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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 21.10.2020

Weltrevolution im Zeitraffer

Blue Sky Black. Ohne Dunkelheit keine Sterne
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Sehr gern hätte ich mehr Freude mit dem Buch gehabt. Insgesamt überwiegen für mich aber die Schwächen die Stärken doch zu deutlich.

Es handelt sich hier gemäß der Buchwerbung um eine Dystopie mit Romantasyanteil. ...

Sehr gern hätte ich mehr Freude mit dem Buch gehabt. Insgesamt überwiegen für mich aber die Schwächen die Stärken doch zu deutlich.

Es handelt sich hier gemäß der Buchwerbung um eine Dystopie mit Romantasyanteil. Eigentlich bietet das dystopische Setting jedoch nur den lediglich skizzenhaft wirkenden Rahmen für eine Liebesgeschichte, die mich mangels Ausarbeitung der Charaktere leider nicht erreicht hat. Wieder einmal treffen wir auf die berühmte instant love, in der die Betroffenen innerhalb kürzester Zeit davon überzeugt sind: Der/die oder keine(r). Nun kann man sagen, so empfindet man in jungen Jahren eben. Um aber die Leser auch ein bisschen verliebt zu machen, braucht es schon plastische, liebenswerte Charaktere. Logan und Mila, so heißt unser Paar, changieren ständig zwischen Superhelden und einem Benehmen, dass eher an unreife Kinder erinnert. Natürlich geht es hier mal wieder um nicht weniger als die Weltherrschaft. Bei der Vorstellung, diese derartigen Protagonisten anzuvertrauen, wird mir eigentlich Angst und Bange. Dass der wichtigste Charakter für mich ein leider nur am Anfang auftauchender herziger Waschbär war, sagt schon viel.

 

Wie schon angedeutet, konnte mich das dystopische Setting leider nicht überzeugen. Hier wird vieles nur angedeutet, wirkt nicht richtig durchdacht oder selbst nicht verstanden. Die wenigen Seiten des Romans werden mit diesem Thema auch heillos überfrachtet. Es ist gar nicht die Zeit, ein solches Worldbuilding überzeugend auszuarbeiten.

Die Story bietet zwar in der Mitte einen interessanten Twist, wartet aber ansonsten mit glücklichen Zufällen zu Hauf auf, die einfach unglaubwürdig wirken. So stolpern die Protagonisten durch die Revolution wie durch ein Märchen.

So war ich dann am Ende froh, dass sich das Buch wenigstens kurzweilig so nebenbei weggelesen hat. Schade!

 

 

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Veröffentlicht am 21.06.2020

Reisekatze

Einmal mit der Katze um die halbe Welt
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Ich bin alles andere als eine Abenteuerreisende, aber als Katzenfreundin und Autorin im Katzenbereich war ich dennoch gespannt auf die Abenteuer dieser ungewöhnlichen Katze.

Katze Mogli wird als Kitten ...

Ich bin alles andere als eine Abenteuerreisende, aber als Katzenfreundin und Autorin im Katzenbereich war ich dennoch gespannt auf die Abenteuer dieser ungewöhnlichen Katze.

Katze Mogli wird als Kitten vom Autor gerettet und von früh auf an ein ganz untypisches Katzenleben mit vielen Ortswechseln gewöhnt. Doch nicht nur das, sie begleitet ihn auf seinem Motorrad um die halbe Welt. Das Buch ist illustriert mit einigen Fotos, die dokumentieren, dass Mogli die Reise erstaunlich gut verkraftet.

Die halbe Welt auf gut 270 Seiten - da wird schon deutlich, dass Martin Klauka jedes durchfahrende Land allenfalls oberflächlich streifen kann. Orte und Menschen sausen vorbei. Vor allem letztere konnte ich irgendwann kaum mehr auseinanderhalten. Immer wieder wird bei einem Wiedersehen Bezug genommen auf frühere Treffen. Oftmals wird nicht klar, ob diese im Buch schon Thema waren oder nicht. Schon allein aus Moglis Rettung als Kitten hätte man eine eigene Geschichte machen köönen. Die meisten Leser werden wohl das Buch vor allem ihretwegen zur Hand nehmen und hätte sich gefreut. Mir persönlich war es oft einfach zu wenig Katze, zu wenig Mogli.

Im Laufe des Buches wurde meine Sorge um Mogli zudem immer größer. So viele Gefahren, so oft ist sie verschwunden, so häufig wird so viel Glück benötigt, damit alles gut ausgeht. Da am Ende des Buches der Rückweg der Reise noch aussteht, kann ich nur das Beste hoffen. Immer wieder habe ich mir gesagt, ohne den sympathischen Autor hätte Mogli eventuell schon ihre Jugend nicht überlebt. Aber berechtigt einen das, ein Tier um der eigenen Abenteuerlust willen immer wieder in Gefahr zu bringen?

Diese Frage muss jeder für sich selbst beantworten.

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Veröffentlicht am 24.05.2020

Liebe unterm Hollerbusch

Holunderherzen
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Wirklich begeistert hat mich das Cover diese Taschenbuches. Blätter in zartem Blau auf weißen Grund mit auberginefarbenen Holunderbeeren auf weißem Grund, dazwischen ein Vogel, der sich auch auf dem Buchrücken ...

Wirklich begeistert hat mich das Cover diese Taschenbuches. Blätter in zartem Blau auf weißen Grund mit auberginefarbenen Holunderbeeren auf weißem Grund, dazwischen ein Vogel, der sich auch auf dem Buchrücken wiederfindet: Das sieht im Buchregal sehr hübsch aus. Leider konnte nach meinem Geschmack die Geschichte nicht ganz mit der hübschen Verpackung mithalten. Nach einer gescheiterten Beziehung flieht Anne zu ihrer Tante Tilly auf ein heruntergekommenes Grundstück an der Lübecker Bucht. Anne wirkte auf mich häufig nicht wie über 40, sondern wie ein unreifer Teenager. Sie geht noch in diesem Alter gern "starke Männer gucken", indem sie sich vor ein Fitness-Studio setzt beispielsweise. Dass innere Stärke zählt, muss sie erst mühselig begreifen. Die Teenagerin Kyra scheint häufig reifer als Anne, während Anne verblüffenderweise schon überfordert ist, wenn Kyra ihr von Problemen mit ihrem Freund berichtet. Dass Kyras Vater, der verwitwete Arzt Carsten, Annes neuer Auserwählter wird, daran lässt die Autorin von Beginn an keinen Zweifel. Dieser Carsten wird mal als Vogelscheuche, mal als schöner Mann beschrieben, normale Mitteldinger scheint es nicht zu geben. Schon nach der ersten Begegnung entbrennt Anne in Sehnsucht nach ihm, obwohl sie ihn ewig nicht wieder trifft. Bei der zweiten Begegnung stolpern sie ineinander, und nun ist es endgültig um Anne geschehen. Eben wie ein Teenie...
Die Highlights des Buches waren für mich die exzentrische Tante Tilly und ihr bisisiger Mops Hugo sowie dass Holunderbüsche, die ich einfach liebe, in der Story eine Rolle spielen. Anne eröffnet ein Café auf dem Grundstück, dessen Angebot auf Holunderprodukten basiert. Zum Glück wird man hier aber nicht mit endlosen Rezepten genervt wie in manch anderem Roman, in dem die Protagonistin in der kulinarischen Branche tätig ist.
Leider ist Tilly an Alzheimer erkrankt. Sie möchte niemandem zur Last fallen und wählt einen ziemlich drastischen Ausweg. Das ermöglicht, dass der Roman sein reines Unterhaltungsniveau beibehalten kann. Einen endlosen Verfall, das muss ich fairerweise sagen, hätte ich aber nicht gern miterlebt. Auch bei Tilly finden sich manche Motive, die ich übertrieben fand, so die plötzliche hingebungsvolle Liebe eines alten Fischers, der sich willig von ihr beschimpfen und von Hugo wiederholt bis aufs Blut beißen lässt.
Insgesamt habe ich die Geschichte nicht ungern gelesen, wenn mir auch der Vorläufer "Winterapfelgarten" einen Tick besser gefallen hat. Bedauerlicherweise ist auch das Strickmuster sehr ähnlich. In den "Holunderherzen" findet sich zudem ein Stilmittel, das mir beim letzten Roman nicht aufgefallen ist: Die unentschlossene Anne führt Monologe nach dem Strickmuster "Ja? Nein? Oder doch?" wiederholt, was sie noch unreifer erscheinen lässt und nervt. Auch wirkt es ein wenig, als sollte die Wortzahl künstlich gesteigert werden.
Fazit: Kann man lesen, muss man aber nicht.

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Veröffentlicht am 17.05.2020

Seelenlose High Society

Schöne Seelen
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Bei diesem speziellen Roman war ich hinsichtlich der Gesamtbewertung immer wieder schwankend. Streckenweise hat er mich so amüsiert, dass ich sicher war, das werden fünf Sterne! Gerade zum Ende hin wurde ...

Bei diesem speziellen Roman war ich hinsichtlich der Gesamtbewertung immer wieder schwankend. Streckenweise hat er mich so amüsiert, dass ich sicher war, das werden fünf Sterne! Gerade zum Ende hin wurde er aber dann doch etwas ennuierend, und ich hatte den Eindruck, dass die ohnehin überschaubare Handlung plötzlich planlos versickert. Sprachlich ist das Buch wirklich herausragend. Wer wie ich in seiner Jugend Marcel Prousts zehnbändiges Werk "Auf der Suche nach der verlorenen Zeit" gelesen hat, genießt es einfach, wenn ein Autor verschachtelte Sätze über die Seite mäandern lassen kann, ohne je den Überblick zu verlieren. Zudem richtet Philipp Tingler einen äußerst scharfsichtigen, beinahe sezierenden Blick auf die Schönen und Reichen, immer auf der Suche nach einer brillianten Pointe. Stets scheint durch, dass der Autor Kolumnist ist, und ich vermute, dass mir seinen Kolumnen sicher auch viel Vergnügen bereiten würden. Es tut mir aber leid, es sagen zu müssen: Die Grundidee kann einfach nicht ein ganzes Buch tragen.
Tatsächlich kann man die gesamte Handlung in nur wenigen Sätzen zusammenfassen: Die reiche Milvina van Runkle stirbt an der letzten ihrer zahlreichen Schönheits-OPs. Ihre Adovtivtochter Mildred weiß nicht, dass sie adoptiert ist. In Mildreds Ehe mit Viktor kriselt es so mächtig, dass sie Viktor zu einer Therapie drängt. Dieser probt jedoch heimlich für ein Theaterstück und hat dazu seiner Meinung nach keine Zeit. Daher entsendet er seiner Freund, den Schriftsteller Oskar Canow, zu einer Art Stellvertreter-Therapie. Oskar schildert dort die Probleme Viktors und Mildreds, als wären es die seiner eigenen Ehe mit Lauren. Oskar verstrickt sich immer mehr in die Therapie, während sein Wunsch nach schriftstellerischer Inspiration sich nicht erfüllt. Schließlich fliegt der Schwindel auf und Mildred erfährt sogar von der Adoption. Die Handlung nimmt dann noch einen eher unmotiviert wirkenden Schlenker in die USA.
Große Freude haben mir Beschreibungen wie diese bereitet: "Die knochige Gestalt wurde von einer unerhörten Strickjacke mit Zopfmuster umschlottert, deren unheilvolles Grau möglicherweise nur davon herrührte, dass sie zu oft gewaschen worden war." Die Beobachtungsgabe Tinglers ist einfach wunderbar, einen derartigen Gesprächspartner würde ich mir im Alltag einmal wünschen. Leider färbt die innere Leere seiner Protagonisten aber etwas ab und bewirkt eine gewisse Handlungsarmut.

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Veröffentlicht am 13.05.2020

Eigentlich eine Novelle

Meine amerikanische Freundin
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In nicht einmal zwei Stunden hatte ich dieses schmale Bändchen durchgelesen. "Eine wunderschöne melancholische Ballade" schwärmte ein französisches Magazin über das Buch. Ich selbst würde es eher eine ...

In nicht einmal zwei Stunden hatte ich dieses schmale Bändchen durchgelesen. "Eine wunderschöne melancholische Ballade" schwärmte ein französisches Magazin über das Buch. Ich selbst würde es eher eine Novelle nennen als einen Roman, daher vergebe ich auch schweren Herzens nur drei Sterne. Ich bin einfach kein Fan von Büchern, die nur ca. 150 Seiten haben, und dann noch mit viel Platz zwischen den Kapiteln.
Die Story dagegen überzeugt. Die namenlose französische Ich-Erzählerin erfährt, dass ihre amerikanische Freundin Molly aufgrund eines Aneurysmas ins Koma gefallen ist. Die drei Monate dieses Komas überbrückt sie, indem sie sich in einer Art Tagebuch an ihre Freundin wendet, die sie nicht besuchen darf. Darin erzählt sie von ihrer gemeinsamen Freundschaft, von der Angst, Molly zu verlieren, und von der schrecklichen Entdeckung, dass ihr eigener Mann eine Affäre mit einer seiner jungen Studentinnen hat.
Zunächst ist die Freude groß, als Molly sich zurück ins Wachsein kämpft. Doch sie ist nicht nur halbseitig gelähmt, sondern schwer erschüttert von der Nahtoderfahrung. Die Operation des Aneurysmas hat ihr Kurzzeitgedächtnis geschädigt. Molly ist nicht mehr die Alte, und die Erzählerin bringt es nicht über sich, ihr die Tagebucheinträge zu geben, sie mit ihren eigenen Eheproblemen zu belasten. Sie verblassen angesichts Mollys Schicksal, die zunächst wieder bei ihren Eltern einziehen muss trotz ihrer 40 Jahre, und ein Leben lang wahrscheinlich Pflegerinnen brauchen wird.
Die Erzählerin besucht Molly immer wieder in den USA, und ist zunächst irritiert, wie sich immer mehr Freunde und Kollegen von Molly zurückziehen, da diese oft sehr ungehalten und mit ihrem Leid verständlicherweise überfordert ist. Eben noch in der Filmbranche erfolgreich, wird sie nun zum Teil zum hilflosen Kind.
Doch schließlich reagiert die Erzählerin genau wie Mollys übriges Umfeld: Sie zieht sich immer mehr zurück, denkt an Molly lieber als an den Menschen, der sie früher war.
Die Geschichte ist einerseits sehr ergreifend. Es kommt einem der Gedanke, dass es einem jederzeit auch so gehen könnte, so wie Molly oder so wie der Erzählerin. Die Figuren dieses kleinen Romans sind im Grunde sehr einsam. Zwar hat die Erzählerin Kinder und Ehemann, wagt aber lange nicht, dessen Affäre überhaupt anzusprechen oder ihr wirklich auf den Grund zu gehen. Die Isolation der Figuren ist realitätsnah und daher erschütternd.
Andererseits rauscht die ganze Geschichte durch ihre Kürze am Leser vorbei, beinahe wie ein Spuk,

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