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Veröffentlicht am 15.11.2020

Lenis harter Kampf

Die Dorfärztin - Ein neuer Anfang
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1928 Westfalen. Das Leben von Helene Wittmann, genannt Leni, war immer schon ein Kampf, denn sie ist nicht nur seit ihrer Geburt gehandicapt, sondern muss sich auch gegen ihre Familie durchsetzen, um endlich ...

1928 Westfalen. Das Leben von Helene Wittmann, genannt Leni, war immer schon ein Kampf, denn sie ist nicht nur seit ihrer Geburt gehandicapt, sondern muss sich auch gegen ihre Familie durchsetzen, um endlich Medizin studieren zu können. Nun zieht die 27-Jährige nach abgeschlossenem Medizinstudium mit ihrer kleinen unehelichen Tochter Marie von Berlin zurück in ihre Heimatstadt Bockhurst, um dort die Landarztpraxis zu übernehmen. Erneut muss sie gegen Vorurteile kämpfen, denn nicht nur die Dorfbewohner begegnen ihr mit Misstrauen, sogar ihre eigene allseits angesehene Familie traut ihr diese Aufgabe nicht zu. Aber auch die 5-jährige Marie ist für die Dorfbewohner ein Skandal, denn der Vater ist Lenis Jugendfreund Matthias, der seit Jahren verschwunden ist…
Julie Peters hat mit „Die Dorfärztin-Ein neuer Anfang“ den unterhaltsamen Auftakt ihrer historischen Dorfärztin-Reihe vorgelegt, der den Kampf einer jungen Frau aufzeigt, die sich nicht nur gegen Vorurteile, sondern auch aufgrund ihrer Lebensweise zur Wehr setzt. Der flüssige und gefühlvolle Erzählstil zieht den Leser zurück ins vergangene Jahrhundert, um dort in unterschiedlichen Zeitebenen den Lebens- und Leidensweg von Leni Wittmann mitzuerleben. Von Kindheit an wird diese von der eigenen Familie fast wie eine Aussätzige behandelt, da sie körperlich nicht ganz vollkommen ist, dabei muss das junge Ding so einiges an schmerzhaften Operationen durchstehen, die allein schon sie nie vergessen lassen, dass sie nicht wie andere ist. Aber sie hält tapfer dagegen und beweist nicht nur sich selbst, dass sie alles schaffen kann, wenn sie an sich selbst glaubt. Zur damaligen Zeit war die Rolle der Frau hauptsächlich an der Seite ihres Ehemannes und nicht mit eigenem Studium oder Beruf. Insofern hat Leni eine Menge erreicht und wirkt auf ihr Umfeld eher wie eine Außerirdische, wobei auch eine Menge unterschwelliger Neid vorhanden ist. Zudem hat sie ein uneheliches Kind, was damals ebenfalls skandalös war und den Frauen meist ein lotterhaftes Leben nachgesagt wurde. Es gibt in dieser Geschichte somit einige Baustellen und Vorurteile, der Kampf von Leni gleicht dem gegen Windmühlen. Die gesellschaftlichen Gepflogenheiten der damaligen Zeit wurden gut mit der Handlung verwoben, ebenso die Zeit des Ersten Weltkrieges.
Die Charaktere sind lebendig und glaubwürdig mit menschlichen Ecken und Kanten bestückt worden, so dass der Leser sich in sie hineinversetzen und mit ihnen fühlen kann. Leni ist ein bewundernswertes Geschöpf, denn sie trotzt allen Widrigkeiten, ob nun innerhalb ihrer Familie oder gegenüber ihrem Umfeld. Sie musste schon als Kind einiges durchstehen und wurde von ihrer Familie klein gehalten, so dass man sich wundert, wie sie den ihr anhaftenden Kampfgeist überhaupt entwickeln konnte. Für ihre Tochter Marie, die sie liebevoll umsorgt, ist sie ein gutes Vorbild, denn auch Marie wird es zur damaligen Zeit von anderen sicherlich nicht leicht gemacht so ohne Vater. Lenis Mutter ist eine eiskalte Person, die sich nur um die Außenwirkung sorgt. Matthias war als Junge ein lieber Kerl und Leni ein guter Freund, denn er hat sie völlig normal behandelt. Seine Entwicklung wird den Kriegserfahrungen zuzuschreiben sein, jedoch wirkt er als Erwachsener eher blass und wenig einnehmend.
„Die Dorfärztin-Ein neuer Anfang“ ist ein Mix aus Liebe, Familie, Kriegsgeschehen und dem einsamen Kampf einer jungen Frau gegen ihr Umfeld vor historischem Hintergrund. Kurzweilig und unterhaltsam zu lesen ohne jegliche Spannungsmomente. Eingeschränkte Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 13.11.2020

"Mit einem bitteren Geschmack im Mund kann man nicht Süßholz raspeln." (aus Venedig)

Das schwarze Gold des Südens
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1887. Das in Bamberg angesiedelte Süßholzunternehmen Imhoff steht vor großen Problemen, denn die letzte Ernte war aufgrund von Parasitenbefall nicht sehr erfolgreich und die Vorräte gehen langsam zur Neige. ...

1887. Das in Bamberg angesiedelte Süßholzunternehmen Imhoff steht vor großen Problemen, denn die letzte Ernte war aufgrund von Parasitenbefall nicht sehr erfolgreich und die Vorräte gehen langsam zur Neige. Dabei ist Nachschub dringend erforderlich, wird das Süßholz doch nicht nur zur Lakritzherstellung verwendet, sondern auch in den Apotheken für allerlei Medizin genutzt. Als die Mutter stirbt und der Vater Elise in eine arrangierte Ehe hineinzwingen will, um so die Familie vor dem Untergang retten, flieht Elise mit ihrem Liebsten Ferdinand nach Paris, um dort ihren Traum von einer eigenen Confiserie zu verwirklichen. Nun lastet alles auf den Schultern ihrer älteren Schwester Amalie, die sich pflichtbewusst dem Willen des Vaters beugt, heiratet und sich um den Süßholzanbau in Kalabrien kümmert. Doch dann begegnet ihr die Liebe…

Tara Haigh hat mit „Das schwarze Gold des Südens“ einen historischen Roman vorgelegt, der nicht nur ins 19. Jahrhundert entführt, sondern neben einer recht unterhaltsamen Geschichte auch mit allerlei Hintergrundwissen über das Pflanzen und Verarbeiten von Süßholz punkten kann. Mit flüssigem und farbenfrohem Schreibstil sowie wechselnden Perspektiven lädt die Autorin den Leser ein, den schicksalsträchtigen Wegen der beiden so gegensätzlichen Schwester nachzuspüren. Die gesellschaftlichen Ansprüche und Anforderungen der damaligen Zeit werden ebenso mit in die Handlung eingeflochten wie historische Begebenheiten, so dass der Leser während der Lektüre sogar das Vergnügen hat, den Bau des Eiffelturms mitzuerleben. Die Rolle der Frau war damals nicht gerade leicht, denn ihr wurden weder Entscheidungen zugetraut noch wirtschaftliches Denken und Handeln. In diesem straffen Korsett war sie wie ein unmündiges Kind von ihrem Ehemann abhängig, Gleichberechtigung gab es damals noch nicht. Die Geschichte ist weitreichend vorhersehbar, doch mit einigem Gefühl und Spannungsmomenten erzählt und der Leser per Kopfkino auf Reisen nach Paris, Venedig sowie Kalabrien geschickt wird. Allerdings ist der Einstieg in die Handlung sehr langatmig, und auch die Dialoge wirken oftmals künstlich und steif, was man von der Autorin so gar nicht erwartet hätte.

Die Charaktere sind liebevoll ausgestaltet und mit Leben versehen, denn sie besitzen glaubwürdige Ecken und Kanten, mit denen sie den Leser überzeugen. Elise ist ein impulsiver Hitzkopf, der sich mit aller Macht gegen die Auflagen des Vaters stemmt. Sie denkt gar nicht daran, eine lieblose Ehe einzugehen, um das Unternehmen zu retten. Sie besitzt Kampfgeist und Mut, was sie sofort sympathisch macht. Amelie wirkt dagegen fast dröge mit ihrem Pflichtbewusstsein und dieser untertänigen Art. Sie kommt ohne Widerstand den Wünschen ihres Vaters nach, obwohl sie im Inneren eigene Vorstellungen hat. Aber auch Ferdinand, Herrmann und einige weitere Nebendarsteller geben dieser Geschichte zusätzlichen Input.

„Das schwarze Gold des Südens“ ist ein historischer Roman, der Familiengeschichte, Liebe, Drama und interessantes Hintergrundwissen in sich vereint. Kurzweilig zu lesen, allerdings nicht das beste Werk der Autorin, deshalb gibt es diesmal leider auch nur eine eingeschränkte Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 07.11.2020

Die jüdische Spionin der Gestapo

Stella
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1942 Berlin. Der 20-jährige naive Schweizer Friedrich, Sohn wohlhabender Eltern, reist nach Berlin, um sich dort nicht nur für ein Zeichenseminar einzuschreiben, sondern auch den sich um den Krieg rankenden ...

1942 Berlin. Der 20-jährige naive Schweizer Friedrich, Sohn wohlhabender Eltern, reist nach Berlin, um sich dort nicht nur für ein Zeichenseminar einzuschreiben, sondern auch den sich um den Krieg rankenden Gerüchten nachzuspüren. Bei seinem Zeichenkurs an der Kunstschule trifft Friedrich auf das Aktmodell Kristin, in die er sich sofort verliebt und mit ihr um die Häuser zieht, während er das Kriegsgeschehen auszublenden versucht. Als Kristin nach mehreren Tagen Abwesenheit, die Friedrich schon die Sorgenfalten auf die Stirn trieben, misshandelt vor seiner Tür steht, erfährt er nach und nach, wer Kristin wirklich ist. Sie ist Jüdin, heißt eigentlich Stella Goldschlag und ist dabei, einen Pakt mit dem Teufel einzugehen, um ihre Familie zu retten…
Takis Würger hat mit „Stella“ einen sehr kontroversen Roman vorgelegt, der sich zwar der historisch belegten Person Stella Goldschlags bedient, durch die fiktive Liebesgeschichte mit dem jungen Schweizer Friedrich aber einen ganz anderen Weg einschlägt, als man ihn als Leser erwartet hätte. Mit flüssigem, jedoch recht nüchternem Erzählstil beschränkt sich der Autor nur auf das Jahr 1942, handelt sämtliche stattgefundenen Ereignisse des jeweiligen Monats schon in der Überschrift ab, bevor er den Leser in die eigentliche Handlung entlässt. Obwohl es sich um eine fiktive Geschichte handelt, liegt dem Autor viel daran, mit Ausschnitten aus historischen russischen Militärgerichtsakten die Realität mit einzublenden. Während der Leser also dem Liebesreigen von Friedrich und Kristin/Stella folgt, wird er gleichzeitig mit den harten Fakten konfrontiert, die innerhalb der eigentlichen Romangeschichte kaum Erwähnung finden. Das erklärt auch die naive und oberflächliche Sichtweise von Friedrich, der seinem eigentlichen Beweggrund für den Berlinbesuch nicht einmal ansatzweise nahe kommt, weil er anscheinend entweder nicht nur farbenblind ist, sondern seine Augen vor den Tatsachen verschließt oder einfach nur zu sehr auf sich fokussiert ist, um sein Umfeld richtig wahrzunehmen. Den tatsächlichen Aktivitäten der Stella Goldschlag trägt dieser Roman auf keinen Fall Rechnung. Vielleicht ist aber gerade dieser Gegensatz vom Autor gewollt, dem Leser zu zeigen, dass Kristin/Stella auch nur ein mit Fehlern behafteter Mensch war wie jeder andere auch. Ihre Taten mögen uns anekeln, wir mögen sie verteufeln, doch sind wir mal ehrlich, wie hätten wir gehandelt, wenn es um unsere Liebsten geht.
Charakterlich ist Würger nicht sehr in die Tiefe gegangen, seinen Protagonisten fehlt es an Wärme, Ausstrahlung und Emotionen, was den Leser dazu verdammt, aus einer Ecke heraus dem Treiben zu folgen, wobei er gern oftmals mit Zwischenrufen gestört hätte. Stella wird zwar als abenteuerlustig, feierlaunig und charismatisch beschrieben, doch der Funke will nicht überspringen. Friedrich ist unbedarft und naiv, rettet sich mit seinem Schweizer Pass und dem Geld der Familie, sucht sich ein Kriegsgebiet als Urlaubsziel, absurder geht es gar nicht. Bei ihm kann man nur mit dem Kopf schütteln über seine angeborene Ignoranz. SS-Mann Tristan dagegen genießt seinen Status, gönnt sich alles, während andere nichts haben, spielt den großen Zampano, doch am Ende ist er auch nur ein widerliches Nazischwein, das seine Macht gehörig in die Waagschale wirft.
„Stella“ ist ein Buch voller Widersprüche, Fiktion gepaart mit Realität, eine recht banale Liebesgeschichte steht harten Fakten gegenüber. Der Spagat war bestimmt nicht leicht und hat interessante Ansätze, doch aufgrund der fehlenden Emotionalität und der eher unterkühlten Schreibweise bleibt es leider nur Mittelmaß, aber trotzdem lesenswert!

Veröffentlicht am 24.10.2020

Kann ich, will ich oder doch nicht?

Und das Meer vor uns
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Eigentlich strebte die verheiratete Caja Rodinger eine Karriere als Künstlerin an, aber bisher ist sie über Auftragsarbeiten nicht hinausgekommen. Auch in Graz hat sie sich bisher nicht eingelebt und fühlt ...

Eigentlich strebte die verheiratete Caja Rodinger eine Karriere als Künstlerin an, aber bisher ist sie über Auftragsarbeiten nicht hinausgekommen. Auch in Graz hat sie sich bisher nicht eingelebt und fühlt sich oft isoliert. Mit dem Fund des Smartphones einer Unbekannten aber beginnt Caja, ihrem Leben einen neuen Kick zu geben. Gemeinsam mit ihrer Freundin Jolie tritt sie eine Reise mit ungewissem Ausgang an, gabeln unterwegs den alten Witwer Ludwig Gruber auf und machen sich auf den Weg ans Meer. Ihr neues Domizil ist eine Künstlervilla in Italien, die einem alten Kumpel von Ludwig gehört. Schon bald blüht Caja dort auf, stellt ihr altes Leben in Frage und sucht für sich nach einem Neuanfang, der sie glücklich macht.
Franziska Fischer hat mit „Und das Meer vor uns“ einen unterhaltsamen Roman vorgelegt, mit dem sie den Leser nicht nur einlädt, einen abenteuerlichen Kurztrip mit einer ungewöhnlichen Truppe zu unternehmen, sondern auch Zaungast zu sein, wenn Caja ihr Leben reflektiert und nach Lösungsmöglichkeiten sucht. Begleitet von einem flüssigen und gefühlvollen Erzählstil folgt der Leser dem zusammengewürfelten Trio nicht nur nach Italien, sondern bekommt gleichzeitig einen Einblick in Cajas Seelenleben, wo einiges an Durcheinander herrscht. Interessant sind auch die Tagebucheinträge auf dem gefundenen Smartphone, die Caja regelrecht in den Bann ziehen und sie von einem anderen Leben träumen lassen. Was zuerst noch neugierig macht, entwickelt sich aber immer mehr zur Besessenheit und Flucht in eine Traumwelt, um bloß nicht über die eigenen Probleme nachzudenken, das nervt auf Dauer und kostet Caja einige Sympathiepunkte. Jeder Mensch findet sich irgendwann an einem Punkt, wo er Selbstzweifel verspürt oder Entscheidungen treffen muss, die schwer fallen. In dieser Geschichte jedoch entwickelt sich das zu einer Endlosschleife und stellt die Geduld des Lesers auf die Probe. Dagegen ist Jolie ein ganz anders Kaliber und man fragt sich im Stillen, wie die beiden überhaupt befreundet sein können.
Ein bunter Strauß von Protagonisten ist schön gestaltet und überzeugt mit glaubhaften menschlichen Eigenschaften, die sie authentisch wirken lassen. Der Leser fungiert als stiller Beobachter, denn eine Nähe zu den Charakteren will sich einfach nicht einstellen. Caja ist eine Frau, die mit ihrem Leben völlig unzufrieden ist, der es aber an Willenskraft und Entschlussfreudigkeit fehlt, diesen Makel abzuschaffen. Ihre ständigen Zweifel sowie ihr mangelndes Selbstvertrauen gehen schon bald an die Nerven, und man möchte ihr einmal fest in den Hintern treten, damit sie aus ihrer Traumwelt hervorkommt und die Dinge etwas pragmatischer angeht. Jolie ist eine tolle Freundin, mit ihrer quirligen und positiven Ausstrahlung ist sie die nötige Medizin für Caja, um endlich aus dem Quark zu kommen. Ludwig hat das Herz am rechten Fleck und ist wirklich ein toller Typ, offen, freundlich und warmherzig. Aber auch Juran und weitere Nebendarsteller tragen ihren Teil zur Geschichte bei.
„Und das Meer vor uns“ erzählt von Liebe, Freundschaft, einer Traumreise und die Suche nach dem eigenen Ich. Aufgrund einer nervigen, im Schritttempo denkenden Hauptprotagonistin etwas langatmig. Eingeschränkte Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 17.10.2020

Die Auswirkungen des Ersten Weltkrieges

Das Vermächtnis der Winzerin
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1918. Während Philippe und Sara Lemieux sich im kalifornischen Napa Valley um ihr Weingut kümmern und sich immer mehr der in Amerika verhängten Prohibition gegenüber sehen, wütet der Erste Weltkrieg in ...

1918. Während Philippe und Sara Lemieux sich im kalifornischen Napa Valley um ihr Weingut kümmern und sich immer mehr der in Amerika verhängten Prohibition gegenüber sehen, wütet der Erste Weltkrieg in Europa. Dort kämpft Neffe Luc in Südfrankreich inmitten des Kriegsgeschehens um das familieneigene Weingut und betätigt sich nebenher als Spion für die französische Infanterie. Währenddessen macht sich seine Halbschwester Adeline im Lazarett nützlich und kümmert sich um die Verletzten. Dort begegnet sie dem deutschen Sanitäter Heinrich, schon bald sind die beiden ein Paar und müssen ihre Liebe geheim halten…
Kristen Harnisch hat mit „Das Vermächtnis der Winzerin“ den dritten Band ihrer historischen Winzer-Reihe vorgelegt, der an Dramatik und Spannung allerdings mit den beiden Vorgängern nicht ganz mithalten kann. Der flüssige, farbenfrohe und gefühlvolle Erzählstil lädt den Leser zu einer Zeitreise in die Vergangenheit ein, wobei dieser sich im Wechsel mal auf amerikanischem Boden, mal in Europa aufhält, um die Geschicke der Lemieux-Familie und ihrer Angehörigen hautnah mitzuverfolgen, während der Erste Weltkrieg tobt. So erlebt der Leser in Amerika die Zeit der Prohibition mit und welche Schwierigkeiten sie den Winzern bereitet. Ebenso taucht er in das Kriegsgeschehen auf dem europäischen Kontinent ein, wo die Lemieuxs nicht nur um ihr Weingut kämpfen, sondern sich auch im Verborgenen politisch engagieren oder sich im Lazarett um die Verwundeten kümmern. Dramaturgisch inszeniert die Autorin den Spannungsbogen auf beiden Schauplätzen, wo die Akteure gebeutelt werden, sich teils bewusst in Gefahr begeben oder durch ihr Handeln diese heraufbeschwören. Doch die sehr detailreichen Kriegsberichte lassen die eigentliche Familiengeschichte in den Hintergrund treten und so Langeweile aufkommen. Bestimmten Liebe, Familienprobleme und Intrigen noch die ersten beiden Teile, so können die ständigen Perspektiv- und Schauplatzwechsel den Leser diesmal leider nicht mehr so fesseln, denn der Spannungsbogen geht dabei leider verloren.
Die Charaktere sind gut in Szene gesetzt und besitzen glaubhafte menschliche Eigenschaften, die den Leser überzeugen. Trotzdem steht er in diesem Roman am Rand als Beobachter des Geschehens. Sara ist eine willensstarke und fleißige Frau, die immer für ihre Familie und das Weingut da ist. Philippe liebt seine Frau und stellt seine eigenen Bedürfnisse immer wieder hinter denen seiner Frau zurück. Luc ist eine Kämpfernatur, der sich nicht nur um das Weingut kümmert, sondern auch für sein Vaterland alles tun würde. Adeline ist eine liebevolle und hilfsbereite junge Frau, die zwischen Freund und Feind keinen Unterschied macht und sich fürsorglich um andere kümmert. Aber auch Pippa, Ondine, Michel, Harriet und andere sorgen in der Geschichte mit ihren Episoden für einigen Input.
„Das Vermächtnis der Winzerin“ ist der letzte Teil der Winzer-Trilogie, die sich über ein ganzes Jahrhundert zieht und das Schicksal der Familie Lemieux erzählt. Geheimnisse, Liebe, Verrat, Hoffnung und Verlust durchziehen diese Familiengeschichte. Man sollte die Bücher in der richtigen Reihenfolge lesen, um den Überblick zu behalten. Dieser Abschlussband ist leider mangels Spannung weniger gelungen als die beiden Vorgänger, trotzdem gibt es eine Empfehlung für unterhaltsame sowie kurzweilige Lesestunden.