komplexer Wirtschaftskrimi
Carl Wrede ist 14 Jahre als seine Eltern sich am Weihnachtstag umbringen. Wie durch ein Wunder überlebt er den erweiterten Suizid und ist von Anfang an überzeugt, dass seine Eltern nicht Selbstmord begangen ...
Carl Wrede ist 14 Jahre als seine Eltern sich am Weihnachtstag umbringen. Wie durch ein Wunder überlebt er den erweiterten Suizid und ist von Anfang an überzeugt, dass seine Eltern nicht Selbstmord begangen haben. Das traumatische Erlebnis verändert den Jungen, macht ihn zum introvertierten Einzelgänger, und 10 Jahre später ist der Wunsch übermächtig geworden, selbst herauszufinden, wie seine Eltern wirklich zu Tode kamen. Die Geschichte spielt also von Anfang an in zwei Zeitebenen. 1948 und 1958.
1948 wird Deutschland weiterhin von den Siegermächten kontrolliert, die in ihren jeweiligen Besatzungszonen die nötigen Machtbefugnisse haben. Ganz langsam wird die BRD in die Unabhängigkeit entlassen. Einer der ersten Schritte ist eine Währungsreform, denn die Menschen hungern noch immer und die Wirtschaft läuft nur langsam an. Da Bankier Wrede direkt und indirekt mit dem Prozess der Währungsreform zu tun hatte, liegt die Vermutung des Lesers nahe, dass sein Tod damit zu tun haben könnte. Bei der Vermutung bleibt es erst mal sehr lange, denn der Autor nimmt sich Zeit und fährt jede Menge Personal und verschachtelte Handlungsstränge auf, um die komplizierte Thematik zu beleuchten. Dabei tummeln sich diverse reale Persönlichkeiten und auch fiktive Darsteller in beiden Zeiten.
1958 versucht Carl mit allen Mitteln, seine Theorie von einem Mord zu beweisen und kann schließlich seinen Vormund überzeugen, dass an der Sache vielleicht doch etwas dran ist. Interessant ist dabei vor allem zu lesen, wie wenig oder viel sich in 10 Jahren in Deutschland verändert hat und wie stark vor allem die amerikanischen Einflüsse immer noch waren.
Das Thema des Buches ist spannend und man merkt dem Autor seinen wirtschafts- journalistischen Hintergrund deutlich an. Auch, dass er bei seiner Recherche sehr fleißig war, kommt gut rüber. Der Erzählstil an sich war für mich etwas sperrig zu lesen. Eine sehr verzwickte Handlung und viele Darsteller und noch mehr Nebendarsteller machen das Ganz unübersichtlich, obwohl es ein Personenverzeichnis gibt. Es gelang mir auch oft nicht, dem Verlauf der Geschichte ganz zu folgen oder ich brauchte ziemlich lange, um zu verstehen, worum es in manchen Szenen eigentlich ging. Es fällt mir schwer, den Finger direkt auf das Problem zu legen. Personen wie Carl, Tennenbaum oder Jennings dürfen durchaus mit Gedanken und Gefühlen agieren, aber ich kam ihnen nicht wirklich nahe. Den Fakten wurden intensive Beschreibungen gewidmet, dafür fehlte es oft an Aktion und Spannung. Ich denke, es hätte mir gefallen, wenn die fiktive Handlung etwas ausführlicher gewesen wäre und in Dialogen die Zusammenhänge und Rückschlüsse, die vor allem Carl und Jennings gezogen haben, noch besser erklärt worden wären. Auch Beschreibungen von Orten und Situationen hätte man noch ausbauen können.
Fazit: Der Autor hat etwas zu sagen aber an der Struktur eines spannenden Kriminalfalles muss er noch etwas arbeiten, damit es nicht wie eine nüchterne Reportage rüberkommt.