Profilbild von schnaeppchenjaegerin

schnaeppchenjaegerin

Lesejury Star
offline

schnaeppchenjaegerin ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit schnaeppchenjaegerin über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 24.02.2021

Gelungene Fortsetzung - lebendiger Schreibstil, zeitgemäße Beschreibungen und schicksalhaften Geschichten über vier starke Frauen

Die Wunderfrauen
0

Starnberg, 1961: Das kleine Lebensmittelgeschäft von Luise Dahlmann floriert, Luise kann sich vor Arbeit kaum retten. Ihre ehemalige Freundin Helga Knaup ist inzwischen Ärztin geworden und zieht mit ihrem ...

Starnberg, 1961: Das kleine Lebensmittelgeschäft von Luise Dahlmann floriert, Luise kann sich vor Arbeit kaum retten. Ihre ehemalige Freundin Helga Knaup ist inzwischen Ärztin geworden und zieht mit ihrem Sohn David nach Starnberg zurück, wo sie in der Seeklinik eine Anstellung als Gynäkologin findet. Da sich Luises Tochter Josie direkt mit ihrem neuen Mitschüler David anfreundet, kommt auch Luise nicht um den Kontakt mit Helga herum. Die beiden vermissen ihre alte Freundschaft und blenden das Zerwürfnis, das ihre Freundschaft zerstörte, aus. Die wahren Hintergründe des Seitensprunges ihres Ehemanns Hans mit Helga hat Luise nie erfahren.
Luises Nachbarin Annabel von Thaler ist mit Anfang 40 überraschend zum zweiten Mal Mutter geworden. Doch das Glück ist nicht perfekt, denn die kleine Marlene kommt mit einer Behinderung zur Welt. Annabel fragt sich, ob sie etwas in der Schwangerschaft falsch gemacht hat, insbesondere da ihr Ehemann, der leitende Direktor der Seeklinik, seltsam nach der Geburt reagiert und sich die Anzahl der missgebildeten Neugeborenen häuft.
Luises Schwägerin Marie Brandstetter ist inzwischen Mutter von drei Kindern und macht die Arbeit am Hof ihres Ehemanns Martin in Leutstetten, der wegen des besseren Verdients in der Forstwirtschaft arbeitet, fast alleine. Der Haushalt, die Kinder, die Tiere, Martins behinderter Bruder Manni, die betagte Tante Polli - Marie weiß nicht mehr, wo ihr der Kopf steht und ist froh, dass mit neuen Geräten wie der Waschmaschine Erleichterungen für die tägliche Arbeit Einzug halten.

"Die Wunderfrauen - Von allem nur das Beste" ist die Fortsetzung von "Die Wunderfrauen - Alles, was das Herz begehrt". Wie schon der erste Band der Reihe, der mir sehr gut gefallen hat, ist auch der zweite Band ein kurzweiliger Roman über vier ganz unterschiedliche Frauen im bayerischen Starnberg, der das Lebensgefühl der damaligen Zeit authentisch und lebendig einfängt. Die Fortsetzung schreibt die Geschichte ungefähr sieben Jahre später fort, nachdem Band 1 im Jahr 1954 geendet hat. Zentraler Anlaufpunkt ist der Lebensmittelladen von Luise Dahlmann, wo die einzelnen Handlungsstränge zusammenlaufen. Ärztin Helga wird wieder zu einer guten Freundin und auch mit ihrer Nachbarin Annabel, die Luise inzwischen im Laden unterstützt, freundet sich Luise weiter an. Einzig das Leben von Schwägerin Marie bleibt etwas im Hintergrund.

Auch wenn ein größerer Zeitsprung erfolgt ist, fällt es erneut leicht, sich in die durchweg sympathischen Frauen und ihre Lebenssituation hineinzuversetzen. Bis auf Annabel sind alle Frauen durch ihre Arbeit stark eingespannt, weshalb Luises Sehnsucht nach Bewegung und Abwechslung verständlich ist, während Marie in bisschen Zeit für sich bräuchte. Die alleinerziehende Helga stürzt sich dagegen leidenschaftlich in ihren Beruf als Ärztin und möchte ihre Patientinnen nicht nur medizinisch versorgen, sondern sie darüber hinaus unterstützen, ihre Unabhängigkeit und Eigenständigkeit zu bewahren. Eine Aufklärung über Verhütung ist dabei ein wichtiger Schritt, aber Helga geht noch weiter und gefährdet damit nicht nur ihre Anstellung, sondern auch ihre eigene Freiheit. Annabel ist weiterhin gut situiert und hat es nicht nötig, zu arbeiten, braucht jedoch eine Abwechslung von ihren Sorgen und das Gefühl, gebraucht zu werden und hilft deshalb gerne in Luises Laden aus. Die Sorgen um Marlene und dass ihr Ehemann ihr etwas verschweigt setzen der Familie jedoch zu.

Ich habe mich sehr auf das Wiedersehen mit den vier Frauen gefreut, deren Leben sich in diesem zweiten Band noch mehr miteinander verbinden. Alle sind sie reifer geworden und haben ihre Wünsche aus Band 1 verwirklicht. Jetzt heißt es, diese Träume zu leben und an ihnen festzuhalten. Jede hat jedoch ihre ganz eigenen Sorgen und findet Halt in ihren Freundschaften. Gemeinsam ist vieles leichter und auch da ist wiederum Luise Dreh- und Angelpunkt des Buches, die immer ein offenes Ohr hat und sich aufopferungsvoll um ihre Freundinnen kümmert.
Die Entwicklung der Charaktere, der lebendige Schreibstil, die zeitgemäßen Beschreibungen und auch die schicksalhaften Geschichten hinter den weiblichen Figuren mit ihren beruflichen und familiären Problemen, haben mir wieder sehr gut gefallen. Es ist erneut ein wunderbarer Roman über Freundschaft, Zusammenhalt, große und kleine Träume, die man am besten gemeinsam verwirklichen kann und eine anschauliche Zeitreise in die Jahre der Swinging Sixties, in der der Wunsch nach Emanzipation lauter wird.
Ich freue mich jetzt schon auf den abschließenden Band der "Freiheit im Angebot" der "Wunderfrauen"-Trilogie, der im August 2021 erscheinen wird - nicht nur wegen des fiesen Cliffhangers am Ende von "Von allem nur das Beste".

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 02.01.2021

Nostalgische Weihnachtsgeschichte - ein unbeschwerter Roman, der Hoffnung schenkt und für ein warmes, behagliches Gefühl im Winter sorgt

Das Winterkarussell
0

Nachdem Antonia durch einen Verkehrsunfall ihrer Mutter mit 15 Jahren zur Vollwaise geworden ist und die Unterbringung in einer Einrichtung des Jugendamtes für sie unerträglich ist, kommt sie bei ihrem ...

Nachdem Antonia durch einen Verkehrsunfall ihrer Mutter mit 15 Jahren zur Vollwaise geworden ist und die Unterbringung in einer Einrichtung des Jugendamtes für sie unerträglich ist, kommt sie bei ihrem bisher unbekannten Großvater Otto auf einem Bauernhof einige Kilometer von Wiesbaden entfernt, unter. Otto Schneider ist ein Einsiedler, über den es böse Gerüchte im Dorf gibt, weshalb er zunächst etwas mürrisch auf Antonias Anwesenheit reagiert. Antonia ist jedoch auf den ersten Blick verzaubert von dem 90 Jahre alten Karussell, das ihr Großvater in einer Scheune verbirgt und sein ein und alles ist. Mit dieser Reaktion findet auch Antonia Zugang zu ihrem Großvater, der weniger böse als vielmehr einsam ist. Er erzählt ihr von der Zeit, als er mit seinem Vater und seinem Bruder Gustav als Schausteller mit dem Karussell unterwegs war. Und wie es der Zufall so will, wird in diesem Jahr ein Karussell für den Weihnachtsmarkt in Frankfurt gesucht... Antonia kann ihren Großvater dazu überreden, mit dem Karussell noch einmal Kinderaugen zum Leuchten zu bringen und er selbst schwelgt sodann in Erinnerungen an seine große Liebe Lene, die er 1938 auf dem Weihnachtsmarkt am Römer kennenlernte.

Der Roman handelt auf zwei Zeitebenen, im Winter 1938 und Herbst/ Winter 1990, selbst die Gegenwart liegt insofern bereits dreißig Jahre zurück. Die Handlung ist deshalb so herrlich nostalgisch wie das alte Winterkarussell selbst, das man sich durch die bildhafte Beschreibung lebhaft vorstellen kann.
Es ist eine Geschichte, die perfekt zur (Vor-)weihnachtszeit passt und den Zauber der Weihnacht einfängt. Sie handelt von Liebe, aber auch den Schmerzen, den diese verursacht und von dem Gefühl der Geborgenheit innerhalb der Familie, unabhängig davon, ob damit die klassische Familie oder die Gemeinschaft der Schausteller auf einem Jahrmarkt gemeint ist.
Die Liebesgeschichte berührt und erzeugt Spannung, da lange unklar bleibt, woran die so hoffnungsvoll begonnene Liebe zwischen dem einfachen Schaustellersohn Otto und der Tochter aus gutem Hause, Lene, zerbrochen ist.

Wenn man das Buch als modernes Weihnachtsmärchen betrachtet, ist es auch nicht weiter schlimm, wenn viele Probleme sehr einfach gelöst werden und der Zufall wiederholt eine wohlwollende Rolle spielt. Auch wenn der Beginn der Geschichte mit dem Tod der Mutter traurig ist und Ottos Liebe im Dezember 1938 kein glückliches Ende fand, ist "Das Winterkarussell" eine unbeschwerte Geschichte, die Hoffnung schenkt und für ein warmes, behagliches Gefühl im Winter sorgt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 14.10.2020

Tragische Familiengeschichte mit einem ungewöhnlichen Aufbau, die in den Bann zieht und nachdenklich über unsere Zukunft und den Klimawandel macht

Das Flüstern der Bäume
0

Jacinda Greenwood arbeitet auf Greenwood Island als Pilger- und Naturführerin. Die kanadische Insel beherbergt ein Luxus-Ferienresort, das den Reichen vorbehalten ist, denn im Jahr 2038 ist die Natur auf ...

Jacinda Greenwood arbeitet auf Greenwood Island als Pilger- und Naturführerin. Die kanadische Insel beherbergt ein Luxus-Ferienresort, das den Reichen vorbehalten ist, denn im Jahr 2038 ist die Natur auf der Erde weitestgehend zerstört. Nur auf Greenwood Island gibt es noch eine größere Anzahl von Bäumen, die vom Welken verschont geblieben sind.
Jacinda ging bisher davon aus, dass die Namensgleichheit ein reiner Zufall ist, doch dann bekommt sie Besuch von ihrem Exfreund, der ihr das Tagebuch ihrer Großmutter übergibt. Sie erfährt darin alles über ihre familiären Wurzeln, die eng mit den Bäumen verbunden sind.

"Das Flüstern der Bäume" erzählt neben dem apokalyptischen Szenario einer zerstörten Natur eine eindrucksvolle Familiengeschichte, die sich über 130 Jahre erstreckt. Die Erzählweise ist dabei ungewöhnlich raffiniert. Angelehnt an die Jahresringe eines Baumstammes, beginnt die Geschichte am Ende im Jahr 2038 und wird sodann rückwärts bis zum Kern im Jahr 1908 erzählt, bevor sie wieder ihre Kreise über die Jahre 1934, 1974 und 2008 zieht, bis sie am Ausgangspunkt, dem äußersten Jahresring 2038 angelangt.

Die Geschichte handelt von den zerstrittenen Brüdern Everett und Harris - einer ein reicher Holzfällerunternehmer, der andere ein straffälliger Eremit, der die Zuckerahornbäume für Sirup anzapft - einem entführten Mädchen, das sich als erwachsene Frau zu einer kompromisslosen Kämpferin für den Umweltschutz entwickelt, die die Bäume mehr liebt, als die Menschen.
Jeder Abschnitt ist, geprägt von den Protagonisten, die gerade im Mittelpunkt stehen, ganz unterschiedlich in seiner Erzählweise. Es sind schockierende Einzelschicksale, deren Leid ungeschönt geschildert wird sowie ein spannendes Katz-und-Maus-Spiel um ein entführtes Mädchen. Eine Einteilung in Gut und Böse ist schwer möglich, denn jeder Charakter hat seine Ecken und Kanten und weder nur gute oder nur schlechte Seiten. Durch den empathischen Schreibstil ist es jedoch möglich, sich in jede einzelne Figur hineinzuversetzen und Verständnis für ihre Motivation und ihr Handeln aufzubringen. Auch wenn die einzelnen Abschnitte jahrelang auseinanderliegen, sind sie inhaltlich doch eng miteinander verbunden und entwickeln eine Sogwirkung. Obwohl man weiß, wie die Geschichte endet, ist es spannend zu erfahren, welche Ereignisse und Entscheidungen der Vorfahren Jacindas dazu geführt haben, dass sie allein auf Greenwood Island ist und bisher ihre Familiengeschichte und eigene Herkunft nicht kannte.

"Das Flüstern der Bäume" ist eine tragische Familiengeschichte, die ungewöhnlich aufgebaut ist und den Leser durch diese Erzählweise in den Bann zieht und gleichzeitig mit der recht düsteren Aussicht auf eine Zukunft, in der die unberührte Natur nur noch reichen Urlaubern vorbehalten ist, schockiert und zum Nachdenken anregt, ob der Klimawandel noch zu stoppen ist.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 10.10.2020

Spannender als die Vorgängerbände der charmanten Buchreihe - ein kniffliger Fall clever gelöst

Der Fall der verhängnisvollen Blumen
0

Da Enola davon ausgeht, dass ihre Tarnung bei der Lösung des Falls um die verschwundene linkshändige Lady aufgedeckt worden ist, schließt sie das Büro des Wissenschaftlichen Perditors Dr. Ragostin. Um ...

Da Enola davon ausgeht, dass ihre Tarnung bei der Lösung des Falls um die verschwundene linkshändige Lady aufgedeckt worden ist, schließt sie das Büro des Wissenschaftlichen Perditors Dr. Ragostin. Um sich weiterhin vor ihren Brüdern verstecken zu können, benötigt sie eine neue Identität und schlüpft in die Rolle der feinen Lady Viola Everseau, was mit enormem Aufwand verbunden ist.

Als Enola erfährt, dass der Arzt und beste Freund ihres Bruders, Dr. Watson, vermisst wird, möchte sie helfen, denn er war auch ihr gegenüber zuvorkommend und hilfsbereit. Zudem ist ihr Ehrgeiz geweckt, da selbst Meisterdetektiv Sherlock Holmes ratlos ist. Bei einem Besuch von Dr. Watsons Ehefrau fällt ihr ein Blumenstrauß aus, der jedoch keine freundlich gemeinte Geste zu sein scheint. Enola versteht die Sprache der Blumen, die in dem Strauß allesamt nichts gut verheißen und den Tod symbolisieren. Dr. Watsons scheint sich in Lebensgefahr zu befinden...

"Der Fall der verhängnisvollen Blumen" ist der dritte Band der Reihe um Enola Holmes, der gewitzten jungen Schwester von Sherlock Holmes. Er schließt inhaltlich nahtlos an Band 2 an und handelt im Jahr 1889 in London. Nach wie vor ist Enola auf der Suche nach ihrer verschwundenen Mutter, muss dabei aber aufpassen, nicht von ihren Brüdern entdeckt zu werden. Das schlaue Katz-und-Maus-Spiel wird insofern fortgesetzt. Auch nutzt Enola erneut chiffrierte Anzeigen in Zeitungen und Zeitschriften, um Kontakt mit ihrer Mutter aufzunehmen. Dies gestaltet sich allerdings immer schwieriger, da inzwischen auch ihre Brüder die Kommunikation entdeckt und entschlüsselt haben.

Den Fall um den verschwundenen Dr. Watson empfand ich als spannender aufgebaut, als die Fälle in den Vorgängerbänden, auch wenn es in diesem Fall sehr viele Zufälle und glückliche Begegnungen sind, die Enola auf die richtige Spur führen.
Der Roman ist wiederum sehr kurzweilig zu lesen und es macht Spaß, Enola bei ihren abgetarnten Ermittlungen zu begleiten und zusammen mit ihr die Rätsel zu lösen. Ich mag den Charme der Buchreihe, die einen sehr anschaulich in das London zum Ende des 19. Jahrhunderts versetzt. Bei diesem Band gefiel es mir besser, dass die Sozialkritik nicht so sehr im Vordergrund stand, sondern mehr erzählerische Sorgfalt auf die Lösung des kniffligen Kriminalfalls verwendet wurde.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 02.10.2020

Raffiniert konstruierter Thriller mit mehreren Erzählsträngen und einer sympathischen Hauptfigur - spannend und sehr authentisch geschrieben

Zerrissen
0

In einer Wohnung in Berlin-Marzahn findet die Deutsch-Chinesin Mailin Zhou ihre knapp zweijährige Tochter schwer verletzt im Wohnzimmer auf. Die Kopfverletzungen sind so massiv, dass sie nicht durch einen ...

In einer Wohnung in Berlin-Marzahn findet die Deutsch-Chinesin Mailin Zhou ihre knapp zweijährige Tochter schwer verletzt im Wohnzimmer auf. Die Kopfverletzungen sind so massiv, dass sie nicht durch einen einfachen Sturz verursacht sein können, wie der Rechtsmediziner Dr. Fred Abel feststellt. Besonders pikant ist, dass es sich bei dem Mädchen um die Nichte seiner Kollegin Sabine Yao handelt, die sich nicht vorstellen kann, dass ihre alleinerziehende Schwester die kleine Siara misshandelt hat.
Unterdessen findet Lars Moewig in einem Boxsack in einem Kickbox-Studio eine männliche Leiche. Im Spind des Opfers werden Drogen aufgefunden.
Die eigenmächtigen Ermittlungen des Privatdetektivs Moewig, der in der Leiche den Sohn seines Ziehvaters erkennt, führen zu einem libanesischen Clan, der in Berlin-Neukölln das Sagen hat.

"Zerrissen" ist der vierte Band der Reihe um den Rechtsmediziner Dr. Fred Abel. Ich habe keinen Thriller der bisherigen Trilogie gelesen, aber der Einstieg in die Reihe ist auch ohne Vorwissen problemlos möglich. Die Fall aus "Zerrissen" ist unabhängig von den anderen Fällen und die bekannten Protagonisten der Vorgängerromane werden knapp vorgestellt, um sie in den Gesamtzusammenhang des Ermittlungskomplexes einordnen zu können.

Der Thriller beginnend schockierend mit dem ungewöhnlichen Leichenfund im Boxsack und dem schwer verletzten kleinen Mädchen, wobei der Tathergang völlig unklar ist. Verschiedene Perspektiven und schnelle Szenenwechsel sorgen für einen dynamischen Verlauf der Handlung. Die kurzen Kapitel enden häufig mit Mini-Cliffhangern, so dass die Spannung kontinuierlich hoch gehalten wird.
Der Autor ist selbst Forensiker. Seine fiktiven Szenarien basieren auf authentischen Fällen und echten Ermittlungen, was man auch "Zerrissen" anmerkt. Die Zusammenarbeit zwischen Rechtsmedizin und den Polizeikommissariaten ist schlüssig, die einzelnen Protagonisten sind glaubwürdig dargestellt. Im Zentrum der Handlung stehen die Rechtsmedizin und die Erfahrungen von Dr. Abel, die er im Laufe seiner Karriere gesammelt. Die Beschreibungen der Sektionen und Kriminaltechnik sind dabei aber nicht zu komplex, ergänzen die Ermittlungen der Kriminalbeamten und machen das Zusammenspiel rund. Die Atmosphäre Berlins in der Sommerhitze - ein anonymes Hochhaus in Marzahn, das Multi-Kulti-Viertel Neuköllns rund um die Sonnenallee und die Ermittlungen und Untersuchungen in den Treptowers - wird dabei passend eingefangen.

"Zerrissen" ist ein raffiniert konstruierter Thriller mit mehreren Erzählsträngen, die zu Beginn rein gar nichts miteinander zutun zu haben scheinen. Im Verlauf der Ermittlungen erkannt man vor allem durch die akribische Arbeit von Dr. Abel, der dadurch selbst in den Fokus des libanesischen Clans gerät, die Zusammenhänge beider Delikte. Der flüssige Schreibstil sowie die sympathische Hauptfigur und ihr glaubwürdiges persönliches Engagement tragen darüber hinaus entscheidend zum Lesevergnügen bei. True Crime at its best.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere