Ein dünnes Buch mit sehr viel Inhalt
Kirschblüten und rote BohnenDarum geht's:
Sentaro ist ein eher mürrischer Mann, der gerne für sich bleibt. Und so verrichtet er seine Arbeit als Doriyaki Verkäufer eher unwillig. Nach einer Haftstrafe erhielt er Hilfe vom ehemaligen ...
Darum geht's:
Sentaro ist ein eher mürrischer Mann, der gerne für sich bleibt. Und so verrichtet er seine Arbeit als Doriyaki Verkäufer eher unwillig. Nach einer Haftstrafe erhielt er Hilfe vom ehemaligen Besitzer einer Imbissstube, die sich mitten in Tokio im Schatten der Kirschbäume befindet. Dort stellt er von morgens bis abends Doriyaki her, kleine Pfannkuchen gefüllt mir süßer Bohnenpaste, um seine Schulden abzustottern. Die Paste kommt aus dem Kanister vom Großmarkt und so schmeckt sie auch. Das Geschäft geht mehr schlecht, als recht; die einzigen Stammkunden sind die Mädchen aus der naheliegenden Schule.
Wakana, eines der Schulmädchen, kommt regelmäßig in den Imbiss. Ihre Eltern sind geschieden, die Mutter kaum zu Hause. Doch eines Tages steht eine alte Dame vor dem Imbiss und möchte sich gerne für die ausgeschriebene Stelle als Hilfskraft bewerben. Tokue Yashii heißt sie und ihre Hände sind etwas verformt. Sentaro weist sie zurück, doch Tokue gibt nicht so schnell auf. Sie übergibt Sentaro eine Box mit ihrer selbstgemachten An, der süßen Bohnenpaste, und nachdem er davon gekostet hat, weiß er, dass er Tokue einstellen muss.
Ab sofort beginnen Sentaros Tage noch vor dem Sonnenaufgang, denn eine gute Bohnenpaste zu kochen, braucht Zeit. Das beginnt beim sorgfältigen Auswählen der geeigneten Azuki-Bohnen, bei der Konsistenz und den ganz speziellen Geruch, der Tokue sagt, dass das An jetzt gerade richtig ist. Plötzlich boomt der Imbissladen und die Menschen stehen Schlange, um das köstliche Doriyaki zu bekommen. Doch das Glück währt nicht lange, denn eines Abends steht die Inhaberin der Imbissbude vor der Tür und verlangt Tokues Kündigung. Es sei ein schlimmes Gerücht über Tokues verformte Hände im Umlauf.......
Meine Meinung:
Gleich vorweg: Dies ist eines der wenigen Bücher, in denen man gerne länger verweilt und die man öfters lesen kann....wunderschön und poetisch!
Sentaro ist ein Mann ohne Perspektive, der gerne trinkt, vorbestraft ist und von frühmorgens bis abends in der Doriyaki-Imbussstbe steht. Dabei mag er nicht einmal Süßes....
Durch die fröhliche Tokue, die sich ihr ganzes Leben nichts sehnlicher gewünscht hat, als die Sonne zu sehen, mit den Menschen zu plaudern und den wiegenden Ästen der Bäume zuzuwinken, kommt etwas Leben in die Imbissstube. Auch Sentaro beginnt sich langsam zu verändern...er beginnt sich zu öffnen und langsam entwickelt sich, während der vielen gemeinsamen Stunden am Herd, eine ganz besondere Verbundenheit. Auch Wakana gehört zu diesem Trio einsamer Herzen, das sich von der Gesellschaft als Außenseiter fühlt.
"Im Leben eines Menschen gibt es nie nur eine Farbe. Die Schattierungen können sich jederzeit ändern. Eigentlich ist das ganze Leben ein andauerndes Farbenspiel. Ich weiß das, weil ich bereits am Ende dieses Spiels angelangt bin.“ - Takoe, Seite 171
Hier geht es nicht nur um die richtige Zubereitung von Doriyaki (hungrig sollte man aber trotzdem weder das Buch lesen, noch den Film anschauen!), sondern hier geht es um die leisen Zwischentöne, um unerfüllte Träume und Hoffnungen. Der Kirschbaum vor dem Imbiss ist eine Art Metapher und zeigt den Leser die Vergänglichkeit und den Zyklus des Lebens.
Sehr mitgenommen hat mich Tokues Schicksal, die mehr als 40 Jahre ihres Lebens unter Zwangsquarantäne verbringen musste.
Schreibstil:
Leise und unaufdringlich schlich sich Durian Sukegawa mit seiner Geschichte in mein Herz. Die Sätze sind eher kurz gehalten, die Sprache ist klar und trotzdem verbirgt sich hinter den Zeilen sehr viel mehr.
Der Autor gewährt uns Europäern einen Einblick in die japanische Kultur, die uns doch sehr oft fremd ist. Auch wenn manche Stellen oder Dinge uns etwas eigentümlich vorkommen, so sind wir alle Menschen mit Träumen, Hoffnungen und den Wunsch Glücklich zu sein - egal, ob in Asien, in Europa oder in Afrika.
Fazit:
Poetisch, tragisch, wunderschön - ein eher dünnes Buch mit sehr viel mehr Inhalt! Japanische Lebensweisheiten, aber auch Gesellschaftskritik, sowie die Macht der Freundschaft, sind nur einige der Themen, die hier aufgegriffen werden. Meine Leseempfehlung!
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BUCH VERSUS FILM
Vorgestern habe ich mir auch den Film zum Buch von Durian Sukegawa angesehen. Vorweg kann ich sagen, dass ich das Buch - wie eigentlich zu 95% - besser fand, als die Verfilmung.
Regisseurin Naomi Kawasa ist trotzdem ein eindrucksvoller Film gelungen, der jedoch für das eher dünne Büchlein zu viel an Länge hat. Sicherlich lebt die Geschichte von der Stimmung und den Weisheiten Takoes, doch für Nichleser gibt es hier doch einige Längen.
Die Schauspieler spielten wirklich sehr gut und auch die japanische Kultur und Küche kam nicht zu kurz.
Trotz der Zeit, die der Film hat, sind manche Hintergründe (Warum ist Wakane immer im Imbiss?) zu wenig ausgeleuchtet, vorallem auch Takoes Krankheit und deren Konsequenzen.
Trotzdem kann ich aber auch den Streifen für Menschen, die leise Filme mögen, empfehlen