Profilbild von GrauerVogel

GrauerVogel

Lesejury Profi
offline

GrauerVogel ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit GrauerVogel über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 27.10.2020

Die Wahl zwischen Böse und Böse

Der Pflegefall
0

Anna Zerbst wird als Pflegekraft für Herrn Brunt eingestellt, der allein in seiner Villa lebt. Außerdem kümmert sich das Ehe Schmitts um den Garten und den Haushalt. Herr Brunt ist keine einfache Persönlichkeit, ...

Anna Zerbst wird als Pflegekraft für Herrn Brunt eingestellt, der allein in seiner Villa lebt. Außerdem kümmert sich das Ehe Schmitts um den Garten und den Haushalt. Herr Brunt ist keine einfache Persönlichkeit, hat schon viele Pflegerinnen vergrault. Er wird ausfallend, ist ständig übel gelaunt... und war Zeit seines Lebens ein wirklich schlechter Mensch und ist ein waschechter Psychopath.


Immer mehr düstere Geheimnisse aus Brunts Vergangenheit werden zu Tage gefördert. Manches entdeckt Anna selbst, manches erzählt er ihr, manches erfährt sie von den Schmitts. Die Versionen widersprechen sich zum Teil und beide Seiten versuchen Anna zu manipulieren. Sie entdeckt, dass die Schmitts dabei sind, Herrn Brunt langsam zu vergiften und schaltet bald darauf die Polizei ein.

Wichtige Themen in diesem Buch sind die Fragen, ob jemand, der so schreckliche Dinge getan hat wie Herr Brunt dennoch eine liebevolle Pflege im Alter verdient hat und wie schwer es für Pflegekräfte sein kann, mit so einer Person fertig zu werden.

Gut gelungen ist die Darstellung der Charaktere. Sie wirken alle sehr echt und die Sympathien schwanken zwischen Herrn Brunt und den Schmitts hin und her - man wird als Leser genau so manipuliert wie Anna! Das ist wirklich gut gelungen.

Bei allem, was neu ans Tageslicht kommt, kann man sich nie sicher sein, ob es der Wahrheit entspricht oder eine Lüge ist. Leider werden manche Dinge am Ende nicht aufgeklärt, was ich schade finde und mich etwas unbefriedigt zurücklässt.

Der Schreibstil war flüssig zu lesen, ist aber auffällig unbesonders, ohne das jetzt böse zu meinen. Irgendwie passt das aber auch wieder zu Anna Zerbst, vielleicht ist das also auch Absicht.

Insgesamt ein lesenswertes Buch, das gut geschrieben ist und interessante wie wichtige Themen zur Sprache bringt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 27.10.2020

Skurriles Buch, wichtige Themen aber nicht genug Tiefe

Noch so eine Tatsache über die Welt
0

Millie ist ein kleines Mädchen und fasziniert von "toten Dingen": Die tote Fliege, die vertrockneten Blumen, alles notiert sie in ihrem "Buch der toten Dinge". Doch eines Tages, muss sie auch ihren Vater ...

Millie ist ein kleines Mädchen und fasziniert von "toten Dingen": Die tote Fliege, die vertrockneten Blumen, alles notiert sie in ihrem "Buch der toten Dinge". Doch eines Tages, muss sie auch ihren Vater in diesem Buch notieren und kurz darauf setzt ihre Mutter Millie in einem Einkaufszentrum aus. Dort trifft sie zunächst auf Karl, der aus dem Altersheim ausgebückst ist. Sowohl er als auch Millies Nachbarin Agatha wollen Millie helfen.


Die Protagonisten haben alle drei einen gehörigen Knall, damit muss man schon mal umgehen können. Alle drei waren mir teilweise unsympathisch oder haben Fremdscham ausgelöst, an anderen stellen konnte ich sie dafür wirklich gut verstehen.


In Millies Handlungsstrang geht es vor allem darum, wie man Kindern die komplizierten Dinge des Lebens erklären sollte bzw. wie eben nicht. Millie bekommt von den Erwachsenen wirklich haarsträubenden Blödsinn erzählt, allerdings dämmert ihr, dass diese Erklärungen so nicht ganz stimmen können...


Bei Karl geht es um zahlreiche Themen des Alterns: Das Gefühl von der Gesellschaft abgehängt worden zu sein, Altersdiskriminierung im positiven wie im negativen Sinne, Sexualität im Alter, die Trauer um den geliebten Ehepartner, Unverständnis und teilweise auch Neid für die jüngeren Leute.


Agatha hat ihren Mann nicht geliebt, sondern fand ihn eher abstoßend. Als die Nachbarn kommen und Beileid heucheln, platzt ihr der Kragen und sie verweigert fortan jeden direkten Kontakt mit Menschen - außer, dass sie ihnen aus dem Fenster zuschreit, von welchen Kleinigkeiten sie sich gestört fühlt. Nach Jahren der Abschottung bringt Millie sie dazu, erstmals wieder das Haus zu verlassen.


Wie man sieht, greift das Buch durchaus einige wichtige Themen auf, was mir gut gefallen hat. Allerdings werden sie nicht in der Tiefe diskutiert, wie ich mir das gewünscht hätte, vieles nur aufgezeigt aber nicht weiter aufgearbeitet. Das fand ich persönlich schade.


Insgesamt hat das Buch einen so neutralen Eindruck hinterlassen, dass es mich völlig irritiert. Es hat wenig positiv auffallende Szenen aber auch kaum negativ auffallende. Eben absolut neutral. Neutral, aber skurril.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 27.10.2020

Wie weit darf Medizin gehen?

Zweiunddieselbe
0

Jenna lag ein Jahr lang im Koma. Nun ist sie wach, hat aber ihr Gedächtnis verloren. Ihre Eltern verhalten sich seltsam, ihre Großmutter ist seltsam feindseelig und so viele Dinge wollen einfach keinen ...

Jenna lag ein Jahr lang im Koma. Nun ist sie wach, hat aber ihr Gedächtnis verloren. Ihre Eltern verhalten sich seltsam, ihre Großmutter ist seltsam feindseelig und so viele Dinge wollen einfach keinen Sinn ergeben. Recht schnell wird klar, dass mit Jenna im Koma irgendwas geschehen ist. Oder sollte man besser sagen: gemacht wurde?

Jenna hat mir als Protagonistin gut gefallen. Ich konnte mich die meiste Zeit gut in sie hineinversetzen. Sehr gemocht habe ich auch die Großmutter, die vll sogar die größte Charakterentwicklung von allen durchmacht. Ihre Eltern waren mir weniger sympathisch, aber auch sie konnte man nachvollziehen.

Das Buch wirft die Frage auf, wie weit Medizin eigentlich darf und wer darüber entscheiden sollte. Was macht einen Menschen aus? Wie lebt der Betroffene hinterher damit? Wo sollte man die Grenze des noch Erlaubten ziehen und was ist mit denen, deren Leben oder Sterben von dieser gesellschaftlichen Grenze abhängt?

Zwischendurch hatte es seine Längen. Spannend ist die ganze Zeit die Frage, was genau mit Jenna geschehen ist. Dazwischen gibt es Kapitel mit sozialer Interaktion (Schule, Nachbar, etc.). Die haben mich einfach weniger interessiert, allerdings braucht man die in dem Buch, damit es nicht nur aus Erklärung besteht, insofern passt das schon so.

Unterm Strich hat es mir gut gefallen. Das Thema wurde meiner Meinung nach wirklich gut aufgegriffen udn umgesetzt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 27.10.2020

Ein typischer Marie Graßhoff

Die Schöpfer der Wolken
0

Das Buch hat wie alle Bücher der Autorin eine ganz besondere, andersartige Welt. In diesem Fall geht es um verschiedene Dimensionen, die neben der Realität existieren.

Nachdem ihr Bruder Koba gestorben ...

Das Buch hat wie alle Bücher der Autorin eine ganz besondere, andersartige Welt. In diesem Fall geht es um verschiedene Dimensionen, die neben der Realität existieren.

Nachdem ihr Bruder Koba gestorben ist, reist Ciara auf dessen letzten Wunsch hin nach Shanghai, wo sie auf weitere Charaktere trifft, die genau wie sie besondere Fähigkeiten aufweisen. Sie alle sind am gleichen Tag geboren. Zugleich ereignen sich um sie herum immer mehr seltsame Phänomene...

Ich hatte anfangs etwas Probleme weiterzulesen, weil ich allgemein Bücher mit so vielen Handlungssträngen nicht so gerne lese. Ich habe dann schnell meinen einen Lieblingscharakter und interessiere mich für den Rest nur noch mäßig. In diesem Fall war es Xia, von der ich am liebsten gelesen habe. Brendan hingegen hätte man wohl auch weglassen können, denn er kommt kaum in der Handlung vor und trägt auch nichts Wichtiges bei.

Die Dimensionen im Buch entsprechen nicht den Dimensionen, die in der Physik bekannt sind (außer Zeit und Raum), was Physikinteressierte vor den Kopf stoßen könnte.

Ganz das Ende hat sich mir nicht erschlossen. Ihr Bruder hat quasi Ciara mit seinem Tod den Weg geebnet, damit sie die Welt retten kann. Einziges Problem: Wäre er nicht gestorben, müsste sie das gar nicht. Oder ich habe das nicht richtig verstanden...

Ab Seite 190 war das Buch echt spannend zu lesen und die Geschichte hat mir gut gefallen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 27.10.2020

Ein geballter Faustschlag an Gesellschaftskritik

Die Vegetarierin
0

Von einem Tag auf den anderen beschließt Yeong-Hye, eine bis dahin durch und durch unauffällige Frau, kein Fleisch und auch sonst keine tierischen Produkte mehr zu sich zu nehmen. Ein Skandal in Korea, ...

Von einem Tag auf den anderen beschließt Yeong-Hye, eine bis dahin durch und durch unauffällige Frau, kein Fleisch und auch sonst keine tierischen Produkte mehr zu sich zu nehmen. Ein Skandal in Korea, wo das nicht nur unüblich ist, sondern auch gesellschaftlich nicht besonders akzeptiert ist. Ihre Familie versucht, sie wieder zum Fleischkonsum zu bewegen, doch hinter ihrer Entscheidung steckt in Wahrheit viel mehr...

Dieses Buch zeigt auf seinen wenigen Seiten unglaublich vieles auf, das in der koreanischen Gesellschaft schief läuft - insofern auch ein sehr mutiges Buch! Es is auch für Leute ohne Vorwissen über Südkorea gut verständlich, wenn man sich allerdings ein bisschen damit beschäftigt hat, erlebt man manche Szenen noch krasser.

Erzählt wird die Geschichte zunächst von Yeong-Hyes Mann, einige Kapitel auch von ihr selbst und der letzte Abschnitt schließlich von ihrer Schwester. Yeong-Hye verliert zunehmend den Kontakt zur Realität und ist dabei doch mehr ein Opfer ihrer Lebensumstände.

Skurriles Buch, mit dem sicher nicht jeder etwas anfangen kann und es hat mich auch nicht völlig umgehauen und mir persönlich nicht viel Neues erzählt. Aber es ist definitiv mal etwas Anderes, es gibt wenig Vergleichbares.

Die Sprecher waren wieder sehr gut gewählt, wie ich es von Argon gewohnt bin.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere