Besinnlicher, herzerwärmender Weihnachtsroman mit historischem Touch
Das WinterkarussellWer mich kennt, weiß, dass ich mich das ganze Jahr über für stimmungsvolle Weihnachtsromane begeistern kann. Und gerade jetzt, wenn die Tage immer kürzer werden und der Zauber der Vorweihnachtszeit beinahe ...
Wer mich kennt, weiß, dass ich mich das ganze Jahr über für stimmungsvolle Weihnachtsromane begeistern kann. Und gerade jetzt, wenn die Tage immer kürzer werden und der Zauber der Vorweihnachtszeit beinahe schon greifbar ist, macht die Lektüre solch gefühlvoller Geschichten natürlich umso mehr Spaß.
Anna Liebig erweckt in ihrem Roman "Das Winterkarussell" (Blanvalet Verlag; Sept. 2020) den traditionellen Frankfurter Weihnachtsmarkt zu Leben. Auf zwei Zeitebenen und in der dritten Person erzählt, begleiten wir Otto, den Besitzer eines wunderschönen, historischen Karussells, durch die Winterzeit der Jahre 1938, als er der Liebe seines Lebens begegnet, sowie 1990, als ihm unverhofft seine Enkeltochter gegenübersteht, von deren Existenz er nie gewusst hatte. Auch Antonia, 15 Jahre alt und gerade durch den Tod ihrer Mutter zur Vollwaise geworden, ahnte nie, dass sie weitere lebende Verwandte hat. Die Unterkunft des Jugendheims ist nicht gerade heimelig, also arrangiert sie sich – zunächst zögerlich – mit dem Vorschlag, von der Großstadt Wiesbaden nach Finsternthal im Taunus zu ziehen, zu ihrem Opa. Tatsächlich hat das Dorfleben seinen eigenen Charme und auch Ottos Herz, das der vereinsamte, mürrische Eigenbrötler in den vergangenen Jahrzehnten niemandem mehr geöffnet hatte, schmilzt nach und nach dahin. Bisher war sein zweistöckiges Karussell, das mittlerweile in der Scheune eine einsame Existenz fristet und von Otto liebevoll sein "altes Mädchen" genannt wird, das einzig Wichtige in seinem Leben. Es erinnert ihn an jene Zeiten, in denen sein Bruder und Vater noch lebten und sie gemeinsam als Schausteller durch die Lande zogen, als die Klänge der vertrauten Weihnachtsmelodien und die funkelnden Lichter des Karussells Kinderaugen zum Strahlen brachten…und als Lene und er glaubten, das Glück sei zum Greifen nah. Durch einen Wink des Schicksals findet Otto sich, ermutigt durch seine Enkelin und mit Hilfe der resoluten Wirtin Gerda, nach über fünfzig Jahren auf dem Weihnachtsmarkt am Römer wieder. Als sein geliebtes Karussell erneut in altem Glanz erstrahlt, blüht der einstige Griesgram, der im Grunde seines Herzens ein liebenswürdiger Kauz ist, förmlich auf und auch Antonia wagt, wieder auf eine glückliche Zukunft zu hoffen.
Anna Liebig hat den Kontrast zwischen Jung und Alt, die eigenwillige, anfangs problematische Dynamik zwischen Enkelin und Großvater herrlich authentisch und erfrischend direkt geschildert. Alle Hauptfiguren sind mir bereits nach wenigen Seiten ans Herz gewachsen und gespannt fieberte ich ihrer weiteren Entwicklung entgegen.
Nach diesem Buch träume ich nun selbst davon, eines Tages den Weihnachtsmarkt auf dem Römerberg, im Herzen der Frankfurter Altstadt, zu besuchen und mir einen Apfelwein bzw. ein paar leckere Frankfurter Bethmännchen schmecken zu lassen. Die bildhaften, detaillierten Beschreibungen des Settings lassen keinen Zweifel daran, dass auch die Autorin fasziniert von dieser einzigartigen Kulisse sowie von der Geschichte der Stadt Frankfurt ist. Einfühlsam und voller emotionaler Tiefe erzählt, hält dieser wundervolle Roman genau das, was das nostalgisch schöne, glitzernde Cover verspricht. Die engen Gassen der Mainmetropole, die herzliche Kameradschaft unter den Schaustellern, das festliche Flair des Weihnachtsmarktes mit seinem geschäftigen Treiben, den unverwechselbaren Duft nach Lebkuchen, heißen Mandeln und Zuckerwatte - all das fängt die Autorin mühelos ein.
Fazit: Die perfekte Mischung aus historischem Roman, berührender Feel-Good-Story und purem Weihnachtsfeeling!