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Veröffentlicht am 07.06.2021

Frauenpower

Polizeiärztin Magda Fuchs – Das Leben, ein ewiger Traum
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Das Leben, ein ewiger Traum.
Ein Titel der viel verspricht und noch mehr hält. Das neuste Werk des Erfolgsehepaars, das hinter dem Pseudonym Helene Sommerfeld veröffentlicht, schildert das teils sehr unschöne ...

Das Leben, ein ewiger Traum.
Ein Titel der viel verspricht und noch mehr hält. Das neuste Werk des Erfolgsehepaars, das hinter dem Pseudonym Helene Sommerfeld veröffentlicht, schildert das teils sehr unschöne und zugleich sehr realistisches Bild der Berliner Nachkriegszeit der 20er Jahre. Bildhaft werden Die Lebensumstände und die Diskrepanz von Reichtum und Armut beschrieben.
Die junge Ärztin Magda verlässt nach dem schmerzhaften Verlust ihres Mannes die Heimat, um in Berlin ganz neu anzufangen. Bei ihrer Arbeit als Polizeiärztin im Gefängnis, trifft sie auf enorme Missstände der ärmeren weiblichen Gefangenen. Besonders das Schicksal der Kinder hat es ihr angetan. Magda beginnt sich für bessere Verhältnisse für eben diese stark zu machen.
Die Geschichte hat mich sofort und vollkommen gefangen genommen. Der Schreibstil, leicht Berliner Schnauze, liest sich leicht und fließend und nimmt den Leser somit schnell mit auf eine atemberaubende und spannende Zeitreise. Ein mitreißender Stil und Aufbau, der nicht intensiver und emotionaler hätte gestaltet werden können.
Mit der Polizeiärztin und jungen Witwe Magda, aber auch der zweiten Protagonisten Celia, wurden zwei Powerfrauen geschaffen, die den Frauen ihrer Zeit um einiges voraus waren - und Vorbilder bis zum heutigen Tag sind. Wunderbar recherchierte Details damaliger Zeiten, lösen neben etwaigen Emotionen auch vielversprechende Bilder vor dem inneren Auge des Lesers aus.
Besonders Magdas persönliche Geschichte/ Schicksal wird mitreißend beschrieben und thematisiert. Celia ist anfangs sehr unnahbar und kühl aber keineswegs unsympathisch. Ihre Veränderung während der Geschichte ist überaus spannend. Jeder hat seine eigene prägende Vergangenheit, die einem zu dem Menschen macht, der man ist. Celia symbolisiert, wie viel mehr Frauen in jener Zeit ihre Ziele und Wünsche noch unterdrücken mussten.
Aber auch alle anderen Persönlichkeiten/ Charaktere sind sehr greifbar und authentisch charakterisiert und ebnen einen fließenden Übergang in die Thematik.
Eine absolute Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 08.02.2021

Berührend

Erinnerungen aus Glas
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„Einige Erinnerungen hielt sie gerne fest, andere würde sie am liebsten in einem der vielen Kellergewölbe unter den Amsterdamer Banken wegsperren. Oder in einem der vielen Tunnel, die die Hügel ihrer Heimat ...

„Einige Erinnerungen hielt sie gerne fest, andere würde sie am liebsten in einem der vielen Kellergewölbe unter den Amsterdamer Banken wegsperren. Oder in einem der vielen Tunnel, die die Hügel ihrer Heimat durchzogen.“
Mit den Gedankengängen einer älteren Dame, die wir im Laufe des Romans besser kennen lernen werden, wird in das Werk eingeführt. Schon kurz darauf finden wir uns in den 1930er Jahre, in dem kleinen niederländischen Städtchen Geethorn, 75 Jahren zurück, wieder.
"Erinnerungen aus Glas" erzählt die bewegende (Lebens)Geschichte der beiden besten Freundinnen Eliese und Josie, welche in zwei Handlungssträngen erzählt wird. Ein Teil erzählt von Mut und Verbundenheit der beiden Frauen, welche sich gegen die Judenverfolgung in den Niederlanden stark machen. Das Leben hat die beiden zeitweise andere Wege gehen lassen, doch dann plötzlich wieder zusammen geführt.
Im zweite Teil, der Gegenwart, begleitet Ava ihre Großmutter zur Eröffnung einer Bibliothek in Amsterdam, die von dieser gestiftet worden ist. Kurz darauf reist sie nach Uganda, um eine Hilfsorganisation zu besuchen und in ihrer Arbeit zu kontrollieren und den Förderantrag von Landon West zu überprüfen. Als sie dessen Großmutter kennen lernt, tut sich eine Verbindung zwischen ihren beiden Familien auf, die Ava weiter recherchieren und unglaubliches herausfinden lässt.
Durch ihren ausdrucksstarken Schreibstil, entführt Autorin Melanie Dobdon den Leser kurzerhand in eine längst vergangene, jedoch nicht vergesse Zeit. Einer der berührendsten Werke über die Zeit des zweiten Weltkrieges, die ich je gelesen habe. Ich habe das Buch nur widerwillig aus der Land legen können und hätte es am liebsten im Ganzen verschlungen.
Mir war nicht bewusst, wie schlimm die Judenverfolgung auch in den Niederlande war. Die Geschichte um das Schicksal zweier bester Freundinnen zeigt wunderbar recherchierte Fakten auf. In zwei Handlungssträngen erzählt ein Teil in der Vergangenheit um 1942, im zweiten Teil in der Gegenwart, doch „Die Vergangenheit schleicht sich oft unerwartet in unsere Gegenwart.“ Das Geschehene wird berührend sowie chronologisch erzählt.
Die Geschichte liest sich sehr spannend, was einerseits am historischen Hintergrund, andererseits an den komplexen Beziehungen der Protagonisten der Gegenwart und ihren vielfältigen Geheimnissen, liegt. Eine absolute Leseempfehlung und ein Roman zum Nachdenken.

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Veröffentlicht am 10.12.2020

Mitreißende Familiengeschichte

Gut Greifenau - Silberstreif
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Die Familiensaga des herrschaftlichen Gut- Greifenau, geht mit dem fünften Band "Silberstreif", in eine neue Runde.
Ich muss zugeben, die ersten vier Bände bis dato nicht genannt und daher noch nicht gelesen ...

Die Familiensaga des herrschaftlichen Gut- Greifenau, geht mit dem fünften Band "Silberstreif", in eine neue Runde.
Ich muss zugeben, die ersten vier Bände bis dato nicht genannt und daher noch nicht gelesen zu haben, was sich nach dem Schmökern im neuen Band, der deutschen Bestsellerautorin Hanna Caspian, jedoch sicher ändern wird. Der historische Roman "Silberstreif" hat mich durch seinen spielend leichten und flüssigen Schreibstil direkte in seinen Bann und somit in ein Deutschland der Zwanziger Jahre und mitten in die Wirtschaftskrise, gezogen. Die Hyperinflation hinterlässt ihre Spuren bei Arm und Reich. Das Geld verliert stündlich an Wert. Existenzen werden vernichtet. Die politische Situation der Weimarer Republik spitzt sich zu und wird zunehmend instabiler, wodurch auch Unsicherheit und Verzweiflung in der Bevölkerung, wie auch auf dem Gut, wachsen. Doch dann ist es ausgerechnet diese Wirtschaftskrise, die dabei hilft, das Familiengut zu retten. Caspian schaffe es, diese historisch belegten Fakten sehr gut recherchiert in eine mitreißende Familiengeschichte einzubetten und sie anhand unterschiedlicher Schicksale gekonnt zu erzählen. Die einzelnen Charaktere/ Protagonisten von Gut Greifenau, egal welchen Standes, sind spannend und detailliert, mit mehr oder weniger charmanten Ecken und Kanten beschrieben, wodurch ein gutes Bild dieser aber auch der damit verbundenen Emotionen und Handlungsstränge entsteht. Hierraus ergeben sich viele einzelne kleine Erzählungen, welche sich schließlich, wie ein roter Faden, zu einem wundervoll erzählen Ganzen, zusammenfügen. Ein Personenregister sowie Kartenmaterial des damaligen Deutschlands, bieten vor allem Neueinsteigern um diese emotionale Familiengeschichte, eine sehr gute Übersicht, in der es immer wieder spannend hergeht, zwischen Liebe und Tränen, Intrige und Hoffnung. Sehr mitreißend und damit ein absoluter Buchtipp für die kalten Wintertage.

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Veröffentlicht am 26.10.2020

Bittermonds Bucht

Bittermonds Bucht
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Bittermonds Bucht ist der wohl schönste Ort den man sich nur vorstellen kann. Ein weißer langer Sandstrand an dem Bittermonds Schiff anliegt, ein buntes Riff mit vielen Fischen und wunderschönsten Muscheln, ...

Bittermonds Bucht ist der wohl schönste Ort den man sich nur vorstellen kann. Ein weißer langer Sandstrand an dem Bittermonds Schiff anliegt, ein buntes Riff mit vielen Fischen und wunderschönsten Muscheln, ein kleiner Urwald mit friedliebenden Tieren, der himmlisch blaue Horizont und weit und breit nichts Störendes und Lärmendes, außer der sachte Klang der Wellen und ab und zu eine vorbeifliegende Möwe. Für Käpt'n Bittermond ist dies das Paradies auf Erden. Aber dem jungen Jukka, der in einer kleinen selbstgebauten Hütte an dessen Strand lebt, wird es allmählich zu langweilig. Es gibt nichts, dass Jukka nicht schon gesehen, erlebt oder gemacht hat an diesem traumhaften Strand. Er träumt von der Welt "da draußen", möchte Neues erkunden, die Menschen kennen lernen und ist bereit für neue Abenteuer. Eines Tages kommt Bittermonds alte verflossene Liebe Kandidel mit ihrer Tochter Lila ganz unerwartet in die Bucht. Auf einmal ist alles anders und gerät völlig durcheinander. Die Ruhe ist verschwunden, die beiden Kinder verstehen sich nicht und stacheln sich gegenseitig an, da Jukka durch Lilas Wissen über die Welt schmerzhaft feststellt, dass er nur wenig weiß von dem "normalen" Leben, er kann nicht lesen und schreiben und hat nicht einmal einen Nachnamen. Als Kandidel dann auch noch eines Nachts fluchtartig die Bucht verlässt, Lila zurücklässt aber Bittermonds wertvollsten Schatz stiehlt, ist es vorbei mit dem Frieden in der Bucht und dem Leben, wie Jukka es kannte. Nichts ist wie es einmal war. Gemeinsam mit Lila begibt sich Jukka auf eine abenteuerliche Reise durch Wüsten, Städte und Berge, um dem Käpt'n seinen wertvollen Besitz zurückzubringen.
Maike Harel hat mit Bittermonds Bucht einen phantastischen Abenteuerroman für Kinder ab 10 Jahren geschaffen. Jedes Kapitel erzählt für sich ein neues kleines Abenteuer der beiden Kinder. Zusammen erleben sie eine magische Reise, in der sie lernen müssen zusammen zu halten, einander zu vertrauen und von den Stärken des anderen zu profitieren. Am Ende des Romans sind die beiden Streithälse doch tatsächlich beste Freunde geworden.
Harel lässt Jukka, wer zuvor nichts Schlechtes erlebt oder widerfahren ist, auf kindgerechte Art mit den menschlichen und sozialen Kontroversen der heutigen Gesellschaft kollidieren. Wie im wahren Leben auch, muss Jukka, der nie etwas Böses im Sinne hatte, Lug und Betrug, Manipulation und Boshaftigkeiten, am eigenen Leib erfahren. Auch Klischees werden auf phantastische Weise wiederlegt. Plötzlich ist der Reichste der Unglücklichste, die feine Gesellschaft verlogen und korrupt, das verpönte Volk hilfsbereit und mitfühlend und der wahre Held, nicht der, der von der königlichen Hoheit dafür ausgezeichnet wurde, sondern ein einfacher Matrose, der sein Leben für ein unbekanntes Leben in Gefahr brachte. Jukka verliert sich selbst für kurze Zeit und beginnt sich und sein Leben kritisch zu hinterfragen. Er sucht nach seinem Platz in einer Welt, die ihm bis dahin völlig fremd und jetzt unnötige hart im Umgang miteinander erscheint. Doch alles kommt anders als Jukka es gedacht hätte und ein neues Leben beginnt.
Bittermonds Bucht erfährt immer wieder kleine Spannungsbögen und erinnert an einen Fantasie Roman. Vor allem regt er jedoch zum Nachdenken an, bleibt dabei aber stets kindgerecht und spannend zugleich. Ein absolutes Erlebnis für kleine Abenteurer, mit dem Fingerzeig, sich von allem selbst ein Bild zu machen und nicht voreilig zu (be)urteilen.

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Veröffentlicht am 26.10.2020

Jahresringe

Jahresringe
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Jahresringe, der Debütroman des Kölner Realschullehrers, Andreas Wagner, erzählt die, im wahrsten Sinne des Wortes, bewegende Geschichte einer Familie, rund um den Wandel des Hambacher Forst.
Ich war skeptisch ...

Jahresringe, der Debütroman des Kölner Realschullehrers, Andreas Wagner, erzählt die, im wahrsten Sinne des Wortes, bewegende Geschichte einer Familie, rund um den Wandel des Hambacher Forst.
Ich war skeptisch aber gleichermaßen gespannt, ob es Wagner gelingt, ein solches Thema in einen fesselnden Roman zu verpacken. Was soll ich sagen, durch die teils sehr metaphorische Erzählweise, die vielen wiederkehrenden Motive, wie bspw. der Maiglöckchen, dem Bürgewald, Tradition oder auch Zusammengehörigkeitsgefühl, welche immer wieder aufgegriffen und in der entsprechenden Epoche zeitgemäß weiter ausgeführt wurden, aber auch durch eine angenehme Schreibweise, fand ich mich sehr schnell, sehr vertieft in diesen Roman.
Jahresringe erzählen die Geschichte eines Baumes. "Jahresringe", von Andreas Wagner, erzählt die berührende Geschichte der jungen Leonore, welche 1946, mit gerade einmal 13 Jahren, als Vertriebene von Ostpreußen ins Rheinland flüchtet und schließlich in einem kleinen Ort zwischen Köln und Aachen strandet.
Als junge Fremde und Geflüchtete hat es Leonore Zeit ihres Lebens schwer, in Lich- Steinstrass, ihrer neuen Heimat, Akzeptanz oder Wohlwollen zu erfahren. Lediglich Jean Immerath, Moppenbäcker des kleinen Dorfes, nimmt sie in seinem Haus auf und weiht sie in seinen Traditionsbetrieb ein, den sie kurz vor dessen Tod schließlich übernehmen wird. Zuflucht und Seelenfrieden findet Leonore meist ausschließlich auf langen Spaziergängen durch den Bürgewald. Mit den Jahren keimt in ihr jedoch der Wunsch nach einem Kind auf, das sie Jahre später, auf mystische Weise, erhalten soll. Mit der Geburt ihres Sohnes Paul, dem Protagonisten des zweiten Teils, begleiten wir diesen auf seinem Weg einer gezeichneten Kindheit hin zum Erwachsenwerden. Die Frage um Heimatgefühl und Familie wird Ende der 1970er Jahre auch für Paul essentiell und existentiell, als dieser mit dem Näherrücken des Tagebaus und der geplanten Umsiedlung seines Heimatortes, vor der Entscheidung steht, was aus der Traditionsbäckerei und seiner beruflichen Zukunft werden soll. Der Bürgewald weicht unaufhaltsam dem Braunkohle-Tagebau!
Im dritten und letzten Kapitel stehen sich Leonores Enkel Sarah und Jan als Protagonisten mit Werten, die unterschiedlicher nicht sein könnten, gegenüber. Jan ist Baggerführer im Tagebau, Sarah Aktivistin und Baumbesetzerin im Bürgerwald. Auf diesem Höhepunkt der Familiengeschichte wird verdeutlicht, dass es nicht nur richtig und falsch gibt, sondern alles sein Für und Wider zu haben scheint.
Viele kleine Nebenerzeugnisse, berührende Familiengeheimnise und ein Ende, mit dem ich so nicht gerechnet habe, bilden eine rundum stimmige und historisch belegte Geschichte, dessen Nachwehen heute noch für nachfolgende Generationen spürbar sind. Wagner hat in meinen Augen einen mitreisenden Roman geschaffen, wenngleich er im letzten Teil zu viel zu schnell passieren lässt. Ich hätte gut und gern mehr, dafür jedoch weit ausführlicher lesen wollen. Dennoch sehr gelungen und eine absolute Leseempfehlung.

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