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Veröffentlicht am 04.03.2017

Tu das, wofür Du brennst .....

Im Schatten das Licht
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Nach dem Tod von Mutter und Großmutter bleibt die 14jährige Sarah mit ihrem Großvater Henri alleine zurück. Da beide die Liebe zu Pferden verbindet und Henri auf eine – wenn auch kurze – Karriere im französischen ...

Nach dem Tod von Mutter und Großmutter bleibt die 14jährige Sarah mit ihrem Großvater Henri alleine zurück. Da beide die Liebe zu Pferden verbindet und Henri auf eine – wenn auch kurze – Karriere im französischen Elitereitchorps „Cadre Noir“ zurückblicken kann, ist es nicht verwunderlich, dass Sarah und ihr Pferd Boo von Großvater Henri angeleitet und trainiert werden. Streng und unnachgiebig unterrichtet Henri seine Enkelin und ihr Pferd, in jeder freien Minute. Durch Sarah erhofft er sich die Erfüllung des Traumes, die ihm selbst verwehrt blieb – Sarah soll Elite-Reiterin im „Cadre Noir“ werden (La fille écuyer du Cadre Noir') . Doch dann erleidet Henri einen Schlaganfall.

Rechtsanwältin Natascha und ihr Noch-Ehemann Mac stehen kurz vor der Scheidung. Bis zum Verkauf des gemeinsamen Hauses hat Mac sich kurzfristig wieder bei Natascha einquartiert und das Zusammenleben gestaltet sich mehr als schwierig. Dann spült der Zufall den Beiden Sarah als Pflegekind ins Haus und schnell merken sie, dass sie gemeinsam am gleichen Strang ziehen müssen, wenn sie Sarah helfen wollen.

Eines morgens sind Sarah und Boo verschwunden …..

„Im Schatten das Licht“ ist das erste Buch, welches ich von JoJo Moyes gelesen habe. Ich kenne zwar „Ein ganzes halbes Jahr“, jedoch nur als Verfilmung und nicht als Buch, weswegen ich den Schreibstil der Autorin nicht mit einem ihrer anderen Bücher vergleichen kann.

Es handelt sich hier nicht um ein neues Werk der Autorin, sondern um die deutschsprachige Veröffentlichung von „The Horse Dancer“, welches schon 2009 in Originalsprache erschienen ist.

Für mein empfinden ließ sich das Buch wirklich äußerst flüssig lesen und ich hatte seit langem einmal nicht das Gefühl, dass sich ein ins Deutsche übersetztes Buch irgendwie holperig anfühlt.

Auch ist die Geschichte um Sarah und ihr Pferd mal etwas anderes. Es steht ausnahmsweise nicht die Romanze im Vordergrund (was ja nicht heißt, dass es keine gibt) und das Buch lässt einen an manchen Stellen auch ziemlich nachdenklich zurück. Nachdenklich in Bezug auf Ziele, Wünsche, Hoffnungen und Familie.

Man muss nicht unbedingt Reiter oder verrückt nach Pferden sein, wenn man dieses Buch liest, denn die Autorin beschreibt die relevanten Dinge sehr gut, so dass man sie auch als Laie nachvollziehen kann was es bedeutet, wenn Boo eine „Levade“ ausführt.

Obwohl ich schon ein paar Jährchen älter bin als Sarah, konnte ich mich gut in sie hineinversetzen. Sie handelt nicht immer logisch, manchmal sogar äußerst dumm, aber eben meistens so, wie ein 14jähriges Mädchen wahrscheinlich handeln würde. Vielleicht ist sie aufgrund ihrer Vorgeschichte ein wenig reifer als andere 14jährige, aber grundsätzlich passt ihr Verhalten zu ihrem Alter. Ich musste ihr zwischendurch Respekt zollen, dass sie den einmal eingeschlagenen Weg nicht verlassen hat – auch wenn sie zwischendurch mächtig mit Gegenwind zu kämpfen hatte.

Hier fiel mir ein Spruch ein „Wenn Du das tust, wofür Du brennst, dann wirst Du auch Erfolg haben“.

Mit der Figur von Großvater Henri habe ich mich ein wenig schwer getan. Auch mit der Tatsache, dass Sarah „Papa“ zu ihm sagt. Bei jedem „Papa“ musste ich mir zuerst einmal wieder ins Gedächtnis rufen, dass Henri ihr Großvater ist und logischerweise wesentlich älter, als Sarahs Vater es wäre. Bei der Ausbildung von Sarah und Boo ist Henri sehr streng und sehr genau und auch sonst erscheint er mir immer „militärisch korrekt“, etwas steif und distanziert. Er liebt Sarah, ganz ohne Frage, aber er kann es ihr nicht zeigen und es nicht in Worte fassen. Sein Herzinfarkt verändert alles in Sarahs Leben.

Auch Mac und Natascha sind sympathische Protagonisten, wobei mir Mac auf Anhieb der sympathischere war. Er handelt aus dem Bauch heraus, ohne vorher stundenlang das Wenn und Aber durchzukauen. Ich kann verstehen, dass Sarah anfangs eher zu ihm als zu Natascha Vertrauen aufbaut.

Natascha ist Anwältin, sie geht eher rational vor und absolut nicht emotional. Wie man an der bevorstehenden Scheidung sehen kann, ist sie auch in ihrem Privatleben eher distanziert und neigt dazu, Probleme zu schlucken, statt über sie zu reden. Nun haben sich die Beiden entschieden, für Sarah als Pflegefamilie zu fungieren, weswegen sie gemeinsame Sache machen müssen, ob es ihnen gefällt oder nicht. Die 2 tun sich dann aber auch das ganze Buch über sehr schwer in ihrem Miteinander. Der Leser weiß eigentlich von Anfang an, wie die Geschichte zwischen den Beiden sich entwickelt – trotzdem wartet am Ende des Buches diesbezüglich noch eine Überraschung.

Bei den Nebencharakteren sticht Cowboy John heraus – er ist so etwas wie ein väterlicher Freund für Sarah und betreut den Stall, in dem Boo steht. John ist eine Figur, die mir beim Lesen richtig Spaß gemacht hat.

Leider verrät der rückseitige Klappentext schon sehr viel vom Buch, was die Geschichte dann nur allzu vorhersehbar macht. Trotzdem hat mich die Autorin mit der Geschichte um Sarah und ihr Pferd Boo begeistern können und ganz sicher war es nicht das letzte Buch, das ich von JoJo Moyes gelesen habe.

Veröffentlicht am 17.02.2017

Wiedersehen und Abschied von Familie Melzer

Das Erbe der Tuchvilla
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Wir befinden uns im Jahr 1920 in Augsburg. Der Aufbau nach dem Ende des 1. Weltkrieges schreitet stetig voran und bei Familie Melzer ist wieder der Alltag eingezogen. Das Lazarett ist aus der Empfangshalle ...

Wir befinden uns im Jahr 1920 in Augsburg. Der Aufbau nach dem Ende des 1. Weltkrieges schreitet stetig voran und bei Familie Melzer ist wieder der Alltag eingezogen. Das Lazarett ist aus der Empfangshalle verschwunden und die Villa erstrahlt wieder in altem Glanz.

Marie Melzer, die während des Krieges die Tuchfabrik am Laufen hielt, hat die Führung der Firma an ihren Mann Paul und dessen Freund Ernst von Klippstein abgegeben. Mutter Alicia hält in der Villa noch immer alle Fäden straff in der Hand und hat vor allen Dingen das Personal gut im Griff (Ausnahmen bestätigen die Regel). Tochter Elisabeth von Hagemann wohnt mit ihrem vom Krieg gezeichneten Ehemann Klaus auf einem Gut in Pommern und Kitty Bräuer lebt seit dem Tod ihres Mannes Alfons wieder mit ihrer Tochter Henny in der Tuchvilla. Aber das Leben der Mälzers ist von Veränderungen durchsetzt und nichts ist für die Ewigkeit.

Zum 3. und letzten Mal nimmt die Autorin Anne Jacobs den Leser mit in die Villa der Familie Melzer und genau wie die beiden umfangreichen Vorgänger „Die Tuchvilla“ und „Die Töchter der Tuchvilla“, wartet auch dieses Buch mit satten 672 Seiten auf. Wenn man Band 1 und 2 gelesen hat, fühlt sich Band 3 tatsächlich wie „nach Hause kommen“ an.

Ich denke es ist möglich, dieses Buch auch als Einzelband zu lesen. Im Hinblick auf die ganze (schöne) Vorgeschichte empfiehlt es sich jedoch, beide Vorgänger gelesen zu haben.

Den 2. Band habe ich vor fast genau 1 Jahr gelesen, weswegen ich zuerst einmal die Charaktere wieder sortieren musste. Zur Gedächtnisauffrischung streut die Autorin zwischendurch immer mal wieder Informationen ein, anhand derer ich mich dann auch wieder an Dinge erinnern konnte, die in meinem Gedächtnis leider nicht mehr ganz so präsent waren. Der Einstieg gelang mir deswegen recht schnell.

In erster Linie geht es in diesem Band um die Probleme zwischen Paul und Marie Melzer. Zwar haben sie vor dem Krieg aus Liebe geheiratet, aber Pauls Einberufung in den Krieg hat ihnen dann leider keine Zeit gelassen sich näher kennenzulernen und nun müssen sie gemeinsam den Alltag meistern.

Nachdem Marie die Leitung der Tuchfabrik wieder in die Hände ihres Mannes und dessen Freund von Klippstein zurückgegeben hat, widmet sie sich der Erziehung ihrer Kinder Dodo und Leo. So wirklich füllt sie dieser „Job“ aber nicht aus, weswegen Paul ihr einen Traum erfüllt, indem er Räumlichkeiten für ein Atelier anmietet, in dem Marie fortan ihre Kreativität ausleben kann. Erstaunlicherweise geht der Laden sehr gut – und das zu einer Zeit, in der der Kauf einer Toilette 300 Millionen Reichsmark kostet.

Man kann nicht alle Dinge gleichzeitig tun/haben und mit steigender Bekanntheit ihres Ateliers schwindet die Zeit, die Marie für ihre Kinder aufwenden kann, weswegen ihre Schwiegermutter Alicia, über alle Köpfe hinweg, Serafina von Dobern als Kinderfrau einstellt.

Frau von Dobern bringt ziemlich Unruhe in die Tuchvilla, denn ihre Erziehungsmethoden stoßen - außer bei Alicia - nirgendwo auf Wohlwollen. Ihr Einzug in die Villa hat Auswirkungen auf die ganze Familie und es scheint, als ob Alicia dieser Frau hörig wäre.

Positiv überrascht hat mich in diesem Buch Kitty, die in Band 1 und 2 fast immer rücksichtslos und egoistisch nur ihre eigenen Bedürfnisse durchgesetzt hat. In diesem Teil zeigt sie, dass sie durchaus auch anders kann, denn für ihre Familie wird sie zur Löwenmutter, die für das kämpft was sie liebt – ungeachtet aller Konsequenzen. Kitty entwickelt sich zu meiner Lieblingsfigur.
Elisabeth von Hagemann, normalerweise das genaue Gegenteil von Kitty, erscheint mir dieses Mal sehr wankelmütig und sprunghaft und erst eine Veränderung ihres persönlichen Umfeldes gibt ihr wieder ihre Selbstsicherheit und Stabilität zurück. Bei ihr braucht es tatsächlich bis fast zum Ende der Geschichte, bis sie wieder in Einklang mit sich selbst und ihrem Umfeld ist.

Auch Paul hat nicht immer meine uneingeschränkte Sympathie. Gerade was die Angelegenheit Serafina von Dobern betrifft, hätte ich mir von ihm ein konsequenteres Auftreten gewünscht – indem er auch seiner Mutter einmal die Stirn bietet, um diese von Dobern zu stoppen. Paul jedoch schweigt. Den Umgang mit seinen Kindern muss er ebenfalls erst lernen, hier braucht er ein wenig Zeit um dann doch noch auf den richtigen Pfad zu gelangen.

Neben den Herrschaften trifft der Leser natürlich auch wieder auf die Bediensteten der Tuchvilla und es ist schön zu sehen, dass auch ehemalige Angestellte immer willkommen sind um ihr Herz auszuschütten. Aber natürlich gibt es auch unter den Bediensteten eine Hackordnung, gegen die tunlichst nicht aufbegehrt werden sollte.

Auch im 3. Teil der Tuchvilla-Saga ist der Schreibstil von Anne Jacobs sehr angenehm zu lesen und die wechselnden Erzählungen jeweils aus Sicht der Melzers oder der Bediensteten, machen die Geschichte auch dieses Mal wieder abwechslungsreich. Die Sprache und das Auftreten der Personen passt für mich in die damalige Zeit und die Charaktere erscheinen mir realistisch und authentisch.

Die Autorin schafft es tatsächlich, dass es über die Gesamtlänge von 2.113 Seiten in 3 Bänden nicht langweilig wird. Lediglich am Schluss des 3. Bandes erscheinen Personen auf der Bildfläche, an die ich mich so gar nicht mehr erinnern konnte und die, meiner Meinung nach, nicht mehr hätten auftauchen müssen um der Geschichte einen Abschluss zu geben.

Alles in allem ist „Das Erbe der Tuchvilla“ ein wirklich gelungener Abschluss der Familien-Saga, die in und um die Zeit des 1. Weltkrieges angesiedelt ist.

Veröffentlicht am 01.02.2017

Australien 1898

Das Land der roten Sonne
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Sie wanderten der Sonne entgegen. Ihre mageren Beine bewegten sich wie von selbst; ihre Finger rieben die schlafverklebten Augen. Anziehen war unnötig, was sie am Leib hatte, trug sie Tag und Nacht. Hunger ...

Sie wanderten der Sonne entgegen. Ihre mageren Beine bewegten sich wie von selbst; ihre Finger rieben die schlafverklebten Augen. Anziehen war unnötig, was sie am Leib hatte, trug sie Tag und Nacht. Hunger war so selbstverständlich wie Atmen.

So beginnt die Geschichte eines Mädchens, das von ihrem Vater unter einem Eukalyptusbaum in der Wüste zurückgelassen wurde. Er lässt eine Wasserflasche bei ihr, deren Verschluss sie mit ihren kleinen Fingern nicht zu öffnen vermag und als sie dem Tod näher ist als dem Leben, wird sie von einem Wanderarbeiter gefunden und in die nächstgelegene Stadt gebracht. Dieser Stadt verdankt sie ihren Namen: Leonora. Für kurze Zeit kümmert sich die Frau des ortsansässigen Arztes um die Kleine, bevor sie in einem Waisenhaus landet.

Traumatisiert durch ihre Vergangenheit, spricht Leonora kein einziges Wort. Erst durch James, den sie im Waisenhaus kennenlernt, findet sie ins Leben zurück. Zwischen den Beiden entsteht eine Verbindung, für die es keine Bezeichnung gibt. Es ist mehr als Freundschaft, es ist Seelenverwandtschaft.

Das Schicksal will es, dass Leonora von einem Ehepaar adoptiert und nach Amerika gebracht wird. Auch James verlässt das Waisenhaus. Auf ihn wartet die harte Arbeit auf einer kleinen Farm seines Onkels und seiner Tante, die der Leiter des Waisenhauses ausfindig gemacht hat. Die nächsten Jahre sind für beide nicht einfach. Es sind Jahre voller Entbehrungen und harter Arbeit. Nach Leonoras Hochzeit wird ihr Mann als Verwalter einer Mine eingesetzt – in Australien. So kehrt Leonora nach Jahren in ihr Heimatland zurück und trifft dort auch auf James, der als Verwalter auf einer großen Farm arbeitet.

Ich liebe historische Romane und ich liebe Bücher, die in Australien spielen. „Das Land der roten Sonne“ vereint beides und so griff ich sehr gerne zu diesem Buch. Auf den ersten Seiten hatte ich mal wieder das Gefühl, dass ein übersetztes Buch sich nicht ganz so rund liest, wie ein Buch, das in seiner Originalsprache geschrieben ist. Dieses Gefühl verschwand jedoch sehr schnell und so konnte ich mich voll und ganz auf das Buch einlassen.

Die Geschichte wird aus 3 Perspektiven erzählt: Leonora, James und Ghan, der Wanderarbeiter, der Leonora vor dem sicheren Tod gerettet hat. So ist der Leser immer nah an den Protagonisten und erfährt die Geschichte aus Sicht des jeweiligen Erzählers. Alle 3 haben kein einfaches Leben.

Leonora wird durch die Adoption in eine Rolle gesteckt, die von ihrer eigenen Lebensgeschichte weit abweicht und ihre Adoptiv“mutter“ nimmt dabei auf nichts und niemanden Rücksicht. Gnadenlos verlangt sie von Leonora, sich ihren Wünschen (Anordnungen!!??) zu beugen – inklusive einer Heirat, die Leonora nicht möchte.

James kommt zwar im weitesten Sinne wieder in seine Familie, da er bei Onkel und Tante aufwachsen wird, aber nur einer der beiden Erwachsenen bringt James echte Gefühle entgegen. Das Leben besteht nur aus arbeiten, essen und schlafen. Seine Freundschaft zu Tom und dessen Familie ist ein Lichtblick im Leben von James.

Ghan ist vom Leben gezeichnet, ihm fehlt ein Bein und sein Gesicht ist verstümmelt, aber entgegen seines wüsten Aussehens hat er ein Herz aus Gold. Ohne seine Hilfe, wäre Leonora gestorben. Ghan ist nur am Anfang und am Ende der Geschichte wirklich wichtig, aber der Leser erfährt zwischendurch immer mal wieder, was er gerade treibt und wie es ihm geht.

Mit Ausnahme von Alexander, Leonoras Ehemann, sind mir die Hauptprotagonisten allesamt sympathisch, jeder auf seine Art. Bei Alexander habe ich ab und an gedacht, dass er mal eine saftige Abreibung bräuchte, um wieder eingenordet zu werden. Aber wir befinden uns im Jahr 1898 und da hatten die Männer nun mal in allen Belangen des Lebens die Hosen an. Sehr zum Nachteil der Frauen.

Es handelt sich bei diesem Buch nicht nur um eine Liebesgeschichte, denn Leonora und Jamens finden tatsächlich erst in Richtung Ende des Buches zueinander. Vielmehr verwebt die Autorin geschickt mehrere Themen in ihrem Buch. Die Rolle der Frau, die Stellung und den Einfluss der Kirche, der Umgang der Weißen mit den Ureinwohnern Australiens, die Ausbeutung von Arbeitern durch ihre Arbeitgeber, der Umgang mit Krankheiten bzw. Epidemien und die Kluft zwischen der armen und reichen Bevölkerung.

Der Schreibstil ist – nach kurzer Eingewöhnungszeit für mich – sehr gut zu lesen. Die Charaktere sind meiner Meinung nach alle hervorragend ausgearbeitet und jeder für sich macht eine Entwicklung durch – ob positiv oder negativ ….. da gibt es tatsächlich für jede Richtung einen oder mehrere Anwärter.

„Das Land der roten Sonne“ hat mir sehr gut gefallen und ich empfehle es gerne an meine Mutter und meine Schwester weiter, die auch beide mit Vorliebe historische Australienromane lesen.

Veröffentlicht am 18.01.2017

Ein Brief von einem Unbekannten

Wenn das Leben Loopings dreht
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Stell Dir vor, Du findest in Deinem Briefkasten einen Brief – die Adresse ist korrekt, denn das ist die Deine, aber der Adressat bist nicht Du, sondern eine Laura Caspari. Der Brief enthält keinen Absender, ...

Stell Dir vor, Du findest in Deinem Briefkasten einen Brief – die Adresse ist korrekt, denn das ist die Deine, aber der Adressat bist nicht Du, sondern eine Laura Caspari. Der Brief enthält keinen Absender, man kann ihn also nicht zurückschicken und der Poststempel ist aus dem Ausland. Eine Laura Caspari ist im näheren Wohn-Umfeld nicht ausfindig zu machen. Was würdest Du tun? Ignorieren? Wegwerfen? Oder ihn öffnen und lesen?

Letzteres hat Franziska getan. Sie hat den Brief geöffnet und findet einen von Hand geschriebenen, mehrseitigen Liebesbrief von einem Alex an diese Laura Caspari. Alex hat, wie er selbst im Brief schreibt, seine Postadresse extra nicht angegeben, da er nicht mit einer Antwort rechnet. Scheinbar ist er sich aber nicht so ganz sicher, was er wirklich möchte, denn es folgen noch weitere Briefe an Laura, die Franziska ebenfalls liest. Mehr und mehr wächst in ihr der Wunsch, den Absender dieser überaus liebevollen Briefe kennenzulernen und als Alex in seinem letzten Brief seine aktuelle Adresse offenbart, beschließt Franziska spontan, ihn zu besuchen. Ihr Mann ist auf Geschäftsreise und die beiden Kinder sind anderweitig beschäftigt und so parkt sie den Hund bei den Nachbarn und macht sich auf, einen Mann zu (be)suchen, von dem sie nichts kennt als seinen Namen und seine Handschrift.

„Wenn das Leben Loopings dreht“ von Theresia Graw ist mitten aus dem Leben gegriffen. Franziska ist 50 Jahre alt, verheiratet, hat Haus, Hund und 2 Kinder und lebt in gesicherten Verhältnissen. Ihr Mann ist ein angesehener Wissenschaftler und in ihrer Ehe hat sich der Alltag breit gemacht. Daniel verbringt sehr viel Zeit auf der Arbeit, die Kinder verlangen auch nicht mehr rund um die Uhr nach der Mutter und außer dem Hund interessiert sich niemand so wirklich für sie und so rutscht Franziska, in eine Art Midlife-Crisis. In den Briefen von Alex findet sie etwas, was ihr in ihrem Leben gerade sehr fehlt und so wundert es nicht, dass sie sich mehr und mehr zum Briefeschreiber hingezogen fühlt und diesen dann auch sucht und findet. Dass sie an manchen Stellen impulsiv und ohne nachzudenken handelt, macht sie menschlich – auch wenn ich nicht jede/n ihrer Gedanken/Taten nachvollziehen kann.

Bei Franziskas Mann Daniel muss ich Abbitte leisten. Ich bin wohl, wie viele andere LeserInnen vermutlich auch, einer falschen Fährte aufgesessen. Aber eigentlich hat Franziska den Weg geebnet, den ich dann gegangen bin. Sie steigert sich hier in etwas hinein und gelangt irgendwann an einen Punkt, wo sie keinen anderen Gedanken mehr zulässt als den, den sie selbst für real empfindet. Ein gewisses Maß an Eifersucht ist wahrscheinlich gut für jede Beziehung, aber bevor man sich so in etwas hineinsteigert wie Franziska das tut, sollte man den Weg gehen, der am vernünftigsten ist: Einfach mal miteinander reden.

Neben den Kindern Basti und Isa, die beide noch ihren Weg im Leben finden müssen, lernen wir auch die homosexuellen Nachbarn „Tim und Struppi“ und Franziskas beide Freundinnen Helen und Mona kennen. Hier greift wohl der Spruch, dass Gegensätze sich anziehen, denn die Freundinnen könnten unterschiedlicher nicht sein – aber sie tun sich gut und können sich aufeinander verlassen. Und das ist es, was im Leben zählt.

Der Schreibstil von Theresia Graw ist angenehm zu lesen und die Geschichte ist mit sehr viel Humor gespickt.

„Und wir hatten erst neulich wieder Sex gehabt. Also relativ neulich. An Fasching, genauer gesagt.........
Und davor? Weihnachten, glaubte ich. Aber welches Weihnachten? Im vorigen oder vorvorigen Jahr? Ich wusste es wirklich nicht mehr.“

Alles in allem hat mich dieses Buch wirklich gut unterhalten und mir ein paar schöne Lesestunden beschert. Das Ende war überraschend anders als gedacht ….… aber vollkommen passend. Mit Sicherheit findet die ein oder andere Leserin sich in Franziska wieder.

Veröffentlicht am 01.01.2017

Die Schwestern vom Steinurshof

Die Schwestern vom Eisfluss
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Obwohl Jorun vor vielen Jahren den Entschluss gefasst hatte, niemals mehr wieder auf den elterlichen Hof zurückzukehren, bleibt ihr momentan keine andere Möglichkeit. Zum Ende des Winters verliert sie ...

Obwohl Jorun vor vielen Jahren den Entschluss gefasst hatte, niemals mehr wieder auf den elterlichen Hof zurückzukehren, bleibt ihr momentan keine andere Möglichkeit. Zum Ende des Winters verliert sie ihre Anstellung als Magd und es ist gewiss, dass sie auf keinem anderen Hof eine Anstellung finden wird. Die Bauern haben selbst nicht genug für sich und ihr Vieh und so macht sich Jorun auf den Weg zum Steinurshof, der seit der Hochzeit von ihrer Schwester Salbjörg und deren gewalttätigem Ehemann Torger geführt wird. Während Torger über das unerwartete Auftauchen seiner Schwägerin nicht ganz unglücklich ist, wird Jorun von ihrer Schwester eher kühl und distanziert in Empfang genommen. Das Verhältnis zwischen den beiden Schwestern wird kurz darauf dann richtig auf die Probe gestellt, als Jorun herausfindet, dass Salbjörg den verletzten Erlendur in einer abgelegenen Hütte versteckt hält um ihn gesund zu pflegen. Dieser steht im dringenden Verdacht, 2 Menschen getötet zu haben.

Hat Erlendur die Atlisson- Brüder tatsächlich getötet?

Der Roman „Die Schwestern vom Eisfluss“ ist nicht der erste historische Roman, den ich von Rebecca Maly gelesen habe. Bisher haben sich die Schauplätze jedoch immer in wärmeren Gefilden befunden, so dass ich zum 1. Mal mit der Autorin im kalten Island unterwegs war. Zu Beginn des Buches empfand ich auch den Schreibstil der Autorin etwas kühler als gewohnt, was mir den Einstieg nicht ganz so leicht gemacht hat, wie bei ihren vorherigen Büchern. Aber nach wenigen Seiten hat sich dieses Gefühl dann auch schon wieder gelegt.

Die Geschichte, die im Island des 19. Jahrhunderts angesiedelt ist, wird aus der Sicht von 3 Personen erzählt: Jorun, Salbjörg und Erlendur. Auf diese Art und Weise ist der Leser immer nah an den einzelnen Protagonisten dran und man kann die Gefühle, Gedanken und Vorgehensweisen der Personen schön mitverfolgen.

Von den beiden Schwestern kann ich am ehesten mit Jorun mitgehen, denn sie ist nicht ganz so verbittert wie Salbjörg, die unter der Herrschsucht und Schlagfreudigkeit ihres Mannes Torger leidet. Jorun hat zwar kein einfaches aber ein deutlich besseres Leben als ihre Schwester, letztendlich haben jedoch beide ihr Päckchen zu tragen.

Erlendur ist ein stattlicher junger Mann, der die Hilfe und das Versteck von Salbjörg nicht ausschlagen kann, da es ihm so dreckig geht, dass er keine andere Wahl hat. Sein größtes Problem ist, dass er sich überhaupt nicht an ein Zusammentreffen mit den Atlisson-Brüder erinnern kann – aber ihm wird der Tod der Beiden angelastet und er wird gesucht.

Der Schreibstil von Rebecca Maly ist, wie gewohnt, gut zu lesen. Abgerundet wird die Geschichte durch Landschaftsbeschreibungen, die dem Leser ein Bild des Settings vor Augen entstehen lassen und durch die wechselnden Erzähler, wird die Spannung sehr schön von Abschnitt zu Abschnitt transportiert. Alle Charaktere wurden realistisch angelegt und entwickeln sich im Laufe des Romans weiter – und wieder einmal bin ich froh, im Hier und Heute leben zu dürfen. Die Verbundenheit der Autorin mit dem Land Island ist deutlich spürbar.

„Die Schwestern vom Eisfluss“ ist ein gut recherchierter historischer Roman, den es sich zu lesen lohnt.