Silberminen, Schokolade und ein König ohne Herz
Ein Land aus Eis und Schnee. Jeder Schritt fernab der Wege kann den Tod bedeuten, denn ein Sturz genügt, um zu erfrieren. Es wird von einem König regiert, den kaum jemand je zu Gesicht bekommt, doch dessen ...
Ein Land aus Eis und Schnee. Jeder Schritt fernab der Wege kann den Tod bedeuten, denn ein Sturz genügt, um zu erfrieren. Es wird von einem König regiert, den kaum jemand je zu Gesicht bekommt, doch dessen Herz ebenso kalt sein soll wie sein Land.
Wie die meisten Bewohner der Stadt hält sich Emma vom Schloss fern. Selbst wenn sie es wollte, hätte sie kaum die Zeit, so weit von ihrem gewohnten Weg abzukommen. Denn Emma arbeitet in den Silberminen, in denen sie sich zwar nie sicher gefühlt hat, aber auch nicht so sehr in Gefahr, wie an dem Tag, als einer der Stollen während ihrer Schicht einstürzt. Emma will nie wieder zurück in die Minen. Und Arbeit ist im Land ebenso selten wie Sonnenstunden. Doch Emma braucht Arbeit. Nicht nur für sich, sondern auch für ihren Vater, der seit dem Tod ihrer Mutter kaum mehr das Haus verlässt, nicht arbeitet und zu viel trinkt.
»Am nächsten Morgen war der Berg wieder zu Ruhe gekommen, aber in Emmas Träumen grollte er noch immer.«
Doch alles ändert sich, als es Emma wie durch ein Wunder gelingt, einen Job in der Chocolaterie zu finden. Denn dort findet Emma nicht nur Arbeit, sondern auch echte Freunde und lernt den Zauber von Geschichten kennen. Geschichten, die mehr Wahrheit in sich tragen, als sie je geahnt hätte.
Auch die Arbeit in der Chocolaterie ist es, die Emma das erste Mal über die Schwelle des Schlosses führt. Denn der König ist einer der Wenigen, der sich den Luxus von Schokolade noch erlauben kann. Nur das Schloss ist noch kälter als das es umgebende Land aus Eis und Schnee. Und als die zentrale Handelsstraße durch den Schnee unpassierbar wird, wissen die Bewohner der Stadt, dass nun ein Wettlauf gegen das Verhungern begonnen hat.
»Casper neigte den Kopf. Das amüsierte Lächeln auf seinen Lippen hätte charmant wirken können, wenn dieses Blitzen in seinen Augen nicht wäre. Es war der Ausdruck eines Raubtiers, das mit seiner Beute spielte.«
Fast 150 Seiten dauerte es, bis ich mit diesem Buch wirklich warm geworden bin. Erst als der König in Erscheinung tritt, hat sich die Geschichte so verdichtet, dass sie ihre Sogwirkung entfaltet hat. Mit dem König Casper ist Seck ein wunderbar faszinierender Charakter gelungen. Ein Herz aus Eis, den Menschen fern, und nur durch das Erzählen eines Märchens dazu zu bewegen, seine dunklen Vorhaben aufzuschieben. Ein wenig wie ›Tausendundeine Nacht‹, nur viel kälter. Und doch eine Liebeserklärung an die Kraft und den Zauber von Märchen und Geschichten.
Während sich die Ereignisse für mich anfangs zu langsam entfalteten, ging mir bei der Problemlösung dann alles etwas zu schnell, um es spoilerfrei zu formulieren. In ›Die Silberne Königin‹ stecken viele, wunderschöne Elemente, miteinander verwoben durch eine märchenhafte, das Besondere findende Sprache. Nur bei der Ausarbeitung hätte ich mir mehr gewünscht. Dennoch, wer Märchen und Fantasy liebt, kann diesem Buch gerne eine Chance geben. Sobald man sich warm gelesen hat, lohnt es sich, die Geschichte um Casper zu erfahren.