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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 28.02.2021

Auf ganzer Linie enttäuschend

Die Verlorenen
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Stacey Halls „Die Verlorenen“ ist ein historischer Schmöker, geschrieben für Leserinnen und nimmt diese mit auf eine Reise in die Vergangenheit. Wir schreiben das Jahr 1747, Handlungsort ist London. Die ...

Stacey Halls „Die Verlorenen“ ist ein historischer Schmöker, geschrieben für Leserinnen und nimmt diese mit auf eine Reise in die Vergangenheit. Wir schreiben das Jahr 1747, Handlungsort ist London. Die junge Bess Bright ist bettelarm und bestreitet ihren Lebensunterhalt mit dem Verkauf von Krabben in den Straßen der Metropole. Eine ungewollte Schwangerschaft bringt sie in arge Bedrängnis, reicht das, was sie durch ihre Arbeit erlöst, nicht dafür aus, noch einen hungrigen Mund zu stopfen. Und so bleibt ihr nichts anderes übrig, das Neugeboren in einem Findelhaus abzugeben, ein Umstand, der sie tagtäglich schmerzhaft verfolgt.

Sechs Jahre sind vergangen, und Bess ist endlich in der Lage, den Betrag für die Unterbringung aufzubringen und somit das Kind wieder auszulösen. Doch sie kommt zu spät, das Mädchen wurde bereits einen Tag nach der Übergabe vor sechs Jahren von jemandem abgeholt, dessen Identität nicht bekannt ist. Aber Bess gibt ihre Tochter nicht auf und macht sich auf die Suche nach ihrem Kind.

Stacey Halls Romane werden mit Hilary Mantels Cromwell-Trilogie verglichen, wofür diese zweimal mit dem renommierten Booker Prize ausgezeichnet wurde. Ja, sie wurde sogar als deren Nachfolgerin im bezeichnet. Dieser Meinung kann ich mich leider nicht anschließen, zwischen Hall und Mantel klaffen Welten. Nicht nur, dass hier die atmosphärischen Schilderungen jedem Kostümfilm zur Ehre gereichen, auch das Handeln der Personen ist eindimensional und erfüllt jedes Klischee. Der Roman ist eine Schnulze, trieft vor Emotion und hebt den Mythos Mutterliebe in ungeahnte Höhen. Eine Enttäuschung auf ganzer Linie!

Veröffentlicht am 20.01.2021

Neues Kleid für Altbekanntes

Die neue Nebenbei-Diät
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Alle Jahre wieder steigt die Zahl der Diätwilligen nach dem Jahreswechsel steil an, auch wenn die wenigsten die „guten Vorsätze“ tatsächlich durchhalten. Gründe dafür sind unrealistisch gesteckte Ziele, ...

Alle Jahre wieder steigt die Zahl der Diätwilligen nach dem Jahreswechsel steil an, auch wenn die wenigsten die „guten Vorsätze“ tatsächlich durchhalten. Gründe dafür sind unrealistisch gesteckte Ziele, Frustrationen über langsame Fortschritte und nicht zuletzt aufwendige oder kostenintensive Diätpläne, die sich nur schwer in den Alltag integrieren lassen.

In diesem Ratgeber nimmt die Autorin die unterschiedlichsten Diäten unter die Lupe, das reicht von Formula-Diäten, über Atkins bis hin zu Fastenwochen. Aber halt, da war doch noch etwas, ein Programm, das den Namen „Programm“ eigentlich nicht verdient, da es nur den zeitlichen Rahmen vorgibt, innerhalb dessen die Nahrungsaufnahme erlaubt ist , kaum Verbote ausspricht, aber dennoch Gewichtsverlust verheißt. Eine Diät, die man einfach so nebenbei durchziehen kann mit Namen „Intervall-Fasten“.

Hört sich auf den ersten Blick gut an, doch ganz so einfach ist es dann doch nicht, wie die Autorin anschaulich erläutert. Aber machen wir uns nichts vor, auch wenn es kaum Verbote gibt, muss dennoch die Kalorienzufuhr im Blick behalten und unterstützend Sport/Bewegung in den Tagesablauf integriert werden. Das war’s dann auch schon, nichts Neues für diejenigen, die sich mit der Thematik bereits auseinandergesetzt haben.

Ein entbehrlicher Ratgeber, der bestenfalls für Menschen taugt, die sich erstmals mit dem Thema Ernährung auseinandersetzen und die ersten Schritte Richtung Gewichtsreduktion unternehmen. Für alle anderen völlig überflüssig.

Veröffentlicht am 14.01.2021

Verspricht viel und hält wenig

Dark
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Ob „Dark“, der neue Thriller aus der Feder der australischen Autorin Candice Fox , ausgebildet in der Patterson’schen Schreibwerkstatt, den Auftakt einer neuen Reihe bildet, steht noch dahin, ist aber ...

Ob „Dark“, der neue Thriller aus der Feder der australischen Autorin Candice Fox , ausgebildet in der Patterson’schen Schreibwerkstatt, den Auftakt einer neuen Reihe bildet, steht noch dahin, ist aber zu vermuten, denn die englische Ausgabe trägt im Titel den Zusatz „Jessica Sanchez 1“.

Worum geht es? Vier Frauen, die unterschiedlicher nicht sein könnten und alle miteinander auf irgendeine Art verbunden sind: Blair, die Ärztin, die ihre Gefängnisstrafe wegen Totschlag abgesessen hat und nun auf Bewährung ist. Jessica, die Polizistin, die sie damals verhaftete und nun wegen ihrer erwarteten Millionenerbschaft von ihren Kollegen gemobbt wird. Ada, die Gang-Chefin, in Knastkreisen bestens bekannt. Und Sneak, die drogenabhängige Prostituierte und Ex-Zellengenossin von Blair, die auf der Suche nach ihrer spurlos verschwundenen Tochter ist und Hilfe bei Blair sucht. „Zusammen sind sie die einzige Hoffnung eines vermissten Mädchens“, so der Klappentext. Nur dass es ein „zusammen“ nicht wirklich gibt, ein Team nicht zu erkennen ist, weil jede der vier Frauen ihre eigenen Pläne hat.

Nun ja, aus dieser Ausgangslage könnte man eine spannende Story entwickeln, aber Fox vergibt diese Chance, was in erster Linie ihrer distanzierten und emotionslosen Schreibe und einer banalen Handlung geschuldet ist. Daraus entsteht ein langatmiger und konstruiert wirkender „Ja-was-nun?“ ohne Thrillerpotenzial, aufgefüllt mit überflüssigen Details, ohne bemerkenswerte Handlungsfortschritte und mit einem vorhersehbaren Ende. Die Folgebände werde ich mir definitiv nicht antun. Wie dieses Buch auf Platz 1 der Krimibestenliste landen konnte, ist mir ein Rätsel.

Veröffentlicht am 28.10.2020

Es war einmal...

Marigolds Töchter
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Es war einmal ein kleines Dorf in England. Dort lebte Marigold und betrieb den Dorfladen samt angeschlossener Poststelle. Auch sonst hatte sie ein offenes Ohr für die Sorgen und Nöte der Dorfbewohner, ...

Es war einmal ein kleines Dorf in England. Dort lebte Marigold und betrieb den Dorfladen samt angeschlossener Poststelle. Auch sonst hatte sie ein offenes Ohr für die Sorgen und Nöte der Dorfbewohner, half aus, wenn Not am Mann war. Ihre Familie, Mann, Tochter Suze samt Großmutter Nan versorgte sie vorbildlich und ohne zu klagen. Selbst ihre älteste Tochter Daisy, die nach der Trennung von ihrem Lebensgefährten wieder zurück ins heimische Nest flüchtet, nimmt sie diese mit offenen Armen auf. Das Zusammenleben ist harmonisch, manchmal chaotisch, aber immer von Liebe und Verständnis geprägt. Doch dann ziehen dunkle Wolken am Horizont auf, denn Marigold wird vergesslich, dement, verwechselt Personen oder erkennt manche nicht mehr. Aber dennoch, nichts kann die Harmonie des Zusammenlebens stören.

Jetzt könnte ich ewig so weiter schreiben, z.B. von der talentierten Daisy, die nur den Pinsel in die Hand nehmen muss, um eine erfolgreiche Malerin zu werden. Oder von der erfolgreichen Influencerin Suze, die ein Buch über die Krankheit der Mutter schreibt, das natürlich ein Bestseller wird. Aber nein, hier wäre jedes Wort verschwendet.

Das Thema Altersdemenz ist wichtig, keine Frage. Aber auch in einem Roman sollte man bei der Realität bleiben und nicht in den Kitsch abgleiten. Und dass das möglich ist, haben zahlreiche Autoren bewiesen, unter anderem Arno Geiger mit „Der alte König in seinem Exil“. Also, wenn ihr eine literarische Aufarbeitung dieser Thematik lesen wollt, greift zu diesem Buch.

Veröffentlicht am 07.10.2020

Zu faktenlastig und spannungsarm

Final Control
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Die weltweite Vernetzung, kollabierende Finanzmärkte, Start Ups, digitale Kontrolle und die lückenlose Überwachung der Bürger, das alles sind Themen, die einen dankbaren Hintergrund für einen Politthriller ...

Die weltweite Vernetzung, kollabierende Finanzmärkte, Start Ups, digitale Kontrolle und die lückenlose Überwachung der Bürger, das alles sind Themen, die einen dankbaren Hintergrund für einen Politthriller abgeben. So auch in „Final Control“, und wenn dann noch ein skrupelloser Bösewicht, wie wir ihn aus den James Bond-Filmen kennen, die Finger im Spiel hat, verspricht das eine interessante Lektüre. Leider kann der Autor dieses Versprechen nicht einlösen, zu faktenlastig, zu viele überflüssige Erläuterungen und zu spannungsarm ist diese Story konstruiert.

Worum geht es? Ein App-Entwickler sucht einen Investor für sein Start Up und findet ihn in dem Milliardär Arakis, dessen Motivation er erst dann durchschaut, als es schon fast zu spät ist. Arakis, genau so stellt man sich einen Superschurken vor, der aus dem Hintergrund die Fäden zieht. Zuerst treibt er reihenweise europäische Banken in den Bankrott und sorgt dafür, dass in Europa bürgerkriegsähnliche Zustände herrschen. Und dann präsentiert er die Lösung in Form einer chinesischen Sicherheitstechnologie.

Digitale Überwachung, es steht außer Frage, dass China ganz vorne mit dabei ist. Aber Etzold bedient hier ganz klar die westliche, von der Atlantikbrücke geprägte „die-Nato-ist-gut-und-China-ist-böse“ Ideologie. Hier hätte ich mir schon differenziertere Aussagen gewünscht. Hat nur noch gefehlt, dass in einem weiteren Handlungsstrang die bösen Russen auftauchen. Und auf die permanenten Erläuterungen und Belehrungen, die immer wieder die Story ausbremsen, hätte ich auch gut verzichten können.

Neben einer Unmenge Wissen von Seiten des Autors bekommen wir hier auch noch einiges an Ideologie präsentiert, was beim kritischen Leser dafür sorgt, dass der Thrill-Faktor auf der Strecke bleibt. Enttäuschend.