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Veröffentlicht am 10.11.2020

Klemperers Kinotagebuch

Licht und Schatten
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Dieses Kinotagebuch zeigt über einen längeren Zeitraum (1929 bis 1945) wie ein kritische Intellektueller die Kinolandschaft in Deutschland wahrgenommen hat.

Früher habe ich mich viel mit dem frühen deutschen ...

Dieses Kinotagebuch zeigt über einen längeren Zeitraum (1929 bis 1945) wie ein kritische Intellektueller die Kinolandschaft in Deutschland wahrgenommen hat.

Früher habe ich mich viel mit dem frühen deutschen Film beschäftigt und wenn ich auch sehr viele der erwähnte Filme überhaupt nicht kenne, verstehe ich doch, von was Klemperer spricht und welche Filmstars damals bedeutend waren: Emil Jannings, Fritz Kortner, Greta Garbo, Marlene Dietrich, Pola Negri

Ein wenig Interesse für die alten Filme sollte man als Leser schon mitbringen, um viel von dem Buch zu haben. Klemperers Bewertungen sind konsequent und, so glaube ich, kenntnisreich.
Klemperer sieht auch internationale Filme, z.B. Charlie Chaplins Großstadtlichter. Sehr schöne Analyse von Klemperer.
Ein Highlight wird dann für ihn der berühmte Film Im Westen nichts neues. Dann mit Der blaue Engel noch eins.

1933 ändert sich die logischerweise die Stimmung mit Judenhetze und Verlesung von Judengesetzen, aber noch gibt es gute Filme, z.B. Menschen im Hotel, wirklich gut besetzt, u.a. mit der Garbo.

Die Lage in Deutschland verdüstert sich immer mehr. Ab 1938 dürfen Juden nicht mehr ins Kino. Dann kommen die Kriegsjahre. Erst nach der Befreiung kann Klemperer wieder ins Kino.

Klemperers Tagebücher sind so lesenswert, weil sie den Zustand Deutschlands in seiner schlimmsten Zeit deutlich zeigen.

Veröffentlicht am 07.11.2020

Eigenwillig und leidenschaftlich

Mr. Crane
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Im deutschen Sanatorium Badenweiler war einst Tschechow zur Behandlung und auch der amerikanische Schriftsteller Stephen Crane.

Andreas Kollender wählt für seinen Roman 2 Erzählzeiten, die sich kapitelweise ...

Im deutschen Sanatorium Badenweiler war einst Tschechow zur Behandlung und auch der amerikanische Schriftsteller Stephen Crane.

Andreas Kollender wählt für seinen Roman 2 Erzählzeiten, die sich kapitelweise abwechseln. 1900, als sich die Krankenschwester Elisabeth und Stephen Crane treffen und verlieben.Und 1914, als Elisabeth einen verwundeten Soldaten namens Fischer pflegt und ihm von Mr.Crane erzählt.
So ergänzen sich die Abschnitte gut.

Es gefällt mir auch gut, dass es sich um eigenwillige und leidenschaftliche Figuren handelt.
Die Dialoge zwischen Elisabeth und Crane halte ich sehr gelungen.

Das Buch weckt das Interesse auch mal einen Roman von Stephen Crane zu lesen. Er ist bekannt für Die rote Tapferkeitsmedaille. Ein Klassiker, der auch verfilmt wurde.

Andreas Kollender schreibt gut und er hat auch einen Sinn für Ironie, wenn er immer wieder Zitate aus „Die Frau als Hausärztin“ zwischenschaltet, ein ziemlich altmodisches Nachschlagebuch.

Mr.Crane hingegen kann man trotz des historischen Kontext der modernen Literatur zurechnen.

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Veröffentlicht am 30.10.2020

Sensibel erzählte Familiengeschichte

Was uns verbindet
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Was uns verbindet ist ein feinfühlig erzählter Roman über eine amerikanische Familie mit indischen Wurzeln, die einen große Verlust hinnehmen müssen. Der 8jährige Sohn ertrinkt im Swimmingpool. Die Trauer ...

Was uns verbindet ist ein feinfühlig erzählter Roman über eine amerikanische Familie mit indischen Wurzeln, die einen große Verlust hinnehmen müssen. Der 8jährige Sohn ertrinkt im Swimmingpool. Die Trauer und auch Schuldgefühle überwältigt die Familie.

Die in Kanada geborene Schriftstellerin Shilpi Somaya Gowda geht sensibel mit ihren Figuren um und transportiert deren Emotionen nahe an den Leser. Die Kapitel teilen sich auf in Karina, der Mutter Jaya, dem Vater Keith und sogar dem verstorbenen Jungen Prem.

Auch die Tochter Karina, die aufgrund ihres indischen Aussehens in der Schule das Anders sein erlebt. Ihren Weg ab dem Jahr 2007 kann man verfolgen. Aber es gibt auch Rückblicke, wie sich Jaya und Keith kennen gelernt haben und schließlich, wie sich das Leben der Familie verändert.
Man kann erkennen, wie ein einziges Ereignis das Leben vieler Menschen beeinflussen kann.

In der Mitte wird die Handlung streckenweise etwas zäh, aber man bleibt doch kontinuierlich dran.
Ich habe das Buch mit Interesse gelesen.

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Veröffentlicht am 17.10.2020

Tennis und Literatur

Zwischen Ruhm und Ehre liegt die Nacht
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Die Tennisspielerin Andrea Petkovic hat eine bemerkenswerte Karriere, aber auch Literatur bedeutet ihr viel. Sie erzählt in diesem wirklich hervorragenden Buch von ihrem Leben als Tennisspielerin und ihren ...

Die Tennisspielerin Andrea Petkovic hat eine bemerkenswerte Karriere, aber auch Literatur bedeutet ihr viel. Sie erzählt in diesem wirklich hervorragenden Buch von ihrem Leben als Tennisspielerin und ihren Empfindungen dabei. Sie beobachtet den Sportbetrieb genau und detailliert. Da sie das mit einer großen Energie und einer gesunden Portion Selbstironie tut, wird das Buch mehr als eine Autobiografie, es wird Literatur. Wesentliche Momente sind Begegnungen, z.B. mit anderen Tennisspielerinnen. Viele ihrer Kolleginnen sind sehr verschieden.
Sozialkritische Ansätze kann man ableiten, wenn Andrea darüber schreibt, wie Tennisspielerinnen wahrgenommen werden, z.B. Aburteilung des Aussehens in sozialen Medien.
Immer wieder schreibt Andrea über die Wirkung von Literatur anhand von Beispielen, wie sie die Lektüre empfand. Das geht von Dostojewskis Schuld und Sühne hin zu David Foster Wallace Bücher und zu Roberto Bolano, einem Gedicht von Robert Frost und viele andere. Diese Passagen habe ich besonders gerne gelesen.
Andrea Petkovic hat den Mut, verschiedene Sachen auszuprobieren, ohne den Tennissport deswegen aufzugeben. So begleitet sie einmal eine Rockband auf Tour um darüber eine Reportage zu schreiben.
Packend sind aber auch die Beschreibungen ihrer häufigen Sportverletzungen und wie schwer es war, dann wieder zu kommen. Doch sie schaffte es. Und sie schaffte auch dieses Buch!

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Veröffentlicht am 13.10.2020

niederländische Literatur

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Die niederländische Literatur habe ich schon immer gemocht, doch die jüngere Generation von ihnen kenne ich wenig, Bregje Hofstede gehört zu ihnen und sie hat offensichtlich außerordentliches Talent.

Interessanterweise ...

Die niederländische Literatur habe ich schon immer gemocht, doch die jüngere Generation von ihnen kenne ich wenig, Bregje Hofstede gehört zu ihnen und sie hat offensichtlich außerordentliches Talent.

Interessanterweise heißt die Icherzählerin und Hauptfigur des Romans Bregje, wie die Autorin. Das lässt natürlich ein Spiel mit Realität und Fiktion zu.

Neben der Selbstbetrachtung ist es auch ein intensiver Blick auf eine langjährige Liebesbeziehung.
Bregje und Luc kennen sich schon aus der Schule und sind lange ein Paar.
Aber Bregje hat Probleme mit sich selbst. Schlaflosigkeit, Unruhe, fühlt sich elend.

Diese Beziehung scheint am Anfang des Buches am Ende, denn sie verlässt Luc. Rückblickend wird ihre Geschichte erzählt.

Als Leser versucht man herauszufinden, was los ist. Es wird so sensibel geschildert, dass man mitleidet. Das ist eine große literarische Qualität. Auffällig ist außerdem der eigenständige Ton der Autorin.

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