ein grandioser Abschluss
Love is Wild – Uns gehört die Welt„Liebe kann kein Trauma heilen. Das passiert nur in Filmen und Büchern. Im wirklichen Leben funktioniert das nicht. Du musst dich selbst heilen.“
(Amory zu Curtis in Love is wild)
Worum geht’s?
Nach ...
„Liebe kann kein Trauma heilen. Das passiert nur in Filmen und Büchern. Im wirklichen Leben funktioniert das nicht. Du musst dich selbst heilen.“
(Amory zu Curtis in Love is wild)
Worum geht’s?
Nach dem Tod seiner Eltern beim Hurrikan ist Curtis ein wütender Mensch. Seine Gefühle hat er nicht mehr unter Kontrolle, regelmäßig explodiert er und verletzt sich oder andere. Nur mit seiner besten Freundin und Mitbewohnerin Amory ist es etwas anderes. Die lockere Sex-Beziehung ist alles, was er an Gefühlen geben kann, denkt er zumindest. Denn als Amory einen Partner findet und mit Richard offenbar glücklich wird, merkt Curtis, dass seine Gefühle weit über Gelegenheitssex und Freundschaft hinausgehen. Nur ist er kein Mann, den Amory an ihrer Seite haben sollte…
Love is wild ist Band 3 der „Love is“-Reihe. Die Geschichte ist in sich geschlossen, die Protagonisten aus Band 1 und 2 sowie die alles verbindende Band „After hours“ kommen jedoch vor. Vorkenntnisse sind daher hilfreich.
Schreibstil / Gestaltung
Das Cover ist mit seinen vielseitigen Verzierungen und bunten Farben wieder sehr ansprechend und fröhlich. Die Gestaltung passt gut zu dem Handlungsort New Orleans und zu den Vorgängern, die Unterscheidung ist gering. Das Cover ist ein Hingucker und erregt Aufmerksamkeit. Die Geschichte wird wechselnd durch Amory und Curtis in der Ich-Perspektive erzählt. Die Geschichte verläuft linear. Der Schreibstil ist locker, angenehm lesbar und kann einen mitreißen. Das Buch enthält mehrere Intimszenen.
Meine Meinung
Alle guten Dinge sind drei. So sagt man es in der Regel. Nach einem mitreißenden Band 1, wo ich mir nur etwas mehr Tiefe gewünscht hätte, und einem sehr seichten Band 2, der mich nahezu gelangweilt hat, bin ich mit gemischten Gefühlen an Band 3 herangegangen. Auf Curtis und Amory habe ich mich mit am meisten gefreut, da Curtis in den Vorgängerbänden schon sehr interessant war. Und dann kam Love is wild. Und ich kann nur sagen: Es stimmt, alle guten Dinge sind wirklich drei.
Ich kann gar nicht sagen, was mich am meisten an diesem Buch begeistert hat. Im Fokus stehen Amory und Curtis, am Rande geht es noch um die Band After hours und ihre Entwicklung, aber auch um New Orleans. Eine bunte, vielseitige Mischung also. Amory und Curtis wohnen zusammen und haben auch zeitweise eine lockere Sexbeziehung gehabt. Denn Amory glaubt nicht daran, dass Curtis Beziehungsmaterial ist und Curtis glaubt sowieso nicht an Gefühle. Dass hier eigentlich mehr hinter liegt, das merkt der Leser recht schnell im Verlauf der Geschichte. Nun ist es aber so, dass Amory mit ihrem Unikollegen Richard zusammenkommt und entsprechend Curtis nur noch bester Freund und Mitbewohner ist und noch dazu Richard immer wieder sehen muss. Nicht nur seine bloße Anwesenheit reizt Curtis, nein, auch die Art, wie Richard mit Amory umgeht. Aber nicht nur das macht Curtis wütend, die ganze Welt nervt ihn. Als dann auch noch ein Brief kommt und die Stadt androht, ihm sein zerstörtes Elternhaus wegzunehmen, wenn er sich nicht darum kümmert, kochen die Gefühle über. Wie kann Curtis aus dieser Wutspirale ausbrechen?
Niemals hätte ich erwartet, dass Love is wild so ein komplexes und tiefgründiges Buch werden wird. Da bin ich ganz ehrlich. Curtis, der ständig wütend ist und sich zeitweise in den Alkohol flüchtet, ist ein überraschend komplizierter Charakter, den man von Anfang an auf eine komische Art ins Herz schließt und dann sehr mit ihm mitleidet. Nicht nur wegen Amory und dem ständigen Mitansehen dieser unwürdigen Beziehung von Amory und Richard, sondern auch wegen seiner inneren Kämpfe. Je weiter die Geschichte fortschreitet, desto mehr versteht man, dass Curtis von den Dämonen der Vergangenheit gejagt wird. Verlust, vielleicht auch eine Art von PTBS und viele Ängste machen ihn das Leben schwer, das würde der wütende Schlagzeuger aber niemals zugeben. Doch immer wieder verletzt er dadurch – gewollt und ungewollt – sein Umfeld, was auch dazu führt, dass Amory irgendwann nicht mehr kann. Curtis muss seine Probleme in den Griff kriegen, um sich ins Leben zurückzukämpfen. Und genau darum geht es in diesem Buch. Es geht um Heilung und Hoffnung. Für mich ist Love is wild nicht vordergründig eine Liebesgeschichte. Diese kommt zwar auch nicht zu kurz und hat einige Höhen und Tiefen, aber es geht vor allem um die Entwicklung von Curtis und diese hat die Autorin wirklich auf tolle Art eingefangen. Sie ist nicht gradlinig, nicht perfekt, nicht unrealistisch. Sie ist echt, sie ist laut und manchmal auch wild. Und vor allem ist sie bedrückend und beeindruckend. Zwar hat das Buch zwischendurch hier und da leichte Längen und es gibt sicher einige Punkte, wo das Buch etwas zu sehr ausufert, aber das hat mich nicht gestört. Ich war einfach zu sehr drin in dieser wunderbaren Welt.
Die Liebesgeschichte von Curtis und Amory ist nicht einfach. Bereits zum Beginn des Buches ist Amory mit Richard zusammen, der Leser erfährt aber, dass Curtis und Amory etwas Lockeres am Laufen hatten. Das gibt’s jetzt natürlich nicht. Dennoch sehnt sich Curtis nach Amorys Nähe – natürlich nur der körperlichen, redet er sich ein. Amory will für Curtis da sein, macht sich aber natürlich auch Sorgen um ihre frische Beziehung. Bereits nach wenigen Seiten merkt man als Leser aber, dass Richard und Amory ein schreckliches Paar sind. Oder vielmehr, dass Richard ein grausamer Mensch ist. Selten wollte ich in ein Buch klettern und jemandem so hart eine Ohrfeige verpassen wie Richard. Von Anfang an unsympathisch, empathielos, eingebildet und auf eine unangenehme Art und Weise zeigt er immer wieder, wie wenig er die wunderbare Amory eigentlich wertschätzt. Amory nimmt diese Rückschläge hin, zu sehr klammert sie sich an das Bild vom perfekten Freund, den sie mit nach Hause nehmen kann. Während ihr Herz eigentlich schon längst weiß, dass es für jemand anderen schlägt. Das sich so entwickelnde Hin und Her ist wirklich gut gelungen. Auch die starken Botschaften, die die Autorin im Buch immer wieder einbringt, sind großartig. Es geht darum, dass man sein darf, wer man sein will. Dass man sich selbst retten muss, um zu heilen. Dass man sich seinen Gefühlen stellen muss, um weiterzukommen. Aber es geht auch darum, für sich selbst einzustehen. Mit Curtis und Amory hat Kathinka Engel wunderbare Charaktere zum Mitleiden und Mitfiebern erschafft. Und anders als in den Vorgängerbänden haben sie und ihre Geschichten auch Tiefe.
Besonderes Highlight bei Band 1 war für mich die mitreißende, lebhafte Art, wie von New Orleans gesprochen wurde. Diese vermisste ich in Band 2 fast komplett. Entsprechend dankbar war ich dafür, dass es hier wieder aufkam. Der Lebensgeist und die Bedeutung der Musik für diese lebhafte, aber schicksalsgebeutelte Stadt wurden wunderbar eingefangen und für die Handlung hilfreich verwendet. So wird auch der verheerende Hurrikan, der die Stadt einst hart getroffen hat, in einfühlsamer Art eingebaut. Es sind Gänsehautmomente, die man nicht erwartet hätte und die der Autorin wunderbar gelungen sind. Ebenso wieder toll eingefangen hat die Autorin die Thematik um die Musik. Es gibt Fortschritte für die Band, unterhaltsame Konzerte und einige Entwicklungen, die zeigen, dass es bei der Love is-Reihe nicht nur um das bunte New Orleans oder tolle Liebesgeschichten geht, sondern um eine ganz besondere Lebensfreude, die ansteckend ist. Ich werde die Band und New Orleans, die ganzen tollen Nebencharaktere – Hugo! – sehr vermissen.
Mein Fazit
Love is wild ist der stärkste Band der Love is-Reihe und kann mit seinem Handlungsverlauf sehr überzeugen. Ein grandioser Abschluss einer lebhaften Reihe, die mitreißt und begeistern kann. Curtis Geschichte war ergreifend und beeindruckend, Amorys und seine Liebesgeschichte zum Mitschmachten. Trotz einiger überschaubarer Längen einfach nur ein absoluter Lesegenuss.
[Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, das mir freundlicherweise vom Verlag überlassen wurde. Meine Meinung ist hiervon nicht beeinflusst.]