleben, wird enttäuscht sein. Das Hauptaugenmerk liegt auf der ferneren Vergangenheit, rund um die Zeit vor, nach und während des ersten Weltkriegs. Mit viel Liebe zum Detail entführt uns die Autorin ins Berlin nach der Jahrhundertwende. Wir dürfen miterleben, wie junge Menschen sich mit Leib und Seele für eine Sache einsetzen, an die sie glauben, ja, für die sie ihr Leben lassen würden. Sie geben alles in einer Zeit, in der das Leben ohnehin schon nicht einfach ist. Die ehrgeizige und mutige Paula, die doch so gerne wie Rosa Luxemburg gewesen wäre, der schöne Clemens, der durch seine leidenschaftlichen Reden beeindruckt, aber auch viele andere, unvergessliche Mitstreiter machen diesen Roman zu einem Stück deutscher Geschichte.

Durch einen Zufall kreuzen sich die Pfade der beiden Hauptprotagonisten der zwanziger Jahre 1989 in Form von Alex und Oliver im Berlin von 1989 wieder. Wo laufen die Fäden zusammen, warum ist Alexandras Momi so entsetzt, als ihr Oliver über den Weg läuft?

Abgesehen von Alex‘ anfänglicher Zickigkeit, entwickelt der Roman eine Art Sogwirkung, die es schwer macht, das Buch aus der Hand zu legen. Ich habe viel über die Geschichte der damaligen Zeit gelernt und bin beeindruckt, was mancher damals für seinen Glauben an eine gerechtere Welt aufs Spiel gesetzt hat. Auch meine Oma Erna hat zu dieser Zeit in Berlin gelebt. Sie hat noch als junges Mädchen den Kaiser bejubelt und die Protestmärsche nach dem ersten Weltkrieg miterlebt. Ich bin ein bisschen traurig, dass ich nicht viel mehr mit ihr über diese Zeit geredet habe.

Mein erstes Buch der Autorin ist also gleich ein Volltreffer. Ich freue mich auf weitere Bücher dieser begabten und auch sehr vielseitigen Autorin, schreibt sie doch zudem noch unter den Pseudonymen Charlotte Lyne und Carmen Lobato wunderbare historische Romane.

Veröffentlicht am 17.01.2017

Das wäre mein persönlicher Albtraum !!!!

Alleine bist du nie
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Vorab gesagt, ich finde diese Autorin einfach genial. Auch mit ihrem zweiten Buch nach ihrem erfolgreichen Debütroman „Meine Seele so kalt“ schafft sie es wieder, mich komplett in den Bann zu ziehen. Diesmal ...

Vorab gesagt, ich finde diese Autorin einfach genial. Auch mit ihrem zweiten Buch nach ihrem erfolgreichen Debütroman „Meine Seele so kalt“ schafft sie es wieder, mich komplett in den Bann zu ziehen. Diesmal hat sie sich etwas besonders unheimliches und perfides und ausgedacht. Eine Vorgehensweise, die einem das Gefühl vermittelt, sich ständig umdrehen zu müssen, sich verfolgt zu fühlen und jeden zu hinterfragen, der einem begegnet. Die Story baut sich langsam auf. Immer mehr Fährten zu Verdächtigen werden gelegt bis man an dem Punkt anlangt, an dem einem niemand mehr unschuldig erscheint. Wer hat es auf Zoe abgesehen? Der Freund, der Boss oder gar der Mann der besten Freundin? Wie viele weitere unschuldige Frauen hat der perverse Täter in sein Netz gezogen? Wie viele Stalker durchstreifen Londons U-Bahn Netz. Nachdem die erste Leiche entdeckt wird, erhöht sich der Druck auf die Ermittlungen. Die ultimative Aufklärung lässt einem als Leser die Haare zu Berge stehen!
Diese Autorin werde ich definitiv im Auge behalten!

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  • Recherche
  • Spannung
  • Schreibstil
Veröffentlicht am 12.01.2017

Ich war dabei auf der Reise nach Australien ...

Der Duft der Pfirsichblüte
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Vorab sei gesagt, dass der Klappentext dem Buch nicht wirklich gerecht wird. Diese Geschichte ist so viel mehr als „armes Mädchen findet reichen Gönner“. Das Buch beginnt damit, das Leben im England der ...

Vorab sei gesagt, dass der Klappentext dem Buch nicht wirklich gerecht wird. Diese Geschichte ist so viel mehr als „armes Mädchen findet reichen Gönner“. Das Buch beginnt damit, das Leben im England der armen und bettelarmen Leute zu beleuchten. Hunger und Not sind so groß, dass sich mancher zu Taten hinreißen lässt, die ihm mit vollem Magen nicht in den Sinn gekommen wären. Die Strafen für die kleinsten Verbrechen sind gnadenlos und schnell landet man für die geringsten Vergehen am Galgen. Um der Flut der „Straftäter“ Herr zu werden, denkt sich die Regierung eine neue Methode der Bestrafung aus … die Deportation nach Australien. Die entsetzliche Überfahrt, die von Krankheiten, Hunger und Misshandlungen überschattet wird, schildert die Autorin bis ins kleinste Detail. Man hat als Leser fast das Gefühl, dabei gewesen zu sein. Mit einer weiteren schrecklichen Katastrophe beginnt schließlich Penelopes Odyssee im Outback Australiens. Ich möchte nicht die Spannung nehmen und verzichte auf weitere direkte Details zur Geschichte selbst.

Unvorstellbar müssen die Zustände Ende des 18. bis Mitte des 19. Jahrhunderts in Australien gewesen sein. Die harte Währung ist Rum und die Quälerei der Menschen geht auch hier weiter. Wenige schaffen es, sich ein neues Leben aufzubauen, ohne harte Arbeit und Zähigkeit ist man auf diesem Kontinent mit seinen schwarzen Ureinwohnern, die eigentlich nur ihren Frieden wollen, verloren. Umso größer ist meine Bewunderung für die Menschen, die es tatsächlich schafften. Mein Mitleid gilt den armen Kreaturen auf beiden Seiten, die nie eine Chance hatten. Mir hat das Buch sehr gut gefallen und es hat definitiv meine Neugier auf die Geschichte Australiens geweckt.