Gelungene Fortsetzung der Hafenschwester-Reihe
Hamburg 1913. Das Leben für Martha und Paul könnte nicht besser laufen: sie führen eine glückliche Ehe, haben drei gesunde Kinder sowie eine schöne Wohnung. Als Krönung erhalten sie noch von Marthas Freundin ...
Hamburg 1913. Das Leben für Martha und Paul könnte nicht besser laufen: sie führen eine glückliche Ehe, haben drei gesunde Kinder sowie eine schöne Wohnung. Als Krönung erhalten sie noch von Marthas Freundin Milli eine Einladung nach Amerika. Martha wünscht sich nichts mehr, als das Leben einfach immer so weitergeht, aber dann bricht der Erste Weltkrieg aus. Paul wird trotz seines Alters an die Front eingezogen und erleidet dabei eine schwere Verletzung, die das Leben der Familie auf eine harte Probe stellt.
Der Beginn des zweiten Bandes könnte nicht gegensätzlicher zum ersten Band sein: damals lebte Marthas Familie in ärmlichen Verhältnissen im Gängeviertel, es fehlte am nötigsten und nach dem Tod der Mutter blieb es an Martha hängen, die Familie zusammenzuhalten und sich um ihren Vater und den kleinen Bruder Heinrich zu kümmern.
Jetzt im Jahre 1913 führt sie mit Paul eine glückliche Ehe und mit ihren drei Kindern leben sie in einer schönen Wohnung. Die Jahre der Entbehrung und des Hungers liegen hinter ihr, jedoch vergisst Martha ihre Wurzeln nicht und kümmert sich ehrenamtlich als Hafenschwester um die Bedürftigen des Gängeviertels. Sie träumt aber weiterhin davon, eines Tages auch als verheiratete Frau ihren erlernten Beruf als Krankenschwester mit eigenem Einkommen ausüben zu dürfen.
Was mich besonders gefreut hat, war die Einladung von Marthas alter Freundin Milli, die die ganze Familie zur Hochzeit ihrer Tochter nach New York einlädt, so dass wir mehr über Millis Werdegang seit ihrer Abreise aus Deutschland erfahren. Die Überfahrt auf dem neuen Luxusschiff Imperator ist nicht nur für die Kinder ein unvergessliches Erlebnis.
Ich habe mich aber auch genauso auf das Wiedersehen mit Heinrich und Marthas Vater gefreut. Heinrich, der kleine Bruder, der inzwischen als Kapitän von Segelschiffen über die Weltmeere schippert und dabei durchaus exotische Eroberungen macht.
Und Marthas Vater ist glücklicherweise bei guter Gesundheit und hat sein Leben weiterhin im Griff.
Aber über all den glücklichen Momenten schwebt der ögliche Ausbruch des Ersten Weltkrieges wie ein Damoklesschwert, von dem wir Leser wissen, dass er eintreten wird, während die Menschen damals in zwei Lager gespalten waren: diejenigen, die dem Krieg entgegengefiebert haben, da sie davon ausgingen, ihn in wenigen Monaten siegreich beendet zu haben. Und diejenigen, die die Gefahren durch einen Krieg fürchteten. Erschreckend war, welch ein tiefer Graben zwischen diesen beiden Seiten bestand und man auch nicht vor Gewalt zurückschreckte, um seinen Standpunkt zu verteidigen.
Genau diese historischen Fakten und deren akribische Recherche sind es, die die Romane der Autorin neben dem Schicksal ihrer Protagonisten so lesenswert machen. Man erfährt dabei durchaus auch skurrile Dinge über die damalige Zeit. Und natürlich das medizinisch-historische Fachwissen, das Melanie Metzenthin, selbst Ärztin, in die Handlung einbringt. So furchtbar der Krieg war, so scheint es doch so, dass er die plastische Wiederherstellungschirurgie zwangsweise schnell vorangebracht hat. Ich bin immer wieder erstaunt, welche medizinischen Möglichkeiten bereits damals zur Verfügung standen.
Und der Krieg fordert seine bitteren Attribute: nicht nur Paul wird sein Opfer, als eine Explosion ihm das halbe Gesicht wegsprengt, auch Moritz, Millis früherer Verehrer und ein ganz feiner Mensch, erwischt es schwer. Auf die beiden wartet eine schwere Prüfung: werden sie sich ihr stellen ? Und wollen sie das überhaupt?
Martha kam mir dabei manchmal zu perfekt und zu stark vor, aber die Autorin hat verraten, dass es noch einen dritten Band geben wird, der während der Weimarer Republik und dem Dritten Reich spielt und in dem Martha nicht immer ganz so perfekt handeln wird.
Der zweite Band hat mich wieder wunderbar unterhalten und ich warte nun mit Spannung auf den dritten Band.