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Veröffentlicht am 11.03.2017

Ich will mehr!

Das Herz der verlorenen Dinge
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Die Nornen haben den Krieg verloren und sind auf dem Weg zurück in ihre Heimat. Doch einige der „Sterblichen“ verfolgen sie und nicht wenige davon sind der Meinung, es sein am besten, die „Feenwesen“ gänzlich ...

Die Nornen haben den Krieg verloren und sind auf dem Weg zurück in ihre Heimat. Doch einige der „Sterblichen“ verfolgen sie und nicht wenige davon sind der Meinung, es sein am besten, die „Feenwesen“ gänzlich auszulöschen.

„Siegen ist eine gute Sache“, sagte der Herzog. „Die Feinde davon zu überzeugen, dass sie verloren haben, ist eine ganz andere“. (S. 43)

Ich gestehe, dass ich zwar die Osten-Ard-Reihe Tad Williams namentlich kannte, aber bisher noch keinen einzigen der Romane gelesen hatte. Interessiert hatten sie mich schon, und so ergriff ich die Gelegenheit, nun den neuen Band des Autors zu lesen, der in Osten Ard spielt, und einen Übergang zwischen der älteren Tetralogie und der neu geplanten Trilogie bilden soll. Da ich aber keine Ahnung davon habe, was bisher passiert ist, muss ich mir meine Meinung zum Buch gänzlich nur auf dieses bezogen bilden.

Die Geschichte wird aus mehreren Perspektiven erzählt, da sind einmal die Anführer der „Sterblichen“, allen voran Herzog Isgrimnur, ein Anführer der sogenannten Rimmersleute, die mich sehr an Wikinger erinnert haben. Desweiteren erfahren wir einiges aus Sicht der Befehlshaber der Nornen, vor allem Yaarike, der Großmagister der Bauleute und sein Gefolgsmann Viyeki und die Generalin Suno'ku spielen hier eine wichtige Rolle. Eine dritte Perspektive nehmen zwei einfache Soldaten ein, die im Grunde dazu verdammt sind, Befehle auszuführen, oft ohne auch nur im Geringsten ahnen zu können, wozu diese gut sein sollen, anhand dieser beiden thematisiert der Autor auch, welchen Ängsten und Sehnsüchten sich Soldaten stellen müssen. Schließlich wird zwischendurch immer einmal wieder aus der Chronik der Nornen zitiert, so erhalten die Nornen ebenfalls eine zweite Stimme, es dient aber auch dazu, zwischendurch Geschehenes verkürzt zu erzählen.

Im Anhang findet sich neben einem Glossar, das auch sämtliche erwähnte Personen auflistet, zweier Karten und einer Leseprobe zum ersten Band der neuen Trilogie, auch eine Abhandlung, die in die Welt Osten Ards einführen soll und die der Autor dem Neueinsteiger zu lesen nahelegt, mir persönlich hat sie aber wenig gebracht, mich eher noch verwirrt. Der Start in den Roman ist mir dagegen recht schnell gelungen, schon nach wenigen Seiten hatte mich die Erzählung gepackt und begeistert. Tad Williams erzählt sehr eingängig und bildhaft, die Charaktere gefallen mir sehr gut, man kann ihre Gefühle und ihr Handeln gut nachvollziehen – und es fällt schwer, sich für eine Seite zu entscheiden, aber das muss man ja auch nicht unbedingt.

Ich bin begeistert, der Wunsch nach mehr war sehr schnell da, nicht nur die Fortsetzung, auch die Vorgängerbände möchte ich nun unbedingt lesen Ich vergebe sehr gerne volle Punktzahl und eine Leseempfehlung für Genrefans.

Veröffentlicht am 05.03.2017

Ein Ausflug in die Traumwelt

Henriette und der Traumdieb
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Henriette hat ein besonderes Talent: Sie kann sich an jeden einzelnen ihrer Träume erinnern. Bis sie eines Morgens aufwacht und keine Erinnerung an den Traum hat, den sie in der Nacht geträumt hat. Wie ...

Henriette hat ein besonderes Talent: Sie kann sich an jeden einzelnen ihrer Träume erinnern. Bis sie eines Morgens aufwacht und keine Erinnerung an den Traum hat, den sie in der Nacht geträumt hat. Wie kann das sein? Hat jemand den Traum gestohlen? Herr Anobium, ein befreundeter Buchhändler, glaubt an einen Traumdieb. Ein Traumdieb, der eine Möglichkeit geschaffen hat, dass Henriettes Zwillingsbruder Nick ihr beistehen und mit ihr zusammen auf die Jagd nach demjenigen gehen kann, der sich an Henriettes Träumen vergreift, eine Jagd, die die beiden tief in Henriettes Kopf und in ihre Träume führt.

Nach Akram El-Bahays grandioser Flammenwüste-Trilogie war ich sehr gespannt auf seinen nächsten Roman – und wurde nicht enttäuscht. Wieder hat der Autor sein Talent als begabter Erzähler gezeigt, wieder hat er viel Phantasie in die Geschichte einfließen lassen und wieder erzählt er bildhaft und packend. Die Idee, Henriette in ihre eigene Traumwelt auf die Jagd zu schicken, sie mit ihren Träumen und Alpträumen zu konfrontieren – und mit ihrer Gedanken- und Gefühlswelt, ist richtig gut, und wurde vom Autor gelungen umgesetzt. Schnell ist man auch als Leser gefangen, macht sich seine eigenen Gedanken und ist gespannt, wie es weitergehen wird.

Bis die Geschichte zu Ende ist, gibt es noch einige Überraschungen, manches Vermutete erweist sich als richtig, auf manches wäre man so nicht gekommen, und nicht alles ist so, wie es zuerst scheint. Der Roman ist für ältere Kinder gedacht, die schon Leseerfahrung haben sollten und sich am besten auch für phantastischen Lesestoff interessieren. Nicht alles im Roman ist heile Welt und hin und wieder ist es auch ein bisschen gruselig, was aber natürlich die Spannung noch erhöht. Gut gefallen hat mir, dass am Ende ein Türchen für eine mögliche Fortsetzung offen bleibt – ich würde sie gerne lesen.

Die Protagonistin und ihr Zwillingsbruder sind sich, wie alle Geschwister, nicht immer grün, aber dennoch bereit, sich zu unterstützen und sich für den anderen einzusetzen. Mit 13 Jahren sind beide im schwierigen Alter zwischen Kind und Erwachsenem – und auch das wurde in den Roman mit eingearbeitet. Die Charakterzeichnungen der Zwillinge gefallen mir gut, man kann sich in beide hineinversetzen. Auch die anderen Charaktere sind dem Autor gut gelungen und machen den Roman lebendig.

Im Roman gibt es übrigens einiges zu entdecken (wie kommt der Autor wohl auf manche Namen?), und auch das schöne Cover sollte man genauer studieren.

Akram El-Bahay hat erneut gezeigt, dass er wunderbar erzählen und den Leser in seine Romanwelt entführen kann. Auf weitere Romane darf man gespannt sein. Von mir gibt es volle Punktzahl und eine Leseempfehlung für Genrefans jeglichen Alters.

Veröffentlicht am 18.02.2017

Herrlicher Roman für phantasiebegabte Leser jeglichen Alters

Saint Lupin´s Academy 1: Zutritt nur für echte Abenteurer!
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Mit 13 Jahren haben die Waisenkinder endlich die Chance, dem St. Lupins Institut zu entkommen. Annes Geburtstag ist am nächsten Tag und kurz nach Mitternacht legt das Schiff ab, mit dem sie St. Lupins ...

Mit 13 Jahren haben die Waisenkinder endlich die Chance, dem St. Lupins Institut zu entkommen. Annes Geburtstag ist am nächsten Tag und kurz nach Mitternacht legt das Schiff ab, mit dem sie St. Lupins verlassen kann – doch dann geht einiges schief und ein Plan B muss her. Ganz überraschend ergibt sich eine andere Möglichkeit, doch die ist alles andere als ungefährlich, aber Anne bleibt kaum eine andere Wahl …

Ein richtig gutes Kinderbuch weiß auch Erwachsenen zu gefallen, weshalb ich gerne ab und zu ein solches lese. Und dieser Roman hat tatsächlich alles, was, zumindest phantasiebegabten, Erwachsenen gefällt. Er ist schwarzhumorig wie die Lemony-Snicket-Bücher, phantasievoll wie die Romane von Michael Ende, dazu noch sehr spannend. In meinen Augen gibt es eine ganze Reihe neuer Ideen, natürlich auch ein paar Klischées, wie etwa die Antagonistin, aber das gehört einfach dazu. Dass es sich um einen Debütroman handelt, merkt man dem Roman auf keiner Seite an, chapeau, Mr White!

Der Roman ist vor allem von Humor geprägt, der mich mehr als einmal laut lachen ließ. Das fängt schon mit dem ersten Satz an, den ich hier nicht zitieren möchte, lest ihn selbst, geht über die eingeschobenen „Zitate“, die auf graugetöntem Papier nach jedem Kapitel erscheinen und endet mit dem, auf dem Kopf stehenden, „geheimen Epilog“.

Die Protagonisten sind drei Dreizehnjährige, die aber auch Erwachsenen Identifizierungsmöglichkeiten bieten, zumindest jenen, die sich noch erinnern können, jung gewesen zu sein, und für die anderen ist der Roman sowieso nichts. Die Drei sind alles andere als perfekt, was sehr erfrischend ist, alles mögliche geht schief, doch aufgeben kommt fast nie in Frage. Es gibt auch ein paar Erwachsene, die wichtige Rollen spielen, u. a. die Antagonistin, und mehrere nicht menschliche Wesen. Sie alle sind dem Autor gut gelungen, zum Teil sehr phantasievoll oder auch einfach nur sehr skurril, und dabei so erstklassig beschrieben, dass man sie bildlich vor Augen hat.

Um was für eine Welt es sich handelt, erschließt sich erst nach und nach, eine Überraschung wird auch geboten, die vielleicht nicht ganz neu ist, aber, zumindest von mir, immer wieder gern gelesen. Überraschungen hat es übrigens einige, und manche stellen den Roman auch ein bisschen auf den Kopf bzw. nötigen den Leser dazu, seine Vorstellung dieser Welt noch einmal zu überdenken.

Das Ganze erinnert immer mal wieder an ein Fantasyrollenspiel, was mir persönlich große Freude bereitete. Aber auch hier findet der Autor seinen ganz eigenen Weg, die Geschichte ist, zumindest größtenteils, nicht vorhersehbar.

Das Beste zum Schluss: Am Ende stehen alle Zeichen auf Fortsetzung, zumal nicht alle Fragen geklärt sind. Der Roman ist aber trotzdem in sich geschlossen und es gibt keinen Cliffhanger am Ende.

Der Roman ist ein wunderbares Buch für phantasiebegabte Menschen jeden Alters. Ich hoffe auf viele Fortsetzungen und vergebe volle Punktzahl sowie eine Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 17.02.2017

Ein unterhaltsamer Ausflug ins Berlin der 1920er Jahre

Noble Gesellschaft
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Berlin 1925: Gerade hatte Carl von Bäumer den Kriegshelden Max von Volkmann noch auf einer Wohltätigkeitsveranstaltung getroffen, jetzt soll der sich selbst umgebracht haben? Daran glaubt Carl keine Sekunde, ...

Berlin 1925: Gerade hatte Carl von Bäumer den Kriegshelden Max von Volkmann noch auf einer Wohltätigkeitsveranstaltung getroffen, jetzt soll der sich selbst umgebracht haben? Daran glaubt Carl keine Sekunde, von Volkmann ist ganz sicher ermordet worden. Carl lässt sich auf eine Wette mit Kommissar Paul Genzer ein und macht sich an die Ermittlungen. Gut, dass er die noble Gesellschaft gut kennt, schließlich ist er einer von ihnen, und außerdem noch ein gefeierter Filmstar, alle Türen stehen ihm also offen.

Nachdem ich den Vorgängerband gelesen hatte, habe ich mich schon sehr darauf gefreut, endlich wieder Carl und Paul zu treffen, nun endlich war es soweit, Band 2 ist erschienen und hat mich nicht enttäuscht.

Joan Wengs Roman hat mich sofort wieder gepackt und mich in das Berlin der 20er Jahre entführt, in dem ich nicht nur auf die titelgebende noble Gesellschaft, sondern auch auf die weniger oder gar nicht noble traf. Bunt gemischt und mannigfaltig ist das Personenensemble, manchmal auch verwirrend, bis man die einzelnen Namen zuordnen kann, dabei hilft aber das sehr nützliche Personenregister. Wer aufmerksam liest, kommt sowieso gut klar. Einige Charaktere kennt man sowieso bereits aus dem Vorgängerband, wer diesen gelesen hat, trifft eine Reihe alter Bekannter wieder.

Aufmerksam lesen, ist, wie schon beim Vorgänger, sowieso angesagt, will man nicht versteckte Hinweise oder Anspielungen übersehen. Besonders gelungen sind die vielen Perspektiven, durch die die Handlung und die Auflösung vorangetrieben werden, dem Leser wird so nach und nach das Puzzle enthüllt und man erhält verschiedene Blickwinkel auf die Personen und den Fall.

Mir gefällt Joan Wengs Erzählweise sehr gut, mit viel feinem Humor bringt sie ihre Charaktere, nicht nur die Protagonisten, immer wieder in schwierige, gar peinliche Situationen, die den Leser zum Schmunzeln bringen. Bevorzugtes „Opfer „ist Carl von Bäumer, der schönste Mann der UFA, der sich in seinem Eifer auch oft selbst in unmögliche Situationen bringt. Auch manche Meinung nimmt sie auf die Schippe, sei es, wenn Urte, Carls Schwester diesem Vorhaltungen macht, sei es, wenn Pauls Kollege oder gar sein Tippfräulein über diesen nachdenkt. Manche Szenen sind fast slapstickhaft angelegt – herrlich!

Dass der Kriminalfall hinter den persönlichen Beziehungen und der Atmosphäre des 20er Jahre Berlins etwas zurücktritt, macht gar nichts, aufgelöst wird er dennoch nachvollziehbar und zufriedenstellend.

Was soll ich sagen, ich liebe den zweiten Band fast noch mehr als den ersten, er hat mich wieder glänzend unterhalten und ich habe ihn nur ungern aus der Hand gelegt. Ich hoffe sehr, dass ich noch viele weitere Bände mit Carl und Paul, Urte, Willi, Kapp und dem Berlin der 1920er Jahre lesen kann. Volle Punktzahl und eine uneingeschränkte Leseempfehlung – man kann diesen Band übrigens auch gut lesen, ohne Band 1 zu kennen.

Veröffentlicht am 14.02.2017

Sehr empfehlenswerter Roman mit einer interessanten Erzählstruktur

Sein blutiges Projekt
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1869: In dem schottischen Bauerndorf Culduie geschieht ein Dreifachmord, der Täter wird schnell gefunden, es ist der 17jährige Roderick Macrae, der die Tat zugibt. Der Roman stellt die Frage, wie es dazu ...

1869: In dem schottischen Bauerndorf Culduie geschieht ein Dreifachmord, der Täter wird schnell gefunden, es ist der 17jährige Roderick Macrae, der die Tat zugibt. Der Roman stellt die Frage, wie es dazu kommen konnte und hat eine ganz eigene Herangehensweise, wie er dem Leser das Geschehen vermittelt.

So erfährt man nicht nur von Roderick selbst, wie es zu den Morden kam, sondern kann – ganz unterschiedliche und widersprüchliche – Aussagen von Nachbarn und Bekannten über Roderick lesen, ebenso medizinischen Gutachten über die Opfer, den Bericht eines Psychologen, der Roderick begutachtet hat, und ist hautnah beim Prozess dabei. Hat man sich als Leser durch den Bericht des Täters, den ersten größeren Abschnitt des Romans, schon eine gewisse Meinung gebildet, und womöglich sogar etwas Sympathie, zumindest aber Verständnis entwickelt, wird dies schon an dessen Ende erschüttert – und durch die darauffolgenden Abschnitte noch ein bisschen mehr, da man noch einen anderen Blick auf die Geschehnisse erhält und sich die Frage stellen muss, was wirklich dahinter steckte, welches Motiv tatsächlich zur Tat führte.

Mir hat diese Herangehensweise sehr gut gefallen, zumal der Autor sehr eingängig erzählt. Auch wenn man nicht wirklich von Spannung sprechen kann, so will man doch wissen, wie es zu der Tat kam und welche Konsequenzen sie haben wird. Nebenbei erfährt man noch Einiges über das Leben der vom Gutsherrn abhängigen Bauern,das kein leichtes war. Interessant ist auch der Blick auf die sich entwickelnde Kriminalanthropologie, die aus heutiger Sicht eher Kopfschütteln auslöst, der aber durch den Psychologen James Bruce Thomson, der tatsächlich existiert hat, authentische (und sehr herablassende) Züge verliehen werden.

Nicht nur die Geschichte ist interessant und komplex, auch die Charaktere sind es, sie sind Wesen aus Fleisch und Blut, und in vielerlei Ausprägung vorhanden. Jeder ist ein Typ für sich, nicht alle sind sympathisch, manch einer löst Unverständnis aus und hin und wieder ist man als Leser einfach nur entsetzt, wie Menschen handeln und reagieren können.

Der Roman wird als Thriller verkauft, in meinen Augen ist er aber alles andere als das. Eher kann man von einer psychologischen, vielleicht auch einer sozialen Studie sprechen, der Biographie einer Bluttat oder auch der Geschichte eines jungen Mannes, der sich womöglich nicht mehr anders zu helfen wusste. Es ist ein ungewöhnlicher, aber sehr interessanter historischer Roman, der uns die Lebensverhältnisse der abhängigen Bauern im schottischen Hochland ebenso nahe bringt wie die Entstehung einer schrecklichen Bluttat. Ich habe mich während des Lesens immer wieder gefragt, ob tatsächlich ein echter Fall dahinter steckt, denn der Roman ist wie ein Tatsachenbericht aufgebaut und die Namensgleichheit mit dem Autor scheint darauf hinzuweisen.

Mich hat der Roman begeistert und gefesselt, ich mochte ihn kaum aus der Hand legen und wurde regelrecht entführt an die Schauplätze der Handlung. Gerne vergebe ich volle Punktzahl und spreche eine Leseempfehlung aus.