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Veröffentlicht am 09.01.2021

Einblicke in eine faszinierende Wissenschaft

Sprachprofiling – Grundlagen und Fallanalysen zur Forensischen Linguistik
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Können aus einem (anonymen) Text Eigenschaften seines Verfassers abgeleitet werden? Gibt es gar so etwas wie einen Individualstil, der einem Schreiber relativ unveränderlich anhaftet? Und wenn ja, welches ...

Können aus einem (anonymen) Text Eigenschaften seines Verfassers abgeleitet werden? Gibt es gar so etwas wie einen Individualstil, der einem Schreiber relativ unveränderlich anhaftet? Und wenn ja, welches ist die beste Vorgehensweise, um beispielsweise den Autor eines Drohbriefs aus einer Reihe von Verdächtigen herauszufiltern?
Derartige Fragen sind ebenso interessant wie umstritten. Nichtsdestotrotz konnte das darauf aufbauende Sprachprofiling bereits beeindruckende Erfolge erzielen, sieht sich aber auch immer wieder Kritik ausgesetzt.

Raimund Drommel gibt hier Einblicke in dieses Fachgebiet. Am Anfang, auf den ersten ca 120 Seiten, widmet er sich jedoch zunächst der Vergangenheit, lässt ältere Kontroversen wiederaufleben, indem er teilweise über 30 Jahre alte Artikel nachdruckt, die oftmals inhaltlich nicht sonderlich fundiert, dafür umso polemischer sind und öfters auch ein etwas übersteigertes Selbstbewusstsein des Autors erahnen lassen.
Letzteres scheint auch im Rest des Buches regelmäßig durch, Drommel wirkt sehr überzeugt davon, zumindest im deutschsprachigen Raum der einzige ernstzunehmende Experte auf seinem Gebiet zu sein, und kann sich gelegentliche Seitenhebe auf „Kollegen“ nicht verkneifen. (Vor allem gegenüber Mathematikern dürfte er eine gewisse Abneigung hegen.)
Dennoch ist sein Beharren auf Professionalität und Unparteilichkeit sowie auf der Einhaltung gewisser Standards sicher sinnvoll und wichtig, weswegen ich auch über etwas unsachliche Aussagen leichter hinwegsehen kann.

Von einigen Schwächen abgesehen sind seine Ausführungen dann auch hochinteressant und decken ein breites Spektrum spannender Themen ab. Nach einer eher theoretischen Einführung in Herangehensweisen und Methoden von Sprachprofilern sorgen zahlreiche praktische Anwendungsbeispiele für Anschaulichkeit und zeigen gleichzeitig, wie vielfältig der Aufgabenbereich sein kann – von „simplen“ Nachbarschaftsstreitigkeiten bis zu Fällen von Schwerkriminalität.
Es ist faszinierend, was aus scheinbar nebensächlichen Wörtern oder kleinen Unterschieden in der Schreibweise so alles abgeleitet werden kann.

Alles in allem ist dieses Buch also sehr informativ und regt auch zum Nachdenken an. Eine gewisse Bereitschaft, sich mit ein paar linguistischen Fachbegriffen auseinander zu setzen, ist zwar schon nötig, großteils ist es aber allgemein verständlich geschrieben.
Ich kann es allen empfehlen, die sich für Sprache, Psychologie und/oder Kriminalistik begeistern.

Veröffentlicht am 11.10.2020

Neuer Blick auf die Quantenphysik

Quantenwelt
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Die Quantenphysik gehört wohl zu den faszinierendsten, aber auch umstrittensten Themen der modernen Wissenschaft. Viele der Aussagen der heute gängigen Theorie der Quantenmechanik scheinen unserer Wahrnehmung ...

Die Quantenphysik gehört wohl zu den faszinierendsten, aber auch umstrittensten Themen der modernen Wissenschaft. Viele der Aussagen der heute gängigen Theorie der Quantenmechanik scheinen unserer Wahrnehmung und dem „gesunden Menschenverstand“ zu widersprechen. Gerade deshalb ist dieser Bereich wohl auch bei Esoterikern aller Arten so beliebt.
Lee Smolin zeigt hier auf, dass die Quantenmechanik keinesfalls alternativlos ist und postuliert, dass es sehr wohl möglich ist, eine Interpretation der Quantenphysik zu finden, die auch mit dem Realismus vereinbar ist. Wobei er Realisten als Personen definiert, die glauben, dass die natürliche Welt Eigenschaften besitzt, die unabhängig von unseren Wahrnehmungen und unserem Wissen existieren und dass diese Eigenschaften von uns verstanden und beschrieben werden können.
Er vertritt die Ansicht, dass die Quantenmechanik zwar äußerst erfolgreich, aber unvollständig ist, und stellt seine eigenen Theorien über die Quantenwelt vor.
Im ersten Teil behandelt er aber zunächst die wichtigsten Eigenschaften der Quanten, die Fragen und Probleme in diesem Bereich und die Antworten der Quantenmechanik sowie deren Lücken.
Anschließend erläutert er die wichtigsten Alternativen, die von Realisten in den letzten Jahrzehnten vorgeschlagen wurden und erklärt deren Vorzüge und Schwachstellen.

Damit ist der Boden bereitet für die Beschreibung seiner eigenen Ansichten. Er geht von einigen Prinzipien aus, wie Hintergrundunabhängigkeit, Relationalismus, kausale Vollständigkeit usw, und kommt zu dem wesentlichen Schluss, dass die Zeit im Sinne der Verursachung fundamental und irreversibel sei, der Raum dagegen emergent. So können unter anderem auch Probleme im Zusammenhang mit Lokalität, die in der Quantenphysik immer besonders geheimnisvoll scheinen, unter einem neuen Blickwinkel gesehen werden.

Nun kann ich nicht beurteilen, ob er mit all seinen Überlegungen recht hat. Positiv finde ich jedenfalls, dass er selbst seinen eigenen Aussagen gegenüber kritisch bleibt – Zitat „Diese Theorie ist neu und wie jede neue Theorie höchstwahrscheinlich falsch.“.
Andererseits wirkt seine häufige Verwunderung darüber bzw Kritik daran, dass sich die Quantenmechanik trotz ihrer Unzulänglichkeiten durchsetzen konnte, bisweilen etwas unsachlich.
Geschrieben ist dieses Buch in einem flüssigen Stil, ohne Formeln, dafür mit vielen bildhaften Beschreibungen und Vergleichen. Dies alles macht es auch Laien leichter, den Ausführungen zu folgen. Viele Details habe ich dennoch nicht ganz verstanden – was vielleicht sogar gerade daran liegt, dass an manchen Stellen zu sehr vereinfacht wurde - zumindest die Grundideen sind aber nachvollziehbar.

Fazit: Dieses Werk bietet spannende Einblicke in ein interessantes Forschungsgebiet.
Auch wenn es sicher noch einige Zeit dauern wird, bis abzusehen ist, welche der hier präsentierten Ideen sich bewähren und vielleicht sogar tatsächlich zu einer Umwälzung unseres Weltbildes und zu der lang gesuchten Verknüpfung von Relativitätstheorie und Quantenphysikbeitragen können.

Veröffentlicht am 09.08.2020

Kompakter Überblick zur Geschichte der Evoltuionstheorie(n)

Die Entdeckung der Evolution
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Die Autoren beschreiben hier den Weg, der zu unserem heutigen Verständnis der Evolution geführt hat.
Sie beginnen ihre Ausführungen bereits in der Antike, bei den dort aufgestellten Ursprungstheorien und ...

Die Autoren beschreiben hier den Weg, der zu unserem heutigen Verständnis der Evolution geführt hat.
Sie beginnen ihre Ausführungen bereits in der Antike, bei den dort aufgestellten Ursprungstheorien und folgen der weiteren Entwicklung über die Aufklärung bis zu den Denkern des 19. Jahrhunderts.
Den Großteil des Buches nehmen aber natürlich Charles Darwins Werk und seine Folgen ein. Die wesentlichen Aussagen der Theorie der Evolution durch natürliche Auslese, ihre Zusammenhänge mit anderen Teilgebieten der Biologie sowie ihre Weiterentwicklung im Verlauf der letzten 200 Jahre werden geschildert.
Dabei wird auch auf diverse Gegenpositionen und Kontroversen eingegangen.

Obwohl der trockene Schreibstil der Faszination dieses Themas nicht gerecht wird, hat mir die Lektüre gut gefallen. Es ist interessant, die jeweils unterschiedliche Rezeption von Darwins Ideen im Lauf der Zeit und in verschiedenen Ländern mitzuverfolgen.
Die Ausführungen sind knapp gehalten und konzentrieren sich auf das Wesentliche. Ein umfangreiches Literaturverzeichnis erleichtert es aber, sich in den einen oder anderen Punkt noch weiter zu vertiefen.

Als Einstieg in die Materie würde ich dieses Buch allerdings nicht empfehlen. Der Text ist doch sehr mit Fachbegriffen gespickt, die in dem kurzen Glossar auch nur teilweise erklärt werden.

Veröffentlicht am 09.08.2020

Wir sind nicht allein

Das lebendige Universum
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Sind wir allein im Universum? Eine Frage, die sich die Menschheit wohl schon seit Jahrtausenden stellt und zu deren Beantwortung in den letzten Jahrzehnten diverse Anstrengungen unternommen wurden. Obwohl ...

Sind wir allein im Universum? Eine Frage, die sich die Menschheit wohl schon seit Jahrtausenden stellt und zu deren Beantwortung in den letzten Jahrzehnten diverse Anstrengungen unternommen wurden. Obwohl unser Wissen über das Weltall und die Zahl der bekannten Exoplaneten ständig wachsen, haben wir jedoch noch keine Hinweise auf Leben abseits der Erde gefunden – von technologisch fortgeschrittenen Zivilisationen ganz zu schweigen.
Dennoch sind die Autoren dieses Buches davon überzeugt, dass es auch auf anderen Planeten intelligente Wesen gibt, die Werkzeug herstellen. Und dies möglicherweise sogar relativ häufig.
Sie folgen hier den wesentlichen Schritten auf dem Weg von der Entstehung des Lebens auf der Erde bis zur Menschheit – wie etwa Erfindung der Photosynthese, Produktion von Sauerstoff, die ersten Eukaryonten, Sex, die ersten Vielzeller etc. – und kommen zu dem Schluss, dass die meisten davon im Prinzip auch auf anderen Planeten wahrscheinlich sind. Sie untersuchen dazu jeweils, wie und wie oft die entsprechende Entwicklung abgelaufen ist, welche konkreten Voraussetzungen dazu notwendig waren und ob auch ein anderer Weg zum gleichen funktionalen Ergebnis hätte führen können.
Letzteres ist überraschend häufig der Fall, sodass schließlich nur wenige Dinge übrigbleiben, hinsichtlich derer die Erde tatsächlich einzigartig sein könnte.
Abschließend wird noch ein Blick darauf geworfen, welche Methoden derzeit bzw in naher Zukunft verwendet werden, um nach Leben im All zu suchen.

Das Resultat des „lebendigen Universums“ ist in der Wissenschaft sicher umstritten. Die Autoren stellen ihre Ansichten aber jedenfalls überzeugend dar.
Ihre Ausführungen sind gut strukturiert. Tatsachen und Interpretationen werden übersichtlich aufgeführt und Punkt für Punkt abgehandelt. Dies macht es auch für Laien leicht, der Argumentation zu folgen.
Zwar kommen diverse Fachbegriffe vor. Diese werden jedoch immer erklärt und die Sprache an sich ist eher einfach gehalten.
An einigen Stellen wären etwas detailliertere Informationen schön gewesen. Immerhin finden sich aber am Ende jedes Kapitels weiterführende Literaturangaben.
Außerdem enthält das Buch ein umfangreiches Glossar, welches ebenfalls zum besseren Verständnis beiträgt.
Einziger Kritikpunkt: In der deutschen Übersetzung gibt es ziemlich viele Tipp- oder auch Grammatik-Fehler.

Veröffentlicht am 09.08.2020

Ausflug in die Bronzezeit

Die Kinder von Nebra
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Schade eigentlich, dass sich noch nicht mehr Autoren der Bronzezeit angenommen haben – gerade der spektakuläre Fund der Himmelsscheibe von Nebra eignet sich doch hervorragend als Aufhänger. Ulf Schiewe ...

Schade eigentlich, dass sich noch nicht mehr Autoren der Bronzezeit angenommen haben – gerade der spektakuläre Fund der Himmelsscheibe von Nebra eignet sich doch hervorragend als Aufhänger. Ulf Schiewe zeigt hier jedenfalls, wie viel man aus dem Thema herausholen kann.
Er entführt die Leser ins Deutschland des zweiten Jahrtausends vor Christus. Die Gegend zwischen Elbe, Saale und Unstrut wird von dem in mehrere Klans aufgespaltenen Volk der Ruotinger besiedelt. Orkon aus dem Klan der Helminger herrscht als Fürst über alle anderen. Doch er und vor allem sein Sohn Arrak sind ob ihrer Grausamkeit in der Bevölkerung verhasst. Außerdem beten sie Hador, den Gott der Unterwelt, an und scheinen alle anderen Götter verdrängen zu wollen.
Genügend Gründe also für die18jährige Rana, die bald zur Priesterin der Fruchtbarkeits- und Liebesgöttin Destarte geweiht werden soll, die Herrschaft der Helminger abzulehnen. Sie überlegt fieberhaft, was sie dagegen unternehmen könnte.
Ihr Vater Utrik, ein weit gereister und geschickter Schmied, ist derweil damit beschäftigt, eine geheimnisvolle Bronzescheibe anzufertigen, welche eine Botschaft der Götter abbilden soll.

Der historische Hintergrund ist wie gesagt sehr interessant. Der Autor dürfte auch gründlich recherchiert haben, wie der ausführliche Anhang (inklusive Hinweisen auf weiterführende Literatur) zeigt. Dennoch konnte er sich einige dichterische Freiheiten erlauben, weist der Forschungsstand zu dieser Epoche doch schon allein aufgrund der fehlenden Schriftzeugnisse eine Reihe von Lücken auf, die gefüllt werden müssen - insbesondere was das damalige Glaubenssystem betrifft, welches im Roman eine große Rolle spielt.
Alles in allem ist es ihm jedenfalls gelungen, eine glaubwürdige und stimmige Geschichte darüber zu entwerfen, wie die Himmelsscheibe und auch einige andere archäologische Fundstücke entstanden sein und welche Bedeutung sie gehabt haben könnten. Auch die Lebensweisen und Herrschaftsverhältnisse der Bronzezeit werden anschaulich geschildet.

Diese Geschichte wird flott erzählt und weist einige Spannungsmomente auf. Für meinen Geschmack sind es vielleicht ein bisschen zu viele Gewaltszenen, was aber wohl auch zu dieser Zeit passt.
Die auftretenden Personen sind gelegentlich etwas eindimensional, im Großen und Ganzen aber doch gut gezeichnet. Ihre unterschiedlichen Persönlichkeiten und Lebensumstände sorgen für Abwechslung und tragen ebenfalls zu einem umfassenden Protrait dieser Epoche bei.

Ich kann diesen Roman daher allen an der Frühgeschichte Interessierten nur weiterempfehlen. Er bietet auch einen angenehmen Kontrast zu den in historischen Romanen sonst behandelten Themen.

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