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Veröffentlicht am 28.10.2020

Was wiegt schwerer – Trauer oder Wut?

Der Moment zwischen den Zeiten
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„Der Tod schafft aus der Welt, was eigentlich nicht wiedergutzumachen ist, und rückt alles ins beste Licht, unwiderruflich. Aus Mauro hat er einen Unschuldigen, fast schon einen Heiligen gemacht.“ (S. ...

„Der Tod schafft aus der Welt, was eigentlich nicht wiedergutzumachen ist, und rückt alles ins beste Licht, unwiderruflich. Aus Mauro hat er einen Unschuldigen, fast schon einen Heiligen gemacht.“ (S. 38)
Paula kommt nicht über Mauros Tod hinweg. Sie kann nicht mehr essen oder schlafen, ihre Gedanken kreisen außerhalb ihrer Arbeit nur um das letzte gemeinsame Mittagessen wenige Stunden vor seinem tödlichen Unfall – da hat er sie nämlich nach über 10 Jahren für eine Jüngere verlassen. Nur zwei Leute wissen davon, ihre beste Freundin und sein bester Freund und Geschäftspartner. Und weil sich Paula deswegen schämt, traut sie sich nicht, es ihrem Vater oder Mauros Familie zu erzählen. Sie glaubt, nicht (gut) genug gewesen zu sein und droht langsam an den ungesagten Worten zu ersticken. Zur Ablenkung und um Mauro nachträglich zu bestrafen, stürzt sich in eine Affäre und One-Night-Stands, die sie zwar nicht bereut, aber auch nicht genießen kann. „Halt dich von mir fern, wir tun uns nur weh.“ (S. 33)

„Der Moment zwischen den Zeiten“ ist ein extrem emotionales Buch, eine Achterbahnfahrt der Gefühle. Paula schwankt zwischen Wut, Scham und Trauer, ist sich nicht sicher, ob sie als Verlassene überhaupt trauern darf oder sich lieber freuen sollte, dass „die Neue“ ihn jetzt nicht bekommt. Aber sie liebt ihn auch noch, wird immer wieder von Erinnerungen an ihn überflutet – guten und schlechten. Und irgendwie hofft sie auch – dass alles nur ein Irrtum war, Gott ein Einsehen hat und ihr Mauro zurückschickt, dass das alles nie passiert ist. Dann quält sie sich wieder, indem sie seine Chats mit „ihr“ liest. Sie kann einfach noch nicht loslassen, ist noch nicht für einen Neuanfang bereit. „Alles steht still … Vielleicht, weil ich es nicht über mich bringe, ein neues Kapitel aufzuschlagen.“ (S. 182)

Die Autorin Marta Orriols lässt Paula die Geschichte aus ihrer Sicht erzählen, dadurch erlebt man ihre Gedanken und Gefühle ungefiltert. Ich habe sehr mit ihr mitgefühlt, ihre unendliche Trauer und Wut, den nie verarbeiteten sehr frühen Verlust ihrer Mutter, der durch Mauros Tod wieder hochkommt. Paulas Gedanken drehen sich oft im Kreis, aber trotzdem macht sie langsam kleine Fortschritte.

Ich mag den direkten und gleichzeitig poetischen Schreibstil von Maria Orriols sehr. „Wir sind erwachsen, ungebunden, frei wie der Wind. Vielleicht sind wir aber auch Gefangene genau dieser Freiheit.“ (S. 158)
Außerdem muss ich von der Ausstattung des Buches schwärmen. Die Tulpen des Schutzumschlages finden sich auch außen und innen auf dem Bucheinband wieder und mache es zu etwas Besonderem.

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Veröffentlicht am 21.10.2020

Marée blanche – die weiße Flut

Baskische Tragödie
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Ein kleiner Junge findet am Strand ein Päckchen mit reinem Kokain, probiert und fällt ins Koma. Commissaire Luc Verlaine und sein Team ermitteln, aber ohne Erfolg. Nach und nach werden 95 der Päckchen ...


Ein kleiner Junge findet am Strand ein Päckchen mit reinem Kokain, probiert und fällt ins Koma. Commissaire Luc Verlaine und sein Team ermitteln, aber ohne Erfolg. Nach und nach werden 95 der Päckchen an Land gespült – die weiße Flut ist da und sie werden ihrer nicht Herr. Dann bekommt Luc auch noch Post, der Unbekannte schreibt ihm wieder, die 4. Nachricht in 4 Jahren, sie ist sehr persönlich. Luc wird aus der Bahn geworfen und verschwindet für ein paar Tage. Als er wieder auftaucht, wird er von einer Polizeistreife angehalten und wegen Körperverletzung, Entführung und Drogenhandel festgenommen. Er beteuert seine Unschuld, aber niemand glaubt ihm. „Ich habe absolute nichts damit zu tun, das wissen Sie doch, Commissaire, ich stehe auf der richtigen Seite …“ (S. 46) Luc kann fliehen, eine atemlose Jagd beginnt. Die Polizei jagt Luc und Luc jagt den Briefeschreiber, der ihn erpresst, aber hat er überhaupt eine Chance? Das Leben Unschuldiger steht auf dem Spiel …

Luc Verlains neuester Fall führt ihn 14 Jahre zurück, in seine Zeit nach Paris. Damals gab es einen Mord, dessen Mörder er nie überführen konnte, aber er hatte ihn auf eine andere Art kaltgestellt. Jetzt rächt sich der Täter – denn Rache wird bekanntlich kalt serviert.
Dabei hatte endlich Luc das Gefühl, angekommen zu sein. Seine Freundin Anouk erwartet ihr gemeinsames Baby, sie sind glücklich, planen ihre Zukunft. Doch statt sich auf das Kind zu freuen, hat Luc plötzlich Angst um alle, die ihm nahestehen. Sein Gegenspieler zwingt ihn Dinge zu tun, die er nie für möglich gehalten hätte und für die er sich schämt. Zum ersten Mal versteht er die Täter, warum sie zu Mördern werden, könnte glatt selbst einer werden…

Alexander Oetkers „Baskische Tragödie“ erinnert stellenweise an George Orwells „1984“. Lucs Gegner ist ihm immer einen Schritt voraus, scheint immer genau zu wissen, wo er ist, was er denkt oder plant: „… ich bin gewitzter, klüger, gerissener und ja, sicher auch brutaler als Sie. Deswegen werde ich gewinnen.“ (S. 223) Außerdem hat er ihn in der Hand, erpresst ihn mit dem Leben Unschuldiger. „An eines haben Sie nicht gedacht. An die Brillanz meiner Rache.“ (S. 211)
Für mich ist es der bisher beste Krimi dieser Reihe, mit einem extrem hohen Tempo und sehr vielen, sehr überraschenden Wendungen – Chapeau! Ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen und habe wiedermal bis Mitternacht gelesen, weil es so fesselnd war. Zudem macht er den Lesern das Baskenland schmackhaft – im doppelten Wortsinn. Ich bin schon sehr gespannt auf Lucs nächsten Fall.

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Veröffentlicht am 21.10.2020

Die perfekte Weihnachtsschlemmerei

Melissa Fortis Weihnachts-Backbuch
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In zwei Monaten ist schon Weihnachten und wie jedes Jahr stellt sich die Frage, welches Gebäck ich dafür zaubere. Denn nicht nur meine Familie profitiert davon, auch Freunde und Arbeitskollegen werden ...

In zwei Monaten ist schon Weihnachten und wie jedes Jahr stellt sich die Frage, welches Gebäck ich dafür zaubere. Denn nicht nur meine Familie profitiert davon, auch Freunde und Arbeitskollegen werden mit Geschenken aus der Küche bedacht. Und da ich seit „Dolci, Tartes und zauberhafte Kuchen“ ein Fan von Melissa Forti bin, habe ich mich sehr gefreut, dass sie dieses Jahr ein Weihnachtsbackbuch im Prestel Verlag veröffentlicht hat. Sie ist für mich ein Garant für traditionelle, aber auch einzigartige, sehr kreative und inspirierende Rezepte aus aller Welt.

Ich konnte natürlich nicht widerstehen und habe bereits die ersten Rezepte ausprobiert, zum Beispiel den Kürbiskuchen mit dicken Schokostückchen und Gewürzen, der wunderbar saftig ist und tatsächlich schon nach Weihnachten schmeckt. Oder den Sbrisolona di Mantova, ein italienischer Kuchen, den man am besten als Kombination aus Shortbread und Streuselkuchen bezeichnen könnte. Neben gemahlenen Mandeln, Zucker, Butter und Mehl kommt da u.a. auch Polenta rein, dadurch hat er eine tolle gelbe Farbe und schmeckt einfach himmlisch. Genau wie die spanischen Polvorónes oder der Sherrykuchen mit Kardamom aus England – ihr merkt schon, ich komme aus dem Schwärmen und Genießen gar nicht mehr raus. Außerdem habe ich mich an den Biancomangiare all’Amaretto gewagt. Das ist ein Mandelsulz mit Amaretto, man könnte auch Mandelpudding sagen. Ich war erstaunt, wie einfach die Zubereitung ist, auch ihn wird es jetzt sicher häufiger geben.

Neben Kuchen und Keksen gibt es auch Rezepte für große Torten, prächtige Kuchen, ausgefallene Desserts, Eis, Nougat, Pralinen, Saucen und Cremes – kurzum allem, was zu einer perfekten Weihnachtsschlemmerei gehört. Diese werden durch großartige Fotos von Danny Bernardini perfekt in Szene gesetzt, das Auge isst schließlich mit. Außerdem gibt es zu jedem Rezept eine Geschichte, was Melissa Forti damit verbindet oder wo es herstammt.

Falls Ihr es noch nicht bemerkt habt – ich liebe dieses Backbuch. Wenn Ihr ähnlich backbegeistert seid wie ich oder jemanden kennt, dem es genauso geht, kauft es Euch oder verschenkt es, Ihr werdet es nicht bereuen.

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Veröffentlicht am 18.10.2020

Ernährungsumstellung leicht gemacht

Das nährstoffdichte Autoimmun-Kochbuch
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Da ich selber seit meiner frühesten Kindheit an chronischer Polyarthritis und seit über 20 Jahren zusätzlich an SLE erkrankt bin, weiß ich, wie Essen (m)eine Krankheit bzw. Gesundheit beeinflusst. Ich ...

Da ich selber seit meiner frühesten Kindheit an chronischer Polyarthritis und seit über 20 Jahren zusätzlich an SLE erkrankt bin, weiß ich, wie Essen (m)eine Krankheit bzw. Gesundheit beeinflusst. Ich habe im Laufe dieser Zeit viele Ernährungsberatungen und -umstellungen probiert, um meine Beschwerden positiv zu beeinflussen. Ähnlich ist es auch Mickey Trescott ergangen, der Autorin dieses Kochbuches. Bei ihr wurden mit 26 Hashimoto und Zöliakie festgestellt und nachdem sie sich vorher 10 Jahre strikt vegan ernährt hatte, begann sie wieder Fleisch zu essen – und ihr Zustand besserte sich schrittweise. Diesen Erfolg will sie mit anderen Betroffenen teilen, ihnen ihre Art der Ernährung – paläo – schmackhaft machen. Ich finde es gut, dass sie dabei darauf hinweist, dass eine Umstellung ärztlich begleitet und die Werte kontrolliert werden sollten.

„Die Nährstoffdichte bezieht sich die Menge an Nährstoffen, die ein Lebensmittel im Verhältnis zu der Energie (den Kalorien) enthält, mit der es uns versorgt.“ (S. 1)
Den eigentlichen Rezepten ist ein umfangreicher erklärender Abschnitt vorangestellt. Mickey Trescott weist darauf hin, dass es vor allem darum geht, keine leeren Kalorien zu essen und die Trigger-Lebensmittel (die Beschwerden auslösen) zu erkennen und wegzulassen bzw. zu ersetzen. Sie geht auf den Zusammenhang zwischen Nährstoffen und Heilung ein, zeigt auf, was Nährstoffe, Vitamine, Mineralstoffe, Spurenelemente etc. sind und untermalt das mit vielen übersichtliche Tabellen.
Neben der Erklärung, was ein Autoimmunprotokoll ist und wie man es führt, gibt es Listen mit erlaubten und verbotenen Lebensmitteln, damit den Betroffenen die Umstellung leichter gelingt, außerdem Tipps zur Vorratskammer und Küchenausstattung etc. Ich selbst führe auch seit Jahren ein Ernährungstagebuch, mache also vieles intuitiv schon richtig.

Die Rezepte sind nach den Kategorien Snacks & Häppchen, Brühen & Getränke, Soßen & Dressings, grandioses Gemüse, Geflügel, Rotes Fleisch, Schweinefleisch, Fisch & Meeresfrüchte und Süße Leckereien geordnet, dabei weist Mickey ausdrücklich auf die bessere Qualität von Bioerzeugnissen hin und darauf, sich saisonal zu ernähren. Abgerundet wird dieser Abschnitt durch Speisepläne und Einkaufslisten nach Jahreszeiten, Budget, Personenanzahl, oder speziellen Bedürfnissen.

Ich finde das Buch perfekt für Einsteiger und Betroffene, die nach neuen Ideen und Rezepten suchen. Es ist leicht verständlich, populärwissenschaftlich geschrieben und auch die Gerichte sind nicht zu kompliziert.

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Veröffentlicht am 17.10.2020

Manni, der Aushilfsweihnachtsmann

Tage voller Weihnachtszauber
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Kurz vor Weihnachten wird die kleine Lena von ihrem Pflegevater ins Kinderheim zurückgebracht, da seine Frau schwer krank ist. Lena ist traurig, aber sie hofft auch, dass ihre eigene, richtige Mama sie ...

Kurz vor Weihnachten wird die kleine Lena von ihrem Pflegevater ins Kinderheim zurückgebracht, da seine Frau schwer krank ist. Lena ist traurig, aber sie hofft auch, dass ihre eigene, richtige Mama sie jetzt endlich findet. Leider weiß man nichts über diese, denn Lena wurde als Neugeborenes vor dem Waisenhaus abgelegt. Und die Heimleiterin Henriette Jonas hat noch andere Sorgen. Sie braucht dringend einen Weihnachtsmann für die Feier im Heim, das ist Tradition. In der Fußgängerpassage sieht sie Manni, einen abgehalfterten Rocker, der vom Aussehen her passen würde. Manni glaubt schon lange nicht mehr an Weihnachten und wollte auch nie wieder ein Kinderheim betreten, aber Henriette macht ihm ein Angebot, dass er unmöglich ausschlagen kann …

Ich kenne Anja Marschall durch ihre historische Krimireihe um Hauke Sötje und die leider viel zu früh eingestellte Reihe mit der ermittelnden Rentnerin Lizzi und auch „Tage voller Weihnachtszauber“ hat mich sofort begeistert und gerührt. Der Roman hat so viel Facetten und ist so herrlich untypisch, außerdem sind ihre Protagonisten wunderbar verkorkst.
Manni ist immer pleite und lebt mit seiner Ratte Beethoven auf dem Schrottplatz eines Freundes. Er hatte keine schöne Kindheit und versteckt sein Herz aus Gold hinter einer rauen Schale, schlägt sich mit Betteln und Gaunereien durchs Leben. Doch Henriette weiß ihn zu nehmen, mit Zuckerbrot und Peitsche will sie ihn auf Kurs bringen, damit die Kinder ein schönes Weihnachten haben. Sie will Manni aber nicht nur aus Prinzip als Weihnachtsmann, sondern weil sie mehr in ihm sieht und der Meinung ist, dass jeder eine zweite Chance bekommen (und nutzen) sollte.
Auch die kleine Lena knackt ihn mit ihrem Urvertrauen und ihren traurigen Augen sofort. Sie hält ihn für den Ersatzweihnachtsmann, der ihr den einen großen Wunsch erfüllen wird. Und er will sie nicht enttäuschen.
Der Erzieher Lukas geht in der Arbeit mit den Kindern auf. Er ist heimlich in die Verkäuferin Clara verliebt, aber zu verklemmt und unbeholfen, um sie anzusprechen. Manni verspricht, auch ihm zu helfen, wenn Lukas etwas für ihn tut …

„Tage voller Weihnachtszauber“ ist nicht nur ein wunderschöner Weihnachtsroman, man merkt dem Buch auch an, dass die Autorin sonst Krimis schreibt. Es gibt einen Bösewicht, über den ich hier natürlich nichts verrate, eine rasante Verfolgungsjagd und jede Menge Verwicklungen. Einfach ein tolles Buch. Spannend, romantisch, lustig, magisch, herzerweichend, voller Hoffnung und Liebe und mit dem Rentier Renate und ihren Mädels, aber das lest ihr besser selbst .

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