Die Schatten der Vergangenheit
Frankfurt rückt einmal mehr in den Fokus der Berichterstattung, denn im Main schwimmt die Leiche eines ermordeten amerikanischen Reportes, der über die Auschwitz-Prozesse berichtet hat. Der Leichenfund ...
Frankfurt rückt einmal mehr in den Fokus der Berichterstattung, denn im Main schwimmt die Leiche eines ermordeten amerikanischen Reportes, der über die Auschwitz-Prozesse berichtet hat. Der Leichenfund an und für sich ist schon heikel, aber die Tat gewinnt noch zusätzlich an Brisanz, da der Tote selbst Jude gewesen ist. Schon bald muss sich Kommissar Preusser die Frage stellen, ob hier die Vergangenheit wieder mit aller Macht ans Tageslicht drängt und die Übeltäter von damals auch noch heute ihre Finger im SPpel haben, um zu vertuschen, was nicht für die Öffentlichkeit bestimmt ist...
Mit "Die Stille der Toten" wird das Rad der Zeit unweigerlich zurückgedreht und man befindet sich schnell mittten in der aufgeheitzen Stimmung, die 1967 herrscht. Die Anspannung wird vom Autor sehr schön an den Leser weitergegeben und man fühlt, wie sich der Wandel vom gesitteten Wirtschaftswunderland in ein aufbegehrenderes, rebellierendes Terrain vollzieht.
Preusser ist eigentlich jemand der gelernt hat, dass das, was der Vorgesetzte ihm offeriert, auch umzusetzen ist. Man merkt ihm seine Zweifel richtig an, weil er spürt, dass da noch was im Argen liegt und er fragt sich, warum er seine Ermittlungen nicht weiter fotführen soll. Der innere Kampf, den er mit sich selbst austrägt, macht ihn glaubwürdig und authentisch.
Doch je mehr er auch sein Bauchgefühl hört und nachforscht, desto tiefer werden die Gräben, die sich vor ihm auftun. Die Arme der braunen Idealisten sind auch in den späten 1960er Jahren noch sehr lang und wissen, wie man Dinge unter den Teppich kehrt.
Der Spagat zwischen Vergangenheitsbewältigung und politischem Umschwung ist dem Schreibenden gut gelungen, denn er lässt viel damaliges Zeitgeschehen in seine fiktive Handlung mit einfließen. Das geht zwar manchmal zu Lasten einer spannenden Erzählweise, aber das macht nicht wirklich etwas aus, denn die Themenwahl ist so vielfälig und anspruchsvoll, dass man gerne ein paar weniger aufregende Szenen hinnimmt.
Der Roman glänzt mit hervorragender Recherche und einer flüssigen Schreibweise, die den Leser immer wieder abholt und aktiv an den Ereignissen teilhaben lässt.
Es bleibt noch ein bisschen Luft nach oben, um einen echten Histo-Krimi mit vielschichtigen Charakteren vorzufinden, aber für den Start einer neuen Reihe ist der erste Band gut gelungen und macht Lust, weitere Fälle zu verfolgen.