Wenn die Vergangenheit noch lange nachwirkt
Die SchweigendeKarin Remy (79) fällt in ein tiefes Loch, als ihr etwa gleichaltriger Mann Jens nach einem Herzinfarkt plötzlich stirbt. Auch die gemeinsamen Töchter Geli (50), Imke (Ende 40) und Nesthäkchen Anne vermissen ...
Karin Remy (79) fällt in ein tiefes Loch, als ihr etwa gleichaltriger Mann Jens nach einem Herzinfarkt plötzlich stirbt. Auch die gemeinsamen Töchter Geli (50), Imke (Ende 40) und Nesthäkchen Anne vermissen ihren liebevollen Vater sehr. Einer von ihnen, nämlich Imke, hat er noch im Sterben ein Versprechen abgenommen: Sie soll einen gewissen Peter finden. Wer ist der Unbekannte? Und warum kennt ihn ihre Mutter offenbar, streitet das aber ab? Imke beginnt zu recherchieren und stößt auf grausame Geheimnisse...
„Die Schweigende“ ist ein Roman von Ellen Sandberg.
Meine Meinung:
Der Roman besteht aus etlichen Kapiteln mit einer angenehmen Länge. Erzählt wird abwechselnd aus der Sicht der vier Frauen, wobei Karins Kapitel zum Teil in der Gegenwart und zum Teil in den 1950er-Jahren spielen. Der Aufbau ist gut durchdacht und funktioniert prima.
Der Schreibstil ist unspektakulär, aber anschaulich und einfühlsam. Der Autorin gelingt es mit ihren Beschreibungen, viele Bilder vor dem inneren Auge entstehen zu lassen und Atmosphäre zu schaffen. Etwas störend sind in der ersten Auflage die zahlreichen (Tipp-)Fehler, die dem Korrektorat entgangen sind.
Von den vier Frauen steht vor allem Karin im Vordergrund. Ihr Charakter verfügt über am meisten psychologische Tiefe und wirkt recht realitätsnah. Ziemlich klischeehaft werden dagegen ihre Töchter dargestellt. Vor allem Anne wird als Figur stark überzeichnet. Sie kommt als Karikatur der egoistischen Karrierefrau rüber und wäre auch aus inhaltlicher Hinsicht für die Geschichte verzichtbar gewesen. Wie bei ihren Schwestern wird ihr Denken und Fühlen sehr gut deutlich. Die Töchter bleiben jedoch insgesamt charakterlich recht schablonenhaft und eindimensional.
Die Grundthematik der Geschichte ist wichtig und interessant. Karins Erlebnisse, die von wahren Begebenheiten inspiriert sind, machen den Roman bewegend und rütteln auf. Die fundierte Recherche ist dem Buch anzumerken. Es regt dazu an, nachzudenken und sich weitergehend zu informieren. In einer Art Nachwort erklärt die Autorin, wie sie zu dem Thema gekommen ist. Zudem zeigt die Geschichte auf, wie die Vergangenheit auch in das Leben nachfolgender Generationen hineinwirken kann.
Eine gewisse Spannung bleibt bis zum Ende des Romans erhalten, indem Karins Geheimnisse nur Stück für Stück aufgedeckt werden. Manche Enthüllungen sind überraschend, andere etwas vorhersehbar. Auf rund 500 Seiten ist die Geschichte größtenteils kurzweilig und schlüssig.
Das stimmungsvolle, etwas düstere Cover passt sehr gut zum Inhalt. Der Titel ist ein wenig überspitzt, aber geht in Ordnung.
Mein Fazit:
„Die Schweigende“ von Ellen Sandberg ist ein unterhaltsamer Roman, der einem erschütternden Thema die nötige Aufmerksamkeit verschafft. Nicht ganz gelungen ist allerdings die Ausgestaltung der Protagonistinnen.