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Venatrix

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Veröffentlicht am 21.11.2020

"Live Fast, Love Hard, Die Young"

JIMI
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Fünfzig Jahre nach seinem Tod erscheint nun eine weitere Biografie über Jimi Hendrix, der als James Marshall Hendrix 1942 in Seattle geboren wurde. Als Sohn einer schweren Alkoholikerin und eines gewalttätigen ...

Fünfzig Jahre nach seinem Tod erscheint nun eine weitere Biografie über Jimi Hendrix, der als James Marshall Hendrix 1942 in Seattle geboren wurde. Als Sohn einer schweren Alkoholikerin und eines gewalttätigen Vaters hat er es in seiner Kindheit nicht wirklich leicht. Buster, wie er von seiner Familie genannt wird, ist Linkshänder, was ihm der Vater mit permanenten Prügeln auszutreiben versucht. Dass Buster musikalisch ist, fällt schon in der Schule auf, denn er spielt „Luftgitarre“ als diese Bezeichnung Wort noch gar nicht erfunden ist. Er muss seinem Vater bei der Arbeit (Müll sammeln) helfen und findet eine Ukulele mit nur einer Saite, die ihm die Welt der Musik öffnet. Er spielt nach Gehör jedes Lied nach. Buster, der sich später Jimmy bzw. Jimi
Nennt, kann bis zu seinem Tod nicht Noten lesen.
Als er dann 1957 eine gebrauchte Gitarre erhält, muss er die Saiten umspannen, damit er sie als Linkshänder spielen kann (ein Schicksal, das er mit Paul McCartney teilt).

Langsam geht es mit dem Musiker bergauf. Er spielt als Begleitmusiker in zahlreichen bekannten Bands, für Little Richard, Ike & Tina Turner oder den Supremes. Doch der Rassismus in den USA lässt den Musiker, nun Jimmy Hendrix, sein Glück in England versuchen. Dort wird er nicht nur wegen seines virtuosen Gitarrespiels und seiner Musik zum bejubelten Star. Die Schattenseiten des Musikbusiness folgt auf dem Fuß: Sex, Alkohol und Drogen sowie skrupellose Manager, die (nicht nur) Hendrix um viel Geld betrügen.

Am 18. September 1970 wird Jimi Hendrix von seiner damaligen Freundin Monika Dannemann leblos aufgefunden. Die Umstände seines Todes (lt. Autopsie „Ersticken an Erbrochenen“) haben später zu Untersuchungen geführt, da Dannemann den Krankenwagen zu spät alarmiert hätte. Ein früherer Biograf meint, dass es abzusehen war, dass Jimi Hendrix früh sterben würde. Die Frage war nur, wann.

Nach seinem Tod im Alter von 27 Jahren wird Jimi Hendrix wegen seiner Popularität als Rockmusiker zum fiktiven „Club 27“ gezählt. Ebenso wie Brian Jones, Janis Joplin, Jim Morrison, Kurt Cobain oder Amy Winehose wird Hendrix zugeschrieben, nach der Devise “Live Fast, Love Hard, Die Young“ gelebt zu haben.

Meine Meinung:

Diese Biografie ist gespickt mit vielen, vielen Details aus dem Leben des Jimi Hendrix. Das macht sie einerseits zu einer Fundgrube für Hendrix‘ Hardcorefans, hat aber auch deshalb einige Längen.

Philip Norman hat durch penible Recherche einige bislang unbekannte Facetten des Musikers ausgegraben. Wenn man Jimi Hendrix bei seinen Bühnenauftritten zusieht, kann man gar nicht glauben, dass er ein scheuer, introvertierter junger Mann gewesen ist. Dazu passt allerdings, dass er sich wenig politisch und/oder gesellschaftlich geäußert hat. Jimi Hendrix ist zwischen den Mühlsteinen des beinharten Musikbusiness zerrieben worden. Obwohl nur wenig Statements von ihm selbst überliefert sind, hat diese Biografie den Musiker recht gut beschrieben. Neben seinem Bruder Leon kommen zahlreiche Zeitgenossen und Weggefährten zu Wort. Sehr gut ist das rassistische Umfeld in den USA beschrieben, in dem Jimi Hendrix groß geworden ist.

Fazit:

Wer sich mit der Musikgeschichte beschäftigt, kommt an dieser detailreichen Biografie nicht vorbei. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.

Veröffentlicht am 21.11.2020

Aus dem Leben einer Wehrmachtshelferin

Ich war ein Blitzmädel
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Der Kern dieses Buch sind die Tagebuchaufzeichnungen der Hilde Kerer, die 1919 in Brixen (Südtirol) als Tochter eines Gastwirtsehepaars geboren wurde. Hilde optiert 1939 für Deutschland und gibt gleichzeitig ...

Der Kern dieses Buch sind die Tagebuchaufzeichnungen der Hilde Kerer, die 1919 in Brixen (Südtirol) als Tochter eines Gastwirtsehepaars geboren wurde. Hilde optiert 1939 für Deutschland und gibt gleichzeitig die Freundschaft mit Maria „Midl“ Kofler, die sich für‘s in Südtirol also Italien bleiben, entschieden hat, nicht auf. Deswegen wird Hilde angefeindet und wandert 1940 nach Deutschland aus.

Nach mehreren Jobs, unter anderem als Sportwartin und Schneiderin, macht sie eine Ausbildung zur Nachrichtenhelferin. Als sogenanntes „Blitzmädel“ ist sie Teil der Wehrmacht. Ihre Erlebnisse in den Jahren 1942-1944 vertraut sie ihrem Tagebuch an.

Meine Meinung:

Vorerst ist anzumerken, dass diese Biografie aus der Reihe „Memoria – Erinnerungen an das 20. Jahrhundert“ des Raetia-Verlages aus Erzählungen der zur Zeit der Interviews 95-jährigen Hilde Kerer entstanden ist. Die Tagebucheintragungen zwischen dem 28.10.1942 (Aufbruch zur Ausbildung) und dem 8.8.1944 (Flucht aus Frankreich) bilden den zentralen Teil der Geschichte. Autor Thomas Hanifle ergänzt im Vorwort und die Historikerin Siglinde Clementi unter dem Titel „Sich wehren und hartnäckig sein. Zum autobiografischen Gedächtnis und Selbstbild von Hilde Kerer“ im Nachwort. Die beiden Autoren bringen dem Leser, der vielleicht mit der Geschichte Südtirols bzw. dem Faschismus in Italien nicht so vertraut ist, die Lebensumstände der Menschen wie Hilde näher.

Hilde schreibt viele tägliche Dinge auf, die manchmal auch belanglos wirken. Vor allem mäkelt sie mehrfach an der Unterbringung, dem Essen und an den Jobs bzw. Ausbildern herum. Es scheint, als hätte sie das „große Abenteuer“ gesucht, aber nicht gefunden. Aus der versprochenen Stationierung auf der Halbinsel Krim wird nichts. Sie wird nach Minsk abkommandiert, was ihr gar nicht gefällt.

„Schnee, Kälte und Bolschewismus, der uns immer als furchtbar und grausam geschildert wurde. So gesehen war es nur gut und recht, dass die Deutschen das Land und die Menschen dort von diesem Ungetüm befreiten. So naiv dachte auch ich damals.“

Über ihre Arbeit als Nachrichtenhelferin berichtet sie wenig. Ihr Augenmerk liegt eher beim Freizeitvergnügen mit ihren Kameradinnen.

So ist auch ihre Aussage über ihre Zeit als Blitzmädel ein wenig befremdlich: „Wäre nicht der Krieg gewesen, dann wäre es eine schöne Zeit gewesen.“
Erst als sie bei einem Bombenangriff in Poitiers verschüttet und verletzt wird und zwei Freundinnen getötet werden, kommt ein wenig Kriegsalltag in die Geschichte.

Interessant ist Hildes Aussage, sich nicht für Politik zu interessieren. Hier scheint es ein Umdenken gegeben zu haben. Denn als junges Mädchen in ihrer Heimat Südtirol ist sie sehr wohl politisch interessiert, wie ihr Widerstand gegen die Italianisierung im Dorf zeigt. Statt des italienischen „Eviva!“, schreit sie „Hoch! Hoch“. Sie lernt verbotenerweise Deutsch mit ihrer Schwester Paula und Maria „Midl“ Kofler, die als „Katakombenlehrerin“ deswegen für zwei Jahre nach Lauria deportiert wird.

Auch hier zeigt sich der Widerspruch der Zeit: Anfangs ist Midl Kofler ob ihrer Verbannung eine Heldin, ja eine Märtyrerin für die deutschsprachigen Südtiroler. Doch als sie sich, statt für Deutschland und Hitler zu optieren, für’s „Dabeibleiben“ entscheidet, gilt sie als Verräterin der deutschen Sache.

Hilde Kerer ist mir nicht sehr sympathisch, da sie sehr ich-bezogen erscheint. Allerdings ist es schwierig mit dem Wissen von heute und ohne persönliche Begegnung, die Beweggründe für ihr Verhalten zu verstehen. Vielleicht war es reiner Selbstschutz, so und nicht anders zu agieren. Dabei ist sie, wie sie selbst sagt, nicht die Einzige, die sich so durch die NS-Zeit laviert.

Gut gefallen hat mir der Aufbau des Buches, denn die Geschichte der Hilde Kerer lässt sich in einem Stück lesen und wird von Vorwort und Nachwort umrahmt. Die Fotos aus dem Besitz von Hilde Kerer ergänzen diese Worte perfekt.

Fazit:

„Ich war ein Blitzmädel. Frauenkameradschaft in der Wehrmacht“ ist eine sehr interessante Biografie aus der NS-Zeit, die auf dem Tagebuch einer Wehrmachtshelferin beruht. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.

Veröffentlicht am 02.11.2020

4.000 Jahre Fantasy - ein Kompendium

Wonderlands
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Dieses Buch ist ein Querschnitt von Büchern, die ihre Leser durch fantastische Länder reisen lassen.

In fünf großen Kapiteln werden stellvertretend für Dutzende solcher Werke vorgestellt.

Alte Mythen ...

Dieses Buch ist ein Querschnitt von Büchern, die ihre Leser durch fantastische Länder reisen lassen.

In fünf großen Kapiteln werden stellvertretend für Dutzende solcher Werke vorgestellt.

Alte Mythen und Legende
Wissenschaft und Romantik
Das goldene Zeitalter der Fantasy
Neue Weltordnung
Das Computerzeitalter

Der Bogen spannt sich von „Edda“, den alten germanischen Heldensagen über Jules Verne zu „Harry Potter und „Tribute zu Panem“.

Nachdem es sich um einen Querschnitt durch das Genre „Fantasy“ handelt, sind die einzelnen Bücher nur auf wenigen Seiten dargestellt. Passend dazu findet der Leser Illustrationen und/oder Landkarten, die in der jeweiligen Geschichte eine Rolle spielen.

Die Autoren der Bücher werden wie deren Motivation eben genau dieses zu schreiben kurz vorgestellt.

„Wonderlands“ ist ein gut gelungenes Nachschlagewerk für Neueinsteiger in die Welt der Fantasy-Literatur. Die Idee ein Kompendium zu erstellen scheint aufgegangen zu sein, auch wenn langjährige Leser dieses Genres vielleicht enttäuscht sein mögen, weil doch nicht alle Bücher hier aufgezählt werden (können). Jedenfalls eignet sich dieses Buch hervorragend als Geschenk, denn es macht Appetit, vielleicht die eine oder andere Erzählung näher zu betrachten.

Fazit:

Ein übersichtliches Nachschlagewerk zum Thema „Fantasy-Literatur“, das sich sehr gut als Geschenk eignet. Von mir gibt es dafür 4 Sterne.

Veröffentlicht am 01.11.2020

Eine gelungene Fortsetzung

Isola Mortale
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Dieser zweite Krimi rund um den ehemaligen Polizeireporter Simon „Simone“ Strasser aus Deutschland, der hier im Piemont sesshaft geworden ist, hat mir wesentlich besser gefallen als der erste Band „Lago ...

Dieser zweite Krimi rund um den ehemaligen Polizeireporter Simon „Simone“ Strasser aus Deutschland, der hier im Piemont sesshaft geworden ist, hat mir wesentlich besser gefallen als der erste Band „Lago Mortale“.

Worum geht’s diesmal?

Weihnachten naht und nach einer stürmischen Nacht wird am Ufer des Lago d’Orta die Leiche von Leoni, einer auffallend hübschen Nonne gefunden. Wie es der Zufall (oder die Autorin) haben will, ist die Tote eine Deutsche und Max Huber, ein möglicher Tatverdächtiger ebenfalls. Daher soll Simon Strasser, nun mehr in Besitz eines Übersetzerzertifikats für Mareschiallo Carla Moretti, bei der Befragung dabei sein. Schnell wird klar, dass Huber etwas zu verbergen hat. Die Frage ist nur, was!

Während Moretti sich auf Huber als Täter einschießt, recherchiert Strasser und entdeckt einen möglichen Zusammenhang mit dem tödlichen Autounfall von Leonies Mutter vor acht Jahren.

Meine Meinung:

Diesmal tritt das Privatleben von Simon Strasser zugunsten der Krimihandlung ein wenig in den Hintergrund. Nach wie dürfen wir ihm und seiner Freundin Louisa beim Verspeisen regionaler Köstlichkeiten zusehen, doch diesmal ist das Lokalkolorit besser in die Handlung integriert. Einiges wird in Dialoge verpackt - das gefällt mir gleich viel besser. Schön, dass sich die Autorin hier selbst und ihre Charaktere weiterentwickelt hat.

Der Tod von Leonie und ihrer Mutter, die gemeinsam mit ihrem Liebhaber, getötete worden ist, wird schlüssig aufgeklärt. Die Handlung verzettelt sich diesmal nicht in überflüssigen Kleinigkeiten. Im Gegenteil, als Leser erfährt man interessante historische Details über den Reisanbau im Piemont. Leise sozialkritische Töne sind ebenfalls zu hören, wenn es sich die Reichen wieder einmal richten können.

Fazit:

Ich bin von diesem Krimi angenehm überrascht und kann mir vorstellen, die Reihe weiter zu verfolgen. Gerne gebe ich diesmal 4 Sterne.

Veröffentlicht am 26.10.2020

Eine Spurensuche

Onkel Ottos Papiertheater
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Brigid Graumann begibt sich auf Spurensuche und erzählt in diesem Buch die Geschichte ihrer jüdischen Vorfahren, die 1860 aus dem tschechischen Lomnice in die Kaiserstadt Wien gezogen sind, um dort ihr ...

Brigid Graumann begibt sich auf Spurensuche und erzählt in diesem Buch die Geschichte ihrer jüdischen Vorfahren, die 1860 aus dem tschechischen Lomnice in die Kaiserstadt Wien gezogen sind, um dort ihr Glück zu suchen. Die beiden Familien Flatter und Graumann waren Durchschnittsfamilien, weder reich noch ganz arm. Aber mit Fleiß und Durchhaltevermögen haben sie ihr Auskommen gefunden. Es gibt Handwerker und Künstler in der verzweigen Familie.

Sie lernten in Wien den Segen des Sozialistischen Wien mit seinen Kinderfreibädern und Gemeindebauten kennen. Sie fühlten sich den Sozialisten näher als der jüdischen Gemeinde. Einige Familienmitglieder waren atheistisch. Erst die Nazis haben sie zu Juden gemacht.

Einem Teil der Familie gelang die Flucht aus Wien, andere wiederum wurden in den diversen Konzentrationslagern ermordet.

Heute sind die Familienmitglieder über die ganze Welt verstreut. Ein Schicksal, das sie mit vielen jüdischen Familien teilen.

Meine Meinung:

Diese außergewöhnliche Familiengeschichte basiert auf zahlreichen Tagebüchern verschiedener Familienmitglieder. Daher gibt es divergierende Ansichten zu ein und demselben Ereignis.

Das Buch ist nicht ganz einfach, zu lesen, da die Autorin immer wieder zwischen den Personen und den Jahren hin und her springt. Hier den Überblick zu wahren, erfordert ein wenig Konzentration.

Wie ein roter Faden schlängelt sich das titelgebende „Papiertheater“ von Otto Flatter durch das Buch. Teile des selbst gebastelten Papiertheaters haben die Wirren der Flucht nahezu unbeschadet überstanden. Die Autorin berichtet, wie sie es das erste Mal gesehen hat und ein wenig enttäuscht war. Die Erzählungen der Familie haben sie etwas Pompöses erwarten lassen.

Gut gefallen hat mir die sehr persönliche Darstellung der Familien Flatter und Graumann, die durch zahlreiche private Fotos und Erinnerungen ergänzt wird. Am Ende findet sich das Personenverzeichnis mit ganz kurzen Lebensläufen („Was wurde aus ...“) sowie eine schematische Darstellung des Stammbaums der Autorin.

Das Buch ist als Hardcover mit Lesebändchen und abgerundeten Ecken im Verlag Konturen erschienen. Das Cover ziert eine Szene aus „Onkel Ottos Papiertheater“, sodass sich der Leser ein Bild davon machen kann.

Fazit:

Eine interessante Familiensaga, der ich gerne 4 Sterne gebe.