Between the Lines – Wilde Gefühle ist ein mitunter durchaus unterhaltsamer Roman, der zwar schnell gelesen, aber leider von Oberflächlichkeit geprägt ist, was sich auch in dem bemitleidenswerten „Helden“ widerspiegelt, dessen Leben offenbar nur aus Sex, S
Between the Lines: Wilde GefühleWer eine Geschichte mit einem echten Bad Boy sucht, der nicht, wie es sonst so typisch ist, durch das richtige Mädchen plötzlich zu einem anständigen Kerl wird, wird an Between the Lines – Wilde Gefühle ...
Wer eine Geschichte mit einem echten Bad Boy sucht, der nicht, wie es sonst so typisch ist, durch das richtige Mädchen plötzlich zu einem anständigen Kerl wird, wird an Between the Lines – Wilde Gefühle sicher seine Freude haben. Wer dagegen einen emotionalen, tiefgründigen und romantischen Roman wie Einfach.Liebe. erwartet, wird schwer enttäuscht sein. Mit jenem Werk kann der Auftakt zur Between the Lines Serie nämlich definitiv nicht mithalten. Es ist kaum zu glauben, dass beide Bücher von der gleichen Autorin geschrieben wurden.
Genau wie einige andere Romane des Genres ist dieser ebenso aus den wechselnden Perspektiven beider Hauptfiguren, Emma und Reid, geschrieben, was normalweise sehr schön ist, hier allerdings zum Problem wird, denn Reid ist – anders kann man es nicht ausdrücken – ein arrogantes, selbstsüchtiges Arschloch und seine Gedanken tragen leider nicht dazu bei diese Einschätzung zu ändern, im Gegenteil. Im Grunde ist es fast schon mutig von Tammara Webber einen solchen Protagonisten zu erschaffen, als Held wünscht man sich aber eigentlich doch eher jemanden, den man liebenswert findet, zumindest auf irgendeine Art. Stattdessen trifft man hier auf einen Charakter, den man mehr und mehr hasst und der sich im Verlauf der Geschichte kein bisschen ändert oder weiterentwickelt. Obwohl man fieberhaft danach sucht, erscheint es einem unmöglich überhaupt irgendeine positive Eigenschaft an ihm zu finden.
Unglücklicherweise beruht die Antipathie ihm gegenüber auch nicht auf Missverständnissen oder Fehleinschätzungen, schließlich lässt die Autorin einen direkt an seinen Gedanken und Gefühlen teilhaben. Reid ist total verwöhnt, verantwortungslos und genießt es richtig, dass in der Regel alle Mädchen nach seiner Pfeife tanzen. Dass er sich um Emma im Unterschied dazu tatsächlich bemühen muss, ist neu für ihn und eher lästig. Generell behandelt er Frauen unheimlich respektlos und Emma bildet da keine Ausnahme. Er versucht sie mit allen Mittel in sein Bett zu kriegen und bedrängt sie immer wieder, obschon er sie noch für eine Jungfrau hält und ihre Zurückhaltung darauf zurückführt. Er glaubt nicht an Liebe und hat daher keine echten Gefühle für Emma, sondern betrachtet sie als seine Beute, als eine Art Trophäe. Zudem ist er extrem besitzergreifend und eifersüchtig. Als er erfährt, dass Emma vor dem Dreh regelmäßig mit Graham joggen geht, nimmt er sofort an, dass die in Wirklichkeit haltlosen Gerüchte stimmen müssen und mehr zwischen ihnen läuft, woraufhin er Emma gleich zur Rede stellt. Umgekehrt fühlt er sich ihr gegenüber allerdings nicht zur Treue verpflichtet und holt sich ohne schlechtes Gewissen einfach bei anderen Mädchen, was er von ihr nicht bekommt, wobei er natürlich penibel darauf achtet, dass nichts davon zu Emma vordringt.
Emma hingegen ist einem zu Beginn ganz sympathisch und bleibt es an sich auch. Im späteren Verlauf der Handlung muss man über ihr Verhalten aber mehr und mehr den Kopf schütteln. Wenn sie mit Reid zusammen ist, scheint sie manchmal zu vergessen selbstständig zu denken und vergisst all ihre durchaus berechtigten Zweifel. Sie ignoriert alle Anzeichen und verschließt ihre Augen lange Zeit davor, wie Reid wirklich ist, da sie einfach so gern glauben möchte, dass er mehr von ihr will als nur Sex. Bisweilen scheint sie nur mit Reid zusammen zu sein, weil er es so will, während sie eigentlich lieber bei jemand anderem wäre, den sie nur eben für vergeben hält. Dabei empfindet sie außer einer gewissen Anziehung im Grunde nichts für Reid und die beiden haben nicht das Geringste gemeinsam, abgesehen von schwierigen familiären Beziehungen.
Emma hat seit dem Tod ihrer Mutter kein gutes Verhältnis mehr zu ihrem Vater, zumal ihre unsympathische Stiefmutter zwischen ihnen steht. Beide verstehen Emma nicht und interessieren sich nicht genug für deren Wünsche. Das bessert sich erst später etwas. Dafür hat sie in Emily jedoch immerhin eine tolle beste Freundin gefunden, deren Mutter auch für Emma wie eine Mutter ist.
Die Beziehung zwischen Reid und seinem Vater ist ebenfalls sehr angespannt, letzterer ist nämlich nicht mit dem zügellosen Lebensstil seines Sohnes einverstanden. Ferner machen sie sich gegenseitig für die Alkoholkrankheit seiner Mutter verantwortlich. Einerseits sorgt sich Reid um seine Mutter, andererseits will er aber nichts mit ihrer Therapie zu tun haben, schließlich ist das ja nicht sein Problem. Da er die Schuld ausschließlich bei seinem Vater sieht, der sich nicht genug um seine Frau kümmert bzw. nicht genug Zeit mit ihr verbringt, hilft er ihr nicht etwa dabei trocken zu bleiben, sondern ist stets auf ihren Rückfall gefasst statt sie aktiv zu unterstützen.
Der tatsächliche Held der Geschichte ist daher vielmehr Emmas liebenswerter Schauspielkollege Graham. Sein Verhalten ist vielleicht manchmal etwas undurchsichtig, doch bei ihm weiß man genau, dass er ein guter Kerl ist. Er versteht Emma und respektiert sie. Durch die vielen Blicke sowie Gesten zwischen ihm und Emma glaubt man als Leser auch nicht, dass ihn mit Brooke mehr als bloß Freundschaft verbindet, weil er sich dann anders benehmen würde. Er sorgt sich um Emma, ist aber eben nicht der Typ, der sich zwischen ein Paar drängt und versucht ein Mädchen zu erobern, das in seinen Augen bereits vergeben ist.
Es ist ziemlich unfair von Emma etwas anderes von ihm zu erwarten, insbesondere da sie selbst keine klaren Signale sendet oder Graham deutlich zu verstehen gibt, dass sie Gefühle für ihn hat. Obwohl sie selbst lediglich mit Graham befreundet ist, geht sie überdies automatisch davon aus, dass er mit Brooke zusammen sei und somit bereue, was zwischen ihnen passiert ist, ohne jemals offen mit ihm darüber gesprochen zu haben. Dadurch entsteht ein unliebsames Liebesdreieck, dass leicht hätte vermieden werden können, wenn Emma sich nicht so von Reid hätte blenden lassen und stattdessen einfach mit Graham geredet hätte. Vor allem hätte sie auf Grahams Rückkehr nach seinem familiären Notfall warten sollen statt sich während seiner kurzen Abwesenheit gleich von Reid einwickeln zu lassen. Das hätte Vieles wesentlich leichter gemacht.
Von Romantik fehlt leider ebenfalls fast jede Spur; kein Knistern oder Prickeln und definitiv keine Schmetterlinge im Bauch – jedenfalls nicht beim Leser. Es gibt keine einzige Sexszene und auch sonst kaum Erotik, bloß ein paar Küsse und recht harmlose Berührungen hier und da. Man könnte Between the Lines – Wilde Gefühle somit eher als Jugendbuch denn als New Adult Roman betrachten.
Die Handlung ist durchaus unterhaltsam, jedoch nur auf einer sehr oberflächlichen Ebene und mithin nur sehr kurzweilig. Interessant ist vor allem der kurze Einblick in das Leben von Schauspielern am Set, das nicht nur angenehme Seiten hat. Man ist gespannt, ob der Film wirklich so ein Hit wird, wie alle erwarten, und wie sich Emmas Leben dadurch verändern wird.
Durch die kurzen Kapitel lässt sich das Buch schnell und angenehm lesen. Für ein wenig Abwechslung sorgen dabei, passend zum Thema Schauspiel, Auszüge aus dem Drehbuch, die ab und an eingestreut werden, wenn die entsprechende Szene gerade gedreht wird und insgesamt zum aktuellen Geschehen passt, wodurch beides zuweilen miteinander verschmilzt.
Zum Schluss hin gelingt es der Autorin dann sogar noch zweimal mit unerwarteten Enthüllungen zu überraschen, über die man gern noch mehr erfahren hätte. Das Ende ist letztlich vom Ausgang her ganz schön, kommt allerdings viel zu abrupt und lässt einige Fragen offen. Selbst wenn man weiß, dass die Geschichte in weiteren Bänden fortgesetzt wird, fühlt es sich deswegen seltsamerweise an als würden ein paar Seiten fehlen.
Anlass zur Kritik gibt darüber hinaus die äußerst verharmlosende Darstellung des massiven Alkoholkonsums, um nicht zu sagen -missbrauchs, der zum Teil noch minderjährigen Charaktere.