Denn leicht zu verstehen ist Uli Wohlers neuer Roman wirklich nicht. Ich gebe auch zu, seine Vorgängerwerke nicht zu kennen.
Im vorliegenden Buch „Projekt Rahanna“ übernehmen „Wikinger“, die man am ehesten als Karikatur von Reanactern bezeichnen könnte, die Herrschaft über die dänische Insel Bornholm. Sie nehmen Militärangehörige gefangen, besetzen das Rathaus und entfernen somit die kompletten, vorherigen Machtstrukturen. Den Kontakt zur Außenwelt schränken sie durch die Zerstörung des Flugplatzes und das Kapern einer Fähre ein. Sie haben genug von industrieller Landwirtschaft und Raubbau an der Natur, sie wollen das goldene Zeitalter einläuten, welches in der nordischen Mythologie auf Ragnarök folgt.
Das klingt alles sehr abgefahren und das ist es auch. Mir ist während der Lektüre des gesamten Buches allerdings nie klar geworden, ob der Autor das eigentlich ernst meint. Wenn ja, wäre einiges eklatant lächerlich (die Öko- Wikinger essen also die so verachteten Industrieschweine, und zwar zu Tausenden???), oder sehr eigenartig wenn z.B. der Polizist Stig Tex Papuga eigentlich seine Freundin sucht, was also läge näher als deren schwangere, heroinsüchtige und gerade an Schweinegrippe erkrankte Bekannte zu vögeln?
Der Roman verliert sich im Absurden und schweift ab. Mir geht nicht auf, warum sich die Wikinger- Karikaturen einerseits mit Robbenfett einschmieren, Äxte und Felle tragen, um dann wiederrum in Jeeps und Hummern zu fahren und modernstes Wehrgerät benutzen. Und warum die Wikingerinnen komplett nackt und rasiert sind, ich habe keine Ahnung, und würde da auch wirklich keine Psychoanalyse des Autoren betreiben wollen. Das wird zwar alles am Ende aufgeklärt, aber die Erklärung ist ein wenig fadenscheinig und bleibt im Ansatz inkonsequent, um das Ruder nochmal herum zu reißen war es viel zu wenig.
Leider bleibt auch die Darstellung der Handelnden sehr blass, die Motive der Einzelpersonen haben sich mir kaum erschlossen.
Zusammenfassend ist zu sagen, dass ich mich hier von der Leseprobe habe blenden lassen. Ich hatte einen gesellschaftskritischen Roman mit surrealen Elementen erwartet. Bekommen habe ich eine Groteske im (Pseudo)Wikingerkostüm, welche sich liest, als ob im Mittagessen die falsche Sorte Pilze gewesen wäre. Der Ansatz des Buches ist spannend, jedoch hat der Autor sich am Thema leider gründlich verhoben.