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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 01.01.2021

Frische & ungewöhnliche Erzählweise

Bären füttern verboten
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Dieses Buch war für mich das reinste Auf und Ab, ein Für und Wider. Ich liebte den schwarzen Humor der ersten Kapitel, die frische und ungewöhnliche Erzählweise. Doch irgendwann fand ich die Geschichte ...

Dieses Buch war für mich das reinste Auf und Ab, ein Für und Wider. Ich liebte den schwarzen Humor der ersten Kapitel, die frische und ungewöhnliche Erzählweise. Doch irgendwann fand ich die Geschichte über eine lange Strecke eher bedrückend und deprimierend, bevor das Buch dann im letzten Drittel wieder mein Herz berühren konnte. Hervorzuheben sind auf jeden Fall die vielen großartigen Dialoge und poetischen Sätze, die es immer wieder zu entdecken gibt. Die Charaktere sind erfrischend menschlich – mit all ihren Ecken und Kanten – und teilweise herrlich verschroben und stecken jeder für sich in ihrem Leben in einer Sackgasse, aus der sie sich selbst nicht mehr befreien können. Rachel Elliott bringt hier authentisch rüber, dass manchmal nur ein kleiner Schubser, die andere Perspektive eines Fremden oder ein Fünkchen Offenheit den entscheidenden Impuls für eine Wendung bringen kann.
Und so sehr mir das alles auch gefallen hat, konnte mich „Bären füttern verboten“ dann doch nicht hundertprozentig überzeugen.

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Veröffentlicht am 13.11.2020

Vielschichtig, enthüllend, spannend

Long Bright River
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Faszinierend erzählt Liz Moore in ihrem Roman von einer Familie, deren Leben über Generationen von der Drogenproblematik auf Philadelphias Straßen geprägt ist. Das Miteinander dieser Familie ist vergiftet ...

Faszinierend erzählt Liz Moore in ihrem Roman von einer Familie, deren Leben über Generationen von der Drogenproblematik auf Philadelphias Straßen geprägt ist. Das Miteinander dieser Familie ist vergiftet durch Sucht, Verlust, Misstrauen, Verbitterung und Einsamkeit. Im Mittelpunkt des Geschehens stehen Kacey und ihre eineinhalb Jahre ältere Schwester Mikey, die seit dem Drogentod der Mutter bei der gefühlskalten Großmutter leben. Während Kacey und Mickey in ihrer Kindheit zwar grundverschieden, aber unzertrennlich sind, entfernen sie sich als Erwachsene immer weiter voneinander. Die quirlige Kacey rutscht schon in jungen Jahren in den Drogensumpf ab und arbeitet als Prostituierte, ihre schüchterne Schwester dagegen scheint ein bodenständiges Leben und in ihrer Tätigkeit als Polizistin auch nach vielen Jahren Funkstille noch immer ein wachsames Auge auf ihre Schwester zu haben. Als Kacey eines Tages wie vom Erdboden verschluckt ist und gleichzeitig ein Frauenmörder in ihrem Viertel sein Unwesen treibt, begibt sich Mickey während der Suche nach ihr selbst in große Gefahr und riskiert alles. Im Laufe der vielschichtigen Geschichte wird klar, dass nichts so ist, wie es auf dem ersten Blick scheint. Schonungslos kommen immer mehr Familiengeheimnisse ans Licht. Genau dieser unbeschönigte Blick auf die Ereignisse und die Vielschichtigkeit machen den Roman zu einem besonderen Lesevergnügen. Darüber hinaus hat Liz Moore es geschafft, die Verletzlichkeit und auf der anderen Seite die antrainierte Härte der Charaktere authentisch und bewegend darzustellen. Spannung wird – anders als in einem Kriminalroman – eher unterschwellig aufgebaut und dennoch fesselt die Handlung. Mein einziger Kritikpunkt ergibt sich daraus, dass ich die Handlung an ein paar Stellen als zu konstruiert und zu gewollt empfunden hab

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Veröffentlicht am 06.11.2020

Herzerwärmend schön

Nur noch ein bisschen Glück
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Die Bücher von Simona Ahrnstedt sind für mich immer ein Garant für tolle Storys mit ganz viel Liebe, Leidenschaft und Lebensfreude. Und auch dieses Mal hat sie wieder voll ins Schwarze getroffen. Sie schafft ...

Die Bücher von Simona Ahrnstedt sind für mich immer ein Garant für tolle Storys mit ganz viel Liebe, Leidenschaft und Lebensfreude. Und auch dieses Mal hat sie wieder voll ins Schwarze getroffen. Sie schafft es, gleichzeitig Leichtigkeit und Intensität auf die Seiten zu zaubern. Die Charaktere sind authentisch, mitten aus dem Leben und absolut liebenswert - egal ob nun Hauptcharakter oder Nebenfigur. Dabei durchlaufen die beiden Hauptpersonen auch dieses Mal wieder einen emotionalen Reifeprozess, der absolut authentisch und nachvollziehbar ist, ohne dass eine unglaubwürdige Rahmenhandlung oder Reifeprüfung herangezogen werden muss. Ein weiterer Hauptdarsteller in den Büchern der Autorin ist für mich immer Schweden. Diesmal hat Simona Ahrnstedt die Handlung in eine kleine schwedische Ortschaft mitten auf dem Land verlegt. Ich konnte mir den kleinen Ort, den Hof von Thor und Stellas kleines Häuschen wunderbar vorstellen und hätte dort am liebsten selbst ein paar Tage Urlaub gemacht.

Wer Lust hat auf gefühlvolle Liebesromane ohne allzu viel Kitsch, dem kann ich dieses Buch ans Herz legen.

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Veröffentlicht am 31.10.2020

Ein ideelles Vermächtnis

Fische, die auf Bäume klettern
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Seit längerer Zeit schon steht „Fische, die auf Bäume klettern“ von Sebastian Fitzek in meinem Bücherregal. Nun hatte ich endlich Zeit, das Buch zu lesen. Obwohl es von Grund auf ein ganz anderer, aus ...

Seit längerer Zeit schon steht „Fische, die auf Bäume klettern“ von Sebastian Fitzek in meinem Bücherregal. Nun hatte ich endlich Zeit, das Buch zu lesen. Obwohl es von Grund auf ein ganz anderer, aus der Reihe tanzender „Fitzek“ ist, ist es wahrscheinlich sein persönlichstes, ehrlichstes Buch. In jeder Zeile lässt sich der Autor wiedererkennen, sein Humor, seine Beobachtungsgabe, seine Fähigkeit, Dinge auf den Punkt zu bringen. Die Idee zum Buch ist berührend und großartig zugleich: Ein ideeller Nachlass. Fitzek hat das aufgeschrieben, was er seinen Kindern im plötzlichen Todesfall noch hätte sagen/ raten wollen. Worauf es seiner Meinung nach im Leben ankommt? Welche Lebensziele sind die richtigen? Was lernt man aus Niederlagen? Wie geht man mit seinen Mitmenschen anständig um? … Dabei soll das Buch kein typischer Ratgeber sein. Fitzek gibt seinen Kindern hiermit vielmehr einen Kompass für das Leben mit auf den Weg – lässt sie ihr Leben selbst reflektieren, lädt zum Hinterfragen und Innehalten ein, gibt ihnen Raum, ihr eigenes Leben und ihre Träume zu leben. Für die Kinder werden diese Zeilen sicher einmal ein wahrer Schatz sein. Und auch jeder andere Leser profitiert, da es zum Nachdenken und Hinterfragen anregt und hilft, die eigenen Werte zu justieren.

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Veröffentlicht am 21.09.2020

Roadtrip mit den Geistern der Vergangenheit

Volkswagen Blues
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Bereits 1984 wurde „Volkswagen Blues“ von Jacques Poulin in zahlreichen Sprachen veröffentlich. Erst 36 Jahre später erscheint der Roman nun auch auf Deutsch. Zurecht, denn in diesem nur 246 Seiten dünnen ...

Bereits 1984 wurde „Volkswagen Blues“ von Jacques Poulin in zahlreichen Sprachen veröffentlich. Erst 36 Jahre später erscheint der Roman nun auch auf Deutsch. Zurecht, denn in diesem nur 246 Seiten dünnen Buch steckt bei genauer Betrachtung weitaus mehr als es auf dem ersten Blick scheint.

Jack Waterman ist ein schweigsamer Träumer in der Schreibkrise. Als er es in Montréal nicht mehr aushält, macht er sich auf die Suche nach seinem verschwundenen Bruder Théo. Dessen letzte Spur führt ihn nach Gaspé im Osten Québecs, wo 1534 der französische Entdecker Jacques Cartier landete. Hier begegnet Jack der rastlosen und lesewütigen Halb-Innu Pitsémine, die wegen ihrer langen, dünnen Beine auch die Große Heuschrecke genannt wird und mit einem kleinen schwarzen Kater unterwegs ist. Mit einer Nähe, die nur Fremde verbindet, tun sie sich zusammen. Sie sichten alte Karten und Bücher, suchen nach Hinweisen zu Théos Verbleib und folgen dessen Spur entlang des Oregon Trails quer durch den Kontinent bis nach San Francisco. Doch da geht es schon längst nicht mehr nur um Théo.

Im realen Leben hätten die wenigen wagen Hinweise auf Théos Verbleib sicherlich nie zum Erfolg geführt, aber das hat mich beim Lesen in keinster Weise gestört. Vielleicht macht gerade das diesen besonderen Zauber des Buches aus. Neben den liebenswerten Charakteren, die ohne Frage speziell sind und nicht unterschiedlicher sein könnten. Doch dadurch ergänzen sie sich nicht nur ideal, sondern unterstützen sich auch mental ungemein. Denn zu Beginn ihrer Reise sind beide auf der Suche nach ihren Platz im Leben, stecken voller Zweifel und kämpfen mit den Geistern der Vergangenheit: Jack unter anderem mit dem seines verschwundenen Bruders, der teilweise übermächtig erscheint; Pitsémine mit ihren familiären Wurzeln, die eng mit der Geschichte der Ureinwohner und der ersten Siedler Amerikas verknüpft sind.
Besonders im Gedächtnis geblieben sind mir viele amüsante Dialoge, in denen sich beide Charaktere gegenseitig einen fantasievollen Schlagabtausch liefern. Und auch wenn sie sich während ihrer Reise in vielerlei Hinsicht sehr nahekommen (es ist keine Liebesgeschichte!), bleiben sie bis zum Schluss beim „Sie“. Überhaupt sind Namen eher Nebensache. Pitsémine wird immer nur liebevoll Große Heuschrecke genannt, Jack überwiegend als „der Mann“ betitelt. Aber auch das passt zur Geschichte und zu den Protagonisten.

Es war ein Vergnügen, diesen Roman zu lesen. Gerade weil der Roadtrip in einer analogen Welt stattfindet, lange bevor das Internet, GPS und Social-Media zur Normalität wurden. Stattdessen ist es eine Hommage an Bücher, Karten und Geschichten. Sowie eine Erinnerung an vergangene Zeiten, die auch noch Generationen später Auswirkungen auf die Menschen haben. Der Roman ist bereichert mit zahlreichen historischen Fakten zur Geschichte der Ureinwohner Amerikas und der ersten Siedler sowie zu den frankophonen Einflüssen auf das Land – ohne dabei belehrend zu wirken. Vielmehr ruft der Autor ins Gedächtnis, auf welchen Hoffnungen und welchem Unrecht das Land gegründet wurde, verbindet das aber immer mit der Leichtigkeit einer Entdeckungsreise. Eine gekonnte Mischung, die wieder einmal folgenden Satz bestätigt: Der Weg ist das Ziel.

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