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Veröffentlicht am 29.07.2021

Verkrampft lustige Dialoge – leider nicht mein Fall

Dich hab ich nicht kommen sehen
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Da ich ein Faible für Wohlfühllektüre und witzige Frauenromane habe, freute ich mich sehr auf Nina Resineks rund 400 Seiten starken Debütroman "Dich hab ich nicht kommen sehen", der im Juli 2021 bei Lübbe ...

Da ich ein Faible für Wohlfühllektüre und witzige Frauenromane habe, freute ich mich sehr auf Nina Resineks rund 400 Seiten starken Debütroman "Dich hab ich nicht kommen sehen", der im Juli 2021 bei Lübbe Belletristik erschienen ist.

Nach einem traumatischen Erlebnis bricht Mari alle Zelte in Düsseldorf ab und wagt einen Neustart bzw. flüchtet vor ihren Erinnerungen – und zwar nach Berlin. Ihr neuer Anwaltsjob bei Blair & Crowe stellt zwar eher eine Verschlechterung dar, da die eigentlich auf Patentrecht spezialisierte junge Frau sich in unbekannte Themen einarbeiten muss, aber das ist Mari herzlich egal. Sie möchte einfach so unauffällig wie möglich leben, "still und leise ihre Arbeit machen […] Je bedeutungsloser, desto besser. Und bloß nichts Unvorhersehbares." In anderen Worten: Sie ist ein emotionales Wrack und redet sich ein, der Wohnortwechsel würde es schon richten – neues Umfeld usw. Nach Männerbekanntschaften steht ihr nicht der Sinn, doch meistens kommt es anders, als man denkt: Erst wird sie von ihrem überraschend freundlichen und kommunikativen Hausverwalter Tom unter die Fittiche genommen und dann stolpert sie auch noch in den sexy Handwerker Leo hinein, der sich als Verwandtschaft von Toms Ehefrau Alexandra entpuppt: Maris Vermieterin. Die erste Zeit in Berlin verläuft ziemlich frustrierend: Ihr neuer Job entpuppt sich als Haifischbecken, in dem Machtkämpfe an der Tagesordnung sind. Zum Glück findet Mari unerwarteten Rückhalt durch die Freundschaft zu Alexandra und Tom, zu deren Familie auch ein kleiner Junge namens Toby gehört – die Familienverhältnisse sind allerdings kompliziert und auch die Tatsache, dass Mari sich bei gefühlt jedem Treffen mit Leo blamiert und wirres Zeug plappert, ist nicht gerade förderlich – Missverständnisse sind vorprogrammiert.

Sowohl das in Flaschengrün und Rosa gehaltene, mit Leichtigkeit suggerierenden Blüten geschmückte Cover als auch der Klappentext deuten auf eine lockere, humorvolle Liebesgeschichte hin. Tatsächlich bestätigte sich dieser Eindruck schnell, wenn auch etwas anders, als ich es erwartet hätte. Zwar ist der Schreibstil durchaus recht umgangssprachlich, unkompliziert und voller Wortwitz, aber die Dialoge – insbesondere jene zwischen Mari und ihrer besten Freundin Emma ("Nullo Schimmer") sowie zwischen Mari und Leo – erschienen mir viel zu gekünstelt und verkrampft lustig; selbiges gilt für die über-kreativen Spitznamen, die sämtlichen Personen verpasst werden. Niemand würde im wahren Leben so reden. Häufig kam es mir so vor, als würde ich mich inmitten einer dieser amerikanischen Sitcoms befinden, bei denen alle paar Sekunden das Gelächter des Publikums eingespielt wird, um die Zuschauer darauf hinzuweisen: 'Das war jetzt lustig.' (Apropos: Als Verfilmung, z.B. in Form eines abendfüllenden Films, hätte das Werk durchaus Potential und würde – sofern mit passenden Schauspielern/innen besetzt – gewiss als heitere Liebeskomödie durchgehen. In schriftlicher Form hingegen fehlte mir schlichtweg die Tiefe und ich konnte keine Bindung zu den Figuren aufbauen, letztlich also nicht sonderlich mit ihnen mitfiebern.)

Auch die allgemeine Wortwahl wirkte oftmals over the top bzw. war einfach nicht mein Fall. Dass Mari, aus deren Sicht in der 3. Person erzählt wird, beispielsweise ihren Ex 'Leaky Condom' bzw. 'das Kondom' nennt und die Autorin sich regelmäßig in langen Aus- und Abschweifungen verliert, die den Lesefluss bremsen, hat mir nicht gefallen. Hätte ich das Werk nicht als Rezensionsexemplar erhalten, hätte ich die Lektüre wohl abgebrochen, aber so kämpfte ich mich bis zum Schluss durch, immer in der Hoffnung, noch positiv überrascht zu werden.

Mit Mari, die gefühlt auf jeder fünften Seite aus irgendeinem Grund in Tränen ausbricht, wurde ich partout nicht warm; andere Charaktere waren mir weitaus sympathischer. Leos Familienmitglieder sind wunderbare Nebenfiguren, konnten jedoch den allgemeinen Eindruck nicht wettmachen, dass die Story mich aufgrund der Distanz zur Hauptfigur und fehlenden Begeisterung über den Schreibstil nicht catchen konnte.

Die Schilderungen von Maris stressiger Arbeitssituation in der Kanzlei sowie deren Auswirkungen auf ihre Gesundheit empfand ich als gelungen und glaubwürdig, um auch mal etwas Positives zu vermerken.

Fazit: Leider gar nicht mein Fall. Meine 2 ½ Sterne beziehen sich auf die Grundidee und das passend gestaltete Cover.

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Veröffentlicht am 07.07.2021

Naja...

Zwischen uns nur ein Wort
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Ich falle gleich mit der Tür ins Haus: Leider konnte mich dieser Roman, erschienen im Juni 2021 bei Lübbe Belletristik, nicht überzeugen. Für mich war es das erste Buch von Renée Carlino und angetan vom ...

Ich falle gleich mit der Tür ins Haus: Leider konnte mich dieser Roman, erschienen im Juni 2021 bei Lübbe Belletristik, nicht überzeugen. Für mich war es das erste Buch von Renée Carlino und angetan vom wunderschönen, in zarten Lilatönen gehaltenen Cover, auf dem im Hintergrund die Skyline von New York City zu erkennen ist, sowie vom vielversprechenden Klappentext, erhoffte ich mir eine tiefgründige, süße Romanze und war äußerst gespannt auf die Story.

Mia, die gerade ihren Vater verloren hat, und der Musiker Will lernen sich während eines Fluges nach New York kennen. Aufgrund ihrer gemeinsamen Begeisterung für Musik bauen sie schnell eine Bindung zueinander auf und als sie sich knapp einen Monat später wiedersehen, dauert es nicht lange, bis Will bei Mia einziehen darf. Die Regeln sind klar: Nur Freundschaft. Immerhin möchte Mia sich "nicht auf eine Beziehung mit einem fast dreißigjährigen Musiker einlassen, der am Hungertuch nagt" (S. 67). …was durch die gegenseitige Anziehungskraft allerdings erschwert wird.

Der Prolog hat mir aufgrund des überraschend poetischen, nachdenklich machenden Schreibstils noch enorm gut gefallen. Er wird, ebenso wie der Epilog, aus der Sicht einer Frau namens Lauren erzählt, die eine Zufallsbekanntschaft der weiblichen Hauptprotagonistin (Mia) ist, was ich – insbesondere auf den Übergang von Prolog zum ersten Kapitel – einen sehr kreativen Einstieg in die Handlung finde. Die restlichen Kapitel werden im Präteritum der Ich-Form aus Mias Perspektive erzählt; lediglich in zwei Bonuskapiteln am Ende des Werkes erhält man einen Einblick in die Gedanken und Gefühle der männlichen Hauptfigur (Will).

Aus Laurens Perspektive wirkt Mia recht sympathisch. Leider änderte sich dieser Eindruck bereits im ersten Kapitel, in welchem Mia mir unnahbar und als Protagonistin nicht greifbar erschien. Eigentlich sollte doch gerade der Beginn einer Geschichte die Leser/innen dermaßen fesseln, dass sie unbedingt weiterlesen möchten – für mich gehört dafür zwingend dazu, dass die Hauptcharaktere mir sympathisch sind. Als ich mich nach Beendigung des ersten Kapitels schon zum Weiterlesen aufraffen musste, hoffte ich noch, dass Mias Ankunft in New York dem Ganzen mehr Schwung verleihen und mehr positive Charaktereigenschaften aus ihr herauskitzeln würde. Jedoch wurde ich im Laufe des gesamten Romans überhaupt nicht warm mit ihr und empfand sie überwiegend als anstrengend. Sie verhält sich häufig egoistisch und - laut ihren eigenen Gedanken - wie ein "launischer Teenager" (S. 218), wobei sie Will oftmals "falsche Hoffnungen" macht (S. 242) oder ihn "ohne triftigen Grund verletzt" (S. 65) bzw. vor den Kopf stößt.

"Ich wusste selbst nicht, warum ich so schroff war; er hatte eigentlich keine Grenze überschritten […]". (S. 219)

Will wird als lockerer Lebemensch dargestellt, der das Herz am rechten Fleck hat und in Bezug auf Mias Sperenzchen eine Engelsgeduld beweist. Größtenteils konnte ich nicht nachvollziehen, warum er sich das antut. Regelmäßig hatte ich einfach nur Mitleid mit ihm. Dass er Mia von Anfang an entweder "Baby" oder "Süße" genannt hat, empfand ich als unangenehm; es hatte etwas Übertriebenes, Aufgesetztes, was im Grunde gar nicht zu seinem Charakter passte.

Die Annäherung zwischen den beiden Protagonisten erreichte mich nicht. Das Prickeln fehlte, wobei dies nicht zwingend an den betreffenden Szenen, sondern eher am Schreibstil lag. Die Dialoge erschienen mir oft hölzern und unauthentisch (und enthielten z.B. Wörter, die umgangssprachlich eher selten verwendet werden, wie 'Komposita'), und über allem lag eine unterschwellige Schwermut, die im direkten Kontrast zum Leichtigkeit verströmenden Cover stand. Die fehlende emotionale Tiefe konnte auch nicht durch die (in meinen Augen unnötigerweise) eingeflochtenen dramatischen Elemente ausgeglichen werden (Stichwort: Jennys Schicksalsschlag sowie Jackson), vielmehr machten mir diese die Distanz zu den Figuren noch offensichtlicher bewusst.

Fazit: Leider kann ich nicht mehr als 2 ½ Sterne vergeben (für das Cover, die Grundidee und z.T. die Nebenfiguren).

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Veröffentlicht am 02.05.2021

Leider nicht überzeugend!

The Second Princess. Vulkanherz
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Wie sehr hatte ich mich auf dieses Buch gefreut! Nach einer Leseprobe war ich regelrecht hingerissen vom Schreibstil und der kreativen Story-Idee. Nach den ersten Kapiteln war ich mir ziemlich sicher, ...

Wie sehr hatte ich mich auf dieses Buch gefreut! Nach einer Leseprobe war ich regelrecht hingerissen vom Schreibstil und der kreativen Story-Idee. Nach den ersten Kapiteln war ich mir ziemlich sicher, dass "The Second Princess" (Carlsen Verlag, März 2021) zu meinen Jahreshighlights zählen würde. Nach der Lektüre muss ich leider sagen: So kann man sich täuschen.

Das dunkle, mystisch anmutende Cover passt gut zur Geschichte und unterstreicht das geheimnisumwobene Flair, das der vielversprechende Klappentext hervorruft. Auch das hübsche Innencover ist ein Hingucker.

Die Idee für diese von Fantasy-Elementen durchzogene Story ist wirklich mal etwas ganz Außergewöhnliches, daher war mein Interesse sofort geweckt: eine royale, ausschließlich von Frauen angeführte Familie auf einer exotischen Vulkaninsel in der Karibik; der mysteriöse Tod einer jungen Prinzessin; eine geänderte Thronfolge mit weitreichenden Folgen; ein geheimnisvolles Eingeborenen-Volk inmitten eines tropischen Dschungels und eine gefährliche Dämonenwelt. Ich meine, wow! - Wer wird da nicht neugierig?!

Zu Beginn war mir die weibliche Hauptfigur, Saphina, die nach dem Tod ihrer älteren Schwester nun die Rolle der zweiten Prinzessin einnimmt, durchaus sympathisch. Ich konnte ihre ablehnende Haltung gegenüber des unterkühlten und unmenschlich strengen Palast-Protokolls nachvollziehen, spürte ihre Trauer um die herzensgute Maylin, die ihre einzige Stütze und Bezugsperson in der Königsfamilie gewesen war, und verstand ihre Empörung über die Tatsache, dass scheinbar alle Menschen in ihrem Leben große Geheimnisse vor ihr gehabt haben. Nun wird von Saphina erwartet, dass sie sich binnen kürzester Zeit für den Kampf gegen Dämonen vorbereitet, von deren Existenz sie bisher keine Ahnung hatte. Je näher ich Saphina kennenlernte, umso weniger konnte ich mich mit ihr identifizieren. Bald war ich angesichts ihrer störrisch-naiven, irrationalen und pubertären Verhaltensweise genervt, und irgendwann empfand ich sie schlichtweg als anstrengend und unsympathisch, was ein großes Problem für mich darstellte, da ich die Figuren mögen muss, um auch die Story zu mögen. Selbst die fantasievollste Handlung spricht mich nicht an, wenn ich nicht von Herzen mit den Protagonisten mitfiebern kann. Der Reife-Prozess von Saphina ist ein elementares Element, konnte mich allerdings nicht überzeugen. Im alles entscheidenden Moment, als es gilt, die Sicherheit ihres Volkes zu gewährleisten, denkt Saphina nur an sich selbst und an ihre eigenen Bedürfnisse, lässt sich von ihren Emotionen leiten und beweist, dass ihr sowohl Weitblick, Besonnenheit als auch Verantwortungsgefühl fehlen. Am liebsten wäre ich ins Buch geklettert und hätte sie vor Wut geschüttelt.

Auch zu Dante (- Sohn eines Barons, Ex-Freund der verstorbenen Maylin und nun Saphinas 'Lehrmeister' -) konnte ich keine Verbindung aufbauen, was gar nicht mal an seinen permanenten Stimmungsschwankungen lag (die ihn, in meinen Augen, übrigens nicht anziehend machten, sondern einfach nur nervten); vielmehr erschien mir seine Figur als sehr oberflächlich ausgearbeitet. Das Gleiche gilt für Saphina und für die völlig irrelevante Liebesbeziehung, die blass und unauthentisch rüberkommt. Kurzum: Bei den Protagonisten fehlte mir die Tiefe und ich wurde einfach nicht warm mit ihnen.

Im Hinblick auf das Setting hätte ich mir mehr Details erwartet, es konnte mich nicht fesseln - zu wenig Insel-Feeling, null Karibik-Flair. Zwar spielt sich die Handlung in der Gegenwart ab, aber die Erwähnung von hippen Chucks oder Ed-Sheeran-Songs passten für mich ebenfalls überhaupt nicht zur Story, die insgesamt nicht ganz ausgereift wirkt, Logikfehler enthält, etwas zäh vor sich hindümpelt und erst kurz vor knapp an Fahrt aufnimmt.

Der Schreibstil ist locker und somit dem Jugendbuch-Genre entsprechend. Positiv hervorheben möchte ich auch, dass es gegen Ende zwei, drei interessante Plottwists gab, die ich nicht hatte kommen sehen.

Fazit: Das Buch hat mega stark angefangen und dann leider auch stark nachgelassen. Sehr schade! Selten habe ich mit meinem Ersteindruck so danebengelegen. Enttäuscht war ich aufgrund der nicht liebenswerten, blassen Figuren, der fehlenden emotionalen Tiefe und der über große Strecken langweiligen Handlung in einem nicht überzeugenden Setting. Meine 2 ½ Sterne vergebe ich für den Schreibstil, die Grundidee und das Cover.

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Veröffentlicht am 20.12.2020

Nicht mein Fall

Aller guten Dinge sind zwei
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Für mich war dieses im November 2020 bei Knaur Taschenbuch erschienene Werk das erste Buch aus der Feder der Bestsellerautorin Mhairi McFarlane. Aufgrund des vielversprechenden Klappentextes - eine vorgegaukelte ...

Für mich war dieses im November 2020 bei Knaur Taschenbuch erschienene Werk das erste Buch aus der Feder der Bestsellerautorin Mhairi McFarlane. Aufgrund des vielversprechenden Klappentextes - eine vorgegaukelte Love Story, aus der möglicherweise Ernst wird – und dem schlichten, auf Humor ausgelegten Cover erwartete ich einen lockeren Wohlfühlroman, geprägt von Witz, Romantik und einem höchstwahrscheinlich vorhersehbaren Ende. Eben die typische Zusammensetzung einer RomCom, so ähnlich wie in der Komödie "Wie werde ich ihn los – in 10 Tagen", in der es ebenfalls um vermeintlich vorgetäuschte Gefühle geht. Leider blieb die Geschichte weit hinter meinen Erwartungen zurück.

Nach 18 Jahren Beziehung wird die attraktive Anwältin Laurie von ihrem Partner Dan verlassen und seine neue Flamme ist bereits schwanger - von dem Mann, der Lauries sehnsüchtigen Kinderwunsch stets abgelehnt hatte. Na dann, herzlichen Glückwunsch. Die Gerüchteküche in der Kanzlei, wo ihr Ex noch immer als ihr Kollege arbeitet, kocht über; gehässig amüsiert man sich über das Ende des Vorzeigepärchens. Wütend und frustriert lässt Laurie sich auf eine Fake-Beziehung ein, um Dan zu provozieren und zurückzugewinnen. Ihr angeblicher neuer Freund, der heiße Weiberheld Jamie, verspricht sich von der Schein-Beziehung einen Aufstieg zum Partner der Kanzlei; bisher stand ihm sein wilder Lebenswandel im Weg, aber seine Vorgesetzen schätzen Laurie und würden die "Beziehung" der beiden befürworten.

Erzählt wird in der 3. Person (aus Lauries Perspektive). Insgesamt erschienen die Figuren mir allesamt weit überzeichnet und größtenteils unsympathisch. Laurie, die aufgrund ihrer Hautfarbe schon oft mit Rassismus zu kämpfen hatte, urteilt selbst sehr schnell über andere Menschen und steckt sie, basierend auf Vorurteilen, in Schubladen. Hier werden alle Stereotypen bedient - bis auf ihre beste Freundin Emily sieht sie in anderen Frauen nur Negatives; alle bisherigen "Freundinnen" sind fiese Zicken, alle männlichen Kollegen anmaßende, chauvinistische Mistkerle – mit Ausnahme des obligatorisch witzigen, schwulen Kumpels. Ohne ihren Arbeitskollegen Jamie wirklich zu kennen, hat Laurie bereits von Grund auf eine schlechte Meinung von dem jungen Mann und wieso? Weil er gut aussieht, sein Singleleben genießt und erfolgreich im Job ist. Häufig erschien sie mir schlichtweg oberflächlich und zu sehr von sich selbst überzeugt. Wenigstens vertritt sie ihre Meinung sehr direkt und durchlebt im Laufe der Handlung eine positive Entwicklung. Der einzige Lichtblick hinsichtlich der Charaktere ist die männliche Hauptfigur; Jamie (sowie seine Familie und seine Kindheitsfreundin Hattie) empfand ich als herrlich angenehm, aufrichtig und liebenswert.

Im ersten Drittel der Geschichte wird für eine gefühlte Ewigkeit die Trennung von Dan und Laurie thematisiert. Sehr schmerzvoll und deprimierend, das Ganze…und unnötig in die Länge gezogen. Hätte ich das Buch nicht im Rahmen einer Leserunde gelesen, ich hätte es abgebrochen. Mit ist schon klar, dass nach 18 Jahren Beziehung eine Trennung nicht mal eben hopplahopp verwunden werden kann, doch hier zog sich das Drama wie Kaugummi und man hatte das Gefühl, bald in der Mitte des viel zu melodramatischen Buches angekommen zu sein, ohne dass die Haupthandlung überhaupt angefangen hat. Der langatmige Anfang hat definitiv meinen Lesefluss gebremst und die detaillierten Beschreibungen von Lauries Verzweiflung haben mich irgendwann nur noch runtergezogen. Etwas besser wurde es erst, als Jamie die Bühne betrat; sein frecher Humor lockerte vieles auf, konnte die Grundstimmung aber nicht gänzlich retten.

Der Schreibstil war nicht mein Fall. Lauries Aussagen und ebenso die Kommentare anderer Frauen und Männer erschienen mir des Öfteren übertrieben vulgär und herablassend. Sollte das umgangssprachlich wirken? Permanent gab es Anspielungen auf irgendwelche Songs, oft war der Zusammenhang zur jeweiligen Situation nicht nachvollziehbar. Doch mein größtes Problem waren die Dialoge. So wurde Lachen etwa immer als »Hahaha.« beschrieben (ebenso andere Geräusche, z.B. "»Argh«, sagte Laurie") – das passte für mich überhaupt nicht.

Um der Story mehr Tiefgründigkeit zu verleihen, wurden - neben dem Dauerthema Mobbing - insbesondere gegen Ende der Handlung jede Menge dramatische Themen angeschnitten: Krankheit und Tod, Vernachlässigung von Kindern, Kindesmissbrauch, Essstörungen, toxische (Familien-)Beziehungen…und keines ist ausführlich ausgearbeitet worden. Dadurch wirkten diese Elemente auf mich erzwungen und oberflächlich. Hier wäre weniger mehr gewesen.

Fazit: Nur wenige Sympathieträger und deutlich schwermütiger und langatmiger, als man es von einer Feel-Good-Story erwarten würde. Die Geschichte hatte so viel Potential, das leider nicht ausgeschöpft wurde.

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Veröffentlicht am 29.10.2020

Missgunst und Drama statt Kleinstadtidyll

Die Telefonistin – Mrs. Dalton hört mit
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Ich hatte mich so sehr auf dieses Buch gefreut! Ich liebe ja die Musik und Filme aus den 50er Jahren und versprach mir daher viel von der Geschichte, die zu eben jener Zeit in einer amerikanischen Kleinstadt ...

Ich hatte mich so sehr auf dieses Buch gefreut! Ich liebe ja die Musik und Filme aus den 50er Jahren und versprach mir daher viel von der Geschichte, die zu eben jener Zeit in einer amerikanischen Kleinstadt spielt. Leider blieb das Werk jedoch weit hinter meinen Erwartungen zurück.

Vivian Dalton, Mutter und Ehefrau, führt ein beschauliches Leben in Wooster, Ohio und langweilt sich zu Tode. Einzig ihr Job als Telefonistin sorgt regelmäßig für etwas Abwechslung, da sie heimlich die Gespräche der Anrufer belauschen kann und somit bestens informiert ist über ihre Mitmenschen. Leider ist auch deren Leben nicht sonderlich spannend und Vivian sehnt sich nach einer dramatischen Neuigkeit. Aber schon bald bereut sie diesen Wunsch, denn zufällig belauscht sie kurz vor Weihnachten ein beunruhigendes Telefonat, in dem ihr eigener Ehemann das Hauptthema ist…

Das Fifties -Flair hat die Autorin Gretchen Berg glaubwürdig eingefangen – die damaligen gesellschaftlichen Ansichten, Modeerscheinungen, gängige Musikstücke oder umgangssprachlichen Redewendungen, all das wirkt recht glaubwürdig. Leider ist dies das einzig Positive, was ich vermerken kann.

Erzählt wird in der dritten Person; dies geschieht meist aus der Perspektive von Vivian Dalton, doch häufig (und ohne erkennbaren Grund) auch aus Sicht diverser Nebenfiguren – Vivians Tochter Charlotte, Vivian Erzfeindin Betty Miller, sowie Figuren eines Nebenplots.

Die häufigen Zeitsprünge wirkten eher zufällig, als dass sie einen Sinn ergaben. Einzig die erste Rückblende – von der Gegenwart (Dezember 1952) zu Vivians Jugend (1925) – erschien mir einleuchtend, da sie dazu diente, die Figur vorzustellen und Vivians neugierigen Charakter zu unterstreichen. Schon als kleines Mädchen hatte sie sich brennend für die Geheimnisse und Privatangelegenheiten Anderer interessiert.

Vor der Lektüre hatte ich mir Vivian ein wenig wie die Dame auf dem Cover vorgestellt – eine aufgeweckte, sympathische junge Frau, die gerne dem Kleinstadt-Tratsch frönt. Tatsächlich war die Hauptfigur allerdings alles andere als das, sondern aufgrund ihres missgünstigen, oberflächlichen, ich-bezogenen, aufmerksamkeitsheischenden Verhaltens und Denkens nervig und unerträglich. Die auf ihrer Arbeit aufgeschnappten Geheimnisse bedeuten für Vivian Macht; sie definiert sich darüber und bildet sich ein, für jedes Problem eine Lösung zu wissen. Engstirnig urteilt sie über das Leben anderer Leute, sieht sich selbst stets als Opfer, bildet sich viel ein auf ihre angebliche gute Menschenkenntnis und interessiert sich kaum für den Alltag ihrer klugen Tochter Charlotte. Stattdessen steigert sie sich in einen Kleinkrieg mit der wohlhabenden Betty Miller hinein und will um jeden Preis verhindern, dass ihre eigene Familiengeschichte zum Klatschthema Woosters wird. Ihre einzige Sorge ist, was 'die Leute' wohl über sie denken. Ich habe mich wirklich bemüht, zumindest einen liebenswerten Charakterzug an ihr zu entdecken, aber Fehlanzeige. Oh, und da Vivian aufgrund ihrer eigenen unzureichenden Schulbildung Komplexe hat, traut sie niemandem, der gerne Bücher liest…

Die große Enthüllung des Skandals bzw. der Hintergrund des zu Beginn erwähnten, geheimnisvollen Anrufs wird erst gegen Mitte des Werkes thematisiert – obwohl dieses Geheimnis bereits im Klappentext enthüllt worden ist. Diese Lösung empfand ich als sehr unvorteilhaft, da es der ohnehin spannungsarmen Handlung noch das letzte Potential geraubt hat. Der überaus detaillierte Schreibstil der Autorin ist nicht schlecht, an manchen Stellen sogar humorvoll, kann die teils langweilige, teils langatmige Handlung und die überwiegend pessimistische Grundstimmung jedoch nicht ausgleichen. Mir persönlich hätte es schon geholfen, wenn ich die Hauptfigur hätte mögen können, damit kann eine Story viel wettmachen; leider durchlebt Vivian erst ganz zum Schluss eine positive Entwicklung.

Fazit: Tolle Idee, tolles Setting – leider recht chaotische Umsetzung mit höchst unsympathischen Figuren. Schade!

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