Japanische Kultur: Höflichkeit steht ganz oben
Das Buch „Der Maler der fließenden Welt“ von Kazuo Ishiguro schildert die gesellschaftlichen Umbrüche in Japan vor, mitten und nach dem 2. Weltkrieg. Hauptperson ist der alternde Maler Masuji Ono, der ...
Das Buch „Der Maler der fließenden Welt“ von Kazuo Ishiguro schildert die gesellschaftlichen Umbrüche in Japan vor, mitten und nach dem 2. Weltkrieg. Hauptperson ist der alternde Maler Masuji Ono, der seine Kunst in den 30. und 40er Jahren im 20. Jahrhundert in den Dienst der japanischen Expansionspolitik gestellt und offiziell unterstützt hat. Nach dem verlorenen Krieg mit seinen katastrophalen Folgen für Japan ist der damalige Patriotismus verpönt und wird insbesondere von der jungen Generation zunehmender offener kritisiert. Doch die ausgeprägte Höflichkeit in der japanischen Gesellschaft verhindert offene Worte. Die jungen Menschen fühlen sich geopfert, im Krieg verheizt, während die Verantwortlichen sich oft schadlos gerettet haben. Auch Masuji Ono ist ohne negative Konsequenzen in die Nachkriegsjahre gewandert. Doch welche Schuld trägt er? Die Frage taucht auf, als seine zweite, schon etwas ältere Tochter heiraten will. Doch die geplante Heirat scheitert, wird von der Familie des Mannes aufgehoben, was beunruhigend und unverständlich ist. Ob es mit der politischen Vergangenheit des Vaters zusammenhängt, die zur Belastung für die ganze Familie geworden wird? In einem Gespräch mit dem vermeintlichen Schwiegersohn etwa kommt zur Sprache, dass sich ein ehemaliger Kriegstreiber das Leben genommen hat, um seine Familie zu entlasten. Soll das eine Botschaft oder gar eine versteckte Aufforderung zum Selbstmord für Masuji Ono sein, um den Weg für seine Tochter frei zu machen?
Es kommt zu einer meisterhaft erzählten Lebensbeichte über persönliche Schuld, Irrtum und Verblendung. Das Ende des Buches fand ich nicht ganz überzeugend, ohne dass ich etwas verraten will. Am Ende fragte ich mich: Habe ich mich geirrt? Was haben seine Töchter von ihrem Vater wirklich gefordert?
Das Buch lässt die Kultur Japans in der Nachkriegszeit mit vielen Bildern aufleben, das Zusammenleben der Generationen und den Umbruch der japanischen Gesellschaft, die um eine neue Lebensweise ringt.