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Veröffentlicht am 13.06.2017

Teilweise zu farblos

Palast aus Staub und Sand
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Baptiste ist nach dem Tod seiner Frau am Boden zerstört. Hoffnung findet er erst, als er Ella ins sein Leben tritt. Die junge Frau ist auf der Suche nach Geldern für ein Waisenhausprojekt in Afrika. Ohne ...

Baptiste ist nach dem Tod seiner Frau am Boden zerstört. Hoffnung findet er erst, als er Ella ins sein Leben tritt. Die junge Frau ist auf der Suche nach Geldern für ein Waisenhausprojekt in Afrika. Ohne lange zu zögern ist Baptiste bereit, Ella zu helfen und dabei in das Land seiner Kindheit zurückzukehren. Doch dort holt ihn seine Vergangenheit ein. Er erinnert sich an seine Kindheit, in der Baptiste und sein Freund Gabriel unzertrennlich waren. An das gemeinsame Erwachsenwerden und die Entfremdung dabei. An das schreckliche Ende ihres gemeinsamen Weges.
Palast aus Staub und Sand erzählt im Grunde drei Geschichten. Die vom alten Baptiste, verzweifelt, einsam, trauernd. Die von Ella, hoffnungsvoll, verliebt, am Anfang stehen. Und schließlich die Rückblende von Baptiste und Gabriel. Alle sind irgendwie miteinander verbunden und diese Komposition ist eigentlich ganz gut gewählt. Die einzelnen Fäden laufen aufeinander zu und beeinflussen sich gegenseitig sehr.
Weniger gut fand ich dagegen die Art und Weise, wie der Roman die einzelnen Geschichten zeigt. Während der gealterte Baptiste und Ella abwechselnd betrachtet werden ist die Kindheitserinnerung ein eingeschobener Teil, eingerahmt von den anderen beiden Strängen. Das wirkte etwas losgelöst und hat die Erzähldynamik der Rahmenhandlung empfindlich gestört. Der Tonus war ein anderer, die Spannung zu unterschiedlich. Regelrecht zerrissen wirkte das Buch dadurch auf mich. Das ist sehr schade, denn gerade diese eingeschobene Geschichte ist sehr schön und bewegend.
Hier liegt aber auch ein weiteres Problem. Denn die Rahmenhandlung war das gerade weniger. Während Baptiste noch sehr klar zu greifen ist und seine ganze Existenz durch den Tod seiner Frau gestört wird, bleibt Ella farblos. Der Roman schafft es einfach nicht dieser so wichtigen Figur Farbe zu verleihen. Wie ein Abziehbild wirkt sie, jede Tiefe fehlt und ihre Liebesgeschichte wirkt genauso farblos. Zu dieser Figur und ihrem Teil der Geschichte hatte ich so gar keinen Zugang. Auch der ganze Handlungsstrang in Afrika wirkt bis zu Baptiste Erscheinen gezwungen. Er ist die Figur, die scheinbar dem ganzen Roman immer wieder Farbe verleiht.
Ich fand es sehr schade, dass hier das Potential nicht ausgenutzt wurde. Ansätze gibt es eigentlich genug, aber wenn es um Waisenkinder oder Korruption geht, um Rassismus und Ausgrenzung stellt der Roman auf Sparflamme. Hier wird berichtet, statt diese Informationen in die Handlung einzuweben. Das ist zu distanziert, zu oberflächlich, als dass ich mich wirklich in das Buch hineinversetzten könnte.
Palast aus Staub und Sand war gut zu lesen, der Stil ist flüssig und angenehm zu lesen. Die Geschichte hat mich nur zu Teilen wirklich packen können und gerade wichtige Stränge und Figuren blieben für mich zu farblos. Ein historischer Roman, der ohne kitschige Liebe auskommt, aber dennoch nicht sein Potential ausreizt. Schade.

Veröffentlicht am 06.04.2017

Sehr interessant, leider Schwächen in Arbeitsweise und Argumentation

Wie wir lieben
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Als Rahmen für sein Werk greift der Autor auf Paul und Jelena zurück, deren Geschichte in einer Reportage erzählt wurde. Ihr Versuch einer offenen Beziehung wird begründet, in Etappen betrachtet, mit den ...

Als Rahmen für sein Werk greift der Autor auf Paul und Jelena zurück, deren Geschichte in einer Reportage erzählt wurde. Ihr Versuch einer offenen Beziehung wird begründet, in Etappen betrachtet, mit den Geschichten um andere Paare und ihre Lebensentwürfe erweitert. Dazwischen zeigt Karig Fakten, Zahlen, Daten. Er geht das biologische Prinzip von Partnerschaften an, lässt Studien sprechen, zeigt Probleme auf. Ein guter Ansatz, der wackelt, weil er vor allem eines will: provozieren.
Karig stützt die These, dass die Monogamie am Ende wäre mit Untersuchungen zu Fremdgehen und sexueller Erregbarkeit. Die Biologie spreche für sich. Heterosexuelle Frauen würden beispielsweise durch pornografische Bilder erregt und würden es einfach nicht zugeben. Mehr sogar als heterosexuelle Männer. Was Karig hier absolut ausklammert ist die gesellschaftliche Einbettung der Frauen. Er behauptet, dass wenn eine Erregung messbar ist, sie auch tatsächlich so empfunden wird. Damit reiht er sich ein in all jene, die behaupten, Opfer von Vergewaltigung würde Lust empfinden, nur weil ihr Körper reagiere. Die Körper-Geist-Problematik aber wird in Wie wir lieben nie angesprochen. Wirklich nie. Und dabei will der Autor doch ausgerechnet behaupten, dass unsere Biologie konträr unserer gesellschaftlichen Normierung funktioniert. Statt dazwischen aber eine Verbindung aufzubauen, werden beide Felder getrennt. Natur oder Kultur, Baby, du kannst nicht beides haben, nicht beides sein. In weiten Abschnitten seines Buches reduziert er den Menschen zum reinen Triebwesen. Dabei wäre gerade eine Betrachtung der Verbindung hoch interessant und könnte Abhilfe schaffen.
Warum ist der Mensch monogam geworden? Weil er sesshaft wurde. Aus ökonomischer Sicht, wenn man so will. Kulturen, die sesshaft sind, aber nicht monogam, werden nur am Rande erwähnt. Die ominösen Eingeborenenstämme, die immer hervorgeholt werden, wenn wir „an unsere Wurzeln zurück wollen“, dürfen mal wieder herhalten. Dass die Tatsache, dass diese Stämme, die ein anderes Verständnis von Familie haben, als wir, der Ursprungsthese von Monogamie als Begleiterscheinung der Sesshaftigkeit als Notwendigkeit widersprechen, kommt überhaupt nicht zu Sprache. Biegt Karig am Ende seine Argumentation auf sein Thema zurecht? Traurig, denn eigentlich nutzt er immer wieder gute Belege und baut die Struktur seiner Thesen gelungen auf. Diese Kinderkrankheiten nerven da nur und erwecken den Anschein, der Autor würde seinem eigenen Buch nicht trauen.
Besonders schockiert war ich davon, welches Bild Karig von Beziehungen allgemein zeichnet. Wie dieses Buch behauptet, Seitensprünge wären die Regel, jede Beziehung aufgrund der sinkenden Erregung im Alltag zum Scheitern verurteilt. Da ist er wieder, der Mensch als Triebwesen. So fokussiert ist der Autor dabei, Beispiele von offenen Beziehungen zu zeigen, dass er gleich mehrere Dinge außer Acht lässt. Zum einen, dass Monogamie nie ein allumfassende gelebtes Prinzip war, sondern lediglich immer wieder als ein solches forciert wurde. Zum anderen, dass es auch immer wieder sehr viele Paare gibt, die gemeinsam alt werden und dabei nicht unglücklich. Gerade diese, die Beispiele einer gelungenen Zweierbeziehung, lässt Karig unerwähnt. Statt Lebensentwürfe zu zeigen, die auch funktionieren und unseren Horizont zu erweitern, grenzt er damit aus. Das ist unheimlich schade.
Denn das Buch ist einem so lockeren, herrlich komischen Stil geschrieben, dass es mir großen Spaß gemacht hat, es zu lesen. Es war unheimlich interessant die Fakten kennenzulernen, die Karig nutzt. Denn auch wenn seine wissenschaftliche Arbeitsweise hier weder repräsentativ noch zureichend ist, wirft er interessante Fragen dabei auf. Das Denken um unsere Beziehungsstrukturen, ihre Gründe und Auswirkungen ist es, was mir dieses Buch immer wieder schmackhaft gemacht hat. Allein das Nachdenken darüber, warum viele von uns monogam leben, was Treue eigentlich bedeutet und was Toleranz in diesem Bereich heißt, war unheimlich spannend und lohnenswert.
Wie wir lieben – Vom Ende der Monogamie ist ein wirklich interessantes Buch zu einem Thema, das mit unserer Gesellschaftsstruktur erschreckend elementar verbunden ist. Es hat leider einige Schwächen in der Arbeitsweise und Argumentation. Lesenswert fand ich für mich es trotzdem, da es meine eigenen Überlegungen angeregt hat.

Veröffentlicht am 17.02.2017

Love, Drugs and Dreams?

Traumhaft 2: Das Vergessen
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Klara hat der Abmachung mit ihrer Professorin zugestimmt und damit ihren Bruder gerettet. Doch das Wiedersehen muss noch warten, denn sofort wird Klara mit Adrian nach Amerika geschickt. Weg von Matthias. ...

Klara hat der Abmachung mit ihrer Professorin zugestimmt und damit ihren Bruder gerettet. Doch das Wiedersehen muss noch warten, denn sofort wird Klara mit Adrian nach Amerika geschickt. Weg von Matthias. Aber auch weg von Tobi, der ihr den Traum mit Adrian nicht vergeben hat. Verletzt und vollgepumpt mit Alkohol, Gras und den Träumerpillen lässt Klara sich wieder auf Adrian ein. Da steht auf einmal Eva vor ihr, ihre totgeglaubte Tante, die ihr Gedächtnis verloren hat. Ehe sie sich versieht, befindet sich Klara wieder in einem Strudel aus Gefühlen, Verpflichtungen und Bedrohung.
Hier werden die Träume zu einer zweiten Welt, in der oft mehr passiert, als in der Realität. Die ist durch Klaras Reise nach Amerika zu einer riesigen Party geworden. Sex, Drugs and Dreams. Diese Mischung war ich schnell Leid. Nervig für mich war, dass Klara die Bedrohung vom ersten Tag an merkt, sie aber immer wieder abwinkt, ignoriert und nur allzu gern zu Flasche, Tüte, Brownie und Pille greift. Angestachelt von ihrer Verletztheit durch Tobis Reaktion in den gemeinsamen Träumen wirft sie sich dem an den Hals, den sie gleichzeitig verabscheut. Dieses masochistische Verhalten würde ich ihr durchgehen lassen, wenn sie nicht als Ich-Erzählerin immer wieder Vernunft, Klarsicht und Vorsicht zeigen würde. Dass sie aber nicht danach handelt, macht sie zutiefst unglaubwürdig.
Auf großen Strecken passiert dann in diesem Band auch nichts. Ein bisschen untergründige Spannung, viel Verwirrung, Sex. Aber richtige Handlung? Eher weniger. Die auftauchende und erinnerungslose Tante nimmt den Antrieb ein, den im ersten Band der Bruder im Koma geliefert hatte. Da möchte ich doch leise das Wörtchen Schema ins Spiel bringen.
Lichtblick war in diesem Band ausgerechnet der unausstehliche Adrian. Die Figur, die bereits im ersten Band bereit war, über Leichen zu gehen, manipulativ und mit der Tendenz zum Größenwahn ausgestattet, zeigt hier, dass die Autorin durchaus Tiefe zeigen kann. Vieles bleibt für Karla zwar im Verborgenen, doch nach und nach ergeben sich tatsächlich Wahrheiten zu erkennen. Diese Vielschichtigkeit zeigen die anderen Figuren leider kaum. Gerade bei Klara selbst wird sie zwar versucht, zu erzeugen, bleibt aber, aus den oben genannten Gründen, unglaubwürdig für ihre Figur.
Stilistisch ist das Buch wieder gut. Da möchte ich gar nicht drüber meckern. Auch mich konnten die Formulierungen immer wieder locken. Atmosphäre war da. Ich glaube, mein großes Problem ist, dass Das Vergessen im Ganzen wie ein Roman wirkt, der aus einem wesentlich kürzeren Abschnitt entstanden ist und in die Länge gezogen wurde. Die leichte Entwicklung hätte anders effektiver umgesetzt werden können. Ob ich mir nun den dritten Teil noch hole, bleibt abzuwarten. Das Ende hat mich insofern wieder versöhnt, weil es hier figurentechnisch wieder etwas stimmiger wird.

Veröffentlicht am 24.11.2016

Zu 75% Vorspiel im erotischen Kitsch

Entfachte Glut
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Kane, dem Ziehsohn eines Dämonenfürsten, wird das Neugeborene einer Elfe praktisch vor der Nase entführt. Zur Strafe muss er schwören, das Kind zu finden. Ruhelos irrt er darum seit mehr als zwanzig Jahren ...

Kane, dem Ziehsohn eines Dämonenfürsten, wird das Neugeborene einer Elfe praktisch vor der Nase entführt. Zur Strafe muss er schwören, das Kind zu finden. Ruhelos irrt er darum seit mehr als zwanzig Jahren durch die Welten als er auf Tanja trifft. Zum ersten Mal seit langem denkt er an etwas anderes, als das Kind, nämlich daran, sie so schnell wie möglich in sein Bett zu bekommen. Schnell stellt sich heraus, dass Tanja das Kind der Elfe ist, ein Mischling und damit dem Tode geweiht. Kane entführt sie, um sie seinem Vater auszuliefern. Doch eine innere Stimme sagt ihm, das Tanja nur zu ihm gehört. Aber Kane hat Angst, Angst vor seinem wahren Ich, während Tanja nicht mehr weiß, ob sie ihren Gefühlen noch trauen kann.
Spannung und psychologische Verstrickungen haben mich zu dem Buch gelockt. Das bekam ich auch. Sowohl Tanja als auch Kane haben ihre Vorgeschichte und sind dementsprechend vielschichtig aufgebaut, auch wenn sie sich in der Handlung permanent im Kreis drehen. Die Nebenfiguren sind dafür nur grob gezeichnet und wirken schnell flach. Das mag daran liegen, dass folgende Bände andere Charaktere aufgreifen sollen, lässt hier aber die Nebenhandlungen platt erscheinen.
Tatsächlich kristallisiert sich schnell heraus, dass Kanes Schwur zwar die Reise und seine Zerrissenheit begründet, die eigentliche Handlung sich aber auf erotischer Ebene zwischen Kane und Tanja abspielt. Im Grunde nichts anderes als 75% Vorspiel und 25% Akt(e). Dass dabei alle Klischees des erotischen Kitschs abgearbeitet werden, strapaziert meine Lesegeduld stark. Erotik in Liebesgeschichten gehört für mich dazu, aber hier besteht die „Liebe“ allein in sexueller Anziehung, in schweren Hoden, harten Penissen und feuchten Vaginen. Grenzen bis zur Vergewaltigung werden ausgetestet, was aber nur verwirrt und die Handlung nur peripher vorantreibt.
Dass die Autorin dabei tatsächlich schreiben kann zeigt sich in den Stellen dazwischen, wenn es psychologisch, gefährlich, spannend und mitreißend wird. Trotz ihrer langanhaltenden Lernresistenz entwickeln sich die Protagonisten und wachsen über sich hinaus. Kleine Details beweisen sich als wichtige Hinweise und fast jeder Schritt ist durchdacht. Ein gelungener Aufbau, der so viel Kitsch gar nicht nötig gehabt hätte.
Entfachte Glut hat mich zwar sehr neugierig auf Vergessene Leidenschaft gemacht, war aber selbst ein Griff ins Klo des erotischen Kitschs. Ich kann kaum sagen, ob ich es wirklich als fantastische Liebesgeschichte bezeichnen würde, weil Liebe auf den über 600 Seiten kaum Raum erfährt. Der Stil aber und das, was von der Handlung tatsächlich übrigbleibt, wenn ich den Sex abziehe, hat mir gut gefallen und ich bin gespannt, ob der zweite Band hier ansetzen kann.

Veröffentlicht am 23.11.2016

Einfach gestrickt

Seelenlos
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Lucy ist auf einem Friedhof aufgewachsen. Als wäre das nicht schon Grund genug, etwas seltsam zu sein, sieht Lucy die Verstorbenen Seelen. Eine sitzt jede Nacht an ihrem Bett. Lucy ist sich sicher, dass ...

Lucy ist auf einem Friedhof aufgewachsen. Als wäre das nicht schon Grund genug, etwas seltsam zu sein, sieht Lucy die Verstorbenen Seelen. Eine sitzt jede Nacht an ihrem Bett. Lucy ist sich sicher, dass ihre Mutter diesen Geist darum gebeten hat, auf sie Acht zu geben, denn Lucys Mutter ist eines Tages spurlos verschwunden. Als merkwürdige Vorfälle die Aufmerksamkeit auf den Friedhof ziehen und ein böser Geist hinter Lucy her ist, muss sie sich ihrer Gabe stellen. Gemeinsam mit ihrer besten Freundin gilt es, die Welt zu retten.
Das Umfeld ist mit Friedhof und allerlei gruseligen Begebenheiten auf jeden Fall gut gewählt. Dass der Roman ausgerechnet damit beginnt, das Lucy statt Touristen zu erschrecken, eine gespielte Geistertour humoristisch ausklingen lässt, verrät dann schon viel über ihren Charakter. Das ganze Gruselzeug nervt sie ziemlich. Trotzdem steht sie felsenfest zu ihrem Vater, dem Friedhofswärter und ihrer besten Freundin, die vom Übernatürlichen nicht genug bekommt. Sie ist treu und einfach gestrickt. Leider fehlt ihr dadurch – wie dem ganzen Buch – der hauch Tiefe, den ich gerne gehabt hätte. Und wo die Protagonistin schon flach gehalten wird, können auch die Nebenfiguren nicht glänzen.
Seelenlos ist anders als andere fantastische Geschichten keine Adoleszenzgeschichte. Lucy wird nicht etwa erwachsen, vielmehr geht es um das Akzeptieren ihrer Gabe. Lucy hat bisher immer nur weggeschaut, die Geister zwar gesehen, aber keine Interaktion versucht. Nun aber wird sie zum Bindeglied, was auf mehreren Ebenen gut funktioniert. Dabei handelt sie intuitiv, aber stet richtig. Die Handlung gewinnt dadurch eine gewisse Geradlinigkeit, die gerade jüngere Leser erfreuen dürfte. Mir ging es etwas zu „einfach“.
Gestolpert bin ich dagegen über kleinere Ungereimtheiten. An einer Stelle meint Luc als Erzählerin beispielsweise, ihre Mutter hätte ihr von ihrer Gabe erzählt, an anderer aber steht, dass dafür nie Zeit war. Ein leicht paradoxes Gefüge, das die Ablehnung Lucys gegenüber ihrer Gabe verstärkt, mich aber gestört hat. Die Geschichte wird als eine Art Aufzeichnung von Lucy dargestellt, was eine einseitige Sicht ermöglicht, die von Zwischenkommentaren der besten Freundin durchbrochen wird. Eine interessante Art, verschiedene Erzähler einzuführen (Lucy bleibt aber Haupterzählerin und Protagonistin).
Die Handlung selbst entwickelt sich geradezu klassisch in Richtung Jugend-Horror. Spannung bringt vor allem ein Anfangskommentar Lucys und die Frage, wer dem bösen Geist tatsächlich hilft. Der Zielgruppe mag geschuldet sein, dass das Ende überzeichnet ist und überraschende Hilfe hereilt, die eine Illusion von Ankommen ermöglichen. Etwas viel Eierkuchenfreude aus meiner Perspektive.
Für junge Leser, ab 12, kann Seelenlos ein wunder geeignetes Buch sein, um sich mit Spaß zu gruseln, ohne dass es zu viel Horror gibt. Ich hätte mir tiefer Charaktere und eine weniger geradlinige Handlung gewünscht, um länger bei Laune gehalten zu werden.