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Veröffentlicht am 11.10.2020

Empfehlenswertes Sachbuch

Hormongesteuert ist immerhin selbstbestimmt
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„...Wenn in Ihrem Hirn etwas passiert, sind Hormone eigentlich immer beteiligt. Als anerkannte Botschafter zwischen Kopf und Körper sind sie mit Herz und Nieren per du und erhalten vom Gehirn intimste ...

„...Wenn in Ihrem Hirn etwas passiert, sind Hormone eigentlich immer beteiligt. Als anerkannte Botschafter zwischen Kopf und Körper sind sie mit Herz und Nieren per du und erhalten vom Gehirn intimste Informationen über Ihre Sexualität bis zur noch viel persönlicheren Frage nach Ihrem eigentlichen Stresslevel...“

Diese Worte stammen aus dem Vorwort der Autorin, mit dem sie mich mit der Welt meiner Hormone bekannt macht. Eines zeigt das Zitat außerdem: Die Ausführungen sind sehr anschaulich und kommen nicht trocken rüber. Dazu werde ich später mehr sagen.

Das Buch ist in drei Abschnitte gegliedert:
1. Back to the Basics
2. Das sind keine Hormone, das ist mein Charakter
3. Was wir mit Hormonen anstellen

Im ersten Kapitel geht es um die verschiedenen Hormone, ihren chemischen Aufbau und ihre Kernfunktionen. Viel Wert legt die Autorin auf das Zusammenspiel von Hormonen und Gehirn. Dabei werden auch Grundbestandteile unseres Gehirns vorgestellt. Sehr gut gefallen hat mir auch der Blick in die Geschichte und das damit zusammenhängende Thema Kastration. Das führte zu ersten Erfahrungen über die Wirkung von Hormonen oder fehlenden Hormonen. Die Zusammenfassung des Kapitels beginnt mit folgenden Zeilen:

„... Alles in allem sind Hormone die Hintergrundmusik in uns. Manchmal sind ihre Melodien simpel, manchmal aus verschiedenen Beats zusammengesetzt. […] Vor allem ist die Wirkung von Hormonen ziemlich individuell...“

Im zweiten Kapitel werden Hormone in Aktion beschrieben. Verlangen, Angst, Panik, soziales Netz, Stress und Resilienz sind Dinge, die gestreift werden. Das Zusammenspiel von Testosteron und Östrogen nimmt einigen Raum ein. Danach gibt es Ausführungen zu der Vielfalt der Genderfrage und zur frühkindlichen Entwicklung. Inwieweit nach wie vor gesellschaftliche Zwänge und Kulturzwänge eine Rolle spielen, wird außerdem betrachtet.

„...Wie ähnlich sich Liebe und Sucht am Anfang sind, sieht man schon daran, dass es viele wissenschaftliche Artikel zu der Frage gibt, wo eigentlich noch mal der Unterschied liegt...“

Sehr praktisch wird das Thema, wenn es um die Hormone über den Tag, die Jahreszeit und den Zyklus geht. Auch Elternschaft und Hormone im Alter werden behandelt. Einer meiner Lieblingssätze ist:

„...Aus dem Bett kommen ist purer Stress. Findet jedenfalls Ihr Körper. Deshalb treibt er Sie erst einmal mit einer ordentlichen Dosis Kortisol aus den Federn...“

Im dritten Abschnitt erfahre ich, wo in der Nahrung welche Hormone stecken und welche ich unbewusst zu mir nehme, ohne dass ich sie brauche. Bestimmte Kunststoffe spielen dabei eine unrühmliche Rolle.
Der Schriftstil lässt sich gut lesen. Das ändert aber nichts daran, dass bei aller Lockerheit eine Menge an medizinischen Fachbegriffen auf mich als Leser einströmt. Darauf muss man sich einstellen und einlassen. Sie werden allerdings allgemeinverständlich erklärt.
Ab und an tauchen graue Kästchen auf, die sich einem besonderen oder aktuellen Thema widmen. Hier steht ein Ausschnitt dazu:

„...Sexuelle Orientierung ist anders als Identität weniger die Frage, wer wir sein wollen, sondern mit wem wir sein wollen. Und natürlich haben die Hormone da ein Wörtchen mitzureden...“

Die Autorin lässt auch gern zwischendurch die Hormone selbst zu Wort kommen.

„...Kortisol, den Bauarbeiterhelm in den Händen, tritt schuldbewusst ein paar Schritte nach vorne. „Kann sein, dass wir ihn nervös gemacht haben. Aber das war reine Notwehr!“...“

Mit ihn ist Leo gemeint. Das Pärchen Juliette und Leo zeigt mir zwischendurch, wie in ihrem Alltag so die Hormone wirken.
Selbst bei den theoretische Ausführungen ist es der Autorin gelungen, durch kurze Bemerkungen in Klammern die Geschichte aufzulockern und greifbar zu machen.
Vielfältige Schwarz-Weiß-Zeichungen und Diagramme veranschaulichen das Gesagte.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es hat mir auf amüsante Weise eine Menge an Wissen über Hormone mitgegeben.

  • Einzelne Kategorien
  • Erzählstil
Veröffentlicht am 10.10.2020

Brisanter Thriller

Das Tartarus-Projekt
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„...Wir spielen die Hauptrolle in einem Theaterstück, das wir nicht kennen, auf irgendeinen Monitor in einer Geheimdienstzentrale, in die wir nie lebend reinkommen, irgendwo auf dieser Welt, die sich mit ...

„...Wir spielen die Hauptrolle in einem Theaterstück, das wir nicht kennen, auf irgendeinen Monitor in einer Geheimdienstzentrale, in die wir nie lebend reinkommen, irgendwo auf dieser Welt, die sich mit einem Mal völlig verändert hat. Blödes Gefühl. Weil die kennen das Szenario und wir haben nicht einmal den Pausenzettel in der Hand...“

Als der Journalist und Schriftsteller Michael Landorff unerwartet zu einer Party des Millionärs Gregory Winter eingeladen wird, ahnt er nicht, dass er obige Worte wenige Tage später aussprechen wird. Auf der Party der Reichen und Schönen fühlt er sich deplatziert. Dann trifft er Melissa, die ihn mit ihrer Agentur managen und zu einem gefragten Schriftsteller aufbauen will. Doch kaum ist Melissa dabei, sein Image ihren Vorstellungen anzupassen, da steht die Polizei vor der Tür. In der Nacht der Party wurde der Hausherr auf grausame Art umgebracht. Michael will den Fall recherchieren und darüber ein Buch schreiben.
Der Autor hat einen fesselnden Thriller geschrieben. Gekonnt werde darin aktuelle Ereignisse integriert und wissenschaftliche Entwicklungen auf die Spitze getrieben. Die Frage, ob der schwarze Fleck an der Wand eine Fliege oder eine Drohne ist, bekommt eine ganz neue Dimension.
Der Schriftstil ist gewohnt abwechslungsreich. Er ist gespickt mit ironischen und sarkastischen Anspielungen. Das geht insbesondere auf der Party Schlag auf Schlag.

„...Die Hälfte der Besucher stand planlos im Raum verteilt, hielt sich das Handy vor die Augen und starrte fasziniert auf das Display. […] Wer zwitschert Nonsens am schnellsten?...“

Dabei rechnet der Autor gekonnt mit der Buchbranche und ihren Auswüchsen ab. Gefragt nach seinem Buch bekommt Melissa zur Antwort:

„...Ich erinnere mich nicht mehr an den Anfang, dafür liegt das Ende noch völlig im Dunkeln...“

Diese Art von Wortspielereien beherrscht der Autor perfekt. Sie finden sich an vielen Stellen der Geschichte.
Winters Tod ändert vieles. Michael fragt sich, warum gerade er auf der Gästeliste stand und wer neben ihm noch nicht zur üblichen Gesellschaft gehörte. Dabei trifft er auf die Pokerspielerin Alexandra.

„...Entweder täusche ich mich völlig und es hat gar nichts zu bedeuten oder Winter hat uns zu einem ganz bestimmten Zweck eingeladen...“

Jetzt geht es aber nicht um Poker. Sehr schnell begreifen beide, das es ein Spiel um ihr Leben ist. Ein unbekannter Informant, eine eigenartige Versicherungsagentin und ausgebildete Killer sind ihnen mehr oder weniger auf den Fersen. Und bald müssen sie feststellen, das sie eigentlich niemand trauen können. Begriffe wie Freund und Feind lassen sich nicht mehr zuordnen.

„...Merke: Wenn Geheimdienste etwas machen, dann dient es vor allem deren Interessen. Also lassen Sie meine Sicherheit aus dem Spiel...“

Hintergrund ist das Geschäftsmodell von Gregory Winter. Er hat seine Firma für viel Geld an ein Konsortium verkauft, einen paar kleine, aber feine, Informationen allerdings nicht mit übergeben. Und die sind für die Funktionsweise der neuartigen Drohnen unabdingbar. Wer findet sie zuerst? Und wer will was damit?
Die technischen und wissenschaftlichen Hintergründe werden allgemeinverständlich dargelegt, sei es das Thema Drohen oder Metamaterialien.
Der Weg von Michael und Alexandra führt sie nach Wien. Dort lerne ich nicht nur ein paar weniger bekannten Sehenswürdigkeiten der Stadt kennen, sondern erhalte auch einen Einblick in österreichische Außenpolitik bezüglich der örtlichen Geheimagenten.

„...Wir sind auf den Laufenden und kennen sie alle, behindern sie aber nur selten in ihrer Tätigkeit. Man regelt das alles mit Wohlwollen und Diplomatie, auf die österreichische Weise. Da gibt es eine lange Tradition...“

Natürlich dürfen auch aktuelle Ereignisse nicht fehlen, so die Vorgänge um den Tod von Qasem Soleimani. Hier hat die USA gezeigt, wozu ihre Drohnen in der Lage sind.
Der Schriftstil unterstützt manch rasante Handlungsabläufe, findet aber auch gekonnt Ruhepunkte im Geschehen.
Zum Schluss wird der Fall geklärt, aber natürlich hat der Autor im flotten Showdown noch eine Überraschung in der Hinterhand. Ein Nachwort und ein kurzes Interview mit dem Autor schließen das Buch ab.
Die Geschichte hat mir ausgezeichnet gefallen. Das liegt an dem extrem hohen Spannungsbogen und der Brisanz und Aktualität der Handlung.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 07.10.2020

Eine starke Frau

Madame Curie und die Kraft zu träumen (Ikonen ihrer Zeit 1)
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„...Morgen also ist es so weit, Pierre – unsere Große heiratet. Und du bist nicht dabei...“

Diese Worte spricht die Physikerin Marie Sklodowska Curie am Grabe ihres Mannes. Wenig später trifft sie die ...

„...Morgen also ist es so weit, Pierre – unsere Große heiratet. Und du bist nicht dabei...“

Diese Worte spricht die Physikerin Marie Sklodowska Curie am Grabe ihres Mannes. Wenig später trifft sie die Witwe des Bürgermeisters und ihre Tochter Marguerite, deren Forschungsarbeit Marie betreut hat. Sie setzt sich zu den beiden Frauen. Ihre Gedanken gehen weit zurück in die Vergangenheit und dann schildert sie die Zeit ihrer Kindheit und Jugend.
Die Autorin hat ein ausdrucksstarkes Bild von Marie Curie gezeichnet. Die Geschichte ist in drei größere Abschnitte gegliedert. Nach der Kindheit folgt die Zeit der ersten Liebe, bevor ich als Leser sie nach Paris zum Studium begleiten darf. Maries Erinnerungen finden mit den Tod ihres Mannes Pierre den Abschluss. Was danach noch kam, wird nur ab und an bruchstückhaft erwähnt. Immer wieder wird als Rahmenhandlung die Hochzeit ihrer Tochter Marie eingeblendet.
Der Schriftstil lässt sich angenehm lesen.
Marie wächst im besetzten Polen auf. Der negative Eindruck, den der russische Inspektor Iwanow in der Schule hinterlässt, wird ihr ein Leben lang in der Erinnerung bleiben. Schon in jungen Jahren zeigt sich die Begabung des Mädchens.

„...Wenn sie in ein Buch, eine Zeichnung oder eine Rechenaufgabe vertieft war, vergaß sie die Welt um sich herum, gleichgültig, wie laut und turbulent es darin gerade zugehen mochte...“

Doch Frauen dürfen in Polen nicht studieren. Sie träumt von einem Studium in Frankreich. Das aber liegt aus finanziellen Gründen in weiter Ferne. Dann lernt sie Menschen kennen, die in Polen neue Wege gehen wollen, wenn auch erst im Untergrund.

„...Wir polnischen Positivisten brechen ein für alle Mal mit der althergebrachten Vorstellung, Frauen seien ein schwaches Geschlecht und Menschen zweiten Ranges, befähigt lediglich, ihren Mann fürsorgliche Begleiter zu sein...“

Die Worte fallen bei Marie auf fruchtbaren Boden. Doch ihr Gesundheitszustand erfordert es nach dem glänzenden Schulabschluss, das sie sich bei einem Onkel auf dessen Gut erholt.
Im Jahre 1891 erfüllt sich ihr Traum. Sie darf in Paris Mathematik und Naturwissenschaften studieren. Deutlich wird, dass die ehrgeizige Studentin sich um den bestmöglichen Abschuss bemüht. Immer noch hat sie den Wunsch, ihre Kenntnisse dann in Polen zur Verfügung zu stellen. Aber es kommt anders, als sie Pierre Curie kennenlernt. Inhaltsreiche Gespräche ermöglichen mir einen Blick in die Gedankenwelt der Protagonisten. So stellt Pierre, als man sich über die Flugversuche von Otto Lilienthal unterhält, fest:

„...Doch sind es nicht andererseits seit jeher die vermeintlich Verrückten, die unsere Welt verändern? Ich jedenfalls bewundere jeden, der an seinen Träumen festhält...“

Sehr genau legt die Autorin da, wie sich Marie und Pierre gegenseitig in ihrer Arbeit unterstützen. Die Beziehung ist von Achtung geprägt. Aber auch in Paris erlebt Marie, dass sie als Frau in der Wissenschaft nur zweite Wahl ist. Vor allem das Verhältnis zu Henri Becquerel, der großen Einfluss in der Akademie der Wissenschaften hat, bleibt ein Leben lang gespannt. Anders dagegen ist die Beziehung zu Ernest Rutherford. Er nimmt sie und ihre Forschung ernst. Beide haben im Gegensatz zu Becquerel den gleichen Ansatz, wenn sie über die Ursache der Radioaktivität nachdenken.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Dazu hat auch beigetragen, dass die Forschungen des Ehepaares allgemeinverständlich und ausführlich in die Handlung einbezogen wurden. Mit einem Zitat, das aus der Rede stammt, die Pierre anlässlich der Nobelpreisverleihung gehalten hat und das bis heute nichts an seiner Aktualität verloren hat, möchte ich meine Rezension beenden:

„...Ist die Menschheit reif dafür, die neuen Erkenntnisse zu ihrem Nutzen zu gebrauchen, oder wird sie sich mit ihnen Schaden zufügen?...“

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Veröffentlicht am 03.10.2020

Leben in Angst

Du darfst nicht sterben
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„...“Er hat uns verwechselt, Lili.“ Hat er das? Fragen drängen aus der Tiefe meines Bewusstseins empor und überschwemmen mein Denken. Doch die Müdigkeit macht mich schwerfällig. Ich kann nichts ordnen, ...

„...“Er hat uns verwechselt, Lili.“ Hat er das? Fragen drängen aus der Tiefe meines Bewusstseins empor und überschwemmen mein Denken. Doch die Müdigkeit macht mich schwerfällig. Ich kann nichts ordnen, das verknotete Wollknäuel in meinen Kopf nicht entwirren...“

Es sind Lilis Gedanken zwischen Traum und Wirklichkeit. Einerseits bekommt sie die Gespräche um sich herum mit, anderseits kann sie momentan nicht interagieren. Was war passiert?
Die Autorin hat einen fesselnden Psychothriller geschrieben. Die Geschichte zeichnet sich durch einen hohen Spannungsbogen aus. Sie beginnt mit einem Traum, mündet in einem Alptraum und führt mich als Leser dann an den Beginn der Ereignisse.
Der Schriftstil ist ausgefeilt. Er erlaubt eine Blick in die Psyche der Protagonisten und zaubert dort Bilder hervor, die das Geschehen auf eine ganz besondere Art reflektieren.
Fast regelmäßig wechselt ab dem zweiten Teil der Erzähler. Die Zwillinge Lili und Anne haben bei einem gemeinsamen Urlaub Paul kennengelernt. Anne ist die Attraktivere von beiden. Sie Selbstbewusstsein ist deutlich besser ausgeprägt als das von Lili. Letztere ist ruhig und ausgeglichen und hat eher ein mangelndes Selbstwertgefühl. Eine Freundin hat das mal so formuliert:

„...Anne ist der strahlende Stern, neben dem Lili als Sternschnuppe verglüht...“

Beide wollen Paul. Der entscheidet sich aber für Lili. Sie ahnen nicht, wie Pauls dunkle Seite ihr Leben für immer verändern wird. Anne sieht die Gefahr eher, doch Lili macht die Liebe blind.

„...Das erste Mal ist es so, dass nicht sie,sondern ich das große Los ziehe, und das kann sie mir nur schwer verzeihen. Dennoch sieht sie mich auf eine Art an, die mich irritiert. […] Ist es Mitleid?...“

Es braucht Zeit, bis die Zwillinge begreifen, dass sie nur durch gemeinsames Handeln eine Chance auf ein selbstbestimmtes Leben haben. Doch Paul bleibt ihnen auf der Spur.
Zu den eindringlichsten Szenen gehören Lilis Gedanken im Koma. Hier stellt sie sich der Vergangenheit auf neue Weise und wird dabei in eine Welt katapultiert, aus der sie sich gedanklich nur sehr langsam befreien kann.

„...Da ist diese Mauer, manchmal undurchdringlich grün wie Dschungelgewächs, dann wieder breit und grau wie eine dicke Wolkendecke, tief hängend und gewitterbereit. Irgendetwas sagt mir, dass ich sie überwinden muss...“

Hier zeigt sich das Sprachgefühl der Autorin, ihr gekonnter Umgang mit passenden Metaphern und ihre Fähigkeit, Emotionen durch Bilder auszudrücken.
Eingebettet in die Geschichte wird eine Kindheit voller Aggressionen, die tiefe Spuren hinterlassen haben.
Auch für den Leser ist am Anfang nicht klar, wer eigentlich bei den Geschehen welcher Zwilling ist.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Was mich allerdings betroffen macht, ist die Tatsache, dass die Polizei sich eher durch Inaktivität auszeichnet.

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Veröffentlicht am 02.10.2020

Tod eines DJs

Fetenmord in Neuharlingersiel. Ostfrieslandkrimi
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„…Wir werden gleich einen tollen Sonnenuntergang erleben und den sieht man am besten entweder direkt vom Wasser oder von der Deichkrone...“

Den Sonnenuntergang begleitet der DJ Carsten mit dem Lied „Don`t ...

„…Wir werden gleich einen tollen Sonnenuntergang erleben und den sieht man am besten entweder direkt vom Wasser oder von der Deichkrone...“

Den Sonnenuntergang begleitet der DJ Carsten mit dem Lied „Don`t Let the Sun Go Down on Me“. Die große Strandfete in Neuharlingersiel neigt sich langsam ihrem Ende zu. Auch die Kommissare Bert und Nina haben einen beschwingten Abend verlebt. Noch ahnen sie nicht, dass sie am nächsten Tag mit den Tod von Carsten konfrontiert werden würden.
Der Autor hat erneut einen spannenden Krimi geschrieben. Die Geschichte hat mich schnell in ihren Bann gezogen.
Dafür sorgt der ausgefeilte Schriftstil, der das Flair des Nordens gut wiedergibt. Außerdem werden die Personen ausreichend charakterisiert. Vor allem von Carsten lerne ich gleich zu Beginn seine Stärken, aber auch seine Schwächen kennen.
Normalerweise lassen Carsten und seine Freunde Fokke und Malte einen solchen Abend bei ausreichend Alkohol ausklingen. Doch dieses Mal bittet Meite, Carstens Freundin, die beiden, sie mit Carsten allein zu lassen. Beide glauben, dass es Meite um einen romantischen Abschluss geht. Weit gefehlt! Eine WhatsApp – Nachricht hat ihr Blut zum Kochen gebracht. Für die Kommissare ist Meite deshalb die vermutliche Täterin. Die aber liegt nach einem schweren Verkehrsunfall im Krankenhaus und ist erst einmal nicht sofort vernehmungsfähig. War der Unfall ihrer Wut und ihrem Alkoholkonsum geschuldet?
Sehr gut gefallen mir die exakt ausgearbeiteten Dialoge zwischen Bert und Nina, wo es um die Analyse des Falles geht und beide durchaus unterschiedlicher Meinung sind. Trotzdem bleiben sie sachlich und sind für die Argumente der Gegenseite aufgeschlossen. Während Bert auf eine schnelle Lösung hofft, ist Nina vorsichtig. Häufig kam es anders, als man im ersten Augenblick gedacht hat. Und Carstens Leidenschaft fürs Pokern kann durchaus auf andere Mordmotive hinweisen, zumal er häufiger verloren al gewonnen hat.
Carstens Schwäche für Frauen könnte auch einen eifersüchtigen Ehemann auf den Plan gerufen haben. Vieles ist also möglich.
Gut gefällt mir, dass die Themen, die eine Rolle spielen, informativ im Laufe der Handlung aufbereitet werden. Rita, eine Kollegin von Bert und Nina, kennt sich im Pokern aus und erläutert, wie das Ganze abläuft. Dadurch ist sie in der Lage, Zeugenaussagen zu diesem Punkt zu beurteilen.
Berührend und und zugleich aussagekräftig sind die Gespräche mit den Angehörigen. Carstens Mutter konstatiert:

„...Man will keine Rache, aber zumindest Sühne. Der Täter und die Täterin muss zur Verantwortung gezogen werden. […] Es stimmt, kein Toter kehrt dadurch wieder ins Leben zurück, aber es ist lebenswichtig für den eigenen Seelenfrieden der Angehörigen...“

Erstaunlich ist, was heute allein durch eine einfache Handyabfrage alles ermittelt werden kann. Deshalb finde ich es gut, das auf den sorgsamen Umgang mit WhatsApp hingewiesen wird.
Ab und an ist Platz für eine Prise Humor.

„...Nach gefährlichen Aktionen sah es hier im Moment allerdings nicht aus. Die größte Gefahr schien in der Luft zu liegen. Alleine beim Atmen hatten die Beamten das Empfinden, eine Alkoholvergiftung zu bekommen...“

Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es findet gekonnt Spannung mit Lokalkolorit und Information.

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