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Veröffentlicht am 08.10.2020

Frostige Provence

Stille Nacht in der Provence
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Mit der Ehe von Andreas und Nicola Kantor steht es im Augenblick nicht zum Besten. Da kommt das Angebot eines Kollegen von Andreas gerade recht. Der besitzt ein Ferienhaus in einem abgelegenen Bergdorf ...

Mit der Ehe von Andreas und Nicola Kantor steht es im Augenblick nicht zum Besten. Da kommt das Angebot eines Kollegen von Andreas gerade recht. Der besitzt ein Ferienhaus in einem abgelegenen Bergdorf in der Provence, genau das richtige für romantische Weihnachtsfeiertage um wieder zu einem harmonischen Zusammenleben zu finden.

Miramas-le-Vieux ist ein typisch provenzalisches Dorf, fast alle Häuser sind zu Feriendomizilen umgebaut. Im Sommer wird das Leben dort pulsieren, aber nun, einige Tage vor Weihnachten, wirkt es wie ausgestorben. Einheimische sind kaum zu sehen und die meisten Läden und Restaurants geschlossen. Dann kommt zu den eisigen Temperaturen noch ein heftiger Schneefall. Als Andreas früh aus dem Haus tritt, sieht er, dass der Schnee die Decke eines alten Kellers zum Einsturz brachte und zwischen den Steinbrocken sieht er einen Sarg. Nicht taufrisch, aber auch noch nicht so alt, dass es sich um einen historischen Fund handeln könnte. Auch die Überreste im Sarg scheinen noch sehr alt zu sein. Auf der Suche nach Hilfe stößt er im Ort auf Schweigen, niemand öffnet die Tür und als er später zu seinem Haus zurückkommt, ist der Sarg verschwunden. Nur Autospuren zeigen, dass er nicht geträumt hat.

Der Einzige, der ihm Glauben schenken will, ist ein strafversetzter, dem Alkohol zugeneigter Flic. Da der Schneefall das mittelalterliche Dorf von der Außenwelt abgeschnitten hat, beginnen Nicola und Andreas mit ihrer eigenen Recherche und statt des lähmenden Schweigens zwischen den beiden, gibt es nur endlich wieder Gespräche und Nähe.

Eine winterlich-weihnachtliche Geschichte vom Bestseller Autor Cay Rademacher, die zwar nicht in romantisch-verklärte Weihnachtsstimmung versetzt, aber spannend und ein wenig geheimnisvoll zugleich ist. Der Weihnachtskrimi ist kein umfangreiches Buch und auch nicht mit seinen Provence-Krimis zu vergleichen, aber vom Setting und von der Atmosphäre her gelungen und mir viel Vergnügen gemacht. Was frostig verhalten beginnt, nimmt bis zum Schluss noch gehörig Fahrt auf und löst sich sehr überraschend auf.

Ein gelungener, kleiner Krimi zum Fest.

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Veröffentlicht am 07.10.2020

Eine Botschaft aus der Vergangenheit

Baskische Tragödie
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Ein schöner Sommertag am Strand der Aquitaine, ein kleiner Junge findet beim Spielen im Sand ein kleines Päckchen. Neugierig geworden probiert er von dem „Puderzucker“ der aus dem Päckchen rieselt und ...

Ein schöner Sommertag am Strand der Aquitaine, ein kleiner Junge findet beim Spielen im Sand ein kleines Päckchen. Neugierig geworden probiert er von dem „Puderzucker“ der aus dem Päckchen rieselt und fällt nur kurz danach ins Koma.

Luc Verlaine ist entsetzt, es bleibt nicht das einzige Päckchen, das in den nächsten Tagen an den inzwischen gesperrten Stränden gefunden wird. Das bedeutet wohl, dass Drogenschmuggler eine neue Route ausgemacht haben. Seine Abteilung ist in Alarmbereitschaft, da erreicht ihn eine seltsame Botschaft aus seiner Vergangenheit, die ins Baskenland führt. Doch er ist in eine Falle getappt. Er wird als Drogenschmuggler und Mordverdächtiger festgenommen. Zwar kann er fliehen, aber nun ist er der Gejagte. Er versteht, dass die Flucht, die ihm ziemlich leicht gemacht wurde, zum perfiden Plan gehört und er muss den Fall lösen, bevor er geschnappt wird.

Der neue Krimi von Alexander Oetker ist wieder sehr spannend und temporeich geschrieben. Anfangs hatte ich ein wenig Schwierigkeiten in Tritt zu kommen, zu fantastisch und unglaubwürdig erschien mir der Plot. Aber schnell wurde mir klar, was für ein Plan dahinter steckt und die intelligente Schnitzeljagd durchs Baskenland wurde zum echten Lesevergnügen.

Wie immer flicht der Autor, ein ausgewiesener Frankreichkenner, viel Wissenswertes über das Land ein. Geschichte, Kulinarik, Touristisches – das fließt alles mit in den Krimi und macht den besonderen Reiz dieser Reihe aus. Fernweh und Urlaubssehnsucht bleiben dann nicht aus.

Auch der vierte Band dieser Serie hat meine Erwartungen nicht enttäuscht. Aber ich glaube, man braucht nicht unbedingt Vorkenntnisse um in die Geschichte einzusteigen. Die wesentlichen Ereignisse und die Entwicklung der Figuren wird in kleinen Rückblenden erzählt.

Ein Pluspunkt bei der Ausstattung ist die Umgebungskarten im Innern der Klappbroschur. Da konnte ich Lucs Flucht und die Handlungsorte gut nachverfolgen.

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Veröffentlicht am 05.10.2020

Bitterböse und Rabenschwarz

Leichen, die auf Kühe starren
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Tatjana Kruses Krimis sind witzig, skurril und meist auch ein wenig boshaft. So auch ihr neuer Krimi, der in Kitzbühel spielt.
Dort tauchen an unterschiedlichen Stellen Leichenteile auf, ein Serienmörder ...

Tatjana Kruses Krimis sind witzig, skurril und meist auch ein wenig boshaft. So auch ihr neuer Krimi, der in Kitzbühel spielt.
Dort tauchen an unterschiedlichen Stellen Leichenteile auf, ein Serienmörder im Heimatort von Hansi Hinterseer? Genau den sucht eine Gruppe von hartgesottenen Fans, die einen minutiösen Plan ausgearbeitet haben, ihrem Idol nahezukommen. Blöd nur, dass sie damit auch einem geheimen Treffen von weltweit operierenden Gangsterbossen in die Quere kommen. Dann gibt es noch das Zimmermädchen Leo, die zufällig in die Geschichte schlittert und abenteuerlustig genug ist, diesen Zufall zur beruflichen Neuorientierung zu nutzen.
Wie immer hält die Autorin ein hohes Tempo und die Gags zünden wie ein Feuerwerk, es gibt keine Erholungspausen für die Leser. Ein Lacher folgt auf den nächsten. Ihre Figuren sind liebevoll skurril und man merkt einfach, wieviel Spaß Frau Kruse selbst mit ihren Einfällen und Protagonisten hat.
Wer also schwarzen und bösen Humor liebt und einen witzigen Krimi sucht, ist bei „Leichen, die auf Kühe starren“ bestens aufgehoben.

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Veröffentlicht am 05.10.2020

Neue Herausforderungen für die Hafenschwester

Die Hafenschwester (2)
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Nach schwierigen Anfangsjahren lebt Martha Studt mit ihrer Familie in gesicherten Umständen. Zwar darf sie als verheiratete Frau nicht mehr als Krankenschwester arbeiten, aber ehrenamtlich ist sie als ...

Nach schwierigen Anfangsjahren lebt Martha Studt mit ihrer Familie in gesicherten Umständen. Zwar darf sie als verheiratete Frau nicht mehr als Krankenschwester arbeiten, aber ehrenamtlich ist sie als „Hafenschwester“ eine bekannte und anerkannte Persönlichkeit. Ihr Mann Paul hat als Ingenieur einer Werft ein gesichertes Einkommen, das einen kleinen Wohlstand ermöglicht. So kann die Familie sogar einer Einladung von Milli, der Freundin aus Jugendtagen, die Vereinigten Staaten in folgen um die Hochzeit der Patentochter zu feiern.

Aber der Erste Weltkrieg steht vor der Tür und die Verwerfungen der Politik, Kriegselend und Leid machen auch vor Martha nicht Halt. Ganz besonders als Paul eingezogen wird und durch einen Granatenangriff schwer verletzt wird, ist das eine ganz besondere Herausforderung für sie und ihre Familie.

Melanie Metzenthin hat in ihrem zweiten Band der Trilogie „Die Hafenschwester“ wieder großartig ein persönliches Schicksal mit den historischen Hintergründen verknüpft. Die kenntnisreiche Darstellung Hamburg und vor allem des Hafenareals liefern dazu farbige Bilder der Lebensumstände. Als Marthas Fähigkeiten als Krankenschwester während des Weltkriegs wieder gefordert werden, fließt dazu medizinhistorisches Wissen in den Roman ein, das ich fasziniert und mit Interesse gelesen habe. Ein Nachwort liefert dazu noch weiterführende Details.

Martha ist eine Hauptfigur, die mich und sicher auch jede Leserin anspricht. Kraftvoll und engagiert nimmt sie sich der Bedürftigen an und obwohl sie inzwischen in bescheidenem Wohlstand lebt, hat sie nicht vergessen, wie hart das Leben der einfachen Menschen ist. Auch wenn, gerade in den ersten Kriegsmonaten, der Hurrapatriotismus vorherrscht, engagiert sie sich bei Friedensdemonstrationen und auch in der sozialdemokratischen Frauenarbeit.

Ich habe den ersten Band mit Begeisterung gelesen und der zweite Band hat mich ebenfalls sofort in Bann gezogen. Auch wenn es etwas ruhiger beginnt und anfangs fast wie ein Familienidyll erscheint, bleibt es spannend, Martha auf ihrem Lebensweg zu begleiten. Die Autorin schreibt fesselnd und ihr Wissen um Historie und Medizin macht den Roman auch zu lesenswerten Geschichtsstunde. Ich denke, man kann dieses Buch auch einzeln lesen, kleine Rückblenden geben genügend Anhaltspunkte zur Vorgeschichte, aber es wäre schade, sich den ersten Band entgehen zu lassen.

So sehe ich dem dritten Band voller Vorfreude entgegen.

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Veröffentlicht am 01.10.2020

Späte Rache

Heidehexen
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In einer Autowerkstatt wird ein Toter gefunden, der auf bestialische Weise umgebracht wurde. Das Opfer, ein angesehener Finanzberater war als christlicher Wohltäter in der Lüneburger Gesellschaft bekannt. ...

In einer Autowerkstatt wird ein Toter gefunden, der auf bestialische Weise umgebracht wurde. Das Opfer, ein angesehener Finanzberater war als christlicher Wohltäter in der Lüneburger Gesellschaft bekannt. Sicher gab es den einen oder anderen Geldanleger, der nicht gut auf ihn zu sprechen war, auch ehemalige Angestellte stimmen nicht in das allgemeine Loblied ein. Trotzdem findet die ermittelnde Beamtin Kommissarin Marie Gläser in diesem Umfeld keine näheren Hinweise. Erst als ein zweites, wieder brutal gefoltertes Opfer gefunden wird, das einige Merkmale zum ersten Fall aufweist, beginnt sich für Marie Gläser ganz allmählich ein Muster abzuzeichnen.

Gleichzeitig ermittelt sie in ihrem privaten Umfeld, die Freundin einer Mitbewohnerin wurde in der Bahn sexuell belästigt und ausgerechnet der Aggressor wird einige Tage übel zusammengeschlagen. Auch ein Professor der Universität wird Opfer von Schmähungen und Beschädigungen. In diesem Zusammenhang stößt Marie Gläser zum ersten Mal auf die Heidehexen, eine feministische Gruppe, die sich nicht länger als Opfer sehen möchten, sondern aktiv für Frauenrechte einsetzen.

Was für ein stimmungsvolles und harmonisches Foto auf dem Cover. Es suggeriert Idylle, ganz im Gegensatz zur Handlung, die gleich mit einem grauenvollen Leichenfund beginnt. Der Plot ist raffiniert ausgearbeitet, baut gesellschaftliche Missstände ganz realistisch und aktuell in die Handlung ein. Die Ermittlungsarbeit im Team um Marie Gläser ist fesselnd beschrieben und hat mich das Buch fast in einem Rutsch lesen lassen.

Besonders gelungen ist dabei die Figur der Kommissarin, eine taffe Frau, die auch im Privatleben unabhängig bleiben will, weshalb sie auch in einer studentischen Wohngemeinschaft lebt. Es ist auch der Kontakt mit den jungen Frauen, die sie auf eine entscheidende Spur bringt.

Die Geschichte überraschte mich mit einigen Wendungen, die die Spannung noch erhöhten und es dauerte, bis ich die Hintergründe durchschaute. Das ist genau das, was ich mir für einen gelungenen Krimi wünsche.

Es ist mein erstes Buch des Autors, den ich mir sicher merken werde.

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