Von der Ausstattung her ist „Flo, der Flummi und das Schnack“ ganz definitiv ein hochwertiges Kinderbuch: der Einband ist recht steif, das Papier ist definitiv auch von einer etwas höheren Stärke und im Allgemeinen ist das Buch, in dem eine Anthologie versammelt ist, eher schwer. Trotz des nicht allzu auffälligen Umfangs ist es schon ein sehr wuchtiges Buch. Es gibt ein Lesebändchen; jede Geschichte ist mit einer einseitigen Illustration ausgestattet, die jeweils sehr künstlerisch und in dieser Hinsicht häufig nicht so sehr auf eine Kinder-Zielgruppe hin ausgerichtet wirkt.
Generell ist der erste oberflächliche Eindruck aber sehr positiv; auch dass jede Geschichte mit einer Altersempfehlung und einer durchschnittlichen Vorlesezeit ergänzt worden ist, wirkt sehr entgegenkommend, wobei die Vorlesedauer ohnehin zumeist bei 8 Minuten liegt und man sicherlich darüber streiten kann, ob es so wesentlich ist, ob eine Geschichte nun ein, zwei Minuten länger dauert oder nicht. (Das Maximum liegt hier übrigens bei einer Geschichte mit einer angegebenen Vorlesezeit von 13 Minuten.)
Die Geschichten sind von unterschiedlichen Prominenten verfasst: viele, wenn auch nicht ganz alle, haben dabei zwar einen schriftstellerischen Hintergrund. Jedoch sind definitiv nicht alle dafür bekannt, für Kinder zu schreiben oder je geschrieben zu haben, und da gab es doch auch Geschichten, bei denen ich überlegte, ob der Verfassende in seinem Leben überhaupt schon groß mit Kindern zu tun hatte. Wenige Geschichten hab ich auch als allzu auffälligen Versuchsballon empfunden, als ob die schreibende Person austesten wollte, ob eine Idee in ihrem Kopf sich weiter auszuarbeiten lohnte: Einiges wirkte doch so erzählt als würde man bei Interesse selbst noch ein ganzes, eigenes Buch um diese Geschichte verfassen wollen. Anderes endete einfach ganz plötzlich (wie z.B. die Geschichte von Juli Zeh), dass die Kinder, denen vorgelesen wurde, völlig verwirrt waren, dass es nicht weiterging – und sich dann immerhin auszumalen begannen, was als Nächstes passieren würde. Das regte zweifelsohne die Fantasie an, aber wenn man eine solche Geschichte als Gute-Nacht-Geschichte vorliest, will man im Anschluss an die Geschichte definitiv nicht noch über alternative Enden diskutieren.
Ich bin also nicht von jeglichem Inhalt hier angetan – die Inhalte sind übrigens breitgefächert; einige Geschichten spielen mit lebensnahen Szenarien (Florian Sump erklärt in seinem Beitrag z.B. anhand der Veränderung von alter zu neuer Oma ganz liebevoll deren offensichtliche Demenz/Alzheimer-Erkrankung), während sich andere Handlungen in einer absoluten Fantasiewelt zutragen.
Die allererste Geschichte, von Alina Bronsky, fand ich dabei bereits erschreckend: Offiziell ab 5 Jahren geeignet dreht sie sich um einen Jungen, der traurig ist, dass er vom Nachbarsmädchen unerwartet vermeintlich keine Geburtstagseinladung erhält, und der auf dem Heimweg einen „verrückten alten Mann“ trifft, der ihm erklärt, er sei der König der Äpfel. Hier blieb nicht nur der Zusammenhang diffus, sondern es wurde tatsächlich erklärt, dass die Oma zwar vor fremden, verrückten Männern gewarnt habe, die „manchmal Kinder fangen“ und dieser Mann sei offensichtlich verrückt und fremd, aber immerhin würde er grad ja gar keine Anstalten machen, den Jungen fangen zu wollen, weswegen sich jener auch gemütlich auf dem Bordstein sitzend auf ein Gespräch mit dem Kerl einlässt. Klar muss man in Kindern nicht vor Allem und Jedem Angst entfachen, aber da dachte ich nur, dass diese Geschichte letztlich nur widerspiegelte, wie das Vertrauen von Kindern erschlichen werden kann, zumal das Ganze nicht mit einer entsprechenden Auflösung endete, sondern mit der Klarstellung, dass der Junge dann ein paar Jahre später, so mit 12 oder 13, zu jenem Mann ins ominöse „Apfelland“ gehen könnte, um die Königswürde zu übernehmen.
Das war definitiv der Moment, in dem mir klar wurde, dass ich nicht eine einzige Geschichte aus diesem Kinderbuch vorlesen würde, ohne sie zuvor bereits selbst gelesen zu haben, und in dem ich wirklich Angst hatte, dass sich noch allzu viele dieser Inhalte finden würden. (Übrigens: Nein, das traf glücklicherweise nicht zu.)
Im Großen und Ganzen ist „Flo, der Flummi und das Schnack“ in meinen Augen ein sehr schönes Geschenkbuch, bei dem ich mir aber nichtmals sicher bin, ob ich es selbst tatsächlich auch so einfach verschenken würde. Ich hatte definitiv sehr viel mehr Erwartungen an diese Geschichtensammlung gehabt als letztlich erfüllt wurden.
[Ein Rezensionsexemplar war mir, via Vorablesen, unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden.]