Profilbild von Nisnis

Nisnis

Lesejury Profi
offline

Nisnis ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Nisnis über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.09.2016

Ein literarisch, leckeres Bonbon. Tief psychologischer Thriller.

Die Falle
0

Vor vielen Jahren fand die Bestsellerautorin Linda Conrad ihre Schwester tot auf. Die Bilder des Blutbads und den winzigen Augenblick als sie den Mörder sah der floh, kann sie nicht mehr vergessen. Sie ...

Vor vielen Jahren fand die Bestsellerautorin Linda Conrad ihre Schwester tot auf. Die Bilder des Blutbads und den winzigen Augenblick als sie den Mörder sah der floh, kann sie nicht mehr vergessen. Sie leidet elendig an diesen grausamen Erinnerungen, bei Tag und bei Nacht.

Seit diesen Geschehnissen lebt die angesehene Schriftstellerin so sehr zurückgezogen, dass sie ihr Haus nicht mehr verlassen hat. Eines Tages glaubt Linda den Mörder ihrer Schwester im Fernsehen erkannt zu haben. Sie recherchiert, sie plant, sie bereitet sich bis ins kleinste Detail vor und vereinbart ein Treffen mit dem Mörder, um ihm eine Falle zu stellen.

Ihr Köder: „sie selbst“.

Die Autorin:

Melanie Raabe wurde 1981 in Jena geboren, wuchs in einem 400-Seelen-Dorf in Thüringen und einer Kleinstadt in NRW auf, studierte Medienwissenschaft und Literatur in Bochum und lebt inzwischen in Köln – als Journalistin, Drehbuchautorin, Bloggerin, Performerin und Theaterschauspielerin. Sie betreibt ihren eigenen Interview-Blog (www.biographilia.com) und erhielt bereits mehrere Preise für ihr Schreiben. Die Rechte an ihrem Roman "Die Falle" wurden bereits vor Erscheinen international verkauft, u.a. nach Frankreich, Italien, die Niederlande, Spanien und das englischsprachige Ausland. (Quelle: btb Verlag)

Reflektionen:

Die Falle war für mich ein literarischer Hochgenuss. Melanie Raabe hat mich mit ihrer Sprache und ihrem Schreibstil sehr beeindruckt und an die Geschichte gefesselt. Immer wieder kam mir ein Wow über die Lippen, denn die Worte und Sätze der Autorin hatten enorme Auswirkungen in meinen Gedanken und zerrten mich unglaublich tief in die Psyche der Hauptfigur Linda Conrad herab.

Lindas Gedankenwelt ist hoch emotional und sehr intensiv, teilweise krank und auch eine Spur irre. Sie plant bis ins kleineste Detail ein Treffen mit dem vermeintlichen Mörder ihrer Schwester und durchdenkt alle Eventualitäten. Melanie Raabe schreibt, als hätte sie all das, was Linda denkt und tut selbst erlebt. Ihr Ausdruck ist so außergewöhnlich stark, dass ich glaube, durch Lindas Augen zu sehen, ihre Gedanken zu denken und ihre Emotionen zu fühlen.

Die Handlung war es nicht, die mich hier überzeugte, denn ich muss gestehen, dass ich zu viel von dieser Art Romanen gelesen habe, die mit nur ein, zwei Figuren von einem psychologischen Katz und Maus Spiel erzählen.

Der vermeintliche Täter, ein gradliniger, gutaussehender Erfolgstyp, der mental und physisch mit beiden Beinen im Leben steht, durchschaut Lindas Plan und setzt auf psychologische Gegenwehr. Zwei Charaktere kämpfen von nun an um ihren persönlichen Sieg und beide berühren den Leser.

Die wenigen weiteren Nebenfiguren sind nur schemenhaft in ihren Charakterzügen dargestellt und sie beleben die Geschichte nur geringfügig. Die Lebendigkeit der Handlung und die Spannung kreiert Melanie Raabe sehr geschickt durch zahlreiche Cliffhanger, die mich zügig antreiben weiterzulesen. Dadurch dass die Autorin absichtlich psychologische Wendungen und Verstrickungen in die Köpfe der Leser projiziert, blitzen immer wieder Spannungshöhepunkte auf, die aufs Neue mit unerwarteten Überraschungen einhergehen.

Fazit und Bewertung:

Die Falle ist ein literarisches Bonbon. Ich empfehle diesen Thriller ausdrücklich gern.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Zwischen Freundschaft und Wahnsinn liegt nur ein Hauch. Hochspannender Thriller.

Eric
0

Bad Bederkesa: Der elfjährige Eric leidet unter schweren Demütigungen und dem grausamen Missbrauch durch den Stiefvater. Eines Tages läuft Eric in seiner akuten Not von zuhause weg und trifft auf den Nachbarn ...

Bad Bederkesa: Der elfjährige Eric leidet unter schweren Demütigungen und dem grausamen Missbrauch durch den Stiefvater. Eines Tages läuft Eric in seiner akuten Not von zuhause weg und trifft auf den Nachbarn Buck. Buck ist entsetzt über die Schilderungen des Jungen und er kann es nicht ertragen, diese junge Seele so zutiefst verletzt zu sehen. Wut und Zorn steigen in Buck auf und so fragt er Eric bald:

„Sag mir, kleiner Mann. Wie weit würdest du gehen, um diesen Kerl loszuwerden?“ (Zitat)

Erics Antwort ist eindeutig. So eindeutig, dass Buck sofort und im Sinne des Jungen handeln muss. Doch er tut es nicht allein, sondern er bindet den Elfjährigen mit ein und besiegelt so eine lebenslange Verbindung.

Von nun an verbindet die beiden eine bedingungslose Freundschaft. Eine Freundschaft in totalitärer Loyalität zueinander. Sie teilen von nun an ein dunkles Geheimnis, sind ein Team und sie beschützen sich gegenseitig bedingungslos.

Viele Jahre später findet Eric seine Mutter Susanne auf bestialischste Weise ermordet auf. Eric, Geschäftsinhaber einer Sicherheitsfirma, ist sich sicher den Täter zu kennen. Bucks und Erics Freundschaft wird dadurch auf eine harte Probe gestellt und ein hochspannendes, psychologisches Spiel beginnt.

Der Autor:

Marco Monetha, geboren 1975 in Bottrop und aufgewachsen in Bad Bederkesa, lebt in der Nähe von Bremerhaven. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder. Als gelernter Erzieher war er viele Jahre in einem Jugendwohnheim tätig. Er arbeitet als Koordinator für Flüchtlingsangelegenheiten und Freiwilligenarbeit beim Magistrat der Stadt Bremerhaven.

Reflektionen:

Wenn ich es nicht besser wüsste, hätte ich niemals angenommen, dass „Eric“ ein Erstlingswerk sein könnte. Autor Marco Monetha hat mich mit seinem Debüt-Thriller eiskalt erwischt und mir viele spannenden Lesestunden geschenkt.

Marco Monethas Schreibstil und sein Ausdruck sowie seine Wortwahl war für mich ein Lesegenuss.
Er schreibt klar und geradeheraus, unverblümt und erschreckend ehrlich, und Umgangssprachliches setzt er maßvoll ein. Dieser flüssige Stil trieb mich sehr rasant durch die Seiten.

Mir fehlte absolut nichts. Ich war bestens mit Hochspannung, interessanten und feingliedrig ausgearbeiteten, lebendigen Charakteren, einer psychologisch perfekt durchdachten Story und mit überraschenden Wendungen versorgt.

Eiskalt erwischt hat mich Marco Monetha, in dem er mit seinem Werk stets an meiner persönlichen Grenze aushaltbarer Grausamkeit entlang balancierte. Glücklicherweise wurde diese Grenze nicht überschritten, manchmal drohte jedoch der Übertritt, da die zahlreichen, äußerst brutalen Geschehnisse leicht an meinem wohlwollenden Thriller-Lesergemüt zerrten.

Marco Monethas Feder kreierte zwar eine von Brutalität strotzende, blutige und nervenaufreibende psychologische Story, doch auch hier wurde die Linie bis zur Vulgarität maßvoll und geschickt von ihm umgangen. Wer „Eric“ lesen möchte, sollte sich auf Einiges vorbereiten und kein taktvolles umschreiben bestialischer Morde erwarten.

Die Darstellung der besonderen Freundschaft zwischen Eric und Buck ist durch die Perspektivwechsel von Gegenwart und Vergangenheit nachvollziehbar und verständlich geschrieben, und gelungen. Beide Lebensläufe haben mich sehr tief berührt und mich fassungslos lesen lassen, denn die Authentizität dieser persönlichen Geschichten lässt sicher niemanden kalt.

Neben Eric und Buck trifft man in dieser Geschichte weitere Figuren an, die ebenfalls mit interessanten Lebensgeschichten aufwarten. Manche Figur belebt einen Nebenschauplatz, doch bis zum Ende dieses Thrillers, konnte ich als Leser nicht erkennen, welche Figur die kränkste Seele besitzt und Erics Mutter und viele andere Frauen tötete. Die polizeilichen Ermittlungen, die realistisch erzählt sind, machen in dieser Handlung einen geringeren Anteil aus.

Die Geschichten aller Protagonisten greifen harmonisch, wie sich drehende Zahnräder, ineinander und so habe ich einen interessanten, außergewöhnlichen, niemals vorhersehbaren und sehr spannenden Thriller genossen.

Fazit und Bewertung:

Mein Respekt für dieses gelungene Debüt. Ich empfehle „Eric“ jedem Thriller-Fan, der gern an der Grenze des Aushaltbaren entlang liest.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Ein Thriller der die heutige Promi-Kultur aufgreift – dramatisch und hoch psychologisch intelligent

Der Verrat
0

Für das TV-Soap Sternchen Scarlett Higgins wird Stephanie Harker als Ghostwriterin tätig, als diese von ihrer Schwangerschaft erfährt und ihr bisheriges C-Promi Leben für ihr Kind verändern möchte. Scarletts ...

Für das TV-Soap Sternchen Scarlett Higgins wird Stephanie Harker als Ghostwriterin tätig, als diese von ihrer Schwangerschaft erfährt und ihr bisheriges C-Promi Leben für ihr Kind verändern möchte. Scarletts Buch soll in Form eines Briefes an ihr Kind geschrieben werden. Aus der zunächst geschäftlichen Beziehung zwischen den beiden Frauen wird widererwartend eine innige Freundschaft. Sie teilen bald alles Leid und alle Freuden des Lebens miteinander und Stephanie wird Patentante des kleinen Jimmy.

Als die Diagnose Krebst für Scarlett ein verehrendes Urteil spricht und sie bald darauf stirbt, hält Stephanie ihr Versprechen gegenüber der Freundin und übernimmt die liebevolle Fürsorge für den fünfjährigen Jimmy.

Auf dem Weg in einen Kurzurlaub, der Scarlett und Jimmy ein wenig Abstand von den dramatischen letzten Ereignissen um Scarletts Tod bringen soll, wird Jimmy am Flughafen Chicago O’Haire entführt. Zunächst wird Stephanie festgenommen und verdächtigt, für die Entführung des Kindes verantwortlich zu sein. Als sie endlich wieder in Freiheit kommt, begibt sie sich auf eine unermüdliche Suche, deren Ergebnisse ihr bisheriges Leben zutiefst erschüttern.

Die Autorin:

Val McDermid, geboren 1955, arbeitete lange als Dozentin für Englische Literatur und als Journalistin bei namhaften britischen Tageszeitungen. Heute ist sie eine der erfolgreichsten britischen Autorinnen von Thrillern und Kriminalromanen. Ihre Bücher erscheinen weltweit in mehr als vierzig Sprachen. 2010 erhielt sie für ihr Lebenswerk den Diamond Dagger der britischen Crime Writers’ Association, die höchste Auszeichnung für britische Kriminalliteratur.

Reflektionen:

Die Geschichte beginnt mit der Entführung des kleinen Jimmy am Flughafen Chicago. Stephanie wird festgehalten und verdächtigt, und taucht ein in ein Verhör mit der FBI Agentin Vivian McKuras. Dieser Erzählstrang wandelt sich immer wieder in den Haupterzählstrang, der eine Rückblende auf das Leben des TV-Sternchens Scarlett Higgins und der Ghostwriterin Stephanie Harker ist, bis Stephanie frei kommt. Der Haupterzählstrang umfasst den größten Teil der Geschichte und lässt Rückschlüsse auf die heutige Promi-Kultur zu, die mich nachdenklich stimmt, auch wenn mich das thematisch im alltäglichen Leben nicht interessiert.

Val McDermid schildert bis ins Detail, wie sich ein Leben als C-Promi durch Höhen und Tiefen und durch Highlights und Abstürze entwickelt. Die Story ist äußerst interessant geschrieben. Auch das Zwischenmenschliche, zwischen Star, Freunden und Umfeld, dem Außenstehende mit Vorurteilen gegenüber stehen, beschreibt die Autorin sehr beeindruckend.

Die Erzählung Stephanies nimmt also einen großen Stellenwert in diesem Thriller ein und zielt darauf ab, ein Motiv und einen möglichen Täter für die Entführung des Kindes im Umfeld Scarletts zu entdecken, um Ermittlungsansätze zu finden. Ehrlicherweise muss ich schreiben, dass mir die schlüssige Geschichte wirklich sehr gut gefiel, doch mir fehlte noch etwas mehr von dem sonst so gewohnt knisternden Thrill, den Val McDermid üblich kontinuierlich aufflackern lässt. Erst recht spät im Buch kommt es dann tatsächlich zur Suche nach dem kleinen Jungen. Mehrere Figuren sind involviert, betroffen und verdächtig und letztendlich wandelt sich die Story dermaßen, wie ich es wirklich nicht für möglich gehalten habe. Klasse!

Die Zeichnungen der Charaktere sind wieder einmal sehr gelungen. Als Leserin kann ich so tief in die Figuren dringen und mir nur so ein deutliches Bild über Opfer, Täter und Motive stricken.

Val McDermids Schreibstil ist von mir heiß geliebt. Ich mag ihre wendige Sprache, ihren Blick für zwischenmenschliche Details, die in ihrer Authentizität nicht besser wirken könnten und ich liebe ihre intelligenten Verstrickungen. In diesem Thriller kommt auch die Tiefgründigkeit der Geschichte nicht zu kurz und sie lädt zum Nachdenken über die heutige Promi-Kultur ein. Auch wenn ich mehr Thrill zwischendurch geschätzt hätte, war ich sehr gefesselt und sehr spannend unterhalten.

Mein Fazit:

Eine intelligente und psychologische Story, die in ihrer Tiefgründigkeit die heutige Promi-Kultur beleuchtet. Ein Thriller mit Interessanten Charakteren und ein Motiv für eine Entführung, die kaum vorhersehbar ist.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Blutroter Wahn – Ein überzeugendes Krimi-Debüt in dem Verbrechen als Spannungswerkzeug agieren

Blutroter Wahn
1

Als Hauptkommissar Ralf Ziether die Leitung des Berliner Morddezernats "Mord 1" übertragen wird, löst das bei Hauptkommissarin Britt Bredehorst zunächst gemischte Gefühle aus, denn sie hätte diese Stellung ...

Als Hauptkommissar Ralf Ziether die Leitung des Berliner Morddezernats "Mord 1" übertragen wird, löst das bei Hauptkommissarin Britt Bredehorst zunächst gemischte Gefühle aus, denn sie hätte diese Stellung ebenso gern angenommen. Ziehther und Bredehorst sind jedoch gezwungen, sich umgehend als ein Team zusammen zu finden, als ein unsagbar brutaler Mord an der Tochter des Berliner Kultursenators geschieht. Die politische Brisanz dieses Verbrechens und die angewandte Gewalt stellt die Kommissare und den Leiter der Kriminaltechnik, Piet Wieczorek, vor eine enorme Herausforderung, denn nach jedem Fortschritt bei den Ermittlungen erfolgt auf dem Fuße ein Ermittlungsrückschritt in Form eines erneuten, grausamen Verbrechens.

Zitat

Ein frostig-kalter Schnellzug meldete sich in seiner linken Armlehne an, ein Eiskristalle tragender Hokkaido-Express, der mit Höchstgeschwindigkeit, Wagen um Wagen, auf sein vor Angst zuckendes, warmes Herz zuraste. Eine Qual, als die Eisflut in seiner Brust explodiert. Messer stachen in seinen Schädel und schleuderten grell-weiße Funkenstürme in seine Augenhöhlen. Ein unfassbarer Schmerz, der keinen Atemzug mehr zuließ. Ein nicht enden wollender Hammerschlag brachte sein Bewusstsein zum Beben und schleuderte Jan hinab, unfassbar tief in eine undurchdringliche schwarze Leere.

Der Autor:

Stephan Leenen, Jahrgang 1958, ist Germanist und promovierter Historiker. Sein beruflicher Lebensweg ist wohl so vielschichtig wie sein Roman: Leiter eines Windmühlenmuseums, freiberuflicher Dozent oder Geschäftsführer einer Stadtmarketinggesellschaft. Sein geisteswissenschaftliches Studium schloss er mit einer Magisterarbeit über das Liedgut der SA ab und promovierte in Bremen über die Untergrundarbeit der KPD in der Weimarer Schutzpolizei. Die dafür erforderlichen Quellenstudien führten ihn just in der Wendezeit nach Berlin, wo er täglich zwischen einer Kreuzberger WG, die ihn aufgenommen hatte, und Berlin-Ost pendelte, da sämtliche Akten zur Geschichte der KPD im Institut für Marxismus-Leninismus beim Zentralkomitee der SED am Rosa-Luxemburg-Platz zusammengetragen waren.

Das Schreiben begleitet ihn seit zehn Jahren, ein Prozess, der aus seinem Alltag nicht mehr wegzudenken ist. Mit »Blutroter Wahn« hebt er erstmals eins seiner Bücher aus dem Kreis privater und halböffentlicher Lesungen heraus. »Blutroter Wahn« ist der erste Band, der in der neuen Krimireihe »Spreenebel – Krimis entlang des Blauen Bandes« im Pax et Bonum Verlag erscheint.

Stephan Leenen ist glücklich verheiratet und hat drei Kinder. Er lebt mit seiner Familie in Bremen.

Reflektionen:

Dieser Kriminalroman beginnt mit einem Mord, ganz so wie ich es erwartet habe und da „Blutroter Wahn“ als „Spreenebel-Fall“ angekündigt ist, nahm ich an, einen Regional-Krimi in meinen Händen zu halten. Falsch! „Blutroter Wahn“ ist kein typischer Regional-Krimi und kein Kriminalroman der im Mainstream mitschwimmt. Blutroter Wahn ist außergewöhnlich.

Autor Stephan Leenen schreibt wie auf mich zugeschnitten. Bereits nach 50 Seiten war ich mir sicher, dass mich dieser Kriminalroman begeistern wird. Stephan Leenen schreibt klar und gradlinig, niveauvoll und anspruchsvoll, so dass ich federleicht durch die Seiten lesen kann. Blumige Sprache oder gar Umgangssprachliches sind in dieser Story nicht zu finden. Einzig bei einer Figur, einem Obdachlosen, erlaubt er sich den Berliner Dialekt auf perfekte Weise anzuwenden.

Diese hoch spannende Geschichte ist komplex, aber für jeden verständlich. Sie ist ganz nach meinem Geschmack und doch rate ich jedem von diesem Buch ab, der es mal eben nebenbei lesen möchte. Erstens wäre es zu schade und zweitens würde man die Story nicht voll umfänglich genießen und erfassen können. Auch zart besaitete Leser sollten von diesem Werk Abstand nehmen.

Ich habe schon mehrfach geschrieben, dass mir eine Geschichte den Atem raubte, das war sicher auch so, doch Blutroter Wahn hat mich nicht nur den Atem anhalten lassen, sondern mich ständig dazu veranlasst das Buch heftig schnaufend in den Schoß zu legen und den Leseschock in Form eines unglaublichen Kopfschüttelns zum Ausdruck zu bringen. Nein, nicht weil aus diesem Roman en masse Blut tropfen würde, sondern weil Autor Stephan Leenen mit einer meisterhaften Schreibkunst beseelt die Verbrechen zu seinem Spannungswerkzeug macht.

Ich habe wohl noch nie ein Buch gelesen, in dem so viele Verbrechen geschehen, die in ihrer Art und Weise nicht unterschiedlicher sein konnten, und die dennoch harmonisch integriert in die Handlung hineingeschrieben worden sind. Von Mord, Menschenhandel, Prostitution und Folter war zu lesen, von Wirtschaftskriminalität, Geldwäsche, Drogenhandel und Stasi-Vergangenheit. Aber nicht nur das, denn Stephan Leenen hat auch top recherchiert. Er geht zum Beispiel in gutem und interessantem Maß darauf ein wie Gift wirkt, wie sich ein Brandsatz entzündet und was Drogen im menschlichen Körper anrichten. Und das ist immer noch nicht alles.

Stephan Leenens Figuren, auf der guten Seite, sind für mich Sympathieträger. Ganz besonders ist mir Kommissar Ralf Ziether ans Herz gewachsen, der professionell und empathisch agiert. Seine Empathie gegenüber seinen Mitmenschen ist von Feingefühl geprägt, während er selbst im Laufe der Ermittlungen immer wieder von Albträumen heimgesucht wird. Auch von diesen Träumen zu lesen bereichert den Leser, denn die schriftstellerische Umsetzung ist auch hier einzigartig gelungen. Es fällt Ziether nicht leicht sich zu öffnen, doch am Ende der Story gibt es manch knisternde Szene, die ihm gut tut. Es ist nur ein Hauch von Zuneigung erkennbar, durchzogen von Zweifeln, so zart wie ein Blütenblatt, und nach all den Gewaltverbrechen hat Stephan Leenen hier ebenso bewiesen, wie vielschichtig er schreiben kann.

Die Figuren, die für die Verbrechen verantwortlich sind, sind charakterstark in Szene gesetzt und wandeln sich im Laufe der Handlung. Oberflächliches liegt dem Autoren augenscheinlich fern. Er trifft immer ein gutes Maß, um Hintergründe zu beleuchten und Absichten der Protagonisten darzustellen, was bei dieser komplexen Handlung auch unabdingbar ist.

Schauplätze sind gut sichtbar vor meinem inneren Auge und ich folge den Ermittlern anschaulich quer durch Berlin. Auch Historische und Zeitgenössisches verarbeitet der Autor in seiner Story und so erlebe ich eine abgerundete Geschichte.

„Blutroter Wahn“ lebt durch ein kaltblütiges Netz aus Verbrechen, in dem die authentischen Ermittler eine anschauliche und kompetente Polizeiarbeit leisten, aber scheinbar immer einen Schritt zu spät kommen. Als Leser befinde ich mich auf Augenhöhe mit den Ermittlern.
Nach der einen und anderen erlesenen, durchaus recht blutigen Gewalttat hatte ich fälschlicherweise angenommen, dass der Autor diese explosionsartigen Überraschungen und zahlreichen Spannungshöhepunkte nicht erneut toppen könnte. Doch er konnte!

Mein Fazit:

Ein komplexer, sehr spannender Debüt-Kriminalroman, der den Leser auf Augenhöhe der Ermittler eine Geschichte erleben lässt, in der der Autor zahlreiche Verbrechen als Spannungswerkzeug nutzt.

Ich freue mich schon auf Stephan Leenens zweiten Kriminalroman „Missbrauchte Seelen“, ebenso erschienen im Pax et Bonum Verlag, in dem Kommissar Ziehter erneut ermitteln wird.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Ein Sachbuch über die Meilensteine der Forensik

Anatomie des Verbrechens
0

Dieses Buch ist kein Roman! Kein Thriller voller grausamer Morde, kein Kriminalroman in dem brutale Mörder gejagt werden. Dieses Mal schrieb Val McDermid ein Sachbuch und sie begab sich auf eine Reise, ...

Dieses Buch ist kein Roman! Kein Thriller voller grausamer Morde, kein Kriminalroman in dem brutale Mörder gejagt werden. Dieses Mal schrieb Val McDermid ein Sachbuch und sie begab sich auf eine Reise, die Val McDermid mit Ehrfurcht und Respekt erfüllte.

Anatomie des Verbrechens ist ein Sachbuch über die Methoden der wissenschaftlichen Forensik, von ihrer Entstehung bis zur heutigen Technologie. Val McDermid beschäftigt sich darin mit realen Kriminalfällen und kombiniert sie mit den chronologischen und facettenreichen geschichtlichen Entwicklungen. Sie gewährt dem Leser Einblicke in die Arbeit der Gerichtsmediziner. Sie unterstreicht ihre sehr guten Recherchen mit Bildern und Zitaten und sie erläutert Methoden und Erkenntnisse in gewohnt gutem Ausdruck und Stil.

Nach diesem Buch lassen sich Krimis und Thriller anders lesen, denn Val McDermid öffnet den Blick des Lesers für die Wirklichkeit.

Zitat:
Toten sprechen. Denen, die genau hinhören, erzählen sie alles über sich: woher sie kommen, wie sie lebten, wie sie starben – und wer sie umgebracht hat.

Die Autorin:

Val McDermid, 1955 im schottischen Kirkcaldy geboren, war als Dozentin für englische Literatur und als Journalistin tätig. Die Schriftstellerin zählt weltweit zu den größten Namen der Spannungsliteratur. Ihre Krimis und Thriller wurden in mehr als vierzig Sprachen übersetzt, im Jahr 2010 erhielt sie für ihr Lebenswerk die höchste Auszeichnung für Kriminalliteratur in Großbritannien, den "Diamond Dagger".

Reflektionen:

Seit vielen Jahren genieße ich die Romane der Bestseller-Autorin Val McDermids. Als ich las, dass sie nun ein Sachbuch über die Anatomie des Verbrechens veröffentlichte, konnte ich nicht anders als zugreifen und lesen, denn ich war mir sicher, dass diese Thematik aus Val McDermids Schreibfeder faszinierend und interessant zum Ausdruck kommen würde.

Lehrreich empfand ich dieses Buch. Als Liebhaberin von Kriminalromanen und Thrillern bereicherte es mein Leserwissen über die Anatomie des Verbrechens und über die geschichtliche Entwicklung der Rechtsmedizin und deren Methoden.

Der Schreibstil der Autorin macht es einem leicht komplexe Inhalte und Methoden zu verstehen und nachzuvollziehen. Trocken ist dieser Stoff nicht, denn die Kombination aus Wissenschaft und realen spektakulären Kriminalfällen treibt den Leser voller Neugierde und Spannung durch die Seiten.

Apropos Seiten: Auf jeder Seite dieses Buchs ist eine Fliege in Lebensgröße abgebildet. Die Idee fand ich sehr originell, aber sie irritierte mich auch immer wieder, da sie mal oben rechts, dann unten links und dann mittig auf den Seiten saß.

Thematisch gliedert sich das Buch in folgende Bereiche:

Der Tatort
Spurensicherung am Brandort
Entomologie, Forensische Insektenkunde
Pathologie
Toxikologie
Fingerabdrücke
Blutspuren und DNA
Anthropologie
Gesichtsrekonstruktion
Digitale Forensik
Forensische Psychologie
Vor Gericht

Was in diesem Buch ebenfalls gut zum Ausdruck gebracht wird ist, dass der Grad zwischen einem klaren Beweis und einer Fehlinterpretation von Spuren und Beweisen ein sehr schmaler ist. An Hand von Fallbeispielen wird anschaulich erzählt, dass überall dort wo Menschen arbeiten, auch durchaus Fehler passieren und die somit für einen Verdächtigen oder vermeintlich Schuldigen schwerwiegende Konsequenzen nach sich ziehen können.

Mein Fazit:

Dieses Buch empfehle ich sehr gern jedem Leser, der sich nicht nur für die fiktiven Kriminalfälle in Romanen interessiert, sondern auch gern einen Blick in die reale Welt wagen möchte.