Ein düsteres, sehr bedrückendes, teils geradzu ängstigendes Buch: Depression, Suizid(gedanken), Trauma, Alkoholsucht - die grobe Themenauswahl fungiert hier schon als Triggerwarnung.
Der Erzähler reist ...
Ein düsteres, sehr bedrückendes, teils geradzu ängstigendes Buch: Depression, Suizid(gedanken), Trauma, Alkoholsucht - die grobe Themenauswahl fungiert hier schon als Triggerwarnung.
Der Erzähler reist mit seinem jungen Sohn zurück in seine Heimat. Dort lauern natürlich an jeder Ecke Erinnerungen - für den Erzähler sind diese meist qualvoll und schmerzhaft, denn seine Vergangenheit wird von "unaussprechlichen" Tragödien geprägt. Sowohl Vater als auch Groß- und Urgroßvater haben sich umgebracht, die Umstände wurden danach jeweils totgeschwiegen. Nun ist der Erzähler selbst in dem Alter, in dem seine Ahnen meist schon aufgegeben hatten - und er weiß nicht, ob er stark genug ist, dem Schicksal zu entfliehen und seinen Sohn davor zu beschützen.
Bov Bjerg erzählt die Geschichte in Fragmenten - die Serpentinen sind nicht nur die kurvigen Straßen der Schwäbischen Alb, sondern auch die Erinnerungsverläufe, Wiederentdeckungen, Reminiszenzen. Außerdem wabert, je nach Alkoholspiegel, das Bewusstsein des Erzählers hin und her ("Reich mir mal noch ein Bier rüber"). Neben den bereits erwähnten Themen - intergenerationelles Trauma, versinnbildlicht durch Depression und Suizid - spielt auch Klassismus eine Rolle. Der Erzähler, mittlerweile studierter Soziologe, traut seinem eigenen Bildungsweg nicht; zu hoch hinaus ist er, der einfache Arbeiterjunge, gekommen, merkt das denn keiner?
Kurzum: Gesellschaftliche relevante Themen, die weh tun, das Ganze innovativ erzählt. Was mir hier besonders gefallen hat, ist die Darstellung der Krankheit Depression. Das Thema hält ja immer mehr Einzug, nicht nur im Sachbuch, und ist natürlich, wie die Krankheit selbst auch sehr unterschiedlich empfunden wird und "wirkt", auf verschiedene Weise darstellbar. Bov Bjerg wählt hier den steinigsten Weg. Sein Charakter steckt ganz tief drin in der Depression, seine Gedankenwelt sind von Suizidgedanken und dem Nachdenken über den (familiären) Suizid bestimmt, und auch die Zukunftsgedanken sind überwiegend düster bis grausam. Das ist schwere, harte Kost, auf die sich sicher nicht jeder Leserin einlassen will, was verständlich ist. Ich lobe Berg für seinen Mut, die dunklen Seiten der Krankheit so böse und direkt "nackt" zu zeigen - das zu lesen ist teils sehr ungenehm, aber manchmal nötig.