Platzhalter für Profilbild

Venatrix

Lesejury Star
offline

Venatrix ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Venatrix über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 05.11.2020

Ein interessantes Sachbuch

Abgründe
0

Hans Hopf ist einer der bekanntesten Psychotherapeuten für Kinder und Jugendliche in Deutschland. In diesem Buch berichtet er aus seiner langjährigen Erfahrung. Ohne voyeuristisch zu sein, legt er die ...

Hans Hopf ist einer der bekanntesten Psychotherapeuten für Kinder und Jugendliche in Deutschland. In diesem Buch berichtet er aus seiner langjährigen Erfahrung. Ohne voyeuristisch zu sein, legt er die Seelen seiner Klienten offen (natürlich anonymisiert). Für die Leser ist es manchmal schwer, mit dem Schicksal der Kinder konfrontiert zu werden. Ganz wichtig ist, auch das Umfeld der betroffenen Kinder einzubeziehen. Die Eltern haben einen gewichtigen Anteil dabei, dass ihre Kinder die Hilfe eines Psychotherapeuten benötigen.

Meine Meinung:

Das Buch ist einfühlsam in Bezug auf die Klienten und sehr sachlich geschrieben. Hans Hopf berichtet von Erfolgen und verschweigt auch den einen oder anderen Misserfolg nicht. Sehr interessant finde ich die Schilderung, wie er (beinahe) selbst Teil des Mikrokosmos eines Klienten geworden ist. Oder die Geschichte der Psychiaterin, die mit ihrem Schützling eine (Liebes)Beziehung eingegangen ist. Ein No-Go, das sie ihre Approbation verlieren hat lassen.
Nie habe ich das Gefühl gehabt, dass der Autor seine Mandanten bloß stellt. Zu jedem Fall gibt er Erläuterungen aus psychoanalytischer Sicht und schildert den Verlauf der Therapien, auch wenn diese, aus unterschiedlichen Gründen, nicht immer erfolgreich enden.

Der Schreibstil ist flüssig, sodass den einzelnen Fällen sehr gut gefolgt werden kann.

Fazit:

Wer sich für die menschliche Psyche oder deren Abgründe, sowie für die betroffenen Menschen interessiert, dem sei dieses Buch empfohlen. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Veröffentlicht am 04.11.2020

Ein tolles Sachbuch

Grenzen
0

Wenn das Wort „Grenze“ fällt, denke ich als Vermesserin sofort an Grundstücksgrenzen. Diese bilden die erste administrative Einheit der Erdoberfläche. Ein wenig später kommen mir dann willkürliche Grenzen ...

Wenn das Wort „Grenze“ fällt, denke ich als Vermesserin sofort an Grundstücksgrenzen. Diese bilden die erste administrative Einheit der Erdoberfläche. Ein wenig später kommen mir dann willkürliche Grenzen wie Verwaltungs- und/oder Staatsgrenzen in den Sinn. Allerdings können Staatsgrenzen auch natürliche Grenzen wie Hochgebirgskämme oder Flüsse sein. Aber, eine Staatsgrenze bedingt ein bilaterales Vertragswerk, andernfalls ist diese Grenze strittig und bietet viel Raum für Konflikte.

Das Wort „Grenze“ taucht aber in anderen Bereichen auf: in der Mathematik als „Grenzwert“, in der Psychologie „Abgrenzung“, im täglichen Leben als Barriere, als Sicherheit gebende Umgebung usw..

Der Autor beschäftigt sich vor allem mit politischen Grenzen und nimmt seine Leser auf eine sehr detailreiche Reise mit.

Ausgehend von der Antike spannt er den Bogen bis in die Gegenwart, in der Grenzen in Europa auf der einen Seite keine Grenzen mehr spielen (sollen), wie in der EU („Freier Waren- und Personenverkehr“), die aber sofort wieder hochgezogen werden, wenn eine Gefahr droht (Stichwort Covid-19). Andererseits zeigt er Räume auf, die es zu schützen gilt (persönliche Grenzen).

In sieben Kapiteln geht der Autor auf die verschiednen Rollen, die Grenzen spielen, ein.

Die Grenze als Grundkategorie
Der alte Orient
Die Griechen
Rom
Germanen und Mittelalter
Die Neuzeit
Krieg und die Nachkriegsjahre

Zahlreiche Abbildungen und Karten ergänzen dieses interessante Buch.

Meine Meinung:

Das Buch ist keines, das man so zwischendurch lesen kann. Es bedarf Muße und Ruhe, denn manche der vielen Details müssen unter Umständen in Nachschlagewerken nachgelesen werden.

Das Buch ist sehr gut strukturiert. Jedes Kapitel ist in mehrere Unterkapitel geteilt, sodass es möglich ist, das eine oder andere Sachgebiet einmal links liegen zu lassen und sich einem anderen zu widmen.

Die Fülle an Informationen, die sich hin und wieder wiederholen, ist vielleicht ein kleines Manko dieses Werks. Mir persönlich hat es nichts ausgemacht. Es könnte aber sein, dass sich mancher Leser, ob der geballten Information erschrocken, zurückzieht und lieber zu einem weniger üppigen Buch greift.

Fazit:

Ein detailreiches Werk zum Thema „Grenzen“, das ein wenig mehr Aufmerksamkeit braucht. Trotzdem gebe ich diesem interessanten Buch 5 Sterne.

Veröffentlicht am 01.11.2020

Eine sehr persönliche Biografie

Josephine Baker
0

Mona Horncastle ist für ihre penibel recherchierten Frauen-Biografien bekannt. Nach Hedy Lamarr und Margarethe Schütte-Lihotzky beschäftigt sich die Autorin nun mit Josephine Baker, die mehr zu bieten ...

Mona Horncastle ist für ihre penibel recherchierten Frauen-Biografien bekannt. Nach Hedy Lamarr und Margarethe Schütte-Lihotzky beschäftigt sich die Autorin nun mit Josephine Baker, die mehr zu bieten hat, als den Tanz im Bananenröckchen, für den sie bekannt geworden ist. Die Autorin geht auf Spurensuche und findet eine vielschichtige Persönlichkeit.

Die Biografie gliedert sich in sechs große (Lebens)Abschnitte, die von einem „Intro“ sowie “Echo“ und Nachwort umrahmt wird. Zahlreiche Fotos, Zitate und Ausschnitte aus ihren Briefen ergänzen Josephines Lebensgeschichte:

Aufwachsen in St.Louis, Missouri
Paris
Erste Welttournee
Jubel und Protest
Im Widerstand
Alte Kämpfe, neue Träume

Nur wenige Menschen wissen, dass sich Josephine Baker im Widerstand gegen Nazi-Deutschland engagiert hat. Anders als Marlene Dietrich, die hauptsächlich als Truppenbetreuerin unterwegs war, hat sie Informationen und Nachrichten durch das besetzte Frankreich geschmuggelt. Dafür ist sie dann von Charles de Gaulle mit dem Croix de Guerre ausgezeichnet worden.

Eine traurige Tatsche ist, dass sie in ihrer ursprünglichen Heimat Amerika lang nicht so erfolgreich war, wie in Frankreich. Für die Afroamerikaner war sie zu wenig schwarz, für das weiße Amerika zu wenig weiß.

Wenn sie, die von 1906-1975 gelebt hat, sagt „Farbige sind nicht genötigt, zu provozieren: Die Zwischenfälle ereignen sich von ganz allein.“, so hat sich bis heute, wenn man die Ereignisse in den USA täglich im Fernsehen sieht, nicht allzu viel geändert.

Fazit:

Das Buch ist in einer gediegenen Aufmachung im Verlag Molden erschienen und passt wunderbar in die Reihe der anderen beiden Frauenbiografien der Autorin. Dieses Buch verdient 5 Sterne.

Veröffentlicht am 01.11.2020

Versprüht weihnachtliches Flair

Englein, Mord und Christbaumkugel
0

Alle Jahre wieder erfreut uns Manfred Baumann, Schöpfer des Kriminalbeamten Martin Merana mit einem weihnachtlichen Band rund um das Team aus Salzburg.

Diesmal sind drei Weihnachtskrimis verpackt und ...

Alle Jahre wieder erfreut uns Manfred Baumann, Schöpfer des Kriminalbeamten Martin Merana mit einem weihnachtlichen Band rund um das Team aus Salzburg.

Diesmal sind drei Weihnachtskrimis verpackt und warten darauf im Advent als Einstimmung auf Weihnachten gelesen zu werden.

Wie in allen Krimis der Reihe erfahren wir wieder Kleinigkeiten aus dem Privatleben der Ermittler. So dürfen wir mit Merana und seiner Großmutter Kristina über den Christkindlmarkt streifen oder für Hedwig, der behinderten Tochter von Carola ein Weihnachtsgeschenk kaufen. Dazwischen wird zwar gemordet, doch bleibt immer ein wenig Platz für die vorweihnachtliche Stimmung. Die prächtige Kulisse der Stadt Salzburg mit ihren Sehenswürdigkeiten darf natürlich auch nicht fehlen.

Gerne bewerte ich diese weihnachtlichen Krimis mit 5 Sternen.

Veröffentlicht am 31.10.2020

Ein opulenter hist. Roman

Mein guter Feind Goethe. Die geheimen Memoiren des Grafen Alexandre de Cagliostro
0

Autor Heinz-Joachim Simon setzt sich in diesem historischen Roman mit einer schillernden Figur des vorrevolutionären Frankreichs auseinander: Alexandre de Cagliostro, Graf von eigenen Gnaden und Hochstapler. ...

Autor Heinz-Joachim Simon setzt sich in diesem historischen Roman mit einer schillernden Figur des vorrevolutionären Frankreichs auseinander: Alexandre de Cagliostro, Graf von eigenen Gnaden und Hochstapler.

Die Lebensgeschichte des 1743 als Giuseppe Balsano in Palermo geborenen Mannes liest sich abenteuerlich. Anfangs schlägt er sich als Kleinkrimineller durchs Leben, bis er sich als selbst ernannter Graf den Mächtigen der Zeit andient. Am bekanntesten ist wohl seine Rolle in der sogenannten „Halsbandaffäre“, die unter anderem dazu führt, dass Marie Antionette letztlich ihren Kopf verliert.

Geschickt nutzt Cagliostro die Gier der Menschen aus und benutzt vor allem Frauen für seine windigen Machenschaften.

Goethe entlarvt ihn als Scharlatan, obwohl die beiden sich nicht persönlich begegnet sind. Trotzdem scheint Goethe vom Charisma des Hochstaplers angezogen zu sein.

Cagliostro nutzt die politischen Strömungen der Zeit weidlich aus. So beansprucht er das legendäre „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“der Französische Revolution für sich. Er weilt an den unterschiedlichsten Fürstenhöfen, lässt sich aushalten, nimmt Geschenke und erleichtert die Reichen am Kartentisch um ihr Vermögen. Er behauptet „ein Wandler durch die Zeiten“ zu sein, was ihm doch zahlreiche Menschen abnehmen. Als „Großkophta“ gründet er zahlreich Logen à la Freimaurer. Das trägt weiter zum Nimbus des Geheimnisvollen bei.

Doch dann überspannt er den Bogen und legt sich mit der Katholischen Kirche und dem Papst an. Er wird im Dezember 1789 verhaftet und stirbt 1795 im päpstlichen Gefängnis.

Meine Meinung:

Dem Autor ist ein lebhaftes Sittenbild der Zeit gelungen. Während das Volk nach Missernten hungert, protz der Adel mit geborgtem und/oder erpressten Reichtum. Die „Halsbandaffäre“ ist nur eines der zahlreichen Beispiele von Misswirtschaft, Gier und Überheblichkeit.

Zahlreiche bekannte historische Persönlichkeiten kreuzen den Weg des Hochstaplers und der Leser: Von der La Motte über Kardinal Rohan und Danton zu Desmoulins bis hin zu eben jenem Papst, der ihn festsetzen lässt.

Interessant ist, dass die ein oder andere „Weissagung“ sich später erfüllt. So sagt er Danton eine glänzende Zukunft in Paris voraus, sein (Dantons) Ende verschweigt er geflissentlich. Dass er Madame de La Motte voraussagt, dass sie in Ungnade fallen und gebrandmarkt wird, ist angesichts der üblichen Strafen für Betrug und Diebstahl, keine Überraschung.

Cagliostro ist ein guter Menschenkenner und kann sehr gut zuhören. Deshalb ist es ihm ein Leichtes, die Menschen zu manipulieren.

Obwohl ich bereits zahlreiche (Sach)Bücher der Zeit vor und rund um die Französische Revolution sowie rund um die „Halsbandaffäre“ gelesen habe, konnte ich mich des Soges dieses historischen Romans nicht entziehen.

Wenn der Autor den Anspruch hat, "Ein Roman ist nur dann gut, wenn der Leser glaubt, dabei zu sein.", so ist ihm dies perfekt gelungen.

Fazit:

Ein brillanter historischer Roman rund um einen Hochstapler, der auch heute noch polarisiert. Gerne gebe ich für dieses opulente, farbenfrohe Buch 5 Sterne.